• Keine Ergebnisse gefunden

Untersuchung zur mikrobiologischen Qualität von Rehwild unter verschiedenen Kühlbedingungen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Untersuchung zur mikrobiologischen Qualität von Rehwild unter verschiedenen Kühlbedingungen"

Copied!
178
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Tierärztliche Hochschule Hannover

Untersuchung zur mikrobiologischen Qualität von Rehwild unter verschiedenen Kühlbedingungen

INAUGURAL - DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Caroline Maahs

Menden

Hannover 2010

(2)

Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit, Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. G. Klein Dr. Dr. habil. V. Atanassova

2. Gutachter: PD Dr. G. Glünder

Tag der mündlichen Prüfung: 06.01.2010

(3)

Für

meine Eltern,

Oliver und Martin

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis ... Seite

1 Einleitung ... 17

2 Literaturübersicht ... 18

2.1 Einteilung der Wildarten ... 18

2.2 Wildbret als Lebensmittel ... 20

2.2.1 Zusammensetzung von Wildfleisch... 20

2.2.2 Aktueller Verbrauch in Deutschland ... 21

2.2.3 Vermarktungsarten von Wild... 21

2.2.3.1 Eigenvermarktung ... 22

2.2.3.2 Vermarktung über wildbearbeitende Betriebe... 23

2.2.3.3 Marktanteil der verschiedenen Vermarktungsformen ... 24

2.3 Rechtliche Grundlagen... 25

2.4 Postmortale Vorgänge im Fleisch ... 30

2.4.1 Totenstarre (Rigor mortis) ... 30

2.4.2 Fleischreifung... 31

2.5 Die Qualität von Fleisch ... 32

2.5.1 Definition ... 32

2.5.2 Qualitätsmerkmale ... 33

2.5.2.1 Zartheit ... 33

2.5.2.2 Saftigkeit... 34

(6)

2.5.2.3 Farbe ... 35

2.5.2.4 Geschmack... 35

2.5.2.5 Geruch... 36

2.6 Fleischverderb ... 36

2.6.1 Definition ... 36

2.6.2 Formen des Verderbs ... 37

2.6.3 Verderbnisparameter und ihre Einflussfaktoren ... 38

2.6.3.1 pH-Wert ... 38

2.6.3.2 Temperatur ... 40

2.6.3.3 aw-Wert ... 43

2.7 Mikrobiologischer Status von Wildfleisch ... 43

2.7.1 Gesamtkeimzahl ... 45

2.7.2 Frisch erlegtes Wild... 46

2.7.3 Gekühltes Wildfleisch aus dem Handel... 50

2.8 Vorkommen und Bedeutung pathogener Mikroorganismen und Verderbnisbakterien für die Qualität von Rehwild ... 53

2.8.1 Enterobacteriaceae... 53

2.8.2 Escherichia coli... 54

2.8.3 Koagulase positive Staphylokokken... 55

2.8.4 Listeria monocytogenes... 56

(7)

2.8.5 Salmonellen ... 56

2.9 Jagdpraxis... 57

2.9.1 Das Versorgen von Schalenwild ... 57

2.9.2 Transport und Lagerung der erlegten Tiere ... 58

3 Eigene Untersuchungen ... 60

3.1 Material und Methoden ... 60

3.1.1 Gegenstand der Untersuchung und Probenmaterial... 60

3.1.2 Untersuchungsmethoden ... 61

3.1.2.1 Probenvorbereitung ... 61

3.1.2.2 Bestimmung des pH-Wertes... 61

3.1.2.3 Probenahme für die bakteriologische Untersuchung ... 62

3.1.3 Bakteriologische Untersuchung ... 63

3.1.3.1 Aerobe, mesophile Gesamtkeimzahl ... 63

3.1.3.2 Enterobacteriaceae... 64

3.1.3.3 Escherichia coli... 64

3.1.3.4 Koagulase positive Staphylokokken ... 65

3.1.3.5 Aerob wachsende Milchsäurebakterien... 66

3.1.3.6 Listeria monocytogenes... 67

3.1.3.7 Salmonella spp. ... 68

3.1.4 Hilfsmittel für die destruktive Probenahme... 69

(8)

3.1.5 Nährmedien und Nährböden... 70

3.2 Statistische Auswertung... 74

4 Ergebnisse ... 76

4.1 Mikrobiologische Untersuchung ... 76

4.1.1 Bakteriologische Ergebnisse... 76

4.1.1.1 Aerobe, mesophile Gesamtkeimzahl ... 76

4.1.1.2 Enterobacteriaceae... 83

4.1.1.3 Escherichia coli... 88

4.1.1.4 Koagulase positive Staphylokokken ... 89

4.1.1.5 Aerob wachsende Milchsäurebakterien... 89

4.1.1.6 Listeria monocytogenes... 94

4.1.1.7 Salmonella spp. ... 95

4.1.1.8 Mikrobielle Flora der Fleischoberfläche ... 95

4.1.1.8.1 Einfluss des Kühlbeginns ... 95

4.1.1.8.2 Einfluss der Lagerungstemperatur... 101

4.2 Erreichen der Kerntemperatur bei verschiedenen Kühlregimen... 107

4.3 Entwicklung des pH-Wertes bei verschiedenen Kühlregimen ... 108

5 Diskussion ... 114

5.1 Mikrobiologische Untersuchung ... 114

5.1.1 Bakteriologische Ergebnisse... 115

(9)

5.1.1.1 Aerobe, mesophile Gesamtkeimzahl ... 115

5.1.1.2 Enterobacteriaceae... 118

5.1.1.3 Escherichia coli... 119

5.1.1.4 Koagulase positive Staphylokokken ... 120

5.1.1.5 Aerob wachsende Milchsäurebakterien... 121

5.1.1.6 Listeria monocytogenes... 122

5.1.1.7 Salmonella spp. ... 123

5.1.1.8 Mikrobielle Flora der Fleischoberfläche ... 124

5.1.1.8.1 Einfluss des Kühlbeginns auf die aerobe, mesophile Gesamtkeimzahl und den Gehalt an Enterobakteriazeen ... 124

5.1.1.8.2 Einfluss der Lagerungstemperatur auf die aerobe, mesophile Gesamtkeimzahl und den Gehalt an Enterobakteriazeen ... 128

5.2 Erreichen der Kerntemperatur bei verschiedenen Kühlregimen... 133

5.3 Entwicklung des pH-Wertes bei verschiedenen Kühlregimen ... 135

6 Schlussfolgerung ... 138

7 Zusammenfassung ... 140

8 Summary ... 144

9 Literaturverzeichnis ... 147

10 Anhang ... 168

(10)

11 Danksagung ... 177

(11)

Abkürzungsverzeichnis

ABl. EG: Amtsblatt der Europäischen Union Abs.: Absatz

Art. Nr.: Artikelnummer

AVVLmH: Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung von Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs und zum Verfahren zur Prüfung von Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis vom 12. September 2007

BFR: Bundesministerium für Risikobewertung BGBl.: Bundesgesetzblatt

BU: bakteriologische Untersuchung

DVO: Verordnung zur Durchführung von Vorschriften des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts vom 8. August 2007

EG: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EU: Europäische Union

GKZ: Gesamtkeimzahl h: Stunden HACCP-

Konzept: Hazard Analysis and Critical Control Points-Konzept KbE: Kolonie-bildende Einheit(en)

lat.: lateinisch

lg: dekadischer Logarithmus/Zehnerlogarithmus Log10: dekadischer Logarithmus/Zehnerlogarithmus p.m.: post mortem

r.F.: relative Feuchte

s: Standardabweichung einer Stichprobe Spp.: Spezies (Plural)

Stabw.: Standardabweichung

t: Tonnen

u. dgl.: und dergleichen VO: Verordnung

(12)

Abbildungsverzeichnis ..………...….……….Seite Abb. 1 Vermarktungswege von Wildfleisch (nach HURLIN und SCHULZE 2007).... 22 Abb. 2 Ursachen und Erscheinungsformen des Verderbs, schematisch an einigen

Beispielen dargestellt (modifiziert nach SINELL 2004) ... 37 Abb. 3 Vergleich der aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung direkt nach dem Erlegen (0 Stunden). ... 77 Abb. 4 Vergleich der aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 6 Stunden nach dem Erlegen. ... 78 Abb. 5 Vergleich der aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 12 Stunden nach dem Erlegen. ... 79 Abb. 6 Vergleich der aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 24 Stunden nach dem Erlegen. ... 80 Abb. 7 Vergleich der aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 48 Stunden nach dem Erlegen. ... 81 Abb. 8 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Enterobacteriaceae in Rehwild bei

verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung direkt nach dem Erlegen (0 Stunden). ... 83 Abb. 9 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Enterobacteriaceae in Rehwild bei

verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 6 Stunden nach dem Erlegen. ... 84 Abb. 10 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Enterobacteriaceae in Rehwild bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 12 Stunden nach dem Erlegen... 86 Abb. 11 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Enterobacteriaceae in Rehwild bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 24 Stunden nach dem Erlegen... 87

(13)

Abb. 12 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Enterobacteriaceae in Rehwild bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive Kühlung 48 Stunden nach dem Erlegen... 88 Abb. 13 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Milchsäurebakterien in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive

Kühlung direkt nach dem Erlegen (0 Stunden). ... 90 Abb. 14 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Milchsäurebakterien in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive

Kühlung 6 Stunden nach dem Erlegen... 91 Abb. 15 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Milchsäurebakterien in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive

Kühlung 12 Stunden nach dem Erlegen... 92 Abb. 16 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Milchsäurebakterien in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive

Kühlung 24 Stunden nach dem Erlegen... 93 Abb. 17 Vergleich der Entwicklung des Gehalts an Milchsäurebakterien in Rehwild

bei verschiedenen Lagerungstemperaturen nach Eintritt in die aktive

Kühlung 48 Stunden nach dem Erlegen... 94 Abb. 18 Vergleich der Mittelwerte (n=4 Rehe) und Standardabweichungen (±) der

aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Log10 KbE/cm2 während der Lagerung von 20 Rehen mit verschiedenen Zeitpunkten des Kühlbeginns. ... 96 Abb. 19 Vergleich der Mittelwerte (n=4 Rehe) und Standardabweichungen (±) der

