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Archiv "Zur Mikrobiologie der Tuberkulose" (02.04.1981)

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Zur Mikrobiologie der Tuberkulose

Kurt Friedrich Patersen

Aus dem Institut für Laboratoriumsdiagnostik

(Leiter: Leitender Medizinaldirektor

Professor Dr. med. Kurt Friedrich Petersen) der Landesversicherungsanstalt Oberbayern im Zentralkrankenhaus Gauting

Jahr für Jahr erkranken in der Bundesrepublik Deutschland immer noch fast 30 000 Menschen an verschiedenen Formen der Tuberku-

lose; davon starben 1978 2533 Personen. Zwar ist die Tendenz rück-

läufig, die durchaus mögliche Ausrottung dieser Krankheit wird aber

nur dann erreicht werden können, wenn die vorhandenen diagnosti- schen Möglichkeiten genutzt werden. Dazu ist die Kenntnis der wich- tigsten biologischen Merkmale sowie der Methoden zum Nachweis der Tuberkelbakterien eine wesentliche Voraussetzung.

Zur Systematik der Mykobakterien Die Erreger der Tuberkulose (Tb) des Menschen, trivial als Tuberkulo- se- oder Tuberkelt;>akterien (TbB) bezeichnet, gehören den Spezies Mycobacterium tuberculosis und Mycobacterium bovis der Gattung Mycobacterium an. Dem Mycobacte- riuni-tuberculosis-Komplex (Run- yon) werden ferner geographische Varianten, zum Beispiel Mycobacte- rium africanum, sowie die für die Tb- Schutzimpfung verwandten BCG- (Bacille-Calmette-Guerin-)Bakterien zugerechnet, die sich von Mycobac- terium bovis ableiten.

Erkrankungen des Menschen kön- nen gelegentlich auch durch andere Angehörige der Gattung Mycobacte- rium verursacht werden. Da die Ein- ordnung dieser Bakterien in taxono- mischer und nosalogischer Hinsicht zunächst nicht möglich war, wurden sie provisorisch als atypische Myko- bakterien bezeichnet. Diese Be- zeichnung entbehrt zwar jeder Lo- gik, trotzdem hat sie bisher allen

"Reformversuchen" widerstanden.

Mykobakterien bilden die einzige Gattung der Familie Mycobacteria- ceae (Ordnung Actinomycetales). Es handelt sich um gerade bis leicht gebogene Stäbchen (0,2-ü,6 x 2-20

~m), die sich durch drei charakteri- stische Merkmale von allen anderen Bakterien unterscheiden:

..,.. Säurealkohol-Festigkeit ..,.. hoher Lipidgehalt ..,.. langsames Wachstum.

Sie sind unbeweglich, bilden weder Endosporen noch Kapseln, wachsen unter aeroben Bedingungen in ei- nem Temperaturbereich von etwa 20 bis 52° C und kommen in Wasser und Boden sowie bei warm- und kaltblütigen Tieren vor. Erkrankun- gen können verursacht werden bei Menschen und vielen Tierarten. Sie manifestieren sich als Tuberkulose, Lepra und andere, meist chronische, mehr oder weniger nekrotisierende, granulomatöse Prozesse unter- schiedlicher Ausdehnung.

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Zur Biochemie der Mykobakterien Vor allem die Zellwand der Myko- bakterien weist gegenüber derjeni- gen anderer Bakterienarten wesent- liche Unterschiede auf. Es handelt sich um einen Makromolekülkom- plex, dessen "Monomere" die fol- genden Komponenten enthalten: ..,.. ein Peptidoglykan (Murein, Mura- minsäure)

..,.. ein Polysaccharid (Arabinoga- laktan)

..,.. eine Mykolsäure (langkettige Fett- säure mit 6ü-90 C-Atomen).

Form und Festigkeit der Zelle wer- den durch die Basalstruktur der Zell- wand, das Murein, bestimmt.

Das Arabinogalaktan-Polymer ver- knüpft das Murein der inneren Zell- wandschicht mit den Mykolsäuren der äußeren Hülle. Hier finden sich außerdem Fettsäu reester, deren chemisc.he Strukturen ebenso wie deren biologische Bedeutung nur zum Teil bekannt sind. Dazu gehört unter anderem in der als Wachs D bezeichneten Fraktion der soge- nannte Cord-Faktor, ein toxisches Glykolipid, dessen Bedeutung für die Virulenz der Mykobakterien si- chergestellt werden konnte. Wie bei anderen Bakterienarten ob- liegt der Zytoplasmatischen Mem- bran als osmotischer Barriere der Zelle die Kontrolle des Stofftrans-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 14 vom 2. April1981 669

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Tuberkulose

ports in beiden Richtungen mit Hilfe substratspezifischer Permeasen. Sie ist ferner der Sitz von Enzymsyste- men für eine Reihe von Reaktionen des intermediären Stoffwechsels.

