A-1801
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 28–29, 13. Juli 1998 (53) Wichtig ist der Ausschluß toxi-
scher und primär immunologischer Ursachen für die vom Patienten ange- gebenen Beschwerden. Mißverständ- lich ist unsere Absicht interpretiert worden, die Systematische Desensibi- lisierung zur Behandlung von MCS- Patienten einzusetzen: Die Patienten sollen im Rahmen der Systematischen Desensibilisierung nicht mit toxischen Präparaten oder Substanzgemischen konfrontiert werden, sondern mit Ne- benkomponenten, wie Gerüchen und anderen Sinneseindrücken dieser meist aus verschiedenen Stoffen be- stehenden Präparate, die die Patien- ten für toxisch halten, die aber vorher in der umwelttoxikologischen Analy- se als völlig unschädlich identifiziert worden sind. (Unbegründete Assozia- tionen mit Gerüchen dürfen natürlich nicht verwechselt werden mit der wichtigen Funktion des Geruchsinns als Warner vor toxischen Substanzen).
Das entsprechende Behandlungsver- fahren ist in der Literatur sowohl auf seine Effizienz wie auf seine ethische Vertretbarkeit in zahllosen experi- mentellen Untersuchungen überprüft worden, die in der entsprechenden Fachliteratur (siehe die Zeitschriften Behaviour Therapy, Behaviour Re- search and Therapy, Verhaltensthera-
pie, die regelmäßigen Buchpublika- tionen Progress in Behaviour Modifi- cation) und anderen Veröffentlichun- gen nachgelesen werden können. Wie von den meisten Lesern richtig be- merkt wurde, halten wir von einer Therapie, in der verschiedene psycho- therapeutische Schulen einbezogen werden, nichts, ebensowenig wie wir eine Psychiatrierung oder Psychologi- sierung dieses Problems für besonders nützlich halten. Zweifellos wird die Behandlung zum jetzigen Zeitpunkt primär eine verhaltenstherapeutische sein, da dies die einzige psychologi- sche Therapieform ist, deren Effizienz experimentell überprüft wurde und die auf experimentellen Prinzipien beruht. Dies gilt für keine der anderen Psychotherapieformen, so daß wir ei- ne Diskussion, was nun die sinnvollste Therapie sei, erst dann weiterführen wollen, wenn experimentelle Befunde über die Wirksamkeit solcher psycho- logischer Behandlungsmaßnahmen vorliegen. Dies ist zum jetzigen Zeit- punkt für das MCS-Syndrom direkt nicht der Fall. Aus diesem Grund ha- ben wir unsere Hypothesen für solche Untersuchungen in diesem Artikel formuliert. Es ist unanzweifelbar, wie in mehreren Zuschriften auch er- wähnt wurde, daß für alle verhal-
tenstherapeutischen Maßnahmen ei- ne positive Patient-Therapeut-Bezie- hung vorerst geschaffen werden muß.
Dies haben wir in unserem Beitrag mit den einzelnen Strategievorschlä- gen nachdrücklich betont.
Literatur
1. Bell IR, Schwartz GE, Baldwin CM, Hardin EE, Klimas NG, Kline JP, Patarca R, Song Z-Y: Individual differences in neu- ral sensitization and the role of context in illness from low-level environmental chemi- cal exposures. Env Health Persp (Suppl 2) 1997; 105: 457–466.
2. Eis D, Altenkirch H, Beyer A, Eikmann T, Herr C, Heinzow B, Hüppe M, Nix WA, Kobal G, Paulini I, Pitten F-A, Ring J, Roscher S, Suchenwirth R, Tretter F, Wolf C: Methodische Ansätze und Verfahren zur MCS-Diagnostik: Diagnosekriterien und Studiendesign. Umwelt Forsch Prax 1997; 2:
148–156.
Anschrift der Verfasser
Prof. Dr. phil. Niels Birbaumer Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie Universität Tübingen Gartenstraße 29 72072 Tübingen
Prof. Dr. med. Karl Walter Bock Institut für Toxikologie
Universität Tübingen Wilhelmstraße 56 72074 Tübingen DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT
Eine der Indikationen zur Durch- führung einer Streßulkusprophylaxe ist die Langzeitbeatmung auf In- tensivstationen. Die Autoren unter- suchten in einer Multicenter-Studie, an der 1 200 Patienten teilnahmen, den Einsatz von 4mal 1 g Sucralfat Suspension oder 3mal 50 mg Rani- tidin intravenös beziehungsweise ei- ner Plazebomedikation auf die Rate an gastrointestinalen Blutun- gen. Dabei erwies sich die Gabe des H2-Blockers Ranitidin der Sucralfat- behandlung als signifikant überle- gen, was die Zahl klinisch relevanter Magenblutungen anlangt (1,7 Pro- zent versus 3,8 Prozent). Bezüglich Pneumonierate, Verweildauer auf
Intensivstation und Letalität erga- ben sich keine Unterschiede. w Cook D, Guyatt G, Marshall J et al.: A comparison of sucralfate and ranitidine for the prevention of upper gastrointesti- nal bleeding in patients requiring mecha- nical ventilation. N Engl J Med 1998; 338:
791–797.
McMaster University, Hamilton, Onta- rio, Kanada.
Das Interesse der Gastroenterolo- gen galt bislang bei magenoperierten Patienten in erster Linie einem mögli- chen Operationsfolge-Karzinom im Restmagen. Da die Ulkuskrankheit gehäuft bei Rauchern auftritt, sollte das Interesse eher auf Folgekrankhei- ten des Nikotinkonsums konzentriert werden. Die Autoren führten eine Analyse bei 7 198 Patienten durch, die
zwischen 1971 und 1979 wegen eines Geschwürs vagotomiert worden wa- ren. Sie verglichen diese Daten mit de- nen von 67 812 Patienten, die zwischen 1965 und 1983 wegen eines Geschwürs stationär untersucht worden waren.
Das Risiko, in der Folgezeit ein Bron- chial-Karzinom zu entwickeln, war bei den vagotomierten Patienten um den Faktor 2,2 erhöht. Auch bei nicht ope- rierten Ulkus-Patienten bestand ein um den Faktor 1,56 erhöhtes Lungen- krebsrisiko. Deshalb sollten Ulkus-Pa- tienten, die durch eine Helicobacter- Therapie heute von ihrem Ulkusleiden geheilt werden können, das Rauchen
einstellen. w
Ekbom A, Lundegardh G, McLaughlin JK, Nyrén O: Relation of vagotomy to subsequent risk of lung cancer: populati- on based cohort study. Br Med J 1998;
316: 518–519.
Department of Medical Epidemiology, Karolinska Institute, PO Box 281, S- 171 77, Stockholm, Schweden.