Enterobakteriazeenentwicklung in Log10 KbE/cm2 während der Lagerung von 20 Rehen mit verschiedenen Zeitpunkten des Kühlbeginns. ... 98 Abb. 20 Vergleich der Mittelwerte (n=4 Rehe) und Standardabweichungen (±) der

Milchsäurebakterienentwicklung in Log10 KbE/cm2 während der Lagerung von 20 Rehen mit verschiedenen Zeitpunkten des Kühlbeginns... 100 Abb. 21 Vergleich der Mittelwerte (n=5 Rehe) und Standardabweichungen (±) der

aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahlentwicklung in Log10 KbE/cm2 während der Lagerung von 20 Rehen bei verschiedenen Lagerungstemperaturen.. 102

(14)

Abb. 22 Vergleich der Mittelwerte (n=5 Rehe) und Standardabweichungen (±) der Entwicklung des Enterobakteriazeengehaltes in Log10 KbE/cm2 während der Lagerung von 20 Rehen bei verschiedenen Lagerungstemperaturen... 104 Abb. 23 Vergleich der Mittelwerte (n=5 Rehe) und Standardabweichungen (±) der

Milchsäurebakterienentwicklung in Log10 KbE/cm2 während der Lagerung von 20 Rehen bei verschiedenen Lagerungstemperaturen... 106 Abb. 24 Verlauf der pH-Werte von 4 Rehen während der Lagerung bei

verschiedenen Temperaturen mit Kühlbeginn direkt nach dem Erlegen. .. 109 Abb. 25 Verlauf der pH-Werte von 4 Rehen während der Lagerung bei

verschiedenen Temperaturen mit Kühlbeginn 6h nach dem Erlegen... 110 Abb. 26 Verlauf der pH-Werte von 4 Rehen während der Lagerung bei

verschiedenen Temperaturen mit Kühlbeginn 12h nach dem Erlegen... 111 Abb. 27 Verlauf der pH-Werte von 4 Rehen während der Lagerung bei

verschiedenen Temperaturen mit Kühlbeginn 24h nach dem Erlegen... 112 Abb. 28 Verlauf der pH-Werte von 4 Rehen während der Lagerung bei

verschiedenen Temperaturen mit Kühlbeginn 48h nach dem Erlegen... 113

(15)

Tabellenverzeichnis ..………..……….Seite Tab. 1 Minimale und maximale pH-Werte für das Wachstum von Mikroorganismen (modifiziert nach KRÄMER 2007)... 40 Tab. 2 Wachstumstemperaturen und Generationszeit verschiedener Keime

(modifiziert nach BFR 2006a) ... 41 Tab. 3 Versuchsaufbau (Lagerungstemperaturen) ... 60

(16)
(17)

1 Einleitung

Die Wildbrethygiene beginnt mit dem Erlegen eines Tieres. Ab diesem Zeitpunkt ist der Jäger im Begriff ein für den menschlichen Verzehr vorgesehenes Lebensmittel zu gewinnen. Über die Erlegungsumstände hinaus ist der weitere Umgang mit den Tierkörpern entscheidend für die Qualität des Wildbrets. Diesbezüglich sind neben den Reifungsvorgängen des Fleisches bei verschiedenen Kühltemperaturen auch die Effekte eines verzögerten Kühlbeginns von Interesse.

Das neue EU-Lebensmittelrecht erfasst die Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung und Vermarktung nach dem „from farm to fork“-Prinzip. Jäger, die Wild an Wildverarbeitungsbetriebe abgeben, gelten als Lebensmittelunternehmer und sind somit für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich. In den spezifischen Hygienevorschriften der VO (EG) Nr. 853/2004 wird festgelegt, dass der Tierkörper von Großwild nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf nicht mehr als +7 °C abgekühlt werden muss. Des Weiteren darf Fleisch von frei lebendem Großwild nur in Verkehr gebracht werden, wenn das Tier nach der Untersuchung durch die kundige Person so bald wie möglich zu einem Wildbearbeitungsbetrieb befördert wird.

Auch das Fleisch frei lebender Wildtiere kann Bakterien enthalten die eine gesundheitliche Gefahr für den Konsumenten darstellen. Besonders der Verzehr von nicht durchgegarten Speisen nach Art der „Nouvelle cuisine“ ist risikoreich. Zur Einschätzung des Hygienestatus von Wildbret kann die mikrobiologische Untersuchung dienen. Sie liefert neben Informationen über die gesundheitliche Unbedenklichkeit des Fleisches auch Angaben zur Hygiene der Gewinnung und Lagerung sowie zum Frische- und Verderbnisgrad.

Ziel dieser Arbeit war es daher, Erkenntnisse über die Entwicklung des mikrobiologischen Status von Wildfleisch zu erhalten, das bei verschiedenen Temperaturen gelagert wurde und bei dem der Kühleintritt zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgte.

(18)

2 Literaturübersicht

2.1 Einteilung der Wildarten

Wild stellt einen Sammelbegriff für alle wildlebenden Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen, dar. Basierend auf biologischen, jagdrechtlichen und jagdpraktischen Aspekten zählen zu den gebräuchlichsten Einordnungen des Wildes die Unterscheidung zwischen Schalenwild, Haarwild und Federwild sowie zwischen Hochwild und Niederwild.

Rehwild wird der Kategorie Haarwild zugeordnet, das alle dem Jagdrecht unterliegenden Säugetiere einschließt. Des Weiteren gehört es dem sogenannten Schalenwild, den jagdbaren Paarhufern (Cerviden, Boviden und das Schwarzwild), an. Der Begriff hat seinen Ursprung in der jagdsprachlichen Bezeichnung der Klauen als „Schalen“. Das Schalenwild - mit Ausnahme des Rehwildes - gehört zum sogenannten Hochwild, einem historisch überlieferten Begriff für besonders angesehene und wertvolle Wildarten die nur von „hohen Herren“ wie Landesfürsten erlegt werden durften. Die kleineren, weniger wertvollen Wildtierarten, zu denen auch das Rehwild zählt, werden als Niederwild bezeichnet, deren Erlegung auch den übrigen Bürgern gestattet war (BERRENS et al. 1990).

Das Rehwild (Capreolus capreolus)

Gemäß der Systematik gehört das Reh der Klasse der Säugetiere (Mammalia) und darin der Ordnung der Paarhufer (Artiodactyla), Unterordnung Wiederkäuer (Ruminantia), an. Es zählt zur Familie der Hirsche (Cervidae) und ist darin der Unterfamilie der Trughirsche (Capreolinae) zugeordnet.

Rehwild, als häufigster einheimischer Cervide, stellt die zahlenmäßig bedeutendste jagdbare Wildart dar (AID 2009) und ist zugleich die kleinste einheimische Hirschart mit einem Lebendgewicht zwischen 15-32kg. Der Körperbau dieser Tiere ist charakterisiert durch einen relativ schmalen, gedrungenen Rumpf, der durch die hohen, schlanken Beine dennoch grazil wirkt. Dem schlanken Hals sitzt ein kurzer, dreieckiger Kopf auf. Typisch für Rehe ist der am Hinterteil vorhandene „Spiegel1“.

1 Spiegel: bei Schalenwild (außer Schwarzwild) die heller gefärbte Partie um Schwanz und After (BERRENS et al. 1990).

(19)

Im Sommer tragen Rehe ein gelblichrotes bis rotbraunes Haarkleid, das zum Winter in eine grau-braune Farbe übergeht. Kitze, die in den Monaten Mai bis Juni mit einem Gewicht von 1 bis 2kg geboren werden, sind zunächst hell- bis dunkelbraun mit weißen Flecken auf der Rumpfoberseite. Die männlichen Tiere tragen ein relativ kleines Geweih, das in seiner Form stark variiert und typischerweise 6 Enden ausbildet (BERRENS et al. 1990).

Rehe stellen typische Waldrandbewohner dar und bevorzugen gebüsch- und unterwuchsreiche, lichte Bestände in der Nähe von Feldern und Wiesen. Das Reh gilt als sehr anpassungsfähig und erweitert noch immer sein Verbreitungsgebiet.

Derweil besiedelt es große Teile Europas und Asiens. Innerhalb Europas ist es von der Küste bis ins Hochgebirge heimisch (DJV 2009c).

Dem Alter entsprechend wird Rehwild in Bock- und Rickenkitze (Alter bis zu 1 Jahr), Jährlingsböcke und Schmalrehe (1-jährig) und in Rehböcke und Ricken (ausgewachsene Tiere) unterteilt.

Durch die weitverbreitete Ausrottung vieler Raubtiere, wie Wolf und Luchs, hat das Rehwild fast keine natürlichen Fressfeinde mehr und ist heute eher einer Gefahr durch Mähwerkzeuge bei der Heu- und Grasernte, dem Straßenverkehr und wildernden Hunden ausgesetzt (DJV 2009c). Dennoch ist ein Zuwachs des Rehwildbestandes zu verzeichnen. Lag die Jahresstrecke für Rehwild in der Bundesrepublik Deutschland 1993/1994 noch bei 780.351 Tieren, ist sie bis zum Jagdjahr 2007/2008 auf 1.075.358 angestiegen (DJV 2009a). Amtlich festgelegte Abschusspläne regulieren das Wildaufkommen auch für Rehwild (AID 2008), wobei die Tiere hauptsächlich per Ansitz-, Pirsch- oder Lockjagd, seltener auf Drückjagden erlegt werden.

Ausgeweidet wiegt ein älteres Tier ca. 14 bis 21kg, ein 1-jähriges Tier ca.

12 bis 16kg und ein junges Stück etwa 8 bis 13kg. Bevorzugt werden die Keulen, der Rücken und die Schultern als Wildbret verwendet (AID 2008).

(20)

2.2 Wildbret als Lebensmittel

Wildbret ist auf Grund seiner Zusammensetzung ein hochwertiges und beliebtes Lebensmittel, das vom Verbraucher wegen seiner extensiven Erzeugung und diätetischen Vorzüge geschätzt wird. Neben den ernährungsphysiologischen Vorzügen sind aber auch Genussfaktoren wie Zartheit, Feinfaserigkeit und leichte Verdaulichkeit beliebte Eigenschaften des Wildbrets (HAIDER 2000).

