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Archiv "Das klimakterische Syndrom: Substitutionstherapie mit Östrogenen" (08.03.1979)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Das klimakterische Syndrom:

Substitutionstherapie mit Östrogenen

Rudolf Baumann und Hans-Dieter Taubert

Abteilung für gynäkologische Endokrinologie (Leiter: Professor Dr. med

. Hans-Dieter Taubert),

Zentrum der Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Geschäftsführender Direktor:

Professor Dr. med

. Heinrich Schmidt-Matthiesen),

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Wie in Heft 9/1979, Seite 572 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES aus- führlich dargestellt wurde, kann eine Vielzahl von Faktoren das Krank- heitsbild des klimakterischen Syn- droms beeinflussen.

Dies macht verständlich, daß mit recht unterschiedlichen Behand- lungsmethoden Erfolge erzielt wer- den können.

Als Therapiemaßnahmen kommen in Betracht:

...,. Hormonsubstitution (Östrogene, Gestagene)

...,. Sedativa, Psychopharmaka ...,. Balneotherapie

...,. Psychotherapie

Da es sich beim klimakterischen Syndrom weitgehend um die Folge eines östrogenmangels handelt, steht jedoch die Substitutionsthera- pie mit Östrogenen im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen.

Therapeutische Möglichkeiten Die typischen Symptome des kli- makterischen Syndroms wie Hitze- wallungen, Schweißausbrüche, Schwindel, Herzklopfen und Herzja- gen sowie Parästhesien werden

durch Östrogene in den meisten Fäl- len beseitigt oder zu mindestens ver- mindert. Zurückhaltung mit der Ver- ordnung von Östrogenen ist dage- gen angezeigt bei sekundären Be- schwerden wie Schlaflosigkeit, Ner- vosität, Reizbarkeit, Konzentrations- schwäche sowie depressiver Ver- stimmung.

Die postmenopausale Osteoporose und Osteopenie werden durch Östrogene günstig beeinflußt (Nor- din u. Mitarb., 1975), da diese offen- bar die Wirkung des Nebenschild- drüsenhormons auf den Knochen hemmen und somit eine Verminde- rung der Knochenresorption herbei- führen (Gallagher u. Mitarb., 1975).

Auch atrophische Erscheinungen im Bereich des äußeren Genitales, die oft mit Pruritus, Kolpitis senilis und Kohabitationsbeschwerden einher- gehen, können durch Ostrogenga- ben beseitigt beziehungsweise ge- bessert werden.

Bei Störungen der Blasenfunktion, die keiner chirurgischen Interven- tion bedürfen, wie vermehrter Harn- drang, erhöhte Entleerungsfrequenz oder atrophische Zyst-Urethritis so- wie dem durch Schrumpfungspro- zesse bedingten Ectropium urethrae haben sich Östrogene ebenso be- währt wie bei der Vor- und Nachbe- handlung bei Vaginalplastiken und Fisteloperationen.

632 Heft 10 vom 8. März 1979

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Die hormonelle Substitutions- therapie des klimakterischen Syndroms bedarf einer klaren lndikationsstellung. Der The- rapieplan muß sorgfältig auf die Ostrogenmangelerschei- nungen der einzelnen Patien- tin abgestimmt werden. Bei Beachtung der Kontraindika- tionen und rege I mäßiger Überwachung ist nicht mit ernsthaften Nebenwirkungen zu rechnen. Die kunstgerecht durchgeführte Östrogensub- stitutionstherapie ist für Pa- tientinnen und Arzt eine wert- volle Hilfe bei der Behandlung von Beschwerden der Wech- seljahre.

ln einem gewissen Maße sprechen auch atrophische Veränderungen im Bereich der übrigen Haut auf Östro- gene an, da diese die Durchblutung und den Turgor erhöhen.

Durch eine Zunahme der mitoti- schen Aktivität im Korium nimmt auch die Dicke der Haut zu.

