Mathematik f¨ ur Chemiker 2: online-Vorlesung
3.8) Lineare Algebra 2: Matrixeigenwerte und -vektoren
Bernd Hartke
Theoretische Chemie
Institut f¨ur Physikalische Chemie Christian-Albrechts-Universit¨at
Max-Eyth-Str. 2 24118 Kiel
hartke@pctc.uni-kiel.de
https://ravel.pctc.uni-kiel.de/
Eigenwertgleichung
Lineares Gleichungssystem = Operator wirkt auf Vektor und erzeugt irgendeinen anderen Vektorb (A und ~b sind bekannt, ~x wird gesucht):
A~x =~b (1)
Bei gegebener Matrix A gibt es aber auch ~x und ~b, die voneinander linear abh¨angig sind:
A~x = λ~x (2)
• ~x heißt Eigenvektor, λ ist der dazugeh¨orige Eigenwert.
• i.d.R. gibt es mehr als ein Paar ~x,λ.
• nur A ist bekannt; alle ~x,λ sind zun¨achst unbekannt.
• alle (~x, λ)-Paare einer Matrix A bilden den eigentlichen Operatorkern von A; Zahlenwerte der A-Matrixelemente h¨angen davon ab, welche Basis wir zur A-Darstellung w¨ahlen.
L¨osung via S¨akulargleichung
A~x = λ~x (3)
A~x − λ~x = ~0 (4)
A~x − λE~x = ~0 (5)
(A − λE)~x = ~0 (6)
A~˜x = ~0 (7)
Gl. 7 ist fast ein homogenes, lineares Gleichungssystem (λ-Werte noch unbekannt). Damit es außer der trivialen L¨osung ~x = ~0 noch weitere L¨osungen gibt, muß gelten:
det( ˜A) = det(A − λE) = 0 = Pn(λ) (8) F¨ur eine (n×n)-Matrix A liefert Determinantenberechnung (Laplace-Entwicklung) ein Polynom n-ter Ordnung in λ, dessen Nullstellen wir suchen. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra sind es genau n: λ1, λ2, . . . , λn (einigen k¨onnen zusammenfallen (Entartung) oder komplex sein).
Einsetzen jedes λi-Werts in Gl. 7 liefert den zugeh¨origen Eigenvektor ~xi. Jede (n × n)-Matrix hat n Eigenwerte und Eigenvektoren.
2
L¨osung via S¨akulargleichung
• Matrix ˜A = A − λE bilden (von den A-Diagonaleintr¨agen λ abziehen)
• Determinante det( ˜A) berechnen → Polynom n-ter Ordnung in λ
• Nullstellen des Polynoms ermitteln → n Eigenwerte
• f¨ur jeden Eigenwert Gl. 7 l¨osen → zugeh¨orige Eigenvektoren
Beachte: Bei der L¨osung von Gl. 7 muß sich immer mindestens 1 Nullzeile ergeben, weil wir det( ˜A) erzwungen hatten (mehr Nullzeilen bei entarteten Eigenwerten). Daher:
• Eigenvektoren enthalten zwangsl¨aufig mind. 1 freien Parameter ∈ R
• wird traditionell durch Normierung auf L¨ange 1 beseitigt
• trotzdem bleibt das Eigenvektor-Vorzeichen unbestimmt.
L¨osung durch Diagonalisierung
Sog. “normale” Matrizen A (definiert durch [A, A†] = 0) k¨onnen durch eine unit¨are Basistrans- formationsmatrix U diagonalisiert werden:
U†AU =
λ1 0
λ2 . . .
0 λn
(9)
• λi sind die Eigenwerte;
• die Spaltenvektoren von U sind die Eigenvektoren.
In der Basis ihrer Eigenvektoren sind normale Matrizen diagonal, mit ihren Eigenwerten auf der Diagonalen.
S¨akulargleichungsverfahren gut f¨ur kleine Matrizen (n = 2, 3, 4);
rechnerisch sehr problematisch f¨ur große Matrizen.
Diagonalisierung iterativ-kleinschrittig m¨oglich (s. Skript);
per Hand aussichtslos, aber gut f¨ur Computer und große Matrizen.
4
Schr¨odingergleichung
HˆΨ(x) = EΨ(x) , Hˆ = ˆT + ˆV = − ~2 2m
d2
dx2 + V (x) (10) F¨ur fast alle chemischen Systeme analytisch unl¨osbar. Ausweg: Basisfunktionsentwicklung
Ψ(x) =
n
X
i=1
ciϕi(x) (11)
Hˆ X
i
ciϕi(x) = X
i
ciHϕˆ i(x) = E X
i
ciϕi(x) (12) Multiplikation mit hϕj|:
X
i
ciHji = E X
i
cihϕj|ϕii , Hji = hϕj|Hˆ|ϕii =
∞
Z
−∞
ϕ∗j(x) ˆHϕi(x)dx (13) F¨ur eine orthonormale Basis gilt hϕj|ϕii = δij, also
X
i
ciHji = Ecj bzw. H~c = E~c (14) Dieses Matrix-Eigenwertproblem ist per Computer (Diagonalisierung) leicht l¨osbar.