Besonders angesichts der Vorbehalte gegenüber „alltäglichen“ Fleischarten, vermeintlicher oder tatsächlicher Skandale durch Rückstände an Hormonen, Masthilfs- und Arzneimitteln, BSE-, Schweinepest- und Vogelgrippe-Krisen, sowie der weitverbreiteten Ablehnung von Massentierhaltung und Ferntransporten von Nutztieren, ergibt sich für den Wildfleischmarkt ein erhebliches Entwicklungspotential (VÖLK u. GOSSOW 2000).

2.2.1 Zusammensetzung von Wildfleisch

Wildfleisch enthält einen geringen Fettgehalt, der je nach Tierart zwischen 1 und 8%

beträgt (GRUBER 2000). UHEROVÁ et al. (1992) geben in ihrer Untersuchung den geringsten Fettgehalt für den Hirsch an (2,88g/100g Fleisch), den höchsten für das Mufflon (15,82g/100g Fleisch). Der Cholesteringehalt entspricht mit 60 bis 120 mg/100g dem anderer Fleischsorten. Des Weiteren ist in Wildbret eine größere Menge an besonders wertvollem Protein enthalten. Im Vergleich zu den schlachtbaren Haustieren liegt im Wildbret mit 95-150mg/100g ein mittlerer Puringehalt vor (GRUBER 2000).

Unter den heimischen Wildtieren ermittelten WALTER et al. (2004) die höchsten Gehalte an essentiellen Aminosäuren in Wildschweinen (8,17g/100g) und Hasen (7,99g/100g), was beim Schwarzwild einem um ca. 11,7% höheren Anteil im Vergleich zum Hausschwein entspricht. Ähnlich hohe Unterschiede waren zwischen Hirschartigen und Hausrindern weder in Bezug auf den Aminosäurengehalt, noch auf die Verteilung des Fettsäuremusters zu erkennen.

(21)

Ferner ist die Nährstoffdichte im Wildbret äußerst günstig, da es energiearm aber reich an Vitaminen, besonders Vitamin B1, B2, B12 und B6, ist. Niacin, Vitamin A, Panthothensäure und Biotin sind ebenso ausreichend vorhanden (GRUBER 2000).

Die chemische Zusammensetzung speziell von Rehfleisch wird mit folgenden Mittelwerten angegeben: 75,7g Wasser/100g Fleisch, ein Gesamteiweißanteil von 21,4g/100g Fleisch und ein Gesamtstickstoffgehalt von 3,42g/100g. In 100g Fleisch sind 1,25g Fett und 1,01g Mineralstoffe enthalten (WALTER et al. 2004).

2.2.2 Aktueller Verbrauch in Deutschland

Der jährliche Pro-Kopf-Wildbretverbrauch liegt in der Bundesrepublik Deutschland derzeitig unterhalb von 1kg, er steigt aber kontinuierlich an (BFR 2006b).

Demgegenüber steht ein Gesamtfleischverbrauch im Jahr 2006 von 86,7kg, im Jahr 2007 von 89,6kg pro Person (BVDF 2009).

Das Wildbret nimmt mit einem Jahresaufkommen von fast 35.000 Tonnen im Jagdjahr 2007/20082 (gemeint ist das Rohaufkommen in Decke und Schwarte) eine bedeutende Stellung als Lebensmittel ein. Den Großteil des gesamten Wildbretaufkommens machte das Schwarzwild aus (18.576t Rohaufkommen in der Schwarte), gefolgt vom Rehwild (10.946t Rohaufkommen in der Decke) und Rotwild (3.716t). Damwild bildete den geringsten Anteil mit 1.705t Rohaufkommen (DJV 2009b).

Bei der Bewertung des tatsächlichen bundesweiten Verzehrs von Wildbret ist zu beachten, dass ein hoher Anteil des Wildbrets inländischen Ursprungs direkt vom Jäger an den Verbraucher abgegeben wird, und dabei nicht statistisch erfasst wird.

2.2.3 Vermarktungsarten von Wild

Nach HURLIN u. SCHULZE (2007) können die in der Abbildung 1 dargestellten Vermarktungswege für Wildfleisch unterschieden werden.

2 Jagdjahr: Dauer vom 1. April bis 31. März des folgenden Jahres.

(22)

Grundsätzlich bestehen für den Jäger zwei Möglichkeiten um das Wildbret zu vermarkten: die Direktvermarktung durch ihn selbst, oder die Vermarktung über zugelassene Wildbearbeitungsbetriebe.

Abb. 1 Vermarktungswege von Wildfleisch (nach HURLIN und SCHULZE 2007)

2.2.3.1 Eigenvermarktung

Bei der Vermarktung von zerwirktem Wild muss der Jäger in seiner Position als Lebensmittelunternehmer, gemäß Artikel 3 der Basisverordnung, neben den Anforderungen des allgemeinen Lebensmittelrechts weitere Vorgaben der VO (EG) Nr. 852/2004 beachten.

Folglich muss er, auch wenn er nur kleine Mengen3 zerwirktes Wild abgibt, die VO (EG) Nr. 852/2004 berücksichtigen, denn die Ausnahmeregelung des Artikels 1 bezieht sich nur auf Primärerzeugnisse [Haarwild in der Decke und Federwild im Federkleid, jeweils auch ausgeweidet (KOBELT u. SANWIDI 2005)]. So sind zur

3 Kleine Menge: Strecke eines Jagdtages (DVO § 5 Absatz 2 Nr. 2 und Tier-LMHVAbschnitt2 § 3 Absatz 2 Nr. 4 und LMHV § 5 Absatz 2 Nr. 2).

Gaststätten oder Wildeinzel- handelsgeschäfte Jagd,

landwirtschaftliche Wildhaltung

Importeur

Wildgroßhandel Lebensmittel-

einzelhandel 1

2

3

3

Verbraucher

1: Privater Bereich

2: Gewerblicher Bereich mit Direktabgabe an den Endverbraucher 3: Gewerblicher Bereich ohne Direktabgabe an den Endverbraucher

(23)

Gefahrenbeherrschung im Herstellungsprozess betriebliche Eigenkontrollen nach Grundlage des HACCP-Konzeptes erforderlich. Bei Abgabe kleiner Mengen Wild oder Wildbret an den Endverbraucher, Metzger oder Gastronom gilt gemäß des bisher gültigen Fleischhygienerechts, dass bei erlegtem Haarwild keine Fleischuntersuchung durchgeführt werden muss,

1. soweit keine Merkmale vorliegen, die auf eine Bedenklichkeit des Fleisches für den menschlichen Genuss hinweisen und

2. das Fleisch für den eigenen Verbrauch Verwendung findet oder unmittelbar an einzelne natürliche Personen zum Eigenverbrauch abgegeben wird oder

3. der Jäger das erlegte Haarwild unmittelbar nach dem Erlegen in geringer Menge beispielsweise an nahe gelegene be- und verarbeitende Betriebe zur Abgabe an den Verbraucher zum Verzehr an Ort und Stelle oder zur Verwendung im eigenen Haushalt (Gaststätten oder Wildeinzelhandelsgeschäfte) liefert.

Die gesundheitlich bedenklichen Merkmale sind an entsprechender Stelle beschrieben.

Bezüglich der Ausstattung einer Wildkammer, die dem Sammeln von Haarwild nach dem Erlegen dient, heißt es, dass in dieser eine geeignete Kühleinrichtung vorhanden sein muss, wenn auf andere Weise eine gründliche Auskühlung des erlegten Wildes nicht erreicht werden kann (BFR 2006b).

2.2.3.2 Vermarktung über wildbearbeitende Betriebe

Wenn nicht nur eine kleine Menge an den Endverbraucher oder den Einzelhandel (inklusive der Gastronomie) geliefert wird, muss eine Abgabe an einen Wildbearbeitungsbetrieb erfolgen.

Gemäß der VO (EG) 853/2004 Abschnitt III und IV muss der Jäger ausreichend Kenntnis über Wildpathologie und Produktion und Behandlung von Wildbret besitzen, um das Wild nach dem Erlegen einer ersten Untersuchung unterziehen zu können.

Für eine Jagdgesellschaft bedeutet dies, dass mindestens ein Anwesender eine solch „kundige Person“ sein muss. Diese untersucht so bald wie möglich nach dem Erlegen den gesamten Tierkörper und alle ausgenommenen Organe auf

(24)

gesundheitlich bedenkliche Merkmale. Fleisch von frei lebendem Schalenwild darf nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn so bald wie möglich nach dieser Untersuchung ein Transport in einen Wildverarbeitungsbetrieb erfolgt. Die Organe (außer Gedärme und Magen) müssen dem Tierkörper deutlich zugehörig beigefügt sein. Stellt die kundige Person keine auffälligen Merkmale fest, ist dies zu dokumentieren und in einer Erklärung beizufügen. In diesem Fall müssen das Haupt und die Eingeweide nicht beigefügt werden. Tiere, die der Pflicht zur Untersuchung auf Trichinellen unterliegen, müssen mit dem Haupt und dem Zwerchfell angeliefert werden.

Fehlt eine kundige Person, müssen neben dem Haupt auch alle Eingeweide (ohne Magen und Gedärme) beim Tierkörper verbleiben (BFR 2006b).

2.2.3.3 Marktanteil der verschiedenen Vermarktungsformen

Das in Deutschland angebotene Wildfleisch stammt zu 3% aus landwirtschaftlicher Produktion, zu etwa 62% aus heimischen Jagdstrecken, und zu 35% aus dem Import (HURLIN u. SCHULZE 2007). Neben Osteuropa zählen auch Spanien, Großbritannien, Neuseeland und Südamerika zu den Hauptimportländern (AID 2009).

Wurden im Jahr 2000 noch ca. 80% des in Deutschland erlegten Wildes durch die Jäger direkt vertrieben (ANONYM 2001), werden mittlerweile rund 1/3 des aus der einheimischen Jagd gewonnenen Wildbrets über den Handel verkauft. Die übrigen 2/3 verbleiben im Haushalt des Jagdausübungsberechtigten selbst oder werden direkt an den Endverbraucher oder lokale Gaststätten abgegeben (APELT 2007).

