• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Telemedizin: Die Zukunft liegt in Netzwerken" (27.11.2009)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Telemedizin: Die Zukunft liegt in Netzwerken" (27.11.2009)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2396 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 106

|

Heft 48

|

27. November 2009

TELEMEDIZIN

Die Zukunft liegt in Netzwerken

Welchen Anteil Telemedizin an der Qualitätsverbesse- rung der Versorgung hat, ist trotz vieler Projekte nach wie vor unklar. Mehr valide Daten sind erforderlich.

V

iele telemedizinische Anwen- dungen haben längst das Pro- jektstadium verlassen und sind fes- ter Bestandteil der medizinischen Versorgung. Beispiele sind die Schrittmacherkontrolle per Internet, die Notfalltherapie von Schlagan- fallpatienten per Videokonferenz- system oder das Telemonitoring von Herzinsuffizienzpatienten. Als strategische Option für Kranken- häuser und für niedergelassene Ärz- te gewinnt die Telemedizin zuneh- mend an Bedeutung, auch wenn mögliche Geschäftsfelder derzeit noch schwer zu überschauen sind und die Aufnahme telemedizini- scher Versorgungsmodelle in die flächendeckende Regelversorgung noch aussteht.

Erfolgreich etabliert ist inzwi- schen die Teleradiologie, bei der Entstehung und Befundung radiolo- gischer Aufnahmen an verschiede- nen Orten stattfinden. Ein Beispiel dafür präsentierte Prof. Dr. med.

Sven Mutze vom Unfallkranken- haus Berlin (ukb) beim 4. Fachkon-

gress der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed)*.

Das ukb kooperiert bereits seit eini- gen Jahren mit mehreren Kranken- häusern im Land Brandenburg tele- radiologisch, so mit dem Sana- Krankenhaus Templin und der KMG-Kliniken AG.

Die zeitnahe Befundung und die permanente bilaterale Erreichbar- keit gewährleisten eine konstante Patientenversorgung in den betreu- ten Einrichtungen. Häufig führen die Ärzte im ukb zudem bei Fragen, die eine vor Ort nicht verfügbare klinische Spezialisierung erfordern, eine Fernkonsultation durch. Bei- spiele sind zeitkritische neurochir - urgische Probleme bei der Versor- gung von Polytraumata oder neuro- logische Aspekte bei der Schlagan- fallversorgung.

„Die Aufgaben der Teleradiolo- gie werden immer größer“, meinte Mutze. Die Radiologie sei ein ge- waltig expandierendes Fachgebiet, gleichzeitig fehlten Radiologen in vielen Gegenden. Durch die Telera- Beim Diabetiva-Pro-

gramm übermittelt der Patient täglich seine Vitalwerte, wie Blutzucker und Blut- druck, in eine zentrale Patientenakte, auf die ein telemedizinisches Zentrum Zugriff hat.

Foto: SHL Telemedizin

*„Telemedizin 2009 – Geschäfts- und Versor- gungsmodelle im klini- schen Alltag“ am 5.

und 6. November 2009 in Berlin; www.dgtele med.de

P O L I T I K

hochpreisige Medikamente, die aus medizinischer Sicht nicht im- mer nötig seien. „Weil es sich hier um teure Arzneimittel allein zur Therapiebegleitung handelt, wäre eine Verschreibung für einen nie- dergelassenen Arzt sehr unwirt- schaftlich“, so Schneider.

Die Deutsche Krankenhausge- sellschaft (DKG) hält zur Lösung dieses Problems die Regelung des AVWG für derzeit kaum umsetzbar.

Hierfür seien Vergleichslisten über die Arzneimittelpreise in öffentli- chen Apotheken erforderlich sowie Informationen über vereinbarte Ra- batte der Krankenkassen für Arz- neimittel, schreibt die DKG in ei- nem Brief an die Bundesregierung.

Diese Informationen lägen jedoch nicht vor.

Modellvorhaben: schnelle und zeitnahe Information

Über den ein oder anderen Schat- ten zu springen, ist auch in diesem Bereich vonnöten, will man dem Ziel eines barrierefreien Sektoren- wechsels künftig näher kommen.

Und so haben sich KVen, KBV und einzelne Klinikbetreiber auf eine bessere Zusammenarbeit verstän- digt. Einer Vereinbarung der KBV, der KVen Thüringen und Baden- Württemberg und der SRH-Klini- ken GmbH zufolge wollen die Krankenhäuser den weiterbehan- delnden Arzt „schnell und zeitnah“

über die geplante Entlassung und die damit verbundene Bereitstel- lung notwendiger Heil- und Hilfs- mittel informieren.

