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Archiv "Nichtrauchen: Ärztlicher Rat wirkt motivierend" (22.02.2008)

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A380 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 822. Februar 2008

P O L I T I K

zichts auf die Zulassung als Arzt oder Zahnarzt sind im Sozialgesetzbuch V explizit geregelt. Darauf stützt der Vorstand der KV Bayerns seine ein- dringliche Warnung, die Hausärzte sollten nicht ihre wirtschaftliche Exis- tenz aufs Spiel setzen: Mit Ärzten, die kollektiv die Zulassung zurückgege- ben haben, dürfen die Kassen dem Gesetz zufolge keine Selektiv- und Integrationsverträge schließen. Wenn mehr als 50 Prozent der Vertragsärz- te in einem Zulassungsbezirk auf ih- re Zulassung verzichtet haben und die Aufsichtsbehörde festgestellt hat, dass die Versorgung nicht mehr si- chergestellt ist, geht der Sicherstel- lungsauftrag an die Kassen über. Das hat zwei Konsequenzen: Den Kassen ist es untersagt, mit diesen Ärzten Verträge abzuschließen. Außerdem können die früheren Vertragsärzte eine erneute Zulassung frühestens nach sechs Jahren erhalten.

Ein Urteil und die Folgen Ausdrücklich geregelt ist in § 13 Absatz 2 SGB V, dass die Inan- spruchnahme von Ärzten, die kol- lektiv auf ihre Zulassung verzichtet haben, im Wege der Kostenerstattung ausgeschlossen ist. Davon gibt es nur zwei Ausnahmen, wie das Bundes- sozialgericht (BSG) am 27. Juni 2007 am Beispiel niedersächsischer Kie- ferorthopäden entschieden hat: die Notfallbehandlung und das System- versagen, wenn eine unaufschiebba- re Leistung nicht in der gebotenen Zeit erbracht werden kann.

Zum BSG-Urteil sagt Hoppen- thaller, der Fall sei nicht vergleichbar, weil sich nur 30 Prozent der Kiefer- chirurgen an dem Ausstieg beteiligt hätten. Die bayerischen Hausärzte müssten sich um ihr Honorar keine Sorgen machen. „Die Patienten wer- den sich von den Kassen nicht sagen lassen, zu welchem Hausarzt sie gehen dürfen.“ Von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank habe man es schriftlich, dass die Rückgabe der Kassenzulassung für sich genommen keinen Grund darstelle, Kredite zu kündigen. Gleichwohl rät Hoppen- thaller den Kolleginnen und Kolle- gen, mit ihrer Bank zu sprechen. Und er appelliert an sie: „Habt einfach nur Mut und zeigt Zivilcourage.“ I Heinz Stüwe

V

orbei sind die Zeiten, in denen man sich in der Öffentlichkeit mit größter Selbstverständlichkeit eine Zigarette anzünden konnte.

Das Nichtraucherschutzgesetz sieht Rauchverbote in öffentlichen Räu- men, im Nah- und Fernverkehr und in Sport- und Kultureinrichtungen vor. Inzwischen haben fast alle Bun- desländer außerdem Rauchverbote für die Gastronomie erlassen.

Ein Rauchverbot ist der wirk- samste Schutz vor den gesundheitli- chen Schäden des Tabakkonsums, denn wenn nicht geraucht werden darf, schaden weder Raucher sich selbst noch werden andere durch den gefährlichen Nebenstromrauch geschädigt. Allerdings berücksichti- gen Rauchverbote nicht die Schwie- rigkeiten der Mehrzahl der Betroffe- nen, den Tabakkonsum einzustellen.

Wenn Rauchverbote eingeführt wer- den, muss dies mit konkreten Hilfs- maßnahmen einhergehen, die den Rauchern dabei helfen, das Rauchen aufzugeben und sich damit vor tabakbedingten Begleiterkrankun- gen und vorzeitiger Mortalität zu schützen.

