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Archiv "Schweigepflicht sichert Vertrauensverhältnis: Seminarkongreß Meran eröffnet" (15.04.1983)

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen TAGUNGSBERICHT

Seminarkongreß Meran eröffnet

Schweigepflicht sichert Vertrauensverhältnis

In Anwesenheit des Präsidenten der mitveranstaltenden Öster- reichischen Ärztekammer, Prima- rius Dr. Richard Piaty, und zahlrei- cher Ehrengäste des öffentlichen Lebens der Region eröffnete Pro- fessor Dr. Horst Bourmer, Präsi- dent der Ärztekammer Nordrhein und Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer, am 28. März den XV. Internationalen Seminar- kongreß für praktische Medizin in Meran. Professor Dr. Hellmut Meh- nert (wissenschaftliche Gestal- tung), München, erläuterte kurz das Programm, das in den 20 Se- minaren mit insgesamt mehr als 110 Einzelveranstaltungen den Ärztinnen und Ärzten wieder einen umfassenden Überblick geben soll über Bewährtes und Neues in Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation.

In seinem Eröffnungsvortrag be- handelte Professor Dr. jur. Dr.

med. h. c. Paul Bockelmann, Mün- chen, die vielschichtigen Proble- me der ärztlichen Schweigepflicht und des ärztlichen Schweige- rechts. Bockelmann wies ein- gangs darauf hin, daß die absolute Strafandrohung bei der Verlet- zung von Privatgeheimnissen (§

203 StGB) wesentliche Grundlage des Vertrauens ist, daß der Bürger zum Arzt hat oder haben können soll. Dem steht jedoch das nicht immer unberechtigte Interesse einzelner oder der Allgemeinheit an Information — aus was für Grün- den auch immer — gegenüber. Es muß daher Ausnahmen von der ärztlichen Schweigepflicht geben

— ihre Bestimmung ist eine der schwierigsten Aufgaben des Ge- setzgebers.

Was ist das nun überhaupt, ein

„Geheimnis"? Der Allgemeinheit dürfte nicht immer ganz klar sein, daß der Schweigepflicht des Arz- tes nicht nur Informationen über den Gesundheitszustand seines

Patienten unterliegen, sondern al- les, was „zum persönlichen Le- bensbereich" gehört, also auch Dinge aus dem familiären, berufli- chen und wirtschaftlichen Be- reich, die der Arzt im Rahmen sei- ner ärztlichen Bemühungen er- fährt; dies schließt auch Informa- tionen über Dritte ein. Eine ande- re, nützliche Überlegung: „Ge- heimnis" ist, was nur einem ge- schlossenen Kreis von Personen bekannt ist. Dazu gehören alle, die nach § 203 StGB und nach § 35 SGB ebenfalls zum Schwei- gen verpflichtet sind. — Hieraus, und aus dem anerkannten Recht auf die „Persönlichkeitssphäre", folgt, daß der Patient diesen Kreis erweitern kann; er kann aber auch umgekehrt einzelne Mitglieder aus diesem Kreis ausschließen.

Auch im Verhältnis der Ärzte zu- einander besteht grundsätzlich Schweigepflicht. Dies ist zu be- denken zum Beispiel bei Korre- spondenz und Publikationen, aber auch bei Gutachten: Der Arzt darf dem Auftraggeber Befunde nur mitteilen, soweit sie im Rahmen des Gutachtenauftrages liegen.

Für die straflose Preisgabe von Patientengeheimnissen gibt es ei- ne Reihe von Möglichkeiten. Ein- mal hat natürlich der Patient das Recht — nicht die Pflicht —, den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Dann darf der Arzt das Patientengeheimnis brechen im Zusammenhang mit der berechtig- ten Wahrnehmung eigener Inter- essen, etwa bei einer Honorarkla- ge oder in einem gegen ihn ge- richteten Rechtsverfahren. Als nächstes wären gesetzliche Mel- de- und Anzeigepflichten zu nen- nen, wie sie etwa im Bundesseu- chengesetz, im Gesetz zur Be- kämpfung der Geschlechtskrank- heiten und in der Berufskrankhei- tenverordnung vorgesehen sind.

Als Besonderheit wies Professor Bockelmann in diesem Zusam- menhang auf § 138 StGB hin, der jedermann verpflichtet, der von bestimmten geplanten Verbre- chen erfährt, dies anzuzeigen.

Hier gibt es Ausnahmeregelungen für den Arzt; er ist nicht verpflich-

tet zur Anzeige gegen einen Ange- hörigen oder wenn er sich ernst- haft bemüht, den Betreffenden von der Tat abzuhalten. Diese Aus- nahmen gelten nur für das, was der Arzt „in dieser Eigenschaft"

erfahren hat; und sie gelten nicht bei Mord, Totschlag, Völkermord, Geiselnahme oder Anschlag auf den Luftverkehr durch eine terrori- stische Vereinigung.

Hier kommt man also schon in schwierige Rechtsprobleme, die aber in der täglichen Praxis selten sind. Häufiger ist dann schon die Entscheidung, wann ein überge- setzlicher Notstand die Offenba- rung von Patientengeheimnissen rechtfertigt, um andere oder auch den Patienten selbst zu schützen.

Hierher gehört die unter Juristen strittige Pflicht, der Behörde Fahr- tauglichkeitsmängel eines Patien- ten anzuzeigen.

Der Schweigepflicht des Arztes entspricht sein Schweigerecht.

Die Strafprozeßordnung regelt das Zeugnisverweigerungsrecht in §§

53 und 53a. Auch wenn der Arzt von der Schweigepflicht entbun- den wurde, kann er nach Profes- sor Bockelmann versuchen, sich durch Berufung auf einen Not- stand von der Zeugnispflicht zu befreien. Und hinzu kommt ein Schweigerecht auf Grund des

„therapeutischen Privilegs", auf das sich der Arzt dann berufen kann, wenn eine volle Aufklärung des Patienten über seine Krank- heit eine zu große Belastung für den Patienten wäre.

Am Schluß seines Vortrages ging Professor Bockelmann kurz auf jüngste Gerichtsurteile zur Doku- mentationspflicht des Arztes und zum Einsichtsrecht des Patienten ein. Dabei ergibt sich, daß die ge- genwärtige Rechtslage fast aus- schließlich auf „Richterrecht" be- ruht — nach Bockelmann eine beunruhigende Entwicklung: Die

„entwürdigende Behandlung" der Ärzteschaft könne auf lange Sicht das Vertrauensverhältnis zwi- schen Arzt und Patient mehr ge- fährden als vieles andere. gb Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 15 vom 15. April 1983 77

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