Die jeweiligen regionalen Ar- beitsgruppen sollen ein geeignetes Überleitungsmanagement zur Arz- neimittelversorgung vereinbaren, um die Versorgung der Patienten besonders am Wochenende und an Feiertagen sicherzustellen. „Die Wirkstoffe und möglichen Generika werden ausdrücklich benannt“, heißt es. In der Vereinbarung der KBV und der KVen Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland mit der AHG AG haben die Partner ver- einbart, sich gegenseitig unter ande- rem über die medikamentöse Wei- terbehandlung in der ambulanten Versorgung zu informieren. ■

Heike Korzilius, Falk Osterloh

(2)

A 2398 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 106

|

Heft 48

|

27. November 2009 diologie lasse sich mehr Know-how

in hoher Qualität in die Fläche brin- gen. „Wir brauchen daher überre- gionale Netzwerke. Die Aufteilung der befundenden radiologischen Welt findet jetzt statt. Qualität führt dabei zu einem Wettbewerbsvor- teil“, ist der Radiologe überzeugt.

Telekonsile für die Schlaganfallversorgung

Ähnlich positiv aufgrund seiner Er- fahrungen im Projekt TEMPiS be- wertet auch Prof. Dr. med. Heinrich Audebert von der Charité – Univer- sitätsmedizin Berlin den Teleme - dizineinsatz beim Schlaganfall.

Schon heute ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und ein Krankheits- bild, das am häufigsten zu bleiben- den Behinderungen führt. „Teleme- dizinnetzwerke werden unverzicht- bar sein für die künftige Schlagan- fallversorgung“, prognostizierte der Experte vor dem Hintergrund von Bevölkerungsverschiebungen, Ärz- temangel und einer Zunahme der Erkrankung aufgrund der alternden Bevölkerung. Telekonsile eigneten sich für den Schlaganfall, weil die klassischen Symptome sämtlich au-

diovisuell erfassbar seien. Zudem handele es sich um eine zeitkriti- sche Erkrankung: „Das Telekonsil ist schneller als die Verlegung des Patienten oder die Benachrichti- gung des Arztes“, erklärte Aude- bert. Telemedizin liefere Entschei- dungshilfe in konkreten Situatio- nen. Darüber hinaus bedeute jedes Telekonsil einen Know-how-Trans- fer und eine konstante Qualitätssiche- rung, weil stets überprüft werde, ob die Abläufe in den Krankenhäusern funktionierten. Regionale Stroke- Units machen Audebert zufolge aufgrund ihrer inhomogenen Quali- tät Telemedizin keineswegs über- flüssig. Ein Qualitätsmanagement in Netzwerken wie TEMPiS bietet zudem zusätzliche Potenziale, zum Beispiel durch das Einholen einer Zweitmeinung für komplexe Kon- stellationen auf den Stroke-Units.

Auch ist es konsequenter durchzu- führen, etwa mittels Standard Ope- rating Procedures und Benchmar- kingverfahren. „Die Telemedizin hilft bei der Versorgungsoptimie- rung und verbessert das Outcome in den Regionen. Sie muss aber einge- bettet sein in ein Stroke-Unit-Kon- zept“, lautet das Fazit des Experten.

Dennoch gibt es auch kritische Stimmen, die Sinnhaftigkeit, Quali- tät und Versorgungsökonomie tele- medizinischer Anwendungen infrage stellen. Trotz vieler Projekte sei es unklar, ob die Qualitätsoffensive in den Krankenhäusern oder aber die Telemedizin als Grund für die ver- besserte Versorgung beim Schlagan- fall anzusehen sei, meinte etwa Prof.

Dr. med. Martin Grond von der Deutschen Gesellschaft für Neuro- logie. Das Entscheidende ist seiner Ansicht nach nicht die Telemedizin, sondern das Arbeiten im Netzwerk.

„Das deutsche Stroke-Unit-System funktioniert auch ohne Telemedi- zin“, erklärte Grond. Letztere werde in der Mangelverwaltung eingesetzt.

Zu den mit Telemedizin verbunde- nen Risiken zählt der Neurologe falschnegative Diagnosen. Auch sei die Qualität der Behandlung nach dem Telekonsil prognosebestim- mend. „Der überwiegende Teil der Schlaganfallversorgung ist nicht zeitkritisch, sondern expertisekri- tisch“, sagte Grond.

Fachgesellschaften sind gefordert

„Es bleibt zu klären, inwieweit Te- lemedizin einen Beitrag zur medizi- nischen Versorgung der Zukunft leisten kann“, befand auch Prof. Dr.

med. Klaus Pethig, Evangelische Kliniken Hamm-Westfalen. Erfor- derlich seien mehr Daten etwa zur Morbidität, zur Kosten-Nutzen-Re- lation und zur Patientenzufrieden- heit. Multizentrische Studien stün- den noch aus. Es sei Sache der Fachgesellschaften und der Ärzte zu klären, wie optimale Versor- gungskonzepte aussehen und wel- che Zielgruppe den höchsten Bene- fit von telemedizinischen Program- men hätte.