Die Auswirkungen der Östrogene auf das kardiavaskuläre System sind unterschiedlicher Natur und noch nicht einheitlich zu beurteilen. Es ist unumstritten, daß regelmäßig menstruierende Frauen vor der Me- nopause wesentlich seltener an ei- ner Koronarsklerose erkranken als gleichaltrige Männer und Frauen gleichen Alters mit Climacterium praecox. Aus tierexperimentellen und klinischen Untersuchungen ist ferner ersichtlich, daß i. v. verab- reichtes Ostrialsuccinat eine Schutzwirkung auf die Basalmem- bran der Blutgefäße ausüben sowie die erhöhte Kapillarpermeabilität und -fragilität vermindern kann (Schmidt-Matthiesen u. Poliwoda, 1965).

Dennoch ist zur Zeit die Anwendung von Ostrogenpräparaten zur Pro- phylaxe und Behandlung der Athe- rosklerose nicht zu rechtfertigen

(Boyd, 1973). [>

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Hormonpräparate

Zur Therapie des klimakterischen Syndroms stehen verschiedene östrogenpräparate, die sich in ihren pharmakologischen Eigenschaften zum Teil erheblich unterscheiden, zur Verfügung. Wir unterscheiden ..,.. endometriumsunwirksame Östrogene (Östriol, Östriolsuccinat):

Die proliferationsfördernde Wirkung dieser Präparate auf das Endome- trium ist so schwach, daß auch bei Überschreitung der empfohlenen Tagesdosis kaum mit uterinen Blu- tungen zu rechnen ist.

..,.. endometriumswirksame Östro- gene (konjugierte Östrogene, östra- diol, Ostrad iolvalerianat).

Obwohl die aufgeführten Substan- zen weitaus weniger proliferativ wir- ken als Äthinylöstradiol (Progynon C®), kann es auch bei Einhaltung der üblichen Dosen unter Umständen zu Blutungen kommen, vor allem dann, wenn im Organismus der betroffe- nen Patientin noch relativ viel Östro- gene gebildet werden.

Es muß ferner beachtet werden, daß konjugierte Östrogene, östradiol und östradiolvalerianat in Dosen, die für die Behandlung klimakteri- scher Beschwerden üblich sind, nicht ovulationshemmend und da- mit nicht kontrazeptiv wirksam sind.

Ist kontrazeptiver Schutz erforder- lich, dann sollte man nicht die in Tabelle 1 aufgeführten Präparate, sondern einen Ovulationshemmer einsetzen.

Werden Östrogene bei oraler Zufuhr nicht vertragen oder ist die regelmä- ßige Einnahme nicht gewährleistet, bietet sich als Alternative die i. m.

Injektion eines depotwirksamen östradiolesters in Verbindung mit einem schwach wirksamen Andro- gen an (zum Beispiel Gynodian®).

Andere Östrogen-Androgen-Kombi- nationen sind wohl hoch wirksam und zeichnen sich durch einen gün- stigen psychotropen Effekt aus, soll-

Aktuelle Medizin Klimakterium

Tabelle 1: Häufig gebrauchte Präparate bei der Therapie des kli- makterischen Syndroms

Orale Verabreichungsform

...

Reine Östrogene: Handelsname Zusammensetzung

(mg/Tablette)

östriol Ovestin® 1,0

Hormomed® 1,0

östriolsuccinat Synapause® 2,0

Konjugierte Östrogene Oestro- Feminal® 1,25 Presomen mite® 0,3

Presomen® 1,25

Presomen spezial® 1,25-0,9-0,6 Transannon mite® 0,625

Transan non® 1,25

östradiol (E2)

+

Estrifam® E2 : 2,0, E3: 1,0 östriol (E3 ) Estrifam forte® E2: 4,0, E3 : 2,0 östradiolvalerianat Östrogynal sine® 2,0

Progynova 21 mite® 1,0 Progynova 21® 2,0

Progynova® 2,0

ten aber wegen der erheblichen Zahl von Nebenwirkungen (irreversible Virilisierungserscheinungen, Libi- dosteigerung, Euphorie, uner- wünschte Abhängigkeit von der Therapie) nur vom Spezialisten ver- ordnet werden.