Nachweislich werden die höchs- ten Effekte in der Tabakentwöhnung durch Entwöhnungshilfen erzielt, die verhaltenstherapeutische Inter- ventionen (Motivationsförderung, soziale Unterstützung, Schulung von Fertigkeiten im Umgang mit Versuchungssituationen) mit einer medikamentösen Therapie kombi- nieren (1). Dabei sind die Vorteile einer Tabakentwöhnung durch den Arzt offensichtlich: Die ärztliche Beratung ist niedrigschwellig, Ärzte sind örtlich und zeitlich gut erreich- bar, die Häufigkeit des Arztkontakts

unterscheidet sich schichtenspezi- fisch kaum – wodurch gerade auch Angehörige unterer sozialer Schich- ten, bei denen die Raucherprävalenz besonders hoch ist, gut erreicht wer- den können (2). Da der Kontakt zum Patienten in der Regel längerfristig ist, können geeignete Motivations- fenster für die Einleitung einer Entwöhnungsmaßnahme abgepasst werden. Zudem liegt ein enormer Vorteil darin, dass Arztbesuche im Kontext gesundheitlicher Probleme stattfinden, sich hierüber also für den Arzt ein begründeter Ge- sprächseinstieg zum Thema Rau- chen ergibt. Beim Arzt besteht außerdem die Möglichkeit, Patien- ten hinsichtlich ergänzender medi- kamentöser Therapien zu beraten, diese gegebenenfalls zu verschrei- ben und zu begleiten. Internationale Studien zeigen zudem, dass der ärzt- liche Rat zum Rauchstopp für den Patienten motivierend wirkt (3).

Bisheriger Hinderungsgrund:

zu zeitaufwendig

Ärztliche Tabakentwöhnung bietet also viele Vorteile und ist wissen- schaftlich belegt, findet aber noch nicht ausreichend statt. So zeigt bei- spielsweise die SNICAS-Studie (4), die mit mehr als 800 niedergelasse- nen Ärzten im gesamten Bundesge- biet und an mehr als 28 000 Patien- ten durchgeführt wurde, dass zwar 50 Prozent der teilnehmenden rau- chenden Patienten schon einmal von einem Arzt auf das Rauchen an- gesprochen wurden, jedoch ledig- lich bei zehn Prozent nach Auskunft der Patienten eine gezielte Tabak- entwöhnung durchgeführt wurde.

Allerdings sagten 90 Prozent der NICHTRAUCHEN

Ärztlicher Rat wirkt motivierend

Tabakentwöhnung durch Ärzte bietet viele Vorteile und

ist wissenschaftlich belegt – wird aber noch nicht

ausreichend angeboten. Das (Muster-)Curriculum der

Bundesärztekammer soll Abhilfe schaffen.

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A382 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 822. Februar 2008

P O L I T I K

Ärzte zu Studienbeginn, dass sie ei- ne Tabakentwöhnung für wichtig hielten. Als Hinderungsgründe für die praktische Durchführung gaben 47 Prozent der teilnehmenden Ärzte an, dass die Tabakentwöhnung letzt- lich zu zeitintensiv sei, 37 Prozent hielten sie für wenig effektiv und 33 Prozent bemängelten die schlechten Abrechnungsmöglichkeiten.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Untersuchung des Hei- delberger Zentrums für Alternsfor- schung. Neben den bereits genann- ten Hindernissen erwähnten hier 57 Prozent außerdem, dass es ihnen an einem adäquaten Training fehle (5).

Ausgehend von diesen Überle- gungen hat der Vorstand der Bun-

desärztekammer auf Vorschlag des Sucht- und Drogenausschusses im April 2005 eine Qualifikationsmaß- nahme für ärztliche Tabakentwöh- nung verabschiedet. Diese hat einen Umfang von 20 Stunden, von denen zwölf Stunden in einem Präsenzkurs und acht Stunden im Selbststudium zu absolvieren sind. Hinsichtlich der Umsetzung entschied sich die Bundesärztekammer für ein Blen- ded-Learning-Konzept, bei dem für das Selbststudium onlinegestützte Lernmodule bereitgestellt werden.

