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Archiv "Deutscher Hausärzteverband: „Zwischen die Mühlsteine der großen Politik geraten“" (03.10.2003)

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och nie hatten die Hausärzte so große Hoffnungen in eine Gesund- heitsreform gesetzt wie bei dem jetzt im Bundestag beschlossenenen GKV-Modernisierungsgesetz (GMG).

Selten zuvor hatte ein Gesetzgebungs- verfahren so günstig für die Hausärzte begonnen. Doch am Ende blieben fast ausschließlich Enttäuschung und Verbit- terung über einen parteienübergreifen- den Kompromiss, bei dem die erklärten Ziele des Deutschen Hausärzteverban- des zum größten Teil unter die Räder ge- kommen sind.

Die diesjährige Delegiertenversamm- lung des Hausärzteverbandes in Trave- münde fand gut eine Woche vor der GMG-Abstimmung im Bundestag statt.

Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass es mit der nachhaltigen Stärkung der hausärztlichen Versorgungsebene nichts werden würde. In den Vorentwür- fen zur Gesundheitsreform war dies an- ders. Folglich machte der scheidende Vorsitzende des Deutschen Haus- ärzteverbandes, Prof. Dr. med. Klaus- Dieter Kossow, in erster Linie die Uni- onsparteien als diejenigen „politischen Kräfte“ aus, „welchen wir einen Geset- zestext verdanken, der in Bezug auf die Arbeit der Hausärzte so viel schlechtere Aspekte aufweist“.

Heftzwecken in den Schuhen der Hausärzte

Wieder einmal seien wichtige Ziele des Verbandes zwischen die Mühlsteine der großen Politik geraten, beklagte Kossow (dazu auch DÄ, Heft 39/2003, „Seite eins“). Bei der Suche nach weiteren Schuldigen dann dies: „Es drängt sich der

Verdacht auf, dass es der Lobby unserer hoch geschätzten politischen Mitbewer- ber in den Gremien der Bundesärzte- kammer und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung gelungen ist, Passagen in den Gesetzentwurf zu bugsieren, die man nur als Heftzwecken in den Schuhen der Hausärzte bezeichnen kann.“

Fakt ist, dass es den eigenständigen Hausarzttarif (in Abgrenzung zu einem Facharzttarif) nicht in der Form geben wird, wie es sich der Hausärzteverband gewünscht hatte. Übrig geblieben ist die Verpflichtung für die Krankenkassen, ihren Versicherten eine hausarztzen- trierte Versorgung anbieten zu müssen.

Die Kassen können das ihren Versicher- ten mit Anreizen schmackhaft machen,

aber die Teilnahme an solchen Modellen bleibt freiwillig. Dennoch räumte auch Kossow ein, „dass mit der hausarztzen- trierten Versorgung eine fundamental neue Struktur“ Einzug in die ambulante Versorgung hält. Dies sei ein großer Er- folg des Hausärzteverbandes, der nicht klein geredet werden dürfe.

Allerdings sind die Möglichkeiten des Hausärzteverbandes, auf die Ge- staltung der hausarztzentrierten Ver- sorgung unmittelbar Einfluss zu neh- men, relativ gering. Entgegen der ur- sprünglichen Tendenz der rot-grünen Regierungskoalition, die Vertragsho- heit der Kassenärztlichen Vereinigun- gen zu beschneiden, sollen sie nunmehr im gemeinsamen Bewertungsausschuss P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 403. Oktober 2003 AA2549

Deutscher Hausärzteverband

„Zwischen die Mühlsteine der großen Politik geraten“

Trotz einiger Teilerfolge fühlen sich die Hausärzte als die Verlierer der Gesundheitsreform. Zugleich ging bei der Delegiertenversammlung in Travemünde

die „Ära Kossow“ nach zehnjähriger Amtszeit zu Ende.

Abschied von Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kossow: Die Delegierten zollten dem schei- denden Vorsitzenden minutenlangen Applaus. Kossow hat den Hausärzteverband in seiner zehnjährigen Amtszeit ein gutes Stück vorangebracht. Ein „Urgestein“ tritt ab.

Fotos:Johannes Aevermann

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mit den Krankenkassen die Honorar- komplexe zur hausarztzentrierten Ver- sorgung entwickeln. Der zweite Schritt besteht darin, die Verträge mit den Be- wertungen der Honorarkomplexe so- wie den Qualitätsanforderungen und den Ausschreibeverfahren in Gesamt- verträgen zu vereinbaren. Ausschreibe- verfahren werden deshalb notwendig, weil das Gesetz vorsieht, dass die Kran- kenkassen zur Sicherstellung der haus- arztzentrierten Versorgung nur mit

„besonders qualifizierten Hausärzten“

Verträge zu schließen haben.

Klares Nein zu Einzelverträgen mit den Krankenkassen

Dieser Passus, der noch zu Beginn der Reformüberlegungen nur für die Fach- ärzte in Betracht gezogen worden war, ist für die Hausärzte eine kaum akzep- table Bestimmung. So lehnte die Dele- giertenversammlung in mehreren Be- schlüssen Einzelverträge der Kassen mit „qualifizierten“ Hausärzten ab und forderte stattdessen interne Regelun- gen auf der KV- beziehungsweise Bun- desverbandsebene. Alternativ dazu sol- le sich der Bundesvorstand des Haus- ärzteverbandes im weiteren Gesetzge- bungsprozess (gemeint ist damit die Be- ratung im Bundesrat) dafür einsetzen, dass zumindest jeder Hausarzt, der die besonderen Qualitätsansprüche nach- gewiesen hat, durch die jeweilige Kran- kenkasse unter Vertrag genommen wer- den muss.

