A2502 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 39⏐⏐29. September 2006
A K T U E L L
Zum Abschluss des Deutschen Apothekertages haben am 23. Sep- tember mehr als 1 000 Apotheke- rinnen und Apotheker mit einer Kundgebung gegen die Gesund- heitsreform der Bundesregierung protestiert (siehe auch den Beitrag
„Wir lassen uns nicht zu Händlern degradieren“ in diesem Heft). Un- terstützt wurden sie dabei von Re- präsentanten aus allen Bereichen des Gesundheitswesens, darunter Patientenvertretern, Ärzten, Kran- kenversicherern, der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie von Industrie- und Handelsverbän- den. Das hat die ABDA – Bundes- vereinigung Deutscher Apotheker-
SCHNELLE DIAGNOSE BEI TUBERKULOSE
Die Diagnose einer aktiven Tuberkulose erfor- dert noch immer den kulturellen Nachweis der Erreger, dessen Ergebnis erst nach mehreren Wochen vorliegt. Ein neues Verfahren, der „pro- teonomische Fingerabdruck“, verspricht dage- gen eine Schnelldiagnose von Proteinen im Se- rum. Damit wurde in einer Pilotstudie eine dia- gnostische Treffsicherheit von bis zu 90 Prozent erzielt (Lancet doi:10.1016/S0140-6736(06) 69342-2). Für das Verfahren wird zunächst das Blut von Tuberkulosepatienten untersucht.
Quantifizierung von Proteinen
Dabei kommen neue Geräte zur Massenspek- trometrie („Surface-enhanced laser desorption ionisation time of flight“, SELDI-ToF) zum Ein- satz, welche die gleichzeitige Quantifizierung einer Vielzahl von Eiweißen ermöglichen. Der„proteonomische Fingerabdruck“ wird nicht nur bei Tbc-Patienten erhoben, sondern auch bei Vergleichspersonen. Die Gruppe um San- jeev Krishna (St. George’s Hospital, London) hat dafür sowohl gesunde Probanden gewählt als auch Patienten mit einer „ausgeprägten“ Im- munreaktion durch entzündliche Darmerkran- kungen sowie Patienten mit Sarkoidose und schweren Atemwegserkrankungen, die leicht mit einer Tuberkulose verwechselt werden kön- nen. Mithilfe komplexer kybernetischer Modelle wurde dann ein „proteonomischer Fingerab- druck“ erstellt, der später an einer prospekti- ven zweiten Gruppe von Patienten validiert wurde. Um den späteren Test zu vereinfachen, versuchten die Forscher, einzelne Proteine aus- findig zu machen, deren Konzentration bei der aktiven Tuberkulose besonders deutlich verän-
dert ist: Mit Amyloid A, Transthyretin, Neopterin und dem C-reaktiven Protein wurde eine dia- gnostische Genauigkeit von 78 Prozent erzielt.
Sie kann durch die Einbeziehung 16 weiterer Enzyme auf 90 Prozent erhöht werden.
Entwicklung von Teststreifen
Ein Schnelltest wäre in Afrika und anderen Regionen mit hoher Verbreitung der Tuberkulo- se sicherlich willkommen. Seine Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Statt der teuren Massenspektrometrie könnten – auf der Basis von Antikörpern gegen die einzelnen Serum- proteine – Teststreifen entwickelt werden. Die Intensität des Farbumschwungs ließe sich mit einfachen Geräten quantifizieren. Die Berech- nung könnte dann jeder beliebige Laptop über-nehmen. Rüdiger Meyer
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Achtung! Gesund- heitsreform:
Mehr als 1 000 Apotheker protes- tierten in München.
REFORMPROTESTE
Apotheker fordern Kurskorrekturen
verbände mitgeteilt. Es sei höchste Zeit, dass die Politik fällige Kurs- korrekturen vornehme, so der Te- nor der Kundgebung in München.
Die Apotheker stünden als freie
Heilberufler auch künftig für die flächendeckende wohnortnahe Arz- neimittelversorgung rund um die Uhr zur Verfügung – „wenn die Po- litik keine Fehler macht“, erklärte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf im Internationalen Congress-Center.
Der Basis ist es ernst mit ih- rem Protest. Zwei Tage zuvor hat- ten sich zahlreiche Delegierte des Deutschen Apothekertages dafür ausgesprochen, die Veranstaltung auf den Münchener Marienplatz zu verlegen. „Wir brauchen mehr Öffentlichkeit“, lautete das Argu- ment. Die Mehrheit wollte sich aber offenbar Raum dafür lassen, die Proteste in den kommenden Wochen gegebenenfalls noch zu
steigern. HK
Foto:Elke Hinkelbein