Bei Unverträglichkeit von Östroge- nen kann auch eine Dauertherapie mit Gestagenen (zum Beispiel 5 mg Norethisteronacetat oder Lynoestre- noi/Tag) in Betracht gezogen wer- den, deren Effektivität jedoch gerin- ger als die der Östrogene anzuset- zen ist.

Therapeutisches Vorgehen:

Bei der Therapieplanung ist grund- sätzlich zu unterscheiden zwischen allgemeinen Beschwerden wie Hit- zewallungen und Schweißausbrü- chen und lokalen, auf die Genitalre- gion beschränkten Störungen wie Kolpitis atrophieans oder Lichen sclerosus et atrophieans ("Craurosis vulvae").

ln letzterem Falle wird man in der Regel von der peroralen Verabrei- chung von Östrogenen absehen können, da die Lokaltherapie mit Östrogenhaitigen Cremes und Ovula sehr effektiv ist (Darstellung 1 auf Seite 634).

Es sei an dieser Stelle jedoch aus- drücklich darauf hingewiesen, daß auch bei vaginaler Verabreichung von Östrogenen (Östron, 17ß-Östra- diol) physiologische Konzentratio- nen dieser Hormone im Blut erreicht werden können. (Schiff u. Mitarb., 1977).

Bei Patientinnen, bei denen eine Östrogentherapie kontraindiziert ist, sollte deshalb auch eine vaginale Lokalbehandlung unterbleiben.

Bei Allgemeinbeschwerden richtet sich das weitere Vorgehen danach, ob die Patientin noch regelmäßig oder unregelmäßig menstruiert be- ziehungsweise auf die fünf- bis sechstägige Einnahme eines Gesta- gens (Primolut Nor®, Clinovir® u. a.) mit einer Abbruchblutung reagiert.[>

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft

10

vom 8. März

1979

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Klimakterium

Hieraus ergibt sich die Einteilung für die folgenden Gruppen:

.,.. Gruppe 1:

regelmäßige oder unregelmäßige spontane Blutungen,

gestagen-induzierte Blutungen, Blutungen bei Östrogensubstitution .,.. Gruppe II:

keine spontanen oder gestagen-in- duzierten Blutungen,

keine Blutungen bei östrogensub- stitution,

Zustand nach Hysterektomie.

Da manche zu Gruppe I gehörende Frauen noch ovulieren und demge- mäß schwanger werden können, ist bei der Wahl des Therapeutikums

die Frage der Kontrazeption zu be- rücksichtigen. Vor Verordnung jegli- cher Form von Hormontherapie muß entschieden werden, ob das Ausmaß der Beschwerden und der Allge- meinzustand der Patientin die Ein- nahme von Östrogenen, Gestagenen oder Ovulationshemmern rechtfer- tigt.

Die wichtigsten Kontraindikationen wurden in Tabelle 2 zusammenge- stellt. Als Risikofaktoren, die eine besondere Sorgfalt bei der Überwa- chung der Therapie sowie der Aus- wahl des Präparates erfordern, sind zu nennen:

.,.. Übergewicht .,.. Diabetes mellitus .,.. Nikotinabusus .,.. Hyperlipidämie

.,.. Hypertonus

.,.. Immobilisation und chirurgische Eingriffe .

Wenn eine absolute Kontraindika- tion vorliegt oder Unverträglich- keitserscheinungen auftreten, muß eine nicht-hormonelle Therapieform gewählt werden.

Gruppe I

Da in dieser Gruppe nicht nur das

"östrogendefizit" ausgeglichen,

sondern auch eine normale Blu- tungsrhythmik erzielt werden soll, ist die einfache Substitutionsthera- pie mit Östrogenen nicht ausrei- chend. ln Analogie zum Sekretions- muster der Sexualhormone im nor- mal ovulatorisehen Zyklus muß das Progesteron durch Gabe eines Ge-

I

KLIMAKTERISCHE BESCHWERDEN t - - - 1 ... ~ Symptome

Dosil·

t

uc.•rtniuJenmg.1

allgemein _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ .J._ _ _ _ _ _ _ _ _ _

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k e i n e - - - -Blutungen - - - -vurlumden