Im Vergleich zu traditionellen Abnehmern von Wildfleisch wie Gastronomie und Großküchen haben sich für private Endverbraucher die Möglichkeiten, Wildfleisch zu erwerben, wesentlich verändert. Klassische Fachgeschäfte für Wild und Geflügel haben weitestgehend die Innenstädte verlassen. Demgegenüber bieten hauptsächlich Lebensmitteleinzelhandelsketten und Verbrauchermärkte Importware ganzjährig in Selbstbedienungs-Tiefkühltheken an. Gelegentlich verkaufen auch überregional vermarktende Wildfleischhändler ihre Ware, saisonal verstärkt, z.B. zur Weihnachtszeit. Außerdem wird frisches Wildbret auch auf Wochenmärkten und bei

(25)

selbständigen Lebensmittelhändlern angeboten und nach wie vor im Feinkosthandel und in gut sortierten Fleischerfachgeschäften (GERING 2004). Die frühere, auf den gesetzlich geregelten Schonzeiten basierende, lediglich saisonale Verfügbarkeit von Wildbret, besteht somit nicht mehr, wie dies auch bei Obst und Gemüse als Phänomen bekannt ist.

2.3 Rechtliche Grundlagen

Der Bereich Wildbrethygiene wurde bis zum Inkrafttreten des neuen EU- Hygienerechts vornehmlich durch die Richtlinie 92/45/EWG des Rates geregelt.

Durch sie wurden die Mitgliedstaaten in Kapitel II Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a aufgefordert Sorge dafür zu tragen, dass Wildfleisch „[…] unmittelbar nach dem Erlegen […] zugerichtet4 und binnen 12 Stunden in einen Bearbeitungsbetrieb […]

oder in eine Sammelstelle verbracht [wird]“. Dort sollte es auf die vorgesehene Temperatur gekühlt und binnen 12 Stunden zu einem Bearbeitungsbetrieb transportiert werden. Ausnahmen dieser 12-Stunden-Regelungen konnten von der zuständigen Behörde für entlegene Gebiete festgelegt werden (Kapitel II Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a). Grund für die geforderten Zeitspannen war die Fleischuntersuchung des amtlichen Tierarztes im Bearbeitungsbetrieb, die „[…] unter zufrieden stellenden Bedingungen“ vorgenommen werden sollte (Kapitel II Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a). Großes Wild musste nach dem Ausweiden auf eine Innentemperatur von +7 °C oder weniger gebracht werden (Anhang I Kapitell III Nr.

2). Diese Richtlinie galt nicht für die Abgabe kleiner Mengen ganzer Wildtierkörper, nicht gehäutet oder nicht gerupft und - im Fall von Kleinwild - nicht ausgeweidet, durch den Jäger an den Verbraucher oder Einzelhändler, ebenso für die Abgabe kleiner Mengen von Wildfleisch an den Endverbraucher. Die Richtlinie 92/45/EWG wurde durch die Richtlinie 2004/41 EG des Europäischen Parlaments und des Rates zugunsten des neuen EU-Hygienepakets (VO (EG) Nr. 852/2004, Nr. 853/2004 und Nr. 854/2004) aufgehoben.

4 Zurichtung: Arbeitsgänge gemäß Anhang I Kapitel III: großes Wild muss aufgebrochen und ausgeweidet werden. Die vom Tierkörper abgetrennten Brustorgane, die Leber und die Milz sind dem Wildtierkörper bis zum Wildbearbeitungsbetrieb beizufügen. Die übrigen Bauchorgane sind zu entfernen und an Ort und Stelle zu untersuchen. Andernfalls muss dieses unmittelbar nach dem Eintreffen im Wildbearbeitungsbetrieb durchgeführt werden. Der Kopf kann als Trophäe abgenommen werden.

(26)

Auch das Fleischhygienegesetz befasste sich mit dem Thema Wild als Lebensmittel.

Es wurde jedoch am 01.09.2005 durch das „Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts“ aufgehoben.

Auf Temperaturangaben bezüglich der Handhabung von erlegtem Wild wurde in der Fleischhygieneverordnung eingegangen. Gemäß § 10a (aufgehoben) Absatz 3 durfte

„[…] Schalenwild in der Decke in einen Wildbearbeitungsbetrieb angeliefert werden, wenn es alsbald nach dem Erlegen auf eine Innentemperatur von

a) höchstens +7 °C gebracht, bei dieser Temperatur gehalten und innerhalb von 9 Tagen oder

b) höchstens + 1 °C gebracht, bei dieser Temperatur gehalten und innerhalb von 17 Tagen ungefroren angeliefert wird“.

Anlage 2a (aufgehoben) Nr. 6.1 und 6.1.1 formulierte, dass Tierkörper von Schalenwild so schnell wie möglich nach dem Aufbrechen und Ausweiden zu einem Wildbearbeitungsbetrieb zu befördern seien. Reichte die Außentemperatur nicht aus um den Tierkörper auf eine Temperatur von 7 °C abzukühlen, war er gemäß der Anlage 2a spätestens innerhalb von 12 Stunden nach dem Erlegen in einen Wildbearbeitungsbetrieb oder eine Wildsammelstelle zu bringen. Der Paragraph 10a ist durch die Durchführungsverordnung (DVO), Artikel 16 aufgehoben worden. Auch die Anlage 2a besitzt keine Gültigkeit mehr.

Am 01.01.2006 ist das neue EU-Lebensmittelhygienerecht in Kraft getreten, mit dem Ziel, ein EU-einheitliches Regelwerk zu schaffen, dass ein hohes Verbraucherschutz- Niveau ermöglicht und den innergemeinschaftlichen Handel erleichtert. Es setzt sich im Wesentlichen aus der Lebensmittelbasis-Verordnung [VO (EG) Nr. 178/2002 gültig seit 2002] und den Verordnungen VO (EG) Nr. 852/2004, Nr. 853/2004, Nr. 854/2004 zusammen. Dieses „Lebensmittelhygienepaket“ umfasst alle Stufen der Lebensmittelherstellung, von der landwirtschaftlichen Primärproduktion und Futtermittelerzeugung über die Verarbeitung der Primärprodukte, bis hin zur Abgabe der Endprodukte an den Verbraucher. Davon unbeschadet bleiben jedoch einige bereits bestehende Vorschriften gültig, wenn für sie noch keine konkreten neuen Vorgaben erlassen wurden. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Teile der

(27)

Fleischhygiene- bzw. Geflügelfleischyhgieneverordnung (BFR 2006b). Dadurch kann es zu Unklarheiten in der Auslegung der neuen Verordnungen kommen, besonders in Fällen, die nicht eindeutig beschrieben oder definiert sind.

Wesentlicher Kernpunkt der neuen Gesetzgebung ist, dass dem Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Lebensmittekette die Hauptverantwortung zugesprochen wird und die behördlichen Instanzen die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen übernehmen.

Die „Basisverordnung“ [VO (EG) Nr. 178/2002], die seit 2002 gültig ist, gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebens- und Futtermitteln. Die Primärproduktion5 für den privaten häuslichen Gebrauch oder für die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von Lebensmitteln zum häuslichen privaten Verbrauch sind hiervon nicht betroffen. Ein Jäger muss jedoch, sofern er Wild an den Großhandel oder einen Wildbearbeitungsbetrieb abgibt, auch die Basisverordnung befolgen. Folglich hat er insbesondere die Vorgaben der Artikel 14 und 18 zu Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und die Rückverfolgbarkeit zu beachten, gemäß des Grundsatzes „One step down, one step up“.

Die VO (EG) Nr. 852/2004 mit allgemeinen Lebensmittelhygienevorschriften gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln (inklusive der Primärproduktion) und für Ausfuhren. Sie gilt ebenfalls nicht für die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch, die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von Lebensmitteln zum häuslichen privaten Gebrauch.

Die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen6 durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte, die die Erzeugnisse unmittelbar an den Endverbraucher abgeben sind ebenfalls nicht betroffen. Die Hygienevorschriften für die Primärproduktion gemäß Anhang 1 gelten für „die Beförderung, die Lagerung und die Behandlung von Primärerzeugnissen am Erzeugungsort, sofern dabei ihre Beschaffenheit nicht wesentlich verändert wird“, und im Falle von Wild „die Beförderung zur Lieferung von Primärerzeugnissen, […],

5 Primärproduktion = Erzeugung, Aufzucht, Anbau von Primärprodukten, einschließlich Ernten, Melken, landwirtschaftliche Nutztierproduktion vor dem Schlachten, Jagen, Fischen, Ernten wild wachsender Erzeugnisse [VO (EG) Nr. 178/2002 Kapitel 1 Artikel 3 Nr. 17].

6 Primärerzeugnisse: Erzeugnisse aus primärer Produktion einschließlich Anbauerzeugnissen, Erzeugnissen aus der Tierhaltung, Jagderzeugnissen und Fischereierzeugnissen.

(28)

vom Erzeugungsort zu einem Betrieb“. Das routinemäßige Ausweiden vor Ort führt nach KOBELT u. SANWIDI (2005) nicht zu einer Veränderung der Beschaffenheit.

Dieses geschieht erst mit dem Zerwirken. Für zerwirktes Wild muss der Lebensmittelunternehmer die Vorgaben in Anhang 2 beachten.