Durch das Blended Learning werden die Präsenzzeiten verkürzt,

zudem ermöglicht es zeit- und ort- unabhängiges Lernen. Die Vermitt- lung umfangreicher Propädeutik im Onlinekurs bringt die Teilnehmer zudem auf einen gemeinsamen Wissensstand, sodass der Präsenz- kurs intensiv für ein praktisches Training genutzt werden kann. Der evaluierte Blended-Learning-Kurs kann anschließend inklusive On- linelernmodulen auch von anderen Landesärztekammern übernommen und angeboten werden. Die Lernin- halte sind in Zusammenarbeit mit Experten in der Tabakentwöhnung erstellt worden. Dem verantwortli- chen Autorenteam gehören Prof.

Dr. med. Anil Batra, Universitäts- klinik Tübingen, Dr. Thomas He-

ring, Stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes der Pneumo- logen, sowie Peter Arbter, Arzt für Allgemeinmedizin, Krefeld, an. Als Experte für Blended Learning ist Dr. Peter Lösche, Nordrheinische Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung, an der konzeptio- nellen Entwicklung der Maßnahme beteiligt.

Die Qualifikation vermittelt Ärz- ten propädeutisches Faktenwissen zur Tabakproblematik im gesell- schaftlichen Kontext, zu gesund- heitlichen Folgen des Tabakkon- sums, zu Grundlagen der Tabakab-

hängigkeit sowie zu Methoden der Tabakentwöhnung. In einem Prä- senztraining wird Handlungskom- petenz für die Patientenansprache und Intervention erworben. Ein be- sonderer Schwerpunkt wird auf die Implementierung der Tabakentwöh- nung in Klinik und Praxis gelegt.

Denn um die Qualifikation Tabak- entwöhnung zu einem erfolgreichen Instrument bei der Eindämmung des Tabakkonsums werden zu lassen, muss nicht nur Wissen zur Tabak- entwöhnung vermittelt, sondern auch ihre praktische Anwendung im eigenen Arbeitskontext sicherge- stellt werden.

Die verstärkte Ansprache und Qualifizierung der Ärzteschaft für die Raucherberatung ist jedoch nur ein Baustein bei der Eindämmung des Tabakkonsums. Eine regelhafte intensive Beratungsleistung durch qualifizierte Ärzte erfordert aller- dings auch eine entsprechende Ver- gütung. Zudem sollte bei der Diag- nose einer Tabakabhängigkeit, die eine Krankheit nach der ICD-10 darstellt, die Behandlung mit evi- denzbasierten Mitteln in den Leis- tungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Dazu gehört auch eine Kostenerstattung der me- dikamentösen Therapie. I Karin Brösicke, Dr. Wilfried Kunstmann Bundesärztekammer

LITERATUR

1. Batra A, Schütz CG, Lindinger P: Tabakab- hängigkeit. In: Schmidt LG, Gastpar M, Fal- kai P, Gaebel W (Hrsg.): Evidenzbasierte Suchtmedizin. Behandlungsleitlinie Sub- stanzbezogene Störungen. Deutscher Ärzte- Verlag 2006; 91–142.

2. Statistisches Bundesamt 2006: Leben in Deutschland – Ergebnisse des Mikrozensus 2005; 64.

3. Silagy C, Stead LF: Physicians advice for smoking cessation (Cochrane Review). In:

The Cochrane Library, Issue 4/2002. Ox- ford: Update Software. Lancaster T, Stead LF 2004.

4. Hoch E, Mühlig S, Höfler M, Sonntag H, Pitt- row D, Wittchen HU: Raucherentwöhnung in der primärärztlichen Versorgung: Ziele, De- sign und Methoden der ,Smoking and Nico- tine Dependence Awarness and Screening (SNICAS)‘-Studie. In: Suchtmed 2004; 6(1):

47–51.

5. Twardella D, Brenner H: Lack of training as a central barrier to the promotion of smok- ing cessation: a survey among general practitioners in Germany. In: Eur J Public Health April 2005; 15: 140–5.

Foto:VISUM

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