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2.7 Mikrobiologischer Status von Wildfleisch

2.7.2 Frisch erlegtes Wild

Sowohl der Oberflächen- als auch der Tiefenkeimgehalt sind begründet durch den Sitz des Schusses, die Zeitspanne zwischen Erlegen und Versorgen sowie die Einhaltung der Arbeitshygiene beim Versorgen der Tiere (DEUTZ 2000; DEUTZ et al.

2000).

Fleisch von gesunden, frisch erlegten Wildtieren wies in verschiedenen Untersuchungen in aller Regel einen guten mikrobiologischen Status auf (SCHERLING 1989; BÜLTHUIS 1995; LEHMKÜHLER 1996; DEUTZ et al. 2000;

ATANASSOVA et al. 2008). Bei Tieren mit einem höheren Keimgehalt konnten meist pathologische Veränderungen, schlechte Trefferlage, langes Nachsuchen und damit einhergehendes verzögertes Aufbrechen als Ursache ermittelt werden (BANDICK u.

RING 1995; DEUTZ et al. 2000).

In der Arbeit von APELT (2007) wurde bei frisch erlegtem Rehwild eine Gesamtkeimzahl von lg 2,6 KbE/cm2 (Medianwert) erhoben. Die Gehalte an Enterobacteriaceae wurden mit lg 2,0 KbE/cm2 (Medianwert) für Rehwild angegeben.

Bei der Beurteilung der Bauchhölen-Oberflächen mittels Wischtupfern konnte in der Arbeit von DEUTZ et al. (2003) der Großteil der untersuchten Proben (Reh-, Rot- und Gamswild) in Kategorie I (Gesamtkeimzahl lg 5,27 KbE/cm2, E. coli <lg 1 KbE/cm2, Enterokokken <lg 1 KbE/cm2, Staphylokokken <lg 1 KbE/cm2 [Medianwerte]) eingeteilt werden.

Eine andere Studie an 62 Stück Schalenwild (Reh-, Rot-, Gams- und Muffelwild), dessen Erlegungsumstände und Zeitspannen bis zum Aufbruch und dem Beginn der Kühlung bekannt waren (Versuch 1), ergab mittels Wischtupfern von der Schlögel15- und Bauchinnenseite durchschnittlich lg 5,56 KbE/cm2, bzw. lg 5,38 KbE/cm2. Bei 61 Tieren aus einer Wildsammelstelle mit unbekannten qualitätsbestimmenden Umständen vom Erlegen bis zur Kühlung (Versuch 2) wurden höhere Werte ermittelt (lg 6,30 KbE/cm2 an der Schlögelinnenseite, lg 5,81 KbE/cm² an der Bauchinnenseite). Die Ergebnisse bezüglich des Oberflächenkeimgehaltes fielen bei rascher Versorgung und Kühlung der erlegten Tiere vergleichsweise besser aus. Bei Weichschüssen wurden die höchsten Keimzahlen ermittelt. Die Tiere aus der Sammelstelle wiesen einen höheren Gehalt an Enterobacteriaceae, E. coli, Staphylokokken, Eigelbpositiven Staphylokokken und Listerien auf. Der Grund für die schlechteren Ergebnisse in der Sammelstelle wird in einer längeren Zeitspanne bis zum Aufbrechen und Kühlen vermutet (DEUTZ et al. 2000).

Auch in einer andere Studie wurde bei Weidwundschüssen ein höherer Keimgehalt nachgewiesen: durchschnittlich lg 5,67 KbE/cm2 gegenüber lg 4,81 KbE/cm2 bei Kammerschüssen. Der durchschnittliche Oberflächenkeimgehalt an der Schlögelinnenseite betrug 12-24 Stunden nach dem Aufbrechen lg 4,65 KbE/cm2 (DEUTZ et al. 2006).