Die VO (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates enthält spezifische Hygienevorschriften die von Lebensmittelunternehmern einzuhalten sind und ergänzt die Vorschriften der VO (EG) Nr. 852/2004 [VO (EG) 853/2004 Kapitel I Absatz I Artikel 1 Satz 1 und 2]. In den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen unverarbeitete Erzeugnisse und Verarbeitungserzeugnisse tierischen Ursprungs [VO (EG) 853/2004 Kapitel I Artikel 1 Absatz 1 Satz 3]. Ausgeschlossen von dieser Verordnung sind dieselben Bereiche, die auch in der VO (EG) Nr. 852/2004 genannten werden [VO (EG) 853/2004 Kapitel I Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a und b]. Sie gilt ebenso nicht für „Jäger, die kleine Mengen Wild oder Wildfleisch direkt an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen zur direkten Abgabe an den Endverbraucher abgeben“ [VO (EG) Nr. 853/2004 Kapitel I Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe e]. In Anhang III Abschnitt IV Kapitel II Nr. 3 wird angegeben, dass „Fleisch von frei lebendem Großwild“ nur in Verkehr gebracht werden darf, „[…]

wenn der Wildkörper so bald wie möglich [nach der Untersuchung durch die kundige Person] zu einem Wildbearbeitungsbetrieb befördert wird“. Diese Formulierung entspricht der bis zum 01.01.2006 gültigen Verfahrensweise (KOBELT u. SANWIDI 2005). Gemäß Nr. 5 müssen die Wildkörper „[…] nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf nicht mehr als 7 °C abgekühlt werden. Soweit es die klimatischen Verhältnisse erlauben, ist eine aktive Kühlung nicht erforderlich.“

Die Abgabe kleiner Mengen bestimmter Primärerzeugnisse wird in der Verordnung zur Durchführung von Vorschriften des gemeinschaftlichen Lebensmittelrechts (DVO) behandelt. Wer kleine Mengen der genannten Primärprodukte (auch erlegtes Wild) an den Verbraucher oder den örtlichen Einzelhandel7 zur unmittelbaren Abgabe an

7 Örtliche Betriebe des Einzelhandels = Betriebe des Einzelhandels, die im Umkreis von nicht mehr als 100km um den Wohnort des Jägers oder den Erlegungsort des Wildes gelegen sind (DVO Artikel 1 § 5 Absatz 1 Satz 2 und Tier-LMHV Abschnitt 2 § 3 Nr. 5 und LMHV § 5 Absatz 1 Satz 2).

(29)

den Verbraucher abgibt, muss auch die in Anlage 2 der LMHV genannten Hygieneregeln für Herstellung, Lagerung und Transport beachten (§ 5 Abs. 1 und 2).

Ebenso müssen die Anforderungen der Anlage 4 der Tierischen Lebensmittel- Hygieneverordnung (Tier-LMHV) eingehalten werden. Diese geht auf die Gewinnung, Zerlegung und Verarbeitung des Wildfleisches ein und nennt Anforderungen an eine Wildkammer. Nach Nr. 1.1 muss Großwild so schnell wie möglich, Kleinwild spätestens bei der Abgabe aufgebrochen und ausgeweidet werden. Bei Großwild ist das Enthäuten und eine Zerlegung am Erlegeort nur zulässig, wenn ansonsten der Transport nicht möglich wäre. Großwild muss „unmittelbar nach dem Aufbrechen und Ausweiden“ so aufbewahrt werden, dass es „gründlich auskühlen und in den Körperhöhlen abtrocknen kann“. Des Weiteren muss Großwild alsbald nach dem Erlegen auf eine Innentemperatur von höchstens +7 °C, Kleinwild auf höchstens +4 °C abgekühlt sein. Erforderlichenfalls ist das erlegte Wild dazu in eine geeignete Kühleinrichtung zu verbringen (Anlage 4 Nr. 1.2 Satz 1-3). Weiterhin gilt nach Anlage 4 Nr. 4, dass untersuchungspflichtiges erlegtes Wild rechtzeitig der Untersuchung zugänglich gemacht werden muss, so dass Veränderungen bei der amtlichen Untersuchung erkannt und beurteilt werden können.

Alle vorstehend genannten Rechtsvorgaben sollten unter den allgemeinen Anforderungen des Lebensmittelrechts betrachtet werden, wonach es verboten ist, nicht sichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen. Nicht sicher sind sie, wenn sie für den Verzehr des Menschen, beispielsweise durch Verderb, ungeeignet sind. [VO (EG) 178/2002 Kapitel II Abschnitt 4 Artikel 14 Nr. 5].

(30)

2.4 Postmortale Vorgänge im Fleisch 2.4.1 Totenstarre (Rigor mortis)

Nach Eintritt des Todes wird das noch im Muskel vorhandene ATP8 für die Energiegewinnung genutzt. Nachdem dieses aufgebraucht ist, setzt die Kreatinreaktion ein und liefert erneut ATP (HONIKEL u. SCHWÄGELE 2007). Sind auch diese Reserven erschöpft, beginnt in Ermangelung von Sauerstoff die anaerobe Glycolyse in deren Folge Milchsäure im Gewebe angereichert wird und zu einer kontinuierlichen Abnahme des pH-Wertes im Fleisch führt. Hat auch die anaerobe Glycolyse ihre Grenze erreicht und sinkt der ATP-Spiegel im Sarkoplasma unter einen Grenzwert von 1 bzw. 5 µmol/g Muskel (HONIKEL et al. 1981; HAMM et al.

1984; SCHWÄGELE 1998; HONIKEL u. SCHWÄGELE 2007), bei gleichzeitig hoher Konzentration an freien Ca2+-Ionen, die nicht mehr in die longitudinalen Tubuli zurück gepumpt werden, lösen sich Aktin und Myosin nicht mehr voneinander und die Totenstarre setzt ein (HAMM 1979; HONIKEL u. SCHWÄGELE 2007).

Sie beginnt zuerst bei den Muskeln, die vor dem Tod am aktivsten und am energiereichsten waren. Sie setzt sich über den Kopf- und Nackenbereich bis zum Rumpf und den Gliedmaßen fort (GRACEY et al. 1999).

Nach HAFNER u. DAHME (1999) löst sich die Starre innerhalb von 24 bis 48 Stunden post mortem, was jedoch von der Temperatur abhängt.

Der Rigor mortis setzt umso später ein, je mehr Glycogen und Kreatinphosphat zum Todeszeitpunkt in der Muskulatur vorhanden waren. Auch bei rasch einsetzenden niedrigeren Temperaturen des Fleisches tritt die Starre, auf Grund einer Verlangsamung der Glycolyse, verzögert ein (BATE-SMITH u. BENDALL 1949;

FISCHER 1981, GRACEY et al. 1999).

Daneben hat auch die Tierart Einfluss auf den Verlauf des Rigor mortis: Bei Schweinen tritt er früher ein als bei Rindern (EBERMANN u. ELMADFA 2008). Laut SCHWÄGELE (1998) setzt die Totenstarre in Abhängigkeit von der Tierart, dem Zustand der Muskulatur und der Umgebungstemperatur, 1-30 Stunden post mortem

8 ATP: Adenosintriphosphat; Energielieferant der Zellen; bei seiner Spaltung wird Energie freigesetzt.

(31)

ein. Fiebrige Erkrankungen können das Ausbleiben des Rigor mortis bewirken (GRACEY et al. 1999).

2.4.2 Fleischreifung

Der Begriff Fleischreifung fasst die postmortalen Prozesse während des sogenannten „Abhängens“ zusammen. In dessen Verlauf wird die von Schlacht- und Wildtieren gewonnene Muskulatur zu Fleisch. Das Resultat ist die Ausbildung erwünschter Eigenschaften bezüglich der Haltbarkeit und Genussfähigkeit des Produktes, wie Säuerung, Aromabildung, Zartheit, Saftigkeit und Fleischfarbe (BEUTLING 1992).

Die Fleischreifung ist ein zellinterner Vorgang, der in 2 Phasen verläuft: In der ersten Phase werden die Glycogenreserven des Muskels abgebaut. In Folge dessen sinkt durch die Bildung von Milchsäure der pH-Wert und die Totenstarre tritt ein. Die zweite Phase ist von der Wirkung gewebeeigener Enzyme geprägt (HONIKEL u.

SCHWÄGELE 2007). In diesem Zusammenhang sind vor allem fleischeigene proteolytische Enzyme, besonders die Calpaine und Cathepsine zu nennen.

Calpaine scheinen zu Beginn der Reifungsprozesse zu dominieren, die Bedeutung der Cathepsine hingegen nimmt mit der Dauer der Reifung stark zu (EBERMANN u.

ELMADFA 2008). Diese Proteasen arbeiten bei höheren Temperaturen umso schneller. Reifungstemperaturen zwischen 3 und 5 °C scheinen nach HECHT (1986) vom mikrobiologischen Standpunkt her vertretbar und erhöhen dennoch die Geschwindigkeit der Abbauvorgänge der Proteasen gegenüber den Verhältnissen bei 0 °C.

Die postmortalen Vorgänge im Wildbret laufen ähnlich ab wie im Fleisch schlachtbarer Haustiere. Jedoch erfolgt der Reifungsprozess in Wildfleisch langsamer und die Reifungserscheinungen werden wegen der straffen, fett- und bindegewebsarmen Muskulatur bedeutend später wahrnehmbar (BEHR u. GREUEL 1977).

Nach SCHWÄGELE (1998) beginnt die Reifung „sofort nach der Schlachtung“. Für die Dauer des Reifungsprozesses bei Fleisch von landwirtschaftlichen Nutztieren gibt es ebenso verschiedene Zeitangaben wie für Wildfleisch (ENDER u. AUGUSTINI

(32)

2007; HONIKEL u. SCHWÄGELE 2007; EBERMANN u. ELMADFA 2008). BERT (1998) gibt an, dass der Fleischreifungsprozess mit Beendigung der Totenstarre nach 72 bis 96 Stunden, je nach Größe des Wildes, abgeschlossen ist.

WINKELMAYER et al. (2008) empfehlen für „Rotes Fleisch“ bei Kühlraumtemperatur eine ähnliche Abhänge-Dauer: mindestens 3 Tage für Jungtiere und 5 bis 7 Tage für mehrjärige Tiere. KUJAWSKI (1996) benennt den Abschluss der Reifungsdauer mit 36 Stunden für Reh und 92 Stunden für Hirsch oder starkes Wildschwein. Das rheinland-pfälzische MINISTERIUM FÜR UMWELT, FORSTEN UND VERBRAUCHERSHUTZ (2005) gibt in Abhängigkeit von der hygienischen Ausgangssituation die Reifungsdauer unter Kühlhausbedingungen bei Schalenwild mit 4 bis 21 Tagen an. Dies sei jedoch auch von Temperatur, Feuchtigkeit und Ausblutungszustand abhängig. Die längste Reifedauer wird von BRANSCHEID (2007) am Beispiel Damwild mit einer generellen Reifungsdauer von etwa 2 Wochen vorgeschlagen, da zwischen 9 und 16 Tagen die Zartheit deutlich zunehme.

Den Vorteilen einer langen Reifungsphase mit der Ausprägung bestimmter Qualitätskriterien stehen die Begünstigung des mikrobiellen Wachstums und der Kostenfaktor gegenüber.

