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Archiv "Therapie im Wandel: Sport bei Herzinsuffizienz" (06.10.1995)

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THEMEN DER ZEIT

MITRA

A

usgangspunkt der MITRA- Erhebung sind die Ergebnisse des „Das 60-Minuten-Herzin- farkt-Projekt", bei dem 15 000 Patienten aus 136 Kliniken ausgewer- tet wurden. Erste Ergebnisse der Pi- lotphase zeigen, daß die Prähospital- zeit mit im Mittel drei Stunden trotz der durchgeführten Öffentlichkeits- aufklärung noch zu lang ist. Außer- dem bestätigte sich, daß die zur Verfü- gung stehenden modernen Therapie- formen noch zu selten eingesetzt wer- den. Das bezieht sich einerseits auf die Lyse-Behandlung, andererseits auf die adjuvante Frühtherapie des Herzin- farktes mit Betablockern, Acetylsa- licylsäure und ACE-Hemmern.

Das MITRA-Projekt baut auf diesen Erkenntnissen auf und geht ei- nen Schritt weiter. Durch die Konzen- tration der 54 teilnehmenden Klini- ken in einer überschaubaren Region (Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordba- den) sollen die Öffentlichkeitsarbeit effektiver gestaltet, die Prähospital- zeit drastisch gesenkt und die adju- vante Frühtherapie optimiert werden.

Ein ähnliches Ergebnis wie in der Prähospitalstudie Ludwigshafen wird angestrebt: Hier wurde die Zeit von 4,3 auf 2,2 Stunden gesenkt. Man geht also von der gesicherten Erkenntnis aus, daß Öffentlichkeitsarbeit die Prähospitalzeit senken kann und so die Voraussetzung geschaffen wird, die Patienten früh einer lebensretten- den Therapie zuzuführen.

Die MITRA-Erhebung gibt den teilnehmenden Kliniken keine kon- kreten Therapie-Empfehlungen, son- dern sie will die tägliche Praxis doku-

BERICHTE

mentieren. Dem Arzt in der Klinik wird sozusagen über die Schulter ge- schaut, um die tägliche Realität in der Infarkttherapie im Gegensatz zu ran- domisierten Studien mit stark selek- tierten Patienten zu betrachten.

Studienleiter Prof. Dr. J. Senges vom Herzzentrum in Ludwigshafen geht davon aus, daß Betablocker in 60 Prozent der Fälle eingesetzt werden könnten. Derzeit erhält jedoch nur je- der dritte Infarktpatient diese Medi- kation. ACE-Hemmer werden sogar nur in etwa zehn Prozent verabreicht;

sie könnten aber laut Senges bei etwa zwei Drittel aller Patienten mit aku- tem transmuralem Herzinfarkt gege- ben werden, ohne daß die Zielgröße bereits exakt definiert werden kann.

Betablocker haben in Großstudi- en ihre mortalitätssenkende Wirkung

Die pathophysiologischen und therapeutischen Vorstellungen der Herzinsuffizienz befinden sich in ei- nem dramatischen Wandel. Während früher absolute Ruhigstellung als un- verzichtbar angesehen wurde, existie- ren inzwischen Befunde und klinische Studien, die auch für den Patienten mit Herzinsuffizienz eine dosierte Bewe- gungstherapie sinnvoll erscheinen las- sen. Bei vielen Patienten ist für die Symptomatik Herzinsuffizienz mögli- cherweise weniger die reduzierte

nachgewiesen. Sie wirken dem Ent- stehen von Kammerflimmern entge- gen und verhindern die Kammer- ruptur nach Lyse-Therapie, senken den 02-Bedarf und hemmen den ad- renergen Antrieb, eine der wichtig- sten Ursachen für die Frühmortalität nach Infarkt.