Erwähnt werden muß im Rahmen dieser kurzen Übersicht das Tuber- kulin. Dabei handelt es sich um ein steriles Filtrat aus flüssigen Kulturen von TbB, das in Menschen und Tie- ren, die sich immunologisch mit TbB auseinandergesetzt haben, zu einer Hautreaktion vom verzögerten Typ (Typ-IV-Allergie, Tuberkulin-Typ) führt. Trotz intensiver Bemühungen ist es bis heute nicht gelungen, Tu- berkulin rein darzustellen, so daß selbst hochgereinigte Präparate (PPD = purified protein derivative, GT-Hoechst, RT 23 Kopenhagen) im- munologisch heterogen sind.

Tuberkulinähnliche Präparate aus anderen Mykobakterien werden als Sensitine (gelegentlich auch als Eli- citine) bezeichnet. Ihre Anwendung zusätzlich zur Tuberkulintestung kann differentialdiagnostisch be- deutsam sein, zum Beispiel bei Ver- dacht auf Mykobakteriosen. Aller- dings ist die Bewertung der Reaktio- nen oft schwierig, da zwischen den Sensitinen verschiedener Mykobak- terien, auch der TbB, Antigenge- meinschaften bestehen, die zu über- greifenden Reaktionen führen.

Färberisches Verhalten

Wie eingangs erwähnt, gehört die Säurealkohol-Festigkeit zu den cha- rakteristischen Eigenschaften der Mykobakterien. Sie bewirkt, daß ein einmal aufgenommener Farbstoff durch Einwirkung von Säurealkohol (3 Prozent Salzsäure in 96 Prozent Äthanol) von der Zelle nicht wieder abgegeben wird. Als Ursache der Säurealkohol-Festigkeit wird ange- nommen, daß der Farbstoff mit My- kolsäu reresten der Zelloberfläche einen hydrophoben Komplex bildet, der das Eindringen des entfärben- den Alkohols verhindert. Auf diesem Prinzip beruhen sowohl die Ziehl- Neelsen-Färbung als auch Färbeme- thoden unter Verwendung von Fluo- roch romen.

Wachstum

auf unbelebten Nährmedien TbB sind, wie die meisten Myko- bakterien, prototroph, sie können daher viele einfache Kohlenstoff- (C-)Verbindungen als Energiequel- len benutzen und ihren Stickstoff- (N-)Bedarf aus Ammoniumsalzen und Aminosäuren decken; sie sind folglich in der Lage, sich auf synthetischen Nährmedien zu ver- mehren.

Allerdings beeinflußt das Nährstoff- angebot die Syntheseleistung ganz erheblich, so daß für die Isolierung von TbB aus Untersuchungsmaterial in der Regel komplexe Nährmedien verwendet werden, die Eiweiß in na- tiver Form (Hühnerei, Serum) sowie Aminosäuren und Mineralsalze ent- halten.

Die Generationszeit der TbB beträgt unter optimalen Züchtungsbedin- gungen 15 bis 20 Stunden (Entero- bakterien und Staphylokokken etwa 20 Minuten).

Einigermaßen genaue Angaben über die Vermehrungsgeschwindigkeit im Makroorganismus sind schwer zu erhalten und von Fall zu Fall sowie in Abhängigkeit von den Bedingun- gen am Infektionsort stark wech- selnd. Auf jeden Fall ist die Vermeh- rungsgeschwindigkeit langsamer als auf künstlichen Nährmedien.

Pathogenität, Virulenz, Infektiosität Wachstum und Vermehrung im le- benden Makroorganismus setzen Ei- genschaften der Mykobakterien vor- aus, die unter den Begriffen Patho- genität und Virulenz subsumiert werden.

Pathogenität ist definiert als die krankmachende Potenz einer syste- matischen Einheit (meist Spezies) für eine bestimmte Wirtsspezies.

Virulenz bezeichnet den Grad der Pathogenität eines bestimmten Bak- terienstammes für einen bestimmten Wirtsorganismus unter bestimmten Bedingungen.

Pathogenität ist nach dieser Defini- tion eine auf eine bestimmte Wirts- spezies bezogene, konstante Spe- zies-Eigenschaft von Bakterien.

Virulenz dagegen ist eine variable Eigenschaft eines Bakterienstam- mes, abhängig von vielfachen äuße- ren Bedingungen und von der jewei- ligen Abwehrsituation des Wirtsor- ganismus.