. . . - - - Kontjzeption - - - - ,

weiter Ovulationshemmer ( Uberwachung? )

!FSH erhöht) Absetzen

t

Darstellung 1: Planung des therapeutischen Vergehens bei der Substitutionstherapie des klimakterischen Syndroms mit Östrogenen

·1 Tabelle 1 ··1 Tabelle 3 ···1 n•edng dos1ertes Kombinationspraparat

634 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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stagens substituiert werden. Man verordnet vom fünften bis 25. Tag nach Beginn einer spontanen oder induzierten Blutung ein Östrogen, dazu vom 16. bis 25. Tag ein Ge- stagen.

Bei der Auswahl des Östrogens geht man von dem Grundsatz aus, zu- nächst ein schwächer wirksames Präparat beziehungsweise eine niedrige Dosis zu erproben. Da für die Behandlung des klimakterischen Syndroms geeignete Mehrphasen- präparate im Handel erhältlich sind (Tabelle 3), erübrigt sich die Ver- schreibung beider Komponenten, sofern man nicht einem Ostrialprä- parat als Östrogen den Vorzug gibt.

Am 28. Zyklustag ist bei Einnahme derartiger Präparate - ähnlich wie bei Ovulationshemmern - mit dem Eintritt der Blutung zu rechnen. Sollte die Patientin wiederholt keine Entzugsblutung bekommen, was zum Beispiel bei einem Zweiphasen- präparat, das konjugierte Östrogene enthält, bei Absinken des endoge- nen Östrogenspiegels zu erwarten ist, so kann auf die weitere Einnah- me des Gestagens verzichtet wer- den. Anderenfalls sollte periodisch überprüft werden, ob noch Spontan- blutungen beziehungsweise gesta- geninduzierte Blutungen auftreten können und eine weitere Substitu- tion erforderlich ist.

Wenn neben der Tt:lerapie klimakte- rischer Beschwerden Empfängnis- schutz gewünscht wird, sollte nach sorgfältigem Abwägen der Vorteile (Besserung einer eventueil beste- henden Hypermenorrhö bezie- hungsweise Dysmenorrhö) und Nachteile (siehe Risikofaktoren) ge- gebenenfalls ein niedrig dosierter Ovulationshemmer vom Kombina- tionstyp verordnet werden. Wenn das Risiko bei Einnahme von Ovula- tionshemmern zu hoch erscheint, dann sollte eine andere Form der Kontrazeption gewählt und die Östrogentherapie auf ein Minimum beschränkt werden. ln gewissen Ab- ständen sollte die Notwendigkeit weiterer kontrazeptiver Maßnahmen überprüft werden.

Aktuelle Medizin Klimakterium

Tabelle 2: Oie wichtigsten Kontraindikationen

..,.. Absolute Kontraindikationen:

Schwere Leberschäden

Rotorsyndrom, Dubin-Johnson-Syndrom Schwangerschaftshepatose in der Anamnese Porphyrie

· Zerebravaskuläre Gefäßleiden

Thromboembolische Erkrankungen

Schwere Hypertonie (auch in der Familienanamnese) östrogenabhängige Mammakarzinome

Korpuskarzinome Nierenkarzinome Maligne Melanome

..,.. Relative Kontraindikationen:

Schnell wachsende Myome Endometriosen

Mastopathia chronica cystica Kardiale oder nephrogene Ödeme Cholezystitis, Cholelithiasis

Allergie gegen bestimmte Östrogenpräparate

Wenn die radioimmunologische Be- stimmung des Serum-FSH etwa drei Wochen nach Absetzen der Thera- pie die für das Klimakterium typi- schen hohen Werte zeigt, ist mit kei- ner Empfängnis mehr zu rechnen. ln diesem Falle könnte die Therapie auf reine Östrogene beziehungswei- se Östrogen-Gestagen-Zweiphasen- präparate umgestellt werden.

Gruppe II

Bei Frauen, die nicht mehr menstru- ieren, führt man die östrogensubsti-

tution in zyklischer Weise durch, das heißt, man verabreicht das Präparat 21 bis 25 Tage lang und schaltet dann ein therapiefreies Intervall von fünf bis sieben Tagen Dauer ein.

