V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 927. Februar 2004 AA595
Bei der Bewertung der Blut- druckwerte setzt derzeit ein Umdenken ein. Während jah- relang der diastolische Blut- druck im Mittelpunkt des In- teresses stand, mehren sich nun Hinweise darauf, dass die Gefährdung des Patienten vor allem vom systolischen Blutdruck abhängt.
Riskant für den Patienten scheint insbesondere eine ho- he Blutdruckamplitude, also ein hoher Pulsdruck zu sein, wie Dr. Siegfried Eckert (Bad Oeynhausen) darlegte. Der
„pulse pressure“ erlaube be- sonders bei älteren Patienten bessere Hinweise auf das kar- diovaskuläre Risiko, weil er sowohl den unteren als auch den oberen Blutdruckwert berücksichtige.
Ermittelt wird der Puls- druck als Differenz zwischen dem systolischen und dem diastolischen Blutdruck, wo- bei Werte bis zu 65 mm Hg als normal gelten. Darüber sei von einem „leicht erhöhten“, ab 75 mm Hg von einem „mo- deraten“ und bei mehr als
90 mm Hg sogar von einem
„stark erhöhten“ Pulsdruck auszugehen. Halte man sich vor Augen, dass mit jeder Puls- druck-Steigerung um 10 mm Hg die Gefahr kardiovasku- lärer Komplikationen um 23 Prozent steige, so sei klar, dass ein erhöhter pulse pressure zumindest ein starker Risiko- marker für kardiovaskuläre Komplikationen sei, berichte- te Eckert.
Die Ursache dürfte in den bei hoher Blutdruckamplitude im Gefäß wirksamen Scher- kräften liegen. Diese scheinen – erläuterte Eckert – ein Auf- reißen vorbestehender arterio- sklerotischer Plaques zu er- leichtern und damit einen Herzinfarkt zu begünstigen.
Die Plaqueruptur läuft dabei nach einem etwas anderen Mechanismus ab als sonst ge- wohnt.
Denn während Plaques nor- malerweise von der Schulter her aufreißen, kommt es unter hohem Pulsdruck eher zu ei- nem Aufreißen von der Mitte der Läsion aus. „Es handelt
sich um einen zusätzlichen Mechanismus der Plaquerup- tur“, berichtete Eckert. Be- troffen sind nicht nur relativ neu entstandene vulnerable Plaques, auch vermeintlich stabile Plaques können unter den großen Druckschwan- kungen bei hoher Blutdruck- amplitude ein- oder regel- recht aufreißen. Dem sollte therapeutisch Rechnung getra- gen werden.
Mit Telmisartan auch den Pulsdruck senken
Nicht alle Antihypertonika ha- ben vergleichbar gute Effekte auf den Pulsdruck. Studien wei- sen darauf hin, dass Calcium- antagonisten, Diuretika und ACE-Hemmer günstigere Ef- fekte auf die Gefäßelastizität haben als Betablocker. Als einen geeigneten Wirkstoff, der nachhaltig den Pulsdruck beeinflusst, stellte Dr. Gun- ther Claus (Melsungen) Tel- misartan vor, das als Kin- zalmono® und Kinzalkomb® (kombiniert mit 12,5 mg Hy-
drochlorothiazid) im Handel ist. Der AT1-Antagonist be- wirke Studien zufolge eine signifikante Senkung der Puls- wellengeschwindigkeit, was ein Ausdruck dafür sei, dass sich die bei Hypertonikern erhöhte Gefäßsteifigkeit wie- der bessert.
Studien zeigen, dass der AT1-Blocker generell zu einer ausgeprägten Blutdrucksen- kung führt. So wurde in einer Untersuchung bei 818 Hyper- tonikern durch eine Mono- therapie mit 80 mg des Wirk- stoffs eine Blutdrucksenkung von im Mittel 15,4 mm Hg sy- stolisch und 11,5 mm Hg dia- stolisch erwirkt, was zugleich eine Reduktion des Puls- drucks bedingt. Bei der Kom- binationstherapie wurden die Druckwerte um 23,9 mm Hg systolisch und um 14,9 mm Hg diastolisch gesenkt.
„Die Responderraten wa- ren mit 85 Prozent vergleichs- weise hoch“, sagte der Wis- senschaftler. Mit Tagesthera- piekosten von 0,9 Cent pro gesenktem mm Hg lässt sich mit Telmisartan in der Praxis eine ausgesprochen ökonomi- sche Therapie der Hypertonie realisieren. Christine Vetter
Pressekonferenz „Verminderte Gefäßela- stizität – Risikomarker oder bereits Risi- kofaktor?“ in der Deutschen Sporthoch- schule in Köln, Veranstalter: Bayer Vital