Ähnliche Werte ermittelten BANDICK u. RING (1995). Unmittelbar nach dem Aufbrechen betrug die Oberflächenkeimzahl der Adduktorenmuskulatur der Rehe in Abhängigkeit des gewählten Nährbodens zwischen lg 3,93 KBE/g und lg 3,53 KBE/g und bei der Bauchdeckenmuskulatur zwischen lg 4,77 KBE/g und lg 4,62 KBE/g. Im weiteren Verlauf der Kühllagerung bei 5,5 °C stiegen die Keimzahlen an, bis sie an Tag 7 Werte von lg 6,98 KBE/g bzw. lg 7,05 KBE/g (Adduktorenmuskulatur) und lg 7,51 KBE/g bzw. lg 7,68 KBE/g (Bauchdeckenmuskulatur) erreichten. Auch in dieser Arbeit konnten signifikante Unterschiede in Verbindung mit dem Sitz des Schusses und dem Hygienestatus von frisch erlegtem Reh- und Schwarzwild festgestellt werden. Bei Rehwild führte besonders eine zerstörte Milz und/oder Leber zu höheren oberflächlichen Keimgehalten der untersuchten Keulenmuskulatur.

15 Schlögel: Keule; auch als Schlegel bezeichnet: (BERRENS et al. 1990).

Bis zum Eintritt der Tierkörper in die gekühlte Wildsammelstelle wird von einem Oberflächenkeimgehalt ausgegangen, der unterhalb des für Nutztiere unannehmbaren Bereiches (lg 5 bzw. lg 2,5 KbE/cm2) liegt. Mit den Prozessschritten wird jedoch im Folgenden auch ein Anstieg der Keimzahl angenommen (PAULSEN 2005). Auf der Prozessstufe „Anlieferung“ in einem Wildbearbeitungsbetrieb wurde in der Bauchmuskulatur von 100 Rehen ein Medianwert des oberflächlichen Keimgehaltes von lg 6,7 KbE/cm² und ein Gehalt an Enterobacteriaceae von lg 4,3 KbE/cm2 ermittelt (PAULSEN et al. 2003).

Niedrigere Werte wurden hingegen von LAGRANGE u. SCHMIDT (2005) in einem Wildbearbeitungsbetrieb bestimmt: die untersuchten Wildarten wiesen an der Oberfläche mittlere Gesamtkeimzahlen im kritischen Bereich (zwischen lg 3,5 und lg 5,0 KbE/cm2) auf.

Des Weiteren zeigten sichtbar verschmutzte Tierkörper verschiedener Tierarten bei Probenahme 24-96 Stunden nach der Eviszeration höhere Keimgehalte als saubere Karkassen auf: ein aerobe Keimgehalt von lg 4,54 cfu/cm2 und Enterobacteriaceae in Höhe von lg 3,53 cfu/cm2 gegenüber lg 3,95 cfu/cm2 (aerober Keimgehalt) und lg 2,36 cfu/cm2 (Enterobacteriaceae) in sauberen Tierkörpern. Die Keimgehalte differierten auch bei verschiedenen Erlegezeitpunkten (Sommer und Winter). Die niedrigeren Werte im Winter (Gesamtkeimzahl lg 4,12 cfu/cm2 und Enterobakteriazeengehalte von lg 2,48 cfu/cm2) wurden darauf zurückgeführt, dass die Vorkühlphase bei niedrigeren Temperaturen erfolgte als im Sommer (Gesamtkeimzahlwerte von lg 5,65 cfu/cm2 und Enterobakteriazeengehalte von lg 3,45 cfu/cm2). Während einer Lagerung bei +0,4 °C und 60% RF konnte bei den Keimzahlen zu den Zeitpunkten 48 und 96 Stunden nach dem Aufbrechen kein Anstieg, sondern ein Rückgang um 15%, ermittelt werden. Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Temperatur in der Vorkühlphase (8-12 Stunden nach dem Aufbrechen) einen elementaren Einfluss auf die Keimzahlentwicklung hat und nicht mehr durch anschließende Maßnahmen wie effektive Kühllagerungstemperaturen kompensiert werden kann (PAULSEN u.

WINKELMAYER (2004).

Neben der Schussplatzierung und der Aufbrechhygiene zeigte SLOWAK (1986) auch den Einfluss des Kühlbeginns auf die Höhe der Oberflächenkeimzahl. So wurde bei Rehwild eine Gesamtkeimzahl von durchschnittlich lg 3,9 KbE/cm2 ermittelt, die bei einer Lagerung bei 15 °C innerhalb von 48 Stunden auf lg 6,8 KbE/cm2 anstieg. Die Gesamtkeimzahl des Rehwildbrets betrug im Durchschnitt bei Blattschuss lg 4,4 KbE/cm2 und bei Weidwundschuss lg 6,1 KbE/cm2. Auch der Gehalt an Enterobacteriaceae variierte (Blattschuss: lg 2,0 KbE/cm2, Weidwundschuss lg 3,9 KbE/cm2), ebenso die Werte für Mikrokokken und Enterokokken. Die Keimflora setzte sich hauptsächlich aus Enterobacteriaceae, Mikrokokken und Enterokokken zusammen.