Bekanntlich führt nicht jede bakte- rielle Infektion zur Erkrankung.

Auch bei der Tb ist die Zahl der Infi- zierten immer größer als die der Er- krankten. Infektiosität ist neben der lnzidenz (Zugänge pro Zeiteinheit) der wichtigste epidemiologische Pa- rameter. Sie wird bestimmt durch die Ermittlung der Tuberkulin-Kon- version*) in einer Population inner- halb eines gegebenen Zeitraumes und ergibt das Infektionsrisiko.

Die Infektiosität der TbB ist Aus- druck ihrer Virulenz, sie kann erheb- liche Schwankungen aufweisen, vor allem im Gefolge einer wirksamen Chemotherapie. Bekannt ist ferner, daß geographische Varianten exi- stieren, deren Virulenz deutlich ge- ringer ist als diejenige der in Europa

„heimischen" TbB-Stämme.

Verhalten

gegenüber physikalischen und chemischen Einwirkungen

Die Resistenz der Mykobakterien ge- genüber physikalischen Einwirkun- gen entspricht in etwa derjenigen anderer Bakterien.

TbB werden durch Hitze rasch abge- tötet, bei 72,2° C bereits in 15 Se- kunden.

Auch gegenüber ionisierenden Strahlen verhalten sich Mykobakte- rien ähnlich wie andere Bakterien, gegenüber Ultraviolett-Strahlen ist die Empfindlichkeit 2- bis 5mal grö- ßer als diejenige von Escherichia coli.

*) Neumann, G.: Zur Epidemiologie der Tu- berkulose. Dieser Übersichtsaufsatz wird in einem der nächsten Hefte veröffent- licht.

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Diese Angaben beziehen sich aus- nahmslos auf Mykobakterien in wäs- seriger Suspension.

Unter den Bedingungen der tuber- kulösen Erkrankung sind TbB prak- tisch immer in ein eiweißhaltiges Wirtssubstrat eingeschlossen, das ihnen gegenüber physikalischen Einflüssen einen erheblichen Schutz verleiht.

Gegenüber Säuren und Alkalien so- wie gegenüber Desinfektionsmitteln sind Mykobakterien resistenter als die Vegetativformen der meisten an- deren Bakterien.

Daher müssen für Desinfektions- maßnahmen bei Tb entsprechende Empfehlungen (zum Beispiel Deut- sches Zentralkomitee zur Bekämp- fung der Tuberkulose [DZK] 1976) eingehalten werden.

Verhalten

gegen Antituberkulotika*)

TbB-Stämme von nicht vorbehan- delten Patienten ("Wildstämme") sind gegen Antituberkulotika emp- findlich, das heißt die minimale Hemmkonzentration (MHK) dieser Mittel liegt unter den im Verlauf der Therapie im Patienten erreichbaren Blut- und Gewebespiegeln. Die mei- sten anderen Mykobakterien weisen dagegen eine unterschiedlich aus- geprägte Resistenz gegen verschie- dene Tb-He.ilmittel auf.

Die im Zusammenhang mit der Emp- findlichkeilsprüfung gegen Antitu- berkulotika angewandten Begriffe beziehen sich nicht auf einzelne Bakterien, sondern auf Bakterienpo- pulationen.

Da klinische Kriterien für die Ermitt- lung der antituberkulotischen Wirk- samkeit eines Mittels nicht praktika- bel sind, müssen den bei der Bewer- tung von Empfindlichkeilsprüfun- gen benutzten Definitionen bakte- riologische Kriterien zugrunde ge- legt werden, die auf Grund umfang- reicher Studien so gewählt sind, daß die Korrelation der Ergebnisse zum Therapieeffekt gewährleistet ist.

Man unterscheidet bei Mykobakte- rien unter klinisch-epidemiologi- schen Aspekten folgende Arten der Resistenz:

~ "natürliche" Resistenz: die Mehr- zahl der "Wildstämme" einer Bakte- rienspezies wird durch die therapeu- tische Gewebe-(Serum-)Konzentra- tion eines Mittels nicht gehemmt;

~ "primäre" Resistenz: resistente

Erreger einer an sich sensiblen Spe- zies werden bei einem nicht vorbe- handelten Patienten isoliert. Es muß also angenommen werden, daß die- ser mit den bereits resistenten Erre- gern infiziert worden ist;

~ "initia/e" Resistenz: Sammelbe-

griff für alle erstmals nachgewiese- nen Resistenzen, unabhängig da- von, ob zuverlässige anamnestische Angaben über eine Vorbehandlung vorliegen oder nicht;

~ "sekundäre" (erworbene) Resi-

stenz: die zunächst empfindlichen Erreger eines Patienten entwickeln im Verlaufe der (offenbar insuffizien- ten) Behandlung eine Resistenz.

ln allen Fällen kann eine Resistenz gegen ein oder mehrere Mittel ge- richtet sein.