In der Praxis ist daher kein einheitlich durchgeführtes Reifungsregime für Wildbret feststellbar, da die meisten Jäger auf ihre persönliche Erfahrung und ortsgegebenen Traditionen zurückgreifen.

2.5 Die Qualität von Fleisch 2.5.1 Definition

Obwohl der Qualitätsbegriff im Alltag vielfach Verwendung findet, sind unterschiedliche Vorstellungen damit verknüpft. ENDER u. AUGUSTINI (2007) definierten die Fleischqualität als „Die Gesamtheit aller das Magerfleisch charakterisierenden Eigenschaften, die dessen Genuss-, Gesundheits- und Verarbeitungswert beeinflussen“. HOFMANN (1974, 1991) beschrieb die Qualität speziell von Fleisch als Summe aller Qualitätsfaktoren, das heißt aller sensorischen, ernährungs-physiologischen, hygienisch-toxikologischen und verarbeitungs-

(33)

technologischen Faktoren. Von dem Qualitätsbegriff zu unterscheiden ist die

„Wertschätzung“. Nach HOFMANN u. HONIKEL (2007) entwickelt sich diese, im Gegensatz zu der produktspezifischen Qualität, „im Kopfe des Menschen“ und wird von individuellen und sozialen Faktoren beeinflusst.

Der Zweck der Qualitätsprüfung liegt in dem Erkennen substantieller Mängel. Zu diesen Mängeln zählen Abweichungen in der Konsistenz, dem Wasserbindungsvermögen, der Farbe, dem Geschmack und dem Geruch, ebenso Änderungen in den pH-Werten und der elektrischen Leitfähigkeit. Durch sie kann es zu einer Wertminderung des Fleisches als Lebensmittel kommen (KLEIN 2004).

2.5.2 Qualitätsmerkmale 2.5.2.1 Zartheit

Die Zartheit entwickelt sich im Zuge des Fleischreifungsprozesses. Dies geschieht jedoch nicht durch die erneute Auflösung der in der Totenstarre verknüpften Aktin- und Myosinfilamente, sondern durch das Aufbrechen der Myofibrillen durch muskeleigene Enzyme.

Verschiedene Faktoren können auf die Ausbildung der Zartheit einwirken: die Temperatur (HAMM 1979; FISCHER 1981; HONIKEL u. HAMM 1983; BELL et al.

1996; KUJAWSKI 1996c; HANNULA u. PUOLANNE 2003; NOWAK u.

KORZENIOWSKI 2004; HONIKEL u. SCHWÄGELE 2007), die Tierart, das Alter, das Geschlecht, der Muskeltyp und der End-pH (SCHWÄGELE 1998; SMULDERS et al.

1998; GRACEY et al. 1999; FAROUK et al. 2007).

Die Zartheit kann sensorisch und mit mechanischen Methoden ermittelt werden, jedoch kann keine allein ein vollständiges Profil der Zartheit darstellen (HONIKEL 1998).

Bei der Zubereitung von Wildbret wird häufig das Verfahren des „Beizens“

angewendet. Dabei wird das Fleisch z.B. in Essig, Wein, Zitronensaft oder Buttermilch eingelegt. Diese Säuren bewirken, dass die säurelabilen Quervernetzungen des Kollagens gelöst werden und das Fleisch zarter wird.

(34)

Eine zu rasche und starke Kühlung vor Eintritt des Rigor mortis ist aus mikrobiologischer Sicht zwar vorteilhaft, kann aber zum „Cold Shortening9“ des Fleisches, einhergehend mit vermehrter Zähigkeit, führen (HAMM 1979; FISCHER 1981; HONIKEL u. HAMM 1983; HANNULA u. PUOLANNE 2003; HONIKEL u.

SCHWÄGELE 2007). KUJAWSKI (1996) griff diese Thematik im Hinblick auf Wild auf. Er beschrieb, dass das Fleisch von schwachgewichtigem Wild (Kitz, Schmalreh, Wildkalb, Frischling, schwacher Überläufer) zäh wird, wenn es unmittelbar nach dem Erlegen und Ausweiden längere Zeit bei ≤ 10 °C gekühlt wird. Diese Problematik besteht, wenn ein pH-Wert von 6,0 noch nicht erreicht ist, aber das Fleisch bereits teilweise oder komplett auf unter 10 °C abgekühlt ist. Vor allem die Bauchlappen, das Rippenfleisch, das Blatt und die Rückenmuskulatur können betroffen sein.

2.5.2.2 Saftigkeit

Wie saftig ein Stück Fleisch vom Konsumenten empfunden wird hängt im Wesentlichen von der Wasserbindungsfähigkeit ab. Im Allgemeinen ist diese definiert als „die Eigenschaft des Fleisches das in ihm natürlicherweise enthaltene bzw.

zugesetzte Wasser bei der Verarbeitung und Behandlung festzuhalten“ (HONIKEL 2007). Sie wurde auch für Reh- und Rotwild untersucht (BAUR u. REIFF 1976;

RIEMER u. REUTER 1979; WINKELMAYER et al. 2004; HUFF-LONERGAN u.

LONERGAN 2005).

Während der Reifung gewinnt das Fleisch an Saftigkeit. Die Fähigkeit der Proteine Wasser zu binden ist vom pH-Wert abhängig und nimmt zu beiden Seiten des isoelektrischen Punktes von Fleisch zu (HONIKEL 2007). Besonders am Beispiel von PSE-Fleisch wird der Einfluss eines schnellen pH-Wert-Abfalls auf das Wasserbindungsvermögen deutlich (HUFF-LONERGAN u. LONERGAN 2005).

Eine Methode zur Einschätzung der Wasserbindung ist die Filterpapier- pressmethode unter Zuhilfenahme des „Braunschweiger Gerätes“.

9 Cold Shortening: Kälteverkürzung von Fleisch, hervorgerufen durch eine verminderte Ca2+-Bindungsfähigkeit des sarkoplasmatischen Retikulums und der Mitochondrien bei gleichzeitigem Vorhandensein von ausreichend ATP.

(35)

2.5.2.3 Farbe

Das Wildbret der verschiedenen Wildarten ist von unterschiedlich dunkler Farbe und erscheint kräftiger rot als bei Schlachttieren. Rehfleisch ist rot-braun gefärbt.

Neben der Tierart, dem Alter und der Fütterung, bedingt auch der Myoglobingehalt die Farbe des Muskels (HONIKEL 2007). Auch der Zeitraum vor der Schlachtung, die Schlachtung selbst, die darauf folgenden Prozess-Schritte und die anschließende Lagerung sowie der Verkauf und das Maß der Oxygenierung und Oxidation des Myoglobins nehmen Einfluss darauf (HONIKEL 1998). Auch dem Wasserbindungsvermögen wird diesbezüglich eine Beeinflussung zugesprochen (FAROUK et al. 2007). Die Menge und die Farbe des intramuskulären Fettgewebes spielen ebenfalls eine Rolle bei der Farbausprägung. Rehe haben eine vergleichsweise dünne weiße bis schwach grau-gelbliche Fettschicht. Wildbret mit erheblichen Farbabweichungen ist als verdorben und genussuntauglich zu beurteilen (BFR 2006a). Eine leichte Grünfärbung der Faszien stellt jedoch keinen Grund zur Beanstandung dar, wenn das Fleisch ansonsten einwandfrei in Geruch und Aussehen ist und eine ausreichende Säuerung aufweist (FINK 1992).

2.5.2.4 Geschmack

Die aromaaktiven Inhaltsstoffe des Fleisches differieren zwischen den Fleischarten und sind von der Fütterung der Tiere und der späteren Fleischzubereitung abhängig.

Auch die Lokalisation im Tierkörper nimmt Einfluss auf den Flavour des Fleisches:

Bindegewebe enthält geschmacksaktive Inhaltsstoffe in höherer Konzentration als Muskelgewebe. Letztendlich sind hauptsächlich schwefelhaltige Aminosäuren und Fett verantwortlich für die Ausprägung des Geschmacks (EBERMANN u. ELMADFA 2008). Das eigentliche Wildaroma wird außerdem maßgeblich durch die Milchsäurebildung geprägt (KUJAWSKI 1996).

Der so genannte „Hautgôut“ (= starker Wildgeschmack) ist hauptsächlich das Resultat eines bakteriellen, an der Fleischoberfläche hervorgerufenen Fäulnisprozesses, welcher durch unsachgemäßes bzw. zu langes Abhängen hervorgerufen wird (KUJAWSKI 1996). Nach SCHNEIDAWIND (1994) hat dieses

(36)

„Schönreden eines eigentlichen Mangels“ seinen Ursprung in einer Zeit, in der das sachgerechte Kühlen von erlegtem Wild technisch noch nicht möglich war.

2.5.2.5 Geruch

Fleisch ist sehr empfindlich gegenüber Fremdgerüchen, die es sehr schnell annimmt aber nur schwer wieder abgibt. Intravital angenommene Gerüche können sowohl physiologischer Natur sein (Geschlechts- und Fütterungsgeruch) oder pathologische Ursprünge (Krankheit, Umwelteinflüsse) haben.

Frisches Wildbret hat einen für die jeweilige Tierart spezifischen Geruch. Besonders bei Haarwild entwickelt sich im Verlauf des Reifungsprozesses ein angenehm säuerlich-aromatischer Geruch. Bei Personen die nicht mit dem Produkt Wildfleisch vertraut sind, kann dieser fälschlicherweise als unangenehm, sogar als Verderbnisgeruch empfunden werden. Daher betont TÜRCK (2008) in seiner Untersuchung, dass für die fehlerfreie sensorische Beurteilung von Wildbret speziell geschulte Prüfer eingesetzt werden sollten, die mit den sensorischen Merkmalen von Wildfleisch vertraut sind.

2.6 Fleischverderb 2.6.1 Definition

Für den Verderb existieren verschiedene Definitionen. Allgemein kann er als Prozess beschrieben werden, der mit stofflichen Veränderungen eines Lebensmittels einhergeht und die Verzehrsfähigkeit des Produktes einschränkt (HAYES 1985;

HEESCHEN 1994; GRAM et al. 2002).

Die Verderbnis-Ursachen sind vielfältig und reichen von mikrobiellen, chemischen und physikalischen Prozessen bis zu biochemischen und biologischen Vorgängen.