KAPPELHOF (1999) wies darauf hin, dass bei Rehwild, das auf Grund seines lockeren Bindegewebes als „schussweich“ gilt, ein zu starkes oder rasantes Kaliber zu einem verstärkten Keimeintrag zwischen die Muskelschichten führen kann, besonders bei Weichschüssen.

In der Tiefe der Muskulatur ist meist ein geringer Keimgehalt zu erwarten (GILL et al.

1978; RING et al. 1988; RING u. SCHERLING 1990). Einige Autoren gehen sogar von gänzlicher Keimfreiheit aus (STÖPPLER et al. 1987; UPMANN et al. 2000;

PAULSEN et al. 2003; PAULSEN 2005; GILL 2007; SCHIEFER 2008). Auch BEM u.

HECHELMANN (1994) bestätigen, dass Fleisch gesunder Schlachttiere in der Tiefe normalerweise keimfrei ist und maximal lg 2 Keime/g aufweist. Bei den Erregern handele es sich hauptsächlich um Clostridium-, Bacillus-, Streptococcus- und Lactobacillus-Arten sowie Enterobacteriaceae. Die Ergebnisse von ZUCKER u.

KRÜGER (1998) zeigten jedoch, dass es in Folge von prämortalem Stress zu einer Translokation von Mikroorganismen aus besiedelten Körperregionen in die noch keimfreie Muskulatur kommen kann.

Neben dem Oberflächenkeimgehalt kann auch der Tiefenkeimgehalt bei Rehwild von dem Zeitraum bis zum Aufbrechen, der Schussplatzierung, einem Unfall als Todesursache, Hetze durch Hunde oder anatomisch-pathologischen Veränderungen der Tierkörper beeinflusst werden (LENZE 1977; HÄUSLE 1987; STÖPPLER et al 1987; RING et al. 1988; RING u. SCHERLING 1990).

Die von BANDICK u. RING (1995) ermittelten Keimgehalte bei Rehwild in der Tiefe der Vorderlauf-Muskulatur lagen zwischen lg 1,10 KBE/g und lg 0,93 KBE/g, im Vergleich zu lg 1,50 KBE/g und lg 1,26 KBE/g in der Adduktorenmuskulatur und lg 2,45 KBE/g und lg 1,77 KBE/g im Filetmuskel.

Bei der Untersuchung zum Hygienestatus von Rehwild wies LEHMKÜHLER (1996) im Direktausstrichverfahren (semiquantitativ) je nach Agar in 3 Proben (3,4%, auf PFHG-Agar) bzw. in 6 Proben (6,7%, auf Blutagar) ein Keimwachstum in der Muskulatur nach. Das Plattengussverfahren (quantitativ) mittels PFHG-Agar wies 42 Tiere, das Verfahren der Verdünnungsreihe auf Blutagar 29 Tiere (32,6%), als positiv für den Gehalt an aeroben Keimen aus. In der quantitativen Untersuchung ermittelte er bei Anwendung des Plattengussverfahrens mit PFHG-Agar einen Mittelwert der positiven Proben von lg 1,32 KbE/g, mit Blutagar lg 1,36 KbE/g in der Tiefe der Muskulatur.

RIEMER u. REUTER (1979) stellten bei der Untersuchung an Reh- und Rotwild 24 Stunden p. m. in 52% der Fälle kein mikrobielles Wachstum in der Muskulatur fest, bei einer Nachweisgrenze von lg 2 KbE/g. In 43% der Proben lagen die Keimgehalte in der Muskulatur zwischen lg 2 und lg 3 KbE/g. Nur 20% der Proben lagen oberhalb eines Keimniveaus von lg 4 und lg 6 KbE/g. Bei der Zusammensetzung der Keimflora standen E.coli und Enterobacter in der Gesamtheit der Enterobacteriaceae im Vordergrund. Auf Grund ihrer Untersuchungsergebnisse gehen die Autoren davon aus, dass der Oberflächenkeimgehalt, und damit auch der Keimgehalt in der Tiefe, nach längerer Lagerung von den Modalitäten der Wildbretversorgung und -lagerung abhängen.