außerdem, daß die kürzere Wirkdau- er des Insulin-Analogons eine ausrei- chende Abdeckung des basalen Insu- linbedarfs erforderlich macht. Die Handhabung der Insulintherapie mit Insulin lispro unterscheidet sich also von der mit Normalinsulin. Grund- sätzlich kann festgestellt werden, daß unter einer Therapie mit Insulin lispro der Basalbedarf an Insulin durch mindestens zwei Injektionen ei- nes mittellang wirksamen Insulins ge- sichert werden muß.
Hypoglykämien sind selten
Die alleinige Gabe von NPH-In- sulin zur Nacht ist bei Verwendung von Insulin lispro als kurz wirksames Insulin nicht ausreichend, da es sonst etwa vier Stunden nach den Mahlzei- ten zu Blutzuckeranstiegen kommt.
Bei Insulin lispro sind daher minde- stens zwei, eventuell sogar drei Injek- tionen von NPH-Insulin pro 24 Stun- den erforderlich.
Insulin lispro wurde weltweit – unter anderem auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz – in klini- schen Studien bei über 5 000 Patien- ten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes ge- testet. Dabei zeigte sich, daß der Blut- zucker mit Insulin lispro normnah eingestellt werden kann und sich auch bezüglich des therapiebedingten Hy- poglykämierisikos eher Vorteile ge- genüber Normalinsulin ergeben.
Dies ist deshalb von Bedeutung, weil vor allem die nordamerikanische Diabetes Control and Complications Trial (DCCT) deutlich gemacht hat, daß unter einer intensivierten Insu- lintherapie mit mehrmaliger Normal- insulingabe die Optimierung der
Stoffwechseleinstellung und Senkung des HbA1cmit einem erhöhten Risiko für schwere Hypoglykämien einher- geht. Im Gegensatz dazu wurde bei
den bisherigen Langzeitstudien mit Insulin lispro trotz einer Verbesse- rung des HbA1c-Wertes keine Er- höhung der Hypoglykämierate beob- achtet. Während bei einer Steigerung der Normalinsulindosis mit einer Ver- längerung der Wirkdauer gerechnet werden muß, kann die Dosis von In- sulin lispro erhöht werden, ohne eine signifikante Veränderung der Wir- kungsdauer zu riskieren. In allen großen klinischen Studien mit Insulin lispro nahm insbesondere die Zahl der nächtlichen Hypoglykämien ab.
Befragungen zur Lebensqualität ergaben, daß Insulin lispro von den Diabetikern gut angenommen wird und daß insbesondere wegen einer er- höhten Flexibilität bei der mahlzeiten- bezogenen Insulingabe die Therapie- zufriedenheit der Patienten zunimmt.
Insgesamt wirkt Insulin lispro schneller und kürzer als Normalinsu- lin. Durch die erhöhte Flexibilität im Tagesablauf berichten die Patienten über eine Verbesserung ihrer Lebens- qualität. Allerdings muß die Einstel- lung der Patienten mit Insulin lispro individuell erfolgen. Von einer sche- matisierten Umstellung von Normal- insulin auf Insulin lispro ist abzuraten.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Werner A. Scherbaum Universitätsklinikum Leipzig
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Philipp-Rosenthal-Straße 27 04103 Leipzig
A-2608
P O L I T I K MEDIZINREPORT
(32) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 41, 11. Oktober 1996
Empfehlungen für die Behandlung von Patienten mit Insulin lispro
l Die Schulung des Patienten und seine Betreuung durch einen diabeteserfahrenen Arzt bzw. ein qualifi- ziertes Diabetesteam bleiben die Grundvoraussetzun- gen auch bei Behandlung des insulinbedürftigen Dia- betikers mit Insulin lispro. Bei Umstellung auf Insulin lispro muß der bisherige Therapieplan geändert werden.
Insulin lispro wird in der Regel direkt vor dem Essen ge- spritzt. Der Basisbedarf muß durch mindestens zwei In- jektionen eines mittellang wirksamen Insulins abge- deckt werden.
l Insulin lispro kann bei Patienten mit diabeti- scher Gastroparese verstärkt zu postprandialen Hypo- glykämien führen und sollte dann, wenn überhaupt, erst nach dem Essen gespritzt werden.
l Im Gegensatz zu Normalinsulin ist Insulin lispro auch mit zinkverzögerten Insulinen mischbar.
l Unter Insulin lispro kann bei der Therapie des Typ-1-Diabetes eventuell auf Zwischenmahlzeiten ver- zichtet werden. Individuell ist aber zu prüfen, ob der Pa- tient für gewünschte Zwischenmahlzeiten zusätzlich In- sulin lispro spritzen muß.
l Insulin lispro sollte nur in Pens verabreicht wer- den. Da Humalog®nur als U-100-Insulin verfügbar ist, könnte es sonst zu Fehldosierungen infolge einer Ver- wechslung mit dem niedriger konzentrierten und in In- sulinspritzen verabreichten U-40-Insulin kommen.
l Bei Patienten mit Insulinpumpen ist zu beach- ten, daß bei Anwendung von Insulin lispro die postpran- dialen Blutzuckeranstiege gebessert zu werden schei- nen, daß aber ein plötzlicher Pumpendefekt rascher zu einer Stoffwechselentgleisung führen kann als bei The- rapie mit Normalinsulin.
Die Kürze der Wirkdauer von Insulin lispro macht ei- ne ausreichende Abdeckung des basalen Insulinbe- darfs erforderlich. Graphik: Scherbaum