Einige handelsübliche Präparate können ohne Unterbrechung ge- nommen werden, da sie sieben hor- monfreie Dragees enthalten. Gemäß dem Prinzip der möglichst niedrigen Dosierung sollte man Östriol bezie- hungsweise östriolsuccinat soweit als möglich den Vorzug geben, wo- bei allerdings zu beachten ist, daß

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 10 vom 8. März 1979 635

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Klimakterium

deren psychotrope Wirkung schwä- cher ausgeprägt zu sein scheint als die anderer natürlicher Östrogene.

Die Kombination von Östrogenen und Tranquilizern kann nur bei Vor- liegen einer eindeutigen Indikation empfohlen werden, da die meisten klimakterischen Beschwerden gut auf Östrogene ansprechen. Bei Zu- satz von Tranquilizern läßt sich die Effektivität der Östrogentherapie schlecht beurteilen, ferner kann so- wohl die Verkehrstüchtigkeit als auch die Alkoholtoleranz ungünstig beeinflußt werden.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen der Östrogen- therapie sind im allgemeinen gering.

Bei Auftreten von Übelkeit, Erbre- chen und anderen gastro-intestina- len Störungen sollte eine Verminde- rung der Dosis oder die Umstellung auf die i. m. Verabreichungsweise in Betracht gezogen werden. Zu uteri- nen Blutungen kommt es unter der

Therapie mit konjugierten Östroge- nen und östradiolvalerianat in etwa ein bis zwei Prozent der Fälle. Ob- wohl diese Blutungen ebenso wie Mastodynie, Wasserretention und zervikaler Fluor meist als Folge einer Östrogenüberdosierung zu werten sind, sollten alle uterinen Blutungen mittels einer fraktionierten Abrasio abgeklärt werden 1).

Ob es durch die Langzeitanwen- dung von Östrogenen zu einer fakul- tativen Synkarzinogenese am Endo- metrium beziehungsweise der Brustdrüse kommen kann, darf an- hand der erschöpfenden Analysen von Lau ritzen sowie neuerer Unter- suchungen von Rauramo bezweifelt werden.

Die Blutgerinnung und Fibrinolyse werden von den verschiedenen Östrogenen in unterschiedlicher Weise verändert, wobei die Verände- rungen durch die natürlichen Östro- gene am geringsten sind. Über Thrombosen als Folge einer Be- handlung postmenopausaler Frauen

mit Östradiol oder Östriol liegen, trotz der weiten Verbreitung der Östrogentherapie in den letzten zehn Jahren, keine Berichte vor (van Keep und Haspels, 1977).

Dennoch sollten durch eine sorgfäl- tige .Anamnese und Untersuchung Patientinnen mit einem erhöhten Thromboembolierisiko zunächst von einer Östrogenbehandlung ausge- schlossen werden.

Der Kohlenhydratstoffwechsel wird bei niedriger Dosierung weder durch natürliche noch durch synthe- tische Östrogene wesentlich beein- flußt. Dementsprechend sind bei der Behandlung postmenopausaler Frauen mit Östrogenen in der übli- chen Dosierung keine Komplikatio- nen in bezug auf den Kohlenhy- dratstoffwechsel zu erwarten.

t>

1

) Bekanntgaben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: "Zur Risikoab- wägung bei der Verschreibung von weibli- chen Sexualhormonen", Dt. Ärztebl. 73 (1976) 3, und "Weibliche Sexualhormone und Endometriumskarzinom". Dt. Ärztebl.

75 (1978) 1306

Tabelle 3: Mehrphasenpräparate zur Behandlung des klimakterischen Syndroms Orale Verabreichungsform

....