Dass die Hausärzte ein Einzelver- tragssystem in der hausarztzentrierten Versorgung mit den Krankenkassen entschieden ablehnen, bedeutet jedoch keineswegs, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen beim Deutschen Haus- ärzteverband nunmehr wieder hoch im Kurs stünden. Dagegen spricht, dass die Delegiertenversammlung den Bundes- vorstand in einem Beschluss aufgefor- dert hat, ein Modell zu erarbeiten, „wie mittelfristig der Sicherstellungsauftrag in der hausärztlichen Versorgungsebe- ne von einer öffentlich-rechtlichen Struktur (KV) auf eine verbandliche Struktur (Hausärzteverband) übertra- gen werden kann“. Die Hausärzte hal- ten also an dem Ziel fest, die Verant- wortung für die hausärztliche Versor-

gung mittelfristig selbst in die Hand nehmen zu wollen.

Dabei rückt jetzt auch die Bundes- ärztekammer ins Visier des Berufsver- bandes. Kossow findet es inakzeptabel, dass die Bundesärztekammer Inhalte der hausärztlichen Fortbildung festle- gen soll, „wenn sie bei jeder sich bieten- den Gelegenheit die Integration von Hausärzten in ihre Gremien behin- dert“. Zur Erinnerung: Es war den Hausärzten beim Deutschen Ärztetag im Mai dieses Jahres in Köln nicht ge- lungen, ihren Kandidaten bei den Wah- len zum Vorstand der Bundesärztekam- mer durchzubringen.

Die als Ausgrenzung empfundene Wahlniederlage führte in Travemünde zu unverhohlenen Drohungen: Sollte die neue Weiterbildungsordnung mit der Zusammenlegung der Fächer Inne- re Medizin und Allgemeinmedizin nicht

„buchstabengetreu und zeitnah“ umge- setzt werden, werde der Hausärztever- band die Einrichtung einer Bundes- hausärztekammer fördern.

Dies macht deutlich, dass der Haus- ärzteverband offenbar weiterhin einen harten innerärztlichen Konfrontations- kurs steuern will. Einen anderen Weg zeigte die Vize-Präsidentin der Bundes- ärztekammer, Dr. med. Ursula Auers- wald, auf. Sie kündigte auf der Delegier- tenversammlung einen Satzungsände- rungsantrag auf dem nächsten Deut- schen Ärztetag in Bremen an, der darauf abzielt, die Hausärzte künftig in den Vor- stand der Bundesärztekammer einzube- ziehen. Dies deckt sich mit einem Be- schluss des Hausärzteverbandes, der ei-

ne repräsentative Vertretung der Haus- ärzte mit einem Sitz im Bundesärzte- kammervorstand gewährleistet sieht.

Dennoch bleibt offen, welchen Weg der Hausärzteverband jetzt einschlagen wird. Die Hausärzte fühlen sich als Ver- lierer der Gesundheitsreform, obwohl sie objektiv einiges erreicht haben. Stär- ker als zuvor ist die Rolle des Hausarz- tes als Lotse und Mittler im Gesund- heitswesen ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Die Politik hat Rahmenbedin- gungen geschaffen, die durchaus Chan- cen für eine hausarztzentrierte Versor- gung eröffnen.

Im Alleingang wird dies jedoch kaum funktionieren können. Es wird nun dar- auf ankommen, wie sich die Hausärzte positionieren. Und: Sie werden dies un- ter einer neuen Führung bewerkstelli- gen müssen, denn Prof. Dr. med. Klaus- Dieter Kossow kandidierte nach zehn- jähriger Amtszeit nicht mehr. Kossows Verdienste um den Hausärzteverband sind unbestritten. Bei seinem Abschied zollten die Delegierten minutenlang

stehend Beifall. Mit Kossow geht ein

„berufspolitisches Urgestein“ von Bord – aber nicht ganz. Der Allgemeinarzt aus Achim bei Bremen bleibt dem Ver- band als Ehrenvorsitzender erhalten.

Seine Nachfolge tritt Ulrich Weigeldt (Bremen) an. Dem neuen Vorstand gehören ferner an: Dr. med. Diethard Sturm, Dr. med. Heinz Jarmatz, Dr.

med. Gerd W. Zimmermann, Dr. med.

Petra Reis-Berkowicz, Wolfgang Meu- nier, Rainer Kötzle, Dr. med. Berthold Dietsche und Dr. med.Wolfgang Hop-

penthaller. Josef Maus

P O L I T I K

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A2550 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 403. Oktober 2003

Neuer Vorsitzender mit viel Erfahrung: Ulrich Weigeldt führt jetzt den Deutschen Hausärzteverband. Der Allge- meinarzt aus Bremen ist seit dem Jahr 2000 auch Vorsit- zender des beratenden Fach- ausschusses für die haus- ärztliche Versorgung der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung.

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