Gerade in neuerer Zeit haben ACE-Hemmer in Mega-Trials einen eindeutig mortalitätssenkenden Ef- fekt in der Frühtherapie des akuten Herzinfarktes nachgewiesen. Die be- reits in wenigen Stunden nach dem In- farktereignis beginnende Expansion des Infarktareals und der strukturelle Umbau des Herzens können ganz oder zumindest teilweise verhindert werden. Darauf beruht vermutlich die nachgewiesene Verbesserung der Überlebenschance. Bei dieser Medi- kamentengruppe ist die wichtigste Frage: Zu welchem Zeitpunkt und bei welchen Patienten sind ACE-Hem- mer indiziert? Klar ist: Nicht sofort und nicht intravenös. Vermutlich liegt der richtige Zeitpunkt etwa ab dem zweiten Tag und in initial niedriger oraler Dosis (zum Beispiel 2,5 mg Lisi- nopril oder 6,25 mg Captopril). Dabei ist die Beachtung der Kontraindika- tionen, sprich hämodynamische Insta- bilität (Blutdruck < 100 mmHg, Hypo- tension) und der kardiogene Schock, sehr wichtig für den Therapieerfolg.

Die MITRA-Erhebung wird etwa bis Ende 1996 durchgeführt werden und voraussichtlich 5 000 Patienten einschließen. Horst Dehn

Herzleistung als vielmehr der sekun- där bedingte jahrelange Bewegungs- mangel verantwortlich. Durch ein do- siertes Training können eventuell die neurohumoralen Dysregulationen, die für die Herzinsuffizienz charakteri- stisch sind, zurückgeregelt werden. Mit dieser These eröffnete Prof. Richard Rost (Köln) nunmehr zum zehnten Mal die Bayer-Veranstaltung an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Die myokardiale kontraktile Dys- funktion ist, so erläuterte PD Dr. Dirk

Ein neues Herzinfarkt- Projekt in Deutschland

Läßt sich für die Mehrzahl der Herzinfarkt-Patienten eine standardisierte Therapie empfehlen? Wie sind die Ergebnisse großer Studien in die Behandlungsmaßnahmen zu integrieren? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde jetzt eine große Herzinfarkt- Erhebung begonnen, welche die derzeitigen Therapieformen erfaßt und Schlüsse zu einer Optimierung ziehen soll. Erste Ergebnisse zeigen, daß empfohlene Inter- ventionsmöglichkeiten noch nicht in ausreichendem Maße eingesetzt werden.

Therapie im Wandel

Sport bei Herzinsuffizienz

A-2624 (38) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 40, 6. Oktober 1995

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Sportliche Bewegung bei Herzinsuffizienten führt zu einer besseren Lebensqualität. Foto: Volker Minkus

THEMEN DER ZEIT

J. Beuckelmann (Universitätsklinik Köln), hierbei der Endzustand einer Reihe verschiedener pathophysiologi- scher Prozesse, die in das klinische Bild „Herzinsuffizienz" münden. Die maximale Kraftentwicklung isome- trisch kontrahierender Myokardstrei- fen ist beim insuffizienten Herz genau- so groß wie beim gesunden. Das heißt, so Beuckelmann, daß es sich bei den Veränderungen am Herzen weniger um strukturelle, sondern vielmehr um funktionelle und somit potentiell re- versible Störungen handeln muß.

Im Mittelpunkt der Veränderun- gen von Kontraktion und Relaxation steht die gestörte Kalzium-Homöo- stase der Zelle. Es gibt Hinweise im Tiermodell wie beim Menschen über eine reduzierte Wiederaufnahme von Ca2+ in das sarkoplasmatische Reti- kulum. Die Frage, ob unter Bedin- gungen einer Herzinsuffizienz ein zu geringes Ca 2+-Angebot an die kon- traktilen Proteine oder ob vielmehr eine zelluläre Ca 2+-Überladung vor-

liegt, wird noch kontrovers diskutiert.

Bei der schweren Herzinsuffizienz finden sich ein deutlich verminderter [Ca21-Anstieg während der Systole, ein verzögerter Abfall während der Diastole und eine erhöhte Ruhekalzi- umkonzentration. Diese Veränderun- gen der intrazellulären Kalzium- Homöostase bei der Herzinsuffizienz vermögen die wesentlichen klinischen Phänomene, verminderte Kontrakti- lität und verzögerte Relaxation, zu-

BERICHTE

mindest teilweise zu erklären. Die Ur- sache dieser Veränderungen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geklärt.