In Abbildung 2 sind die Ursachen und Erscheinungsformen des Verderbs dargestellt.

(37)

Abb. 2 Ursachen und Erscheinungsformen des Verderbs, schematisch an einigen Beispielen dargestellt (modifiziert nach SINELL 2004)

In Bezug auf Fleisch kann von einem Verderb ausgegangen werden, sobald eine maximal tolerierte Menge an Bakterien überschritten wird. Dabei können auch unangenehmer Geruch und Geschmack wahrgenommen werden und Farbabweichungen, Gasproduktion oder Schleimbildung auftreten (BORCH et al.

1996). Ein sensorisch wahrnehmbarer mikrobieller Verderb korreliert allgemein angenommen mit Keimgehalten von >107-108 KbE/cm2 (DAINTY u. MACKEY 1992;

KRÖCKEL u. HECHELMANN 1998).

2.6.2 Formen des Verderbs

Nach SCHNEIDAWIND (1994) dominieren bei Wildbret 2 Verderbnis-Formen: die Fäulnis und die stickige Reifung.

Bei der Fäulnis kann zwischen Oberflächen- und Tiefenfäulnis unterschieden werden. Die Tiefenfäulnis tritt als Folge schlechten Ausblutens, tiefer Verunreinigung

(38)

durch ungünstige Trefferlage oder Übertritt von Darmbakterien in den Kreislauf bei verzögertem Verenden oder Ausweiden, langem Wundbett und Hetze auf. Die Oberflächenfäulnis wird durch äußere Verunreinigungen und unsachgemäße Lagerung, vorwiegend von Proteolyten die zu den Pseudomonaden und Enterobacteriazeen zählen, hervorgerufen (BAUMGART 2004a). Aus der Oberflächenfäulnis kann sich eine Tiefenfäulnis entwickeln.

Die Anzeichen der Fäulnis können bräunliche oder schmutzig-grünliche Verfärbungen des Fleisches, fauliger Geruch, schmierige Oberfläche, sowie Gasbläschen unter dem Bauch- und Brustfell, der Unterhaut und in der Muskulatur sein (SCHNEIDAWIND 1994). Ursachen sind Zersetzungsprozesse durch anaerobe und aerobe Bakterien die durch Weidwundschüsse begünstigt werden, aber auch zu anderen Zeitpunkten der Wildbrethandhabung erfolgen können (SCHNEIDAWIND 1994; KAPPELHOFF 1999).

Die „stickige Reifung“, im Sprachgebrauch der Jäger auch als „Verhitzen“

bezeichnet, resultiert aus mangelhafter Kühlung und Lüftung nach dem Erlegen.

Infolge dessen werden anstelle von Milchsäure Buttersäure, Schwefelwasserstoff und Porphyrine gebildet, die zu einer bräunlich-gelben Verfärbung des Wildbrets führen. In der Tiefe kann das Fleisch bräunlich bis kupferrot oder lehmfarben sein. Es entsteht ein dumpf-muffiger bis säuerlicher, mitunter stechender Geruch, oftmals gepaart mit einer weich-brüchigen Konsistenz (SCHNEIDAWIND 1994). Auch verzögertes Aufbrechen, hohe Außentemperaturen und der Transport körperwarmer Stücke im Rucksack oder übereinander gestapelt im Kofferraum gelten als Ursache für die stickige Reifung (DEUTZ u. PLESS 2006). Langes Hetzen des Wildes vor dem Erlegen und eine langwierige Nachsuche können ebenfalls eine stickige Reifung verursachen (FINK 1992).

2.6.3 Verderbnisparameter und ihre Einflussfaktoren 2.6.3.1 pH-Wert

Der pH-Wert hat wesentlichen Einfluss auf die Fleischreifung und kann sich auch auf den mikrobiologischen Staus des Fleisches auswirken.

(39)

Im lebenden Muskel beträgt er zwischen 7,0 (BATE-SMITH u. BENDALL 1949;

EBERMANN u. ELMADFA 2008) und 7,2 (HOFMANN 1987; WARRIS 2006;

KRÄMER 2007). Nach dem Tod kommt es durch die Anhäufung von Milchsäure im Gewebe zu einer fortschreitenden pH-Wert-Absenkung die sich tierartspezifisch bis zum Erreichen des „End-pH“ fortsetzt (WARRIS 2006). Dieser liegt bei Reh- und Rotwild zwischen 5,4-6,0 (DEUTZ u. PLESS 2006).

Nach Abschluss der Fleischreifung steigt nach KUJAWSKI (1996) der pH-Wert in Wildtierkörpern von durchschnittlich 5,2 bis 5,4 auf 5,8 bis 6,2 an. In Abhängigkeit vom weiteren Reifungsverlauf und Verderbnisprozessen, schließt sich ein erneuter Anstieg des pH-Wertes an, der durch das Ausmaß des Eiweißabbaus bedingt wird.

Bei bakteriellem Verderb und längerer Lagerung können Werte >6,5 erreicht werden (HOFMANN 1987). Detaillierte Angaben zu den pH-Werten in Wildbret und den beeinflussenden Faktoren wurden von mehreren Autoren gemacht (WICHERN 1936;

KNIEWALLNER 1969; BAUR u. REIFF 1976; LENZE 1977; HOFMAN 1987; KOBE u. RING 1992; STOLLE et al. 1995; WIKLUND et al. 2001; DEUTZ u. PLESS 2006;

WINKELMAYER et al. 2008).

Der pH-Wert spielt eine wesentliche Rolle in der Fleischreifung und kann auch bei Wildfleisch eine fehlerhafte Reifung bedingen. Neben höheren Werten bei geringen Glycogenreserven kann es dabei auch zu einem überstürzten Werte-Abfall kommen der zu Fleischqualitätsabweichungen ähnlich dem PSE-Fleisch des Schweines führt.

In der AVV LmH werden konkrete Anleitungen für den Zeitpunkt und die Lokalisation der pH-Wert-Messung in Schlachtkörpern und erlegtem Haarwild gegeben und Richtwerte für abnorme Fleischsäuerung bei Schwein, Rind, Schaf und Haarwild genannt. Demnach soll der pHULT bei Haarwild 12-96 Stunden nach dem Erlegen ermittelt werden und gibt bei Werten von ≥5,8 Hinweis auf eine verzögerte oder unvollständige Glycolyse.

Dem pH-Wert kommt auch eine entscheidende Bedeutung für die Qualität und die Haltbarkeit von Fleisch zu. Ein entsprechend niedriger Wert hemmt bakterielles Wachstum (GRACEY et al. 1999), da nur eine begrenzte Zahl von Mikroorganismen in einem sauren Milieu überleben und sich vermehren kann. In Tab. 1 sind die pH- Wert-Bereiche für optimales Bakterienwachstum angegeben.

(40)

Tab. 1 Minimale und maximale pH-Werte für das Wachstum von Mikroorganismen (modifiziert nach KRÄMER 2007)

Mikroorganismen (Beispiele)

Minimum pH

Maximum pH

Säuretoleranz

Pseudomonas aeruginosa 5,6 8,0 Geringe Säuretoleranz

pHmin> 5,0

Yersinia enterocolitica 4,5 9,0

Salmonellen 4,0-4,5 8,0-9,6

Escherichia coli 4,4 9,0

Mittlere Säuretoleranz pHmin 5,0-4,0

Milchsäurebakterien

Lactobacillus spp. 3,8-4,4 7,2

Hohe Säuretoleranz pHmin< 4,0

Es gilt jedoch zu beachten, dass sich die Säuretoleranz der Mikroorganismen unter dem Einfluss extrinsischer und intrinsischer Faktoren auch reduzieren kann, im Vergleich zu den als optimal angegebenen pH-Werten (KRÄMER 2007). Neben dem pH-Wert kann sich durch weitere unterschiedliche Milieuanforderungen ein Selektionsvorteil für einige Bakterien ergeben, so dass in Abhängigkeit von den äußeren Bedingungen bestimmte Keime dominieren. Aus diesem Grund kann sich trotz eines absinkenden pH-Wertes eine sog. „Kühlhaus-Flora“ [vor allem psychrotrophe Mikroorganismen (BEM u. HECHELMANN 1994)] in unverpacktem Fleisch bilden. In verpacktem Fleisch hingegen werden diese Mikroorganismen hauptsächlich von Milchsäurebakterien verdrängt (BAUMGART 2004a). Der pH-Wert sollte hinsichtlich der Fleischbeurteilung jedoch nicht überschätzt werden und kann keinesfalls weitere Maßnahmen wie die pathologisch-anatomische und die bakteriologische Untersuchung ersetzen (PLETZIGER 1946; WACKER 1991).

2.6.3.2 Temperatur

Neben der Bedeutung für die postmortalen Vorgänge im Fleisch, nimmt die Temperatur auch Einfluss auf den Stoffwechsel der im Fleisch vorhandenen Mikroorganismen. Nur ca. 10% der Bakterien der initialen Keimflora des Fleisches können bei Kühlraumtemperaturen wachsen. Der Anteil der Verderbniserreger die diese Fähigkeit besitzen ist sogar noch geringer (BORCH et al. 1996).

(41)

Für den Verderb kühlgelagerter Produkte spielen besonders die psychrotrophen Mikroorganismen eine Rolle. Die in Tabelle 2 aufgeführten Organismen können auch aus Wildfleisch isoliert werden.

Tab. 2 Wachstumstemperaturen und Generationszeit verschiedener Keime (modifiziert nach BFR 2006a)

Mikroorganismus Wachstumstemperaturen (° C)

minimal optimal maximal

Generationszeit (min) bei Optimaltemperatur

Y. enterocolitica 0 27 45

Listeria spp. 1 34 45

Pseudomonas spp. (-3) 4 41

Salmonella spp. 6 37 47 40

E. coli 4 37 46

B. cereus 5 32 50 35

Staph. aureus 6 37 46 20 (35 °C)

Lactobacillus spp. 1 53

Klebsiella spp. 3 10-44 44

Durch eine Kühllagerung unterhalb von 7 °C kann die Vermehrung und Toxinbildung der meisten pathogenen Lebensmittelinfektionserreger gehemmt werden (UPMANN et al. 2000; BÜLTE 2007). Dieses wird auch durch die rechtliche Forderung des Herabkühlens auf +7 °C umgesetzt. Dem schließt sich auch KUJAWSKI (1996) an, gibt aber zu bedenken, dass sich Fäulnisbakterien noch bis zu einer Umgebungstemperatur von +1 °C vermehren können. Bei Kühltemperaturen kann sich eine Wachstumsnische für psychrotolerante Bakterien ergeben. So können bestimmte Erreger wie Listerien oder Yersinien auch noch bei diesen Temperaturen wachsen und stellen somit eine potenzielle Gefahr für die menschliche Gesundheit dar (HILBERT u. SMULDERS 2000).