Die Ergebnisse der Empfindlich- keitsprüfungen sollten nicht nur in- dividualmedizinischen Zwecken (Steuerung und Überwachung der Chemotherapie) dienen, sondern auch unter epidemiologischen Ge- sichtspunkten ausgewertet werden. Die relative Häufigkeit von Tb-Pa- tienten mit resistenten Erreger- stämmen liegt in der Bundesrepu- blik derzeit bei etwa 8 Prozent, der Anteil der "initialen" Resistanzen beträgt etwa 5 Prozent bei leicht rückläufiger Tendenz. Am häufig- sten werden Resistanzen gegen lso- niazid und Streptomycin gefunden.

Weitere Unterscheidungen im Zu- sammenhang mit der antibakteriel- len Wirksamkeit von Tb-Heilmitteln betreffen den Wirkungstyp. Die re- versible Hemmung der Bakterienver- mehrung wird als Bakteriestase be-

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Tuberkulose

zeichnet. Werden dagegen Bakte- rien irreversibel geschädigt, so liegt eine Bakterizidie vor; zwischen Bak- teriestase und Bakterizidie bestehen in Abhängigkeit von Konzentration und Einwirkungsdauer fließende Übergänge.

Da auch die bakterizide Wirkung ganz überwiegend auf die Prolifera- tionsphase der Bakterien be- schränkt ist, hat Hirsch (1945) vorge- schlagen, diesen Wirkungstyp als

"degenerativ" zu bezeichnen. Diese Bezeichnung hat sich indes nicht durchgesetzt. Einen neuen Vor- schlag zur Definition hat kürzlich Fox (1979) gemacht. Danach wird eine Wirkung als "bactericidal" be- zeichnet, wenn sie nur gegen proli- ferierende Bakterien gerichtet ist,

als "sterilizing", wenn sie vom Statt-

wechselzustand der Bakterien unab- hängig ist, sich also auch gegen ru- hende Bakterien richtet. Diese Un- terscheidung könnte bedeutsam sein im Zusammenhang sowohl mit der sogenannten Kurzzeit-Therapie als auch mit Bemühungen um eine möglichst frühzeitige Beseitigung der Infektiosität.

Kurze Hinweise zur bakteriologischen Tuberkulosediagnose

Kürzlich ist über eine Umfrage be- richtet worden, durch die der Anteil der niedergelassenen Ärzte an der Tb-Diagnose (Fallfindung) ermittelt werden sollte. Die Auswertung der eingegangenen Antworten führte zu dem, wie es heißt, "erfreulichen" Er- gebnis, daß in 61 Prozent derjenigen Fälle, bei denen später eine Tb dia- gnostiziert wurde, eine Röntgen-Un- tersuchung, in 18 Prozent eine bak- teriologische Untersuchung veran- laßt worden war.

Berücksichtigt man, daß die Hei- lungschancen der Tb nahezu 100 Prozent sind, wenn sie frühzeitig er- kannt und sachkundig, das heißt mit verfügbaren, wirksamen Mitteln be-

*) Reimers, D.: Der aktuelle Stand derTuber- kulosetherapie. Dieser Übersichtsaufsatz wird in einem der nächsten Hefte veröf- fentlicht.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 14 vom 2. April 1981 671

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Tabelle 1: Charakterisierung der Laboruntersuchungen zur Tuber- kulose-Diagnose

Mikroskopie Kultur Tierversuch

Schnelligkeit

+++ ++

Aufwand +++ = gering

++ = mittel + = hoch

+++ ++

quantitative

Aussage möglich

++ +++ (+

)

Empfindlichkeit Spezifität

++

++

+++

+++

Anschluß- untersuchungen möglich

nein ja (ja)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Tuberkulose

handelt wird, daß also die Früher- kennung für die durchaus mögliche Ausrottung dieser Krankheit von entscheidender Bedeutung ist, dann scheint das Ergebnis der Umfrage eher alarmierend. Es ist ganz offen- sichtlich nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, daß nur durch den Nachweis der Erreger die ätiologi- sche Diagnose der Tb gesichert wer- den kann. Daher sollte grundsätzlich eine bakteriologische Untersuchung veranlaßt werden, wenn auch nur der geringste Verdacht auf das Vor- liegen einer Tb besteht. Eine Vor- auswahl kann durch Tuberkulinte- stung erfolgen, da bei Ausbleiben einer Reaktion eine Tb in der Regel ausgeschlossen werden kann.