Auf der Basis dieser veränderten Kal- zium-Homöostase zeigt das insuffizi- ente Myokard eine wesentliche Verän- derung der Kraft-Frequenz-Bezie- hung. Beim Gesunden kommt es mit zunehmender Frequenz zu einer Zu- nahme der Kontraktilität. Beim insuf- fizienten Myokard dagegen nimmt bei zunehmender Frequenz die Kontrakti- lität ab, was die tödlichen Folgen tachykarder Rhythmusstörungen bei Herzinsuffizienz erklärt.

Die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz ist heute noch unbe- friedigend, betonte Prof. Erland Erd- mann (Universitätsklinik Köln). Ziel der Therapie muß sowohl eine verbes- serte Symptomatik des Patienten als auch eine bessere Prognose sein. In der Praxis hat sich nicht bewahrheitet, daß die verbesserte Symptomatik automa- tisch auch zu einer verbesserten Pro- gnose führt. Behandelt wird — vor Jah-

ren noch undenkbar — auch mit Beta- Rezeptoren-Blockern. Erdmann emp- fiehlt bei einer symptomatischen Herz- insuffizienz der Stadien II—IV eine Kombinationstherapie aus Diuretika, Digitalis und ACE-Hemmern. Ob Di- gitalis zusätzlich zu Diuretika und ACE-Hemmern bei allen Schweregra- den der Herzinsuffizienz notwendig ist, läßt sich heute noch nicht endgültig beurteilen. Bei manifester Herzinsuffi- zienz mit schlechter Auswurffraktion

ist Digitalis sinnvoll. Digitalis kann das Verhältnis Kraft — Frequenz verbes- sern. Warum, weiß man noch nicht.

Vielversprechend in der pharmakolo- gischen Forschung, so Erdmann, ist der therapeutische Ansatz einer selek- tiven Steigerung der Aktivität der Ca2+-ATPase des sarkoplasmatischen Retikulums. Derartige Substanzen ste- hen leider noch nicht zur Verfügung.

Bewegungstherapie bei Herzin- suffizienz kann nur erfolgen unter völliger Beachtung des klinischen Hintergrundes, so Rost. Durch ver- mehrte Bewegung können Atemnot und Leistungsschwäche verbessert werden. Ein direkter kardialer Effekt, das Senken der Herzfrequenz, ist langfristig durch Bewegung möglich.

Günstig wirkt sich die Bewegung auch auf eine Senkung des Noradrenalins aus, die Auswurfleistung und die peri- phere Durchblutung werden verbes- sert. Dies sind positive Hinweise, die sich aus den laufenden Untersuchun- gen abzeichnen.

An der Sporthochschule Köln, so dokumentierte Rost, begann man vor vier Jahren mit sehr viel Vorsicht bei herzinsuffizienten Patienten mit einer Bewegungstherapie. Dazu gehören Bewegungsübungen, Atemübungen, ergometrische Übungen sowie Ent- spannung. Die Studie läuft noch und zeigt positive Einflüsse. Die Funktion des Herzens hat sich nicht verschlech- tert.

Eine große Rolle spielen die psy- chosozialen Effekte. Durch die Bewe- gungstherapie beim Herzinsuffizien- ten bessern sich eindeutig auch De- pressionssymptome. Offensichtlich führt mehr Bewegung bei Herzinsuf- fizienz zu einer besseren Lebensqua- lität. So argumentiert Rost: „Das Be- finden ist wichtiger als der Befund."

Er hofft, daß in Zukunft die Ärzte der Bewegung für Herzinsuffiziente muti- ger gegenüberstehen. Zügiges Spazie- rengehen, Golfspielen oder Radfah- ren (meist weniger belastend als Ge- hen) sind angesagt. Das Ausmaß kann über die Dyspnoe geregelt wer- den. Wenn auch noch keine konkre- ten Studienergebnisse vorliegen, eine Erkenntnis ist bereits sicher: Die The- se, je weniger Bewegung bei Herzin- suffizienz, desto länger lebt der Pati- ent, ist heute nicht mehr aufrechtzu- erhalten. Ursula Petersen Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 40, 6. Oktober 1995 (39) A-2625

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