östrogen-Gestagen- Zusammensetzung (mg/Tablette)

Kombinationen:

(Mehrphasenpräparate) Handelsname (1. Phase) (2. Phase) (3. Phase)

Trisequens® östradiol: 2 2 1

östriol: 1 1 0,5

No reth istero n acetat:

0

1

0

12 Tage 10 Tage 6 Tage

Trisequens östradiol: 4 4 1

forte® östriol: 2 2 0,5

Noreth isteronacetat:

0

1

0

12 Tage 10 Tage 6 Tage

Cyclo östradiolvalerianat: 2 2

Progynova® No rgestrel:

0

0,5

11 Tage 10 Tage Presomen Konjugierte

compositum® Östrogene 1,25 1,25

Medrogeston

0

5

10 Tage 10 Tage

636 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Der Einfluß der Östrogentherapie auf den Lipidstoffwechsel der post- menopausalen Frau ist wenig unter- sucht. Bekannt ist, daß synthetische Östrogene in physiologischen Do- sen den Phospholipid- und Triglyze- ridspiegel anheben, den Choleste- rinspiegel jedoch senken. Östradiol- valerianat und konjugierte Östroge- ne scheinen einen ähnlichen, aber weniger ausgeprägten Effekt zu ha- ben. Insgesamt deuten die wenigen bekannten Daten darauf hin, daß durch eine Östrogensubstitutions- therapie in der Postmenopause kei- ne schwerwiegenden Veränderun- gen im Spektrum der Plasmalipide verursacht werden (Larsson-Cohn in: Keep u. Mitarb., 1976).

Therapieüberwachung

Östrogene und andere Sexualhor- mone sollten zur Behandlung kli- makterischer Störungen nur dann verordnet werden, wenn durch eine sorgfältige gynäkologische und all- gemeine Anamnese eventuelle Risi- kofaktoren soweit als möglich aus- geschlossen und eine echte Indika- tion für eine hormonelle Therapie erstellt worden ist. Die Untersu- chung der Genitalorgane und Mam- mae sollte durch Messung des Blut- drucks, Feststellung des Körperge- wichts, Harnanalyse auf Eiweiß und Zucker, Abnahme eines Zytotests und gegebenenfalls Anordnung ei- ner Mammographie ergänzt werden.

Um eine regelmäßige Kontrolle des Zustandbildes der Patientin zu ge- währleisten, sollte die Verschrei- bung jeweils nur für sechs Monate erfolgen. Danach sollte erneut eine umfassende gynäkologische Vor- sorgeuntersuchung erfolgen. Die Transaminasen, das Cholesterin und die Triglyzeride bedürfen nur im speziellen Fall einer Kontrolle. In je- dem Fall einer unerwarteten Blutung muß eine fraktionierte Abrasio durchgeführt werden.

Bezüglich der Therapiedauer kann keine einheitliche Empfehlung ab- gegeben werden. Es hat sich jedoch bewährt, die Therapie von Zeit zu Zeit zu unterbrechen, um zu über-

prüfen, ob noch behandlungsbe- dürftige Beschwerden bestehen. Die hohe Wirksamkeit von Östrogenprä- paraten bei der Behandlung klimak- terischer Beschwerden sollte weder beim Arzt noch bei der Patientin zu der Täuschung führen, daß es sich um eine Panazee zur Beseitigung aller Aspekte dieses komplexen Krankheitsbildes handelt. Deshalb sollte die hormonelle Therapie in in- dividueller Weise durch diätetische Maßnahmen, physikalische Thera- pie, gegebenenfalls die Verordnung von Sedativa und geeignete psycho- logische Führung ergänzt werden.

Literatur

Boyd, G. S.: Östrogene, Cholesterinstoffwech- sel und Atherosklerose, in: Möglichkeiten der Endokrinologie, S. Karger, Basel (1973) 80-105

— Gallagher, J. C.; Nordin, B. E. C.: Wirkungen der Östrogen- und Progesterontherapie auf den Kalziumstoffwechsel bei postmenopausa- len Frauen, in: Möglichkeiten der Endokrinolo- gie, S. Karger, Basel (1975) 162-190 — Keep van, P. A.; Greenblatt, R. B.; Albeaux-Fernet, M.: Consensus an Menopause Research, A Summary of International Opinion. The Pro- ceedings of the First International Congress of the Menopause held at La Grande Motte, Fran- ce, in June, 1976, under the auspices of The American Geriatric Society and The Medical Faculty of The University of Montpellier, MTP Press Limited, Lancaster (1976) — Keep van, P.