Für den Nachweis von TbB stehen drei Methoden zur Verfügung, die in Tabelle 1 schematisch charakteri- siert sind. In der Praxis kommt der mikroskopischen Untersuchung be- sondere Bedeutung zu, weil sie me- thodisch einfach und kurzfristig durchführbar ist und weil durch sie vor allem diejenigen Tb-Patienten erfaßt werden, die wegen ihrer mas- siven Bakterienausscheidung als In- fektionsquelle für die Menschen ih- rer Umgebung eine besondere Ge- fahr darstellen.

Die kulturelle Untersuchung ist emp- findlicher und spezifischer, wichtig ist jedoch vor allem, daß nur durch die Isolierung der Erreger das für die Empfindlichkeitsprüfung und die Identifizierung benötigte Aus- gangsmaterial gewonnen werden kann.

Der Tierversuch, die empfindlichste Methode zum Nachweis und zur Iso- lierung von TbB, sollte zusätzlich zur Kultur nur dann angewandt wer- den, wenn das Untersuchungsmate- rial nicht oder nur mit großem Auf- wand wiedergewonnen werden kann und/oder wenn es erfahrungs- gemäß auch im Erkrankungsfall nur wenig TbB enthält.

Die Empfindlichkeitsprüfung gegen Tb-Heilmittelsollte bei allen Wieder- holungsfällen (Therapieversager, Rezidive) vorgenommen werden.

Empfehlenswert ist sie allerdings auch bei Erstbehandlungen, und zwar sowohl aus individualmedizini- schen und epidemiologischen als auch aus diagnostischen Gründen, weil bei Mehrfachresistenz das Anti- biogramm einen Hinweis auf das Vorliegen sogenannter atypischer Mykobakterien geben kann.

Mit dem weiteren Rückgang der Tu- berkulose nimmt auf jeden Fall die relative Häufigkeit von Erkrankun- gen durch andere Mykobakterien (Mykobakteriosen) zu; regional, zum Beispiel in den Südost-Staaten der USA, wird sogar über eine seit län- gerer Zeit zu beobachtende absolute Zunahme berichtet. Diese Entwick- lung zwingt dazu, alle bei Erkran- kungsfällen isolierten Mykobakte- rien mit anerkannten bakteriologi- schen Methoden zu identifizieren.

Dabei ist die eindeutige Unterschei- dung zwischen TbB und sogenann- ten atypischen Mykobakterien (ame- rikanisch: MOTT = mycobacteria other than tubercle bacilli — leider nicht befriedigend ins Deutsche zu übersetzen) als Minimalforderung für Regionallaboratorien anzuse- hen. Die Identifizierung bis zur Spe- zies-Diagnose sollte, soweit erfor- derlich, kompetenten (Referenz-)La- boratorien überlassen bleiben.

Auf weitere Einzelheiten kann im Rahmen dieser Übersicht nicht ein- gegangen werden. Es sei verwiesen auf die einschlägigen Empfehlun- gen des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose sowie auf die DIN-Normen 58 943 Teil 3 (kulturelle Untersuchung), Teil 31 (Tierversuch) und Teil 33 (Niacin- Test). Teil 32 (mikroskopische Unter- suchung) ist in Vorbereitung und wird in Kürze erscheinen.

Literatur

Barksdale, L.; Kim, K.: Mycobacterium, Bacte- riol. Rev. 41 (1977) 217-373 — Bartmann, K.:

Mikrobiologische Grundlagen, in Jentgens (Hrsg.): Handbuch der Inneren Medizin, Bd. IV/

3, Lungentuberkulose, Springer Verlag (1980)

— Gillissen, G.: Die Familie der Mycobacteria- ceae, in Otte, H. J., Brandis, H. (Hrsg.): Lehr- buch der Medizinischen Mikrobiologie, 4.

Aufl., Gustav Fischer Verlag, Stuttgart (1978)

—Petersen, K. F.: Die Mykobakterien, in Hein, H., Ferlinz, R. (Hrsg.): Handbuch der Tuberkulose Band II, Georg Thieme Verlag, im Druck — Runyon, E. H.; Karlson, A. G.; Kubica, G. P.;

Wayne, L. G.: Mycobacterium, in Lennette, E.

H.; Balows, A.; Hausier, W. J.; Truant, J. P.:

Manual of Clinical Microbiology, 3. ed., Ameri- can Society for Microbiology, Washington, D.C. (1980)

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Kurt Friedrich Petersen Unterbrunner Straße 85 8035 Gauting

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Referenzen

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