Der konservierende Einfluss der Kühlung resultiert hauptsächlich aus einer Verlängerung der Latenzphase10 und einer Erhöhung der Generationszeit11 der

10Latenzphase (Lag-Phase): Wachstumsphase, in der sich die Mikroorganismen auf neue Umweltbedingungen

(42)

Mikroorganismen (BEM u. HECHELMANN 1994; KRÄMER 2007). Diesbezüglich benennen KRÖCKEL u. HECHELMANN (1998) den optimalen Temperaturbereich für die Kühllagerung von Fleisch und Fleischerzeugnissen mit -1 °C bis +2 °C, weil Anzeichen wie Schmierigkeit, Verfärbung und Geruchsabweichungen bei 0 °C erst nach etwa 11 Tagen, bei 5 ° C nach 6 Tagen, bei +10 °C nach 4 Tagen und bei +20

°C bereits nach 2 Tagen zu beobachten sind.

Der Einfluss der Kühlung auf die Fleischqualität wurde in den Arbeiten verschiedener Autoren dargestellt (BANDICK u. RING 1995; PAULSEN u. WINKELMAYER 2004).

STOLLE (2004) zeigte an einem Beispiel zur Simulierung einer Unterbrechung der Kühllagerung, dass eine dreitägige Erhöhung der Temperatur von 0 °C auf 10 °C und zwischenzeitlich sogar auf 20 °C, trotz erneuter anschließender Herabkühlung auf 0 °C, die Lagerfähigkeit des Fleisches um 1/3 verkürzte. Neben der Kühltemperatur ist aber auch die Temperatur zum Erlegungszeitpunkt von Bedeutung. Dies bestätigte eine Untersuchung von PAULSEN u. WINKELMAYER (2004) an 50 Wild- Karkassen unterschiedlicher Tierarten. Hier waren die Gesamtkeimzahlen der im Winter erlegten Tiere signifikant geringer als die der im Sommer erlegten Tiere.

Bei einer Lagertemperatur zwischen –1 °C und 0 °C und einer r. F. von ca. 85%

betrug die maximale Lagerdauer im Optimalfall für Wildwiederkäuer 3 Wochen (WINKLMAYER 2000), bzw. für Schalenwild 3 Wochen, für Kaninchen 1 Woche und für Geflügel 4 Tage (ANONYM 2008). BERT (1996) geht bei einer Lagerungstemperatur von maximal +7 °C beim Großwild und +3 °C beim Kleinwild von einer Lagerfähigkeit von höchstens 6 Tagen aus, sofern kein Weidwundschuss vorlag und das Wild hygienisch versorgt wurde. Ähnliche Werte gab auch SCHNEIDAWIND (1994) an: Reh und Gamswild in der Decke ca. 7-8 Tage, enthäutet ca. 6-7 Tage und Kitze ca. 3-4 Tage.

Neben den Bakterien selbst sorgen besonders die von ihnen gebildeten Enzyme für unerwünschte Änderungen im Fleisch. Bei ihren Untersuchungen beobachteten BRAUN et al. (1998), dass selbst bei Kühltemperaturen von -2 °C bis +0,5 °C, vorwiegend aber zwischen +2 °C bis +7 °C, bakterielle Proteolyse statt finden kann, wenn vor Kühlbeginn entsprechende mikrobielle Proteasen gebildet wurden.

einstellen und ihr Stoffwechsel aktiviert wird.

11 Generationszeit: Zeitspanne, in der sich die Zellzahl verdoppelt.

(43)

2.6.3.3 aw-Wert

Neben unterschiedlichen Temperaturen und Nährstoffen benötigen alle Mikroorganismen auch frei verfügbares Wasser für ihr Wachstum. Durch die Wasseraktivität (aw-Wert) wird angegeben, wie viel frei vorhandenes Wasser in einem Produkt vorhanden ist. Der Bedarf an Wasser variiert jedoch innerhalb der Bakterien-Gattungen. Der untere aw-Grenzwert beträgt für Pseudomonas fluorescens 0,97, für Klebsiella spp. 0,96, für E. coli 0,95, für Salmonella 0,94, für Listeria monocytogenes 0,92 und für Staphylococcus aureus 0,83 (HEESCHEN 2007).

Für frisches Wildfleisch wird die Wasseraktivität mit Werten von 0,911 bis 0,965 angegeben (SCHIEFER 2008). BRODOWSKI (1997) stellte im Vergleich verschiedener Wildarten das höchste Wasserbindungsvermögen für Rehwild und das geringste für Schwarzwild fest. Die Wasseraktivität stellt somit kein Hindernis für die Vermehrung von Mikroorganismen dar, es sei denn sie ist durch Abtrocknungs- prozesse an der Oberfläche etwas abgesenkt. Für UPMANN et al. (2000) sind die aw-Werte von Frischfleisch sogar ideal für das Wachstum von Bakterien.

REUTER (1984) geht davon aus, dass während des Gefrier-Prozesses, in dem das Wasser nicht mehr vollständig frei verfügbar ist, der mikrobiologische Status fixiert wird. Er schließt aber dennoch die Gefrierschädigung von Mikroorganismen nicht aus, was bei der Kultivierung bedacht werden muss.

2.7 Mikrobiologischer Status von Wildfleisch

Die mikrobiologische Untersuchung lässt Aussagen über die gesundheitliche Unbedenklichkeit, den Frische- bzw. Verderbnisgrad, die Haltbarkeit und die Hygiene während der Gewinnung, Lagerung und dem Transport von Fleisch zu. Dabei wird erwartet, dass die mikrobiologische Beschaffenheit von Wildtier-Karkassen und dem aus ihnen gewonnenen Fleisch zu verschiedenen Verarbeitungszeitpunkten variiert (Gill 2007; SCHIEFER 2008).

(44)

Unter hygienisch-technologischen Aspekten können die Fleischmikroorganismen in unerwünschte, tolerierbare und erwünschte Mikroorganismen eingeteilt werden (REUTER 2003b). Unter Berücksichtigung der Taxonomie kann auch eine Einteilung in Indikator12- und Indexorganismen13 erfolgen. SCHIEFER (2008) schlägt eine Gliederung anhand der Bedeutung für den Menschen in Indikator-Organismen (coliforme Keime und Enterokokken), Lebensmittelverderber (Micrococcaceae, Enterobacteriaceae, Pseudomonadaceae, Bacillaceae, Lactobacillaceae, Hefen, Schimmelpilze) und Erreger von Lebensmittelinfektionen und –intoxikationen (Salmonellen, Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens, C. botulinum, Bacillus cereus, Escherichia coli) vor.

Die Problematik mikrobiologischer Normen für Fleisch wurde von REUTER (1984) thematisiert. Der Autor gab auch an, dass bei Fleisch grundsätzlich zwischen einer meist mengenmäßig gering ausgebildeten Tiefenflora und der Oberflächenflora unterschieden werden kann. Die Erstgenannte entsteht intra vitam oder in der Agonie durch das Eindringen von Mikroorganismen aus den Blut- und Lymphgefäßen in das physiologisch keimfreie Gewebe. Die Oberflächenflora entwickelt sich durch Kontamination aus der Umgebungsflora der Tiere und des Menschen während der Gewinnung des Fleisches. Sie entwickelt sich schnell und kann hohe quantitative Werte erreichen. Während der Fleischreifung kann sich zusätzlich eine dritte Flora bilden: die Penetrationsflora. Sie entsteht, indem Mikroorganismen von der Oberfläche in die Tiefe des Gewebes eindringen.

Generell sind für Wildfleisch im Handel höhere Keimgehalte zu erwarten als beim Fleisch landwirtschaftlicher Nutztiere, jedoch kann bei optimaler Prozessführung zumindest in den ersten Stufen des Inverkehrbringens Fleisch in einer den landwirtschaftlichen Nutztieren entsprechenden mikrobiologischen Qualität erwartet werden (PAULSEN 2005).

12 Indikatororganismus: Mikroorganismus, der eine nicht sachgemäße Behandlung des Fleisches anzeigt.

13 Indexorganismus: Mikroorganismus, der gesundheitlich bedenklich ist.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ex-Tax-Preis Energieabgabe CO2-Abgabe SO2-Abgabe Weitere Abgaben MWSt CHF/ Liter.. Figur 3 Benzinpreise und -abgaben in verschiedenen Ländern Ende 90

Zusammenfassend kann seitens thermischen Komforts gesagt werden, dass wenn durch Geocooling die maximal zulässige Kälteleistung des Abgabesystems erreicht wird,

In bisherigen Studien konnte nachgewiesen werden, dass ab einer TEGDMA- Konzentration von 3 mMol/l und einer Expositionszeit von 24 h eine gesteigerte Anzahl

2009: Statistisches Datenblatt, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern, Ausgabe 34, Juni 2009.. 2002: Kurzeinführung in SPSS

relationship between normal lung sounds, age, and gender. Detection of bronchial breathing caused by pneumonia. [Effect of subcutaneous fatty tissue on normal respiratory

In den vorliegenden Experimenten konnte beispielsweise Thymoglobulin® in einer in der allogenen SZT- Medizin üblichen Dosis, einen zytotoxischen Effekt auf CLL-

z Sowohl bei der Luzerne als auch beim Knaulgras konnten zwischen den verschiedenen Sorten bei vergleichbaren TS-Gehalten keine Unterschiede auf die Silierbarkeit und die Qualität

Es stellt sich wieder die Frage, ob das deutlich gestresstere Wild bejagt werden muss und durch die zusätzlicher Störung Stress für die Rehe entsteht.. 5.1 Stadtwald