A.; Haspels, A. A.: Oestrogen Therapy, During the Climacteric and afterwards, Excerpta Medi- ca, Amsterdam (1977) — Lauritzen, C.: Die The- rapie des Klimakteriums, Therapiewoche 45 (1975) 5198-5213 — Lauritzen, C.: Gestagene, Östrogene und fakultative Synkarzinogenese, Dt. Ärztebl. 43 (1976), 2715-2721 — Lauritzen, C.: Östrogene und Corpuscarcinom, Sexual- medizin 9 (1976) 624-647 — Nordin, B. E. C.;

Gallagher, J. C.; Aaron, J. E.; Horsman, A.:

Postmenopausale Osteopenie und Osteoporo- se, in: Möglichkeiten der Endokrinologie, 3, S.

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Estrogen replacement therapy and endome- trial carcinoma, in: Front. Hormone Res. Vol 5 (1978) 117-125 — Schiff, I.; Tulchinsky, D.; Ry- an, K. J.: Vaginal Absorption of Estrone and 17ß-Estradiol, Fertil. Steril. 28 (1977) 1063-1066 — Schmidt-Matthiesen, H.; Poliwo- da, H.: Östrogene, Gefäße und hämorrhagische Diathesen, Arch. Gynäk. 200 (1965) 231-258.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Rudolf Baumann Abteilung für

gynäkologische Endokrinologie Zentrum der Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Johann Wolfgang Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 6000 Frankfurt am Main

Synergistische Wirkung von Vitamin C

und Aspirin

auf die Magenschleimhaut

Zur Prophylaxe und zur Therapie von Erkältungskrankheiten ist die Selbstmedikation mit hohen Dosen Vitamin C heute weit verbreitet. Ne- ben dem Auftreten günstiger Effekte ist unter hohen Ascorbinsäuredosen auch eine Reihe von Nebenwirkun- gen bekannt. Im Zusammenhang mit Aspirin liegen bisher lediglich Beob- achtungen bei Ascorbinsäureman- gel vor. So führt bei Meerschwein- chen unter einer skorbutfördernden Diät die Applikation von Aspirin zu einer höheren gastrointestinalen Blutungsrate als bei Tieren, die nor- mal ernährt wurden. Auch Patienten mit den Symptomen eines subklini- schen Ascorbinsäuremangels waren hinsichtlich von Läsionen der Ma- genschleimhaut nach Einnahme von Aspirin empfindlicher als Normal- personen. Zur Klärung der Wech- selwirkung zwischen hohen Dosen Vitamin C sowie Aspirin wurden tierexperimentelle Untersuchungen durchgeführt. Nach Applikation von 20-60 mg L-Ascorbinsäure pro Gramm Nahrung wurden bei Ratten keine fokalen Magenläsionen beob- achtet. Dagegen traten Läsionen der Magenschleimhaut unter einer Ein- zeldosis von 30 mg Aspirin pro 100 g Körpergewicht auf. Die gleichzeitige Gabe von 40 und 60 mg Ascorbin- säure pro g Nahrung und 30 mg Aspirin pro 100 g Körpergewicht führte gegenüber der alleinigen Ga- be von Aspirin zu einer signifikanten Zunahme der Zahl der Magen- schleimhautläsionen von 4,1 ± 0,81 auf 6,9±0,93 bzw. 10,9±0,97. Der Wirkungsmechanismus der synergi- stischen Wirkung ist bisher nicht be- kannt. Die Autoren empfehlen auf Grund der tierexperimentellen Be- funde, die Gabe von Aspirin zu ver- meiden, wenn Megadosen Vitamin C eingenommen werden. Rue

Lo, G. Y.; Koniski, F.: Synergistic Effect of Vitamin C and Aspirin an Gastric Lesions in the Rat, Amer. J. Clin. Nutr. 31 (1978) 1397-1399, Division of Human Development, Southern Illi- nois University, Carbondale, Illinois 62901

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638 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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