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Archiv "Diabetestherapie mit dem Insulin-Analogon lispro: Praktische Tips zur Einstellung der Patienten" (11.10.1996)

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egenüber der sogenannten konventionellen Insulinthera- pie, bei der zweimal pro Tag eine Mischung aus kurz und mittellang wirksamem Insulin zu rela- tiv festen Zeiten verabreicht und Ta- gesablauf sowie Essenszeiten und Kohlenhydratmengen vorprogram- miert werden müssen, bietet die in- tensivierte Insulintherapie auch den Vorteil, daß die Patienten damit ihren Tagesablauf flexibel gestalten können und so erheblich an Lebensqualität gewinnen.

Heute wird vor allem menschli- ches Insulin eingesetzt, das abge- stimmt auf die jeweilige Kohlenhy- dratzufuhr und körperliche Bela- stung subkutan verabreicht wird.

Dies ist unphysiologisch. Im Subku- tangewebe dissoziieren die zu Hexa- meren aggregierten Normalinsulin- Moleküle nur langsam. Erst die Mo- nomere können resorbiert und damit biologisch wirksam werden. Daher muß Normalinsulin – abhängig vom aktuellen Blutzuckerspiegel – in der Regel 15 bis 30 Minuten vor den Mahlzeiten injiziert werden, um den postprandialen Blutzuckeranstieg zu begrenzen. Die insulinpflichtigen Pa- tienten müssen ihre Mahlzeiten stets im voraus planen und fühlen sich da- mit oft in ihrer Lebensqualität beein- trächtigt.

Seit Mai dieses Jahres ist in Deutschland das Insulin-Analogon lispro im Handel, das nach unserem derzeitigen Kenntnisstand der Anfor- derung nach einer rasch einsetzenden Insulinwirkung gerecht wird. Bei die- sem unter dem Namen Humalog®

eingeführten Präparat (Firma Lilly) sind die Aminosäuren Prolin und Ly- sin, die normalerweise an Position 28 und 29 der B-Kette des Insulinmo- leküls gelegen sind, in ihrer Reihen- folge vertauscht. Insulin lispro hat nur eine sehr geringe Neigung zur Auto-

aggregation im subkutanen Gewebe und gelangt daher rasch in die Blut- bahn. Der Unterschied zwischen dem Wirkbeginn von humanem Normal- insulin und Insulin lispro beträgt zir- ka 20 Minuten. Dies entspricht dem vielfach empfohlenen Spritz-Eß-Ab- stand, der somit entfällt. Die Wirkung ist kurz und besser berechenbar.

Verzicht auf

Zwischenmahlzeiten Normalinsulin wird protrahiert über einen deutlich längeren Zeit- raum (vier bis sechs Stunden) resor- biert, als es für die Abdeckung eines postprandialen Blutzuckeranstieges erforderlich wäre. Bei der Therapie des insulinpflichtigen Diabetes ergibt sich daraus die Notwendigkeit zur Einhaltung von Zwischenmahlzeiten, zumal sich die verlängerte Wirkung von subkutan injiziertem Normalin- sulin am späten Vormittag auch mit der Wirkung des zuvor verabreichten Verzögerungsinsulins überlappt. Der Insulinspiegel bleibt noch Stunden nach der Mahlzeit erhöht, obwohl die Blutglukosespiegel bereits auf Basalwerte abgefallen sind. Durch den Einsatz von Insulin lispro kann eventuell auf Zwi- schenmahlzeiten verzichtet werden.

Andererseits wird es wegen des schnellen Wir- kungseintritts von Insulin lispro auch möglich, nicht vorgeplante zu- sätzliche Mahlzei- ten einzuneh- men, wobei auch schnell aufschließ- bare Kohlenhy- drate besser tole- riert werden.

Insulin lispro ist dosisäquivalent gleich wirksam wie Normalinsulin.

Allerdings wurde in mehreren Studi- en unter Insulin lispro über einen et- was geringeren Insulinbedarf berich- tet, so daß die Insulinmenge gegebe- nenfalls um fünf bis zehn Prozent ge- senkt werden muß. Zu beachten ist A-2606 (30) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 41, 11. Oktober 1996

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Diabetestherapie mit dem Insulin-Analogon lispro

Praktische Tips zur

Einstellung der Patienten

Um Verwechslungen mit dem niedriger konzentrierten und üblicherweise in Insulin- spritzen verabreichten U-40-Insulin zu vermeiden, sollte Insulin lispro nur in Pens

verabreicht werden. Foto: Lilly

Eine optimale Blutzuckereinstellung ist beim insulinpflichtigen Diabetes in der

Regel nur durch eine intensivierte Insulintherapie zu erreichen. Hierbei wird der

basale Insulinbedarf durch verzögert wirksame Insulinpräparate (Basalinsuline)

und der mahlzeitenbezogene Insulinbedarf durch schnell wirksames Normalin-

sulin abgedeckt. Ein kürzlich eingeführtes Analog-Insulin – Insulin lispro ge-

nannt – erleichtert die intensivierte Insulintherapie, da das Wirkprofil der neu-

en Substanz nahezu identisch mit dem körpereigenen Insulin ist. Diese Annähe-

rung an die physiologischen Gegebenheiten bietet dem Patienten zahlreiche Vor-

teile. Von einer schematisierten Umstellung von Normalinsulin auf Insulin lispro

ist jedoch abzuraten. Die Einstellung der Patienten muß individuell erfolgen.