Für eine stärkere Einbindung der wissenschaftlichen Fachgesellschaf- ten warb auch die DGTelemed.

„Die Fachgesellschaften sollen ihre Kompetenz und leitliniengerechte Behandlungsoptionen in die Dis- kussion telemedizinischer Anwen- dungen einbringen und damit den Prozess begleiten“, erklärte ihr Vor- standsvorsitzender, Prof. Dr. med.

Hans-Jochen Brauns. ■ Heike E. Krüger-Brand Erste Ergebnisse einer Studie, die den Nutzen

von Telemedizin bei der Betreuung von Typ-II- Diabetikern untersucht, wurden bei der DGTele- med-Fachtagung vorgestellt. Danach wirkt sich die zusätzliche telemedizinische Betreuung von Diabetikern im telemedizinischen Betreuungs- programm „Diabetiva“ positiv auf den Stoff- wechsel und die Lebensqualität der Patienten aus. Außerdem gibt es auch einen ökonomischen Mehrwert. Diese Ergebnisse präsentierten Prof.

Dr. med. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum, Sana-Klini- ken Düsseldorf, und Prof. Dr. med. Stefan N. Wil- lich vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an der Charité.

Im Rahmen der Studie wurden 100 Patienten über sechs Monate beobachtet. Dabei zeigte sich, dass die Lebensqualität sich bei allen Patienten unabhängig von der Höhe des HbA

1c-Ausgangs- wertes steigerte. Der HbA

1c-Wert verringerte sich signifikant, Gewicht und Body-Mass-Index eben- so. Die Therapiezufriedenheit der Patienten er-

höhte sich deutlich. Die Patienten erlebten selte- ner Episoden von Über- oder Unterzuckerung.

Zusätzlich läuft eine retrospektive Fallkontrollstu- die zum ökonomischen Nutzen des Programms an der Charité unter der Leitung von Willich. Da- bei werden Krankenkassendaten von 369 Patien- ten, die im Mittel 750 Tage im Diabetiva-Pro- gramm betreut wurden, mit einer Kontrollgruppe von herkömmlich betreuten Patienten verglichen.

Die Evaluation ergab, dass die Patienten der tele- medizinischen Interventionsgruppe seltener sta- tionär behandelt werden mussten und dass die Gesamtkosten für Klinikaufenthalte sowie die Kosten je Krankenhausaufenthalt niedriger waren.

Die ökonomischen Auswirkungen in anderen Be- reichen des Gesundheitswesens werden derzeit noch untersucht. „Nach Abschluss der Studie werden wir Aufschluss darüber bekommen, ob sich derartige Einspareffekte auch bei der ambu- lanten Versorgung oder bei den Arzneimittelaus- gaben zeigen“, sagte Willich. (Informationen:

www.shl-telemedizin.de)

STUDIE: TELEMEDIZIN BEI DIABETES

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In der ärztlichen Fortbildung soll für Telemedizin ein Curriculum entwi- ckelt werden, dass später auch in der Weiterbildung genutzt werden kann, um eine rasche Verbreitung in der

Ein inno- vatives Abnehmprogramm der Uni- versitätsklinik in Magdeburg zeigt, dass Telemonitoring der körperli- chen Aktivität eine solche Alterna - tive darstellen kann..

Beispiele für Projekte: Neutrale Beratung, Wei- ter- und Fortbildungsangebote für Ärzte, Medizini- sche Fachangestellte und Patienten, virtuelle Kli- nik OWL,

D ie intensive Beschäftigung mit Telemedizin als einer Komponenten der Patientenver - sorgung gehört für die privaten Kli- nikketten inzwischen zum Pflicht - programm, auch

Diese muss diskriminierungsfrei sein, sie muss einheitliche Instrumente anbieten, damit Patientendaten verschlüsselt und sicher ausgetauscht werden können.“ Die Instrumente

Allerdings hatte die KBV bereits Anfang des Jahres festgestellt, dass die Ärzte häufig noch zu allgemein verschlüsseln, so dass sich der Schweregrad einer Erkrankung und

Unterstützt wird das Konzept des- halb auch von der Bundesbeauf- tragten für die Belange der Patien- tinnen und Patienten, Helga

Bis Ende 2011 sollen die Mitgliedstaaten dar- über hinaus ihre nationalen Regelun- gen für einen größeren Einsatz der Telemedizin beschließen und dabei vor allem Fragen der