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außerdem, daß die kürzere Wirkdau- er des Insulin-Analogons eine ausrei- chende Abdeckung des basalen Insu- linbedarfs erforderlich macht. Die Handhabung der Insulintherapie mit Insulin lispro unterscheidet sich also von der mit Normalinsulin. Grund- sätzlich kann festgestellt werden, daß unter einer Therapie mit Insulin lispro der Basalbedarf an Insulin durch mindestens zwei Injektionen ei- nes mittellang wirksamen Insulins ge- sichert werden muß.

Hypoglykämien sind selten

Die alleinige Gabe von NPH-In- sulin zur Nacht ist bei Verwendung von Insulin lispro als kurz wirksames Insulin nicht ausreichend, da es sonst etwa vier Stunden nach den Mahlzei- ten zu Blutzuckeranstiegen kommt.

Bei Insulin lispro sind daher minde- stens zwei, eventuell sogar drei Injek- tionen von NPH-Insulin pro 24 Stun- den erforderlich.

Insulin lispro wurde weltweit – unter anderem auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz – in klini- schen Studien bei über 5 000 Patien- ten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes ge- testet. Dabei zeigte sich, daß der Blut- zucker mit Insulin lispro normnah eingestellt werden kann und sich auch bezüglich des therapiebedingten Hy- poglykämierisikos eher Vorteile ge- genüber Normalinsulin ergeben.

Dies ist deshalb von Bedeutung, weil vor allem die nordamerikanische Diabetes Control and Complications Trial (DCCT) deutlich gemacht hat, daß unter einer intensivierten Insu- lintherapie mit mehrmaliger Normal- insulingabe die Optimierung der

Stoffwechseleinstellung und Senkung des HbA1cmit einem erhöhten Risiko für schwere Hypoglykämien einher- geht. Im Gegensatz dazu wurde bei

den bisherigen Langzeitstudien mit Insulin lispro trotz einer Verbesse- rung des HbA1c-Wertes keine Er- höhung der Hypoglykämierate beob- achtet. Während bei einer Steigerung der Normalinsulindosis mit einer Ver- längerung der Wirkdauer gerechnet werden muß, kann die Dosis von In- sulin lispro erhöht werden, ohne eine signifikante Veränderung der Wir- kungsdauer zu riskieren. In allen großen klinischen Studien mit Insulin lispro nahm insbesondere die Zahl der nächtlichen Hypoglykämien ab.

Befragungen zur Lebensqualität ergaben, daß Insulin lispro von den Diabetikern gut angenommen wird und daß insbesondere wegen einer er- höhten Flexibilität bei der mahlzeiten- bezogenen Insulingabe die Therapie- zufriedenheit der Patienten zunimmt.

Insgesamt wirkt Insulin lispro schneller und kürzer als Normalinsu- lin. Durch die erhöhte Flexibilität im Tagesablauf berichten die Patienten über eine Verbesserung ihrer Lebens- qualität. Allerdings muß die Einstel- lung der Patienten mit Insulin lispro individuell erfolgen. Von einer sche- matisierten Umstellung von Normal- insulin auf Insulin lispro ist abzuraten.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Werner A. Scherbaum Universitätsklinikum Leipzig

Medizinische Klinik und Poliklinik III

Philipp-Rosenthal-Straße 27 04103 Leipzig

A-2608

P O L I T I K MEDIZINREPORT

(32) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 41, 11. Oktober 1996

Empfehlungen für die Behandlung von Patienten mit Insulin lispro

l Die Schulung des Patienten und seine Betreuung durch einen diabeteserfahrenen Arzt bzw. ein qualifi- ziertes Diabetesteam bleiben die Grundvoraussetzun- gen auch bei Behandlung des insulinbedürftigen Dia- betikers mit Insulin lispro. Bei Umstellung auf Insulin lispro muß der bisherige Therapieplan geändert werden.

Insulin lispro wird in der Regel direkt vor dem Essen ge- spritzt. Der Basisbedarf muß durch mindestens zwei In- jektionen eines mittellang wirksamen Insulins abge- deckt werden.

l Insulin lispro kann bei Patienten mit diabeti- scher Gastroparese verstärkt zu postprandialen Hypo- glykämien führen und sollte dann, wenn überhaupt, erst nach dem Essen gespritzt werden.

l Im Gegensatz zu Normalinsulin ist Insulin lispro auch mit zinkverzögerten Insulinen mischbar.

l Unter Insulin lispro kann bei der Therapie des Typ-1-Diabetes eventuell auf Zwischenmahlzeiten ver- zichtet werden. Individuell ist aber zu prüfen, ob der Pa- tient für gewünschte Zwischenmahlzeiten zusätzlich In- sulin lispro spritzen muß.

l Insulin lispro sollte nur in Pens verabreicht wer- den. Da Humalog®nur als U-100-Insulin verfügbar ist, könnte es sonst zu Fehldosierungen infolge einer Ver- wechslung mit dem niedriger konzentrierten und in In- sulinspritzen verabreichten U-40-Insulin kommen.

l Bei Patienten mit Insulinpumpen ist zu beach- ten, daß bei Anwendung von Insulin lispro die postpran- dialen Blutzuckeranstiege gebessert zu werden schei- nen, daß aber ein plötzlicher Pumpendefekt rascher zu einer Stoffwechselentgleisung führen kann als bei The- rapie mit Normalinsulin.

Die Kürze der Wirkdauer von Insulin lispro macht ei- ne ausreichende Abdeckung des basalen Insulinbe- darfs erforderlich. Graphik: Scherbaum

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