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Archiv "Hepatitis B: Viruslast ist entscheidender Parameter für Verlaufsbeurteilung" (06.08.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 31–32⏐⏐6. August 2007 A2177

M E D I Z I N R E P O R T

D

ie Infektion mit dem Hepati- tis-B-Virus (HBV) ist welt- weit mit rund 400 Millionen chro- nisch Erkrankten eine der häufigsten Infektionen. In Deutschland sind ak- tuellen Schätzungen zufolge etwa 500 000 Menschen chronisch mit HBV infiziert; ein Großteil davon – zwischen 40 und 70 Prozent – sind Migranten. Trotz dieser erschreckend hohen Infektionsrate werde die chro- nische Hepatitis B weiterhin unter- schätzt, die Dunkelziffer sei entspre- chend hoch, so Prof. Dr. med. Micha- el P. Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover bei einer Ver- anstaltung zur Hepatitis B in Berlin.

Zirrhose oder HCC bei jedem dritten chronischen Infekt

Damit mehr Patienten vom medizi- nischen Fortschritt der letzten Jahre profitierten und entsprechend aktu- ellen Empfehlungen behandelt wür- den, müssten Hausärzte stärker in die Primärdiagnose der chronischen Hepatitis B eingebunden werden:

„Hausärzte sollten bei erhöhten Transaminasen immer auch an die Möglichkeit einer chronischen He-

patitis B denken und dies entspre- chend abklären“, forderte der Gas- troenterologe.

Der Grund: Die Gefahr für schwere Folgekomplikationen bei einer chronischen HBV-Infektion sei enorm. Rund 30 Prozent der chronisch Infizierten entwickelten eine Leberzirrhose oder ein hepato- zelluläres Karzinom (HCC) und hät- ten ein deutlich erhöhtes Sterberisi- ko. Die Gefahr schwerer Leberer- krankungen sei vor allem bei hoher Viruslast im Blut stark gesteigert:

Der „kritische“ HBV-DNA-Wert, bei dem eine antivirale Therapie in- diziert ist, liege bei 10 000 Kopien pro Milliliter (ml), beziehungsweise 2 000 IU pro ml. Bei niedrigerer Ko- pienzahl sollten die Patienten alle sechs bis zwölf Monate kontrolliert werden. Patienten mit Leberzirrhose würden bei nachweisbarer HBV- Replikation antiviral behandelt; an- sonsten reiche ein Monitoring im Abstand von drei bis sechs Monaten.

Die Viruslast sei außerdem der entscheidende Parameter für die Be- urteilung des Therapieerfolgs, be- tonte Manns. Zusätzlich würden die

Transaminasen kontrolliert. Eine Leberbiopsie sei heute zur Verlaufs- beurteilung nicht mehr indiziert, sondern lediglich vor Beginn der Behandlung sinnvoll.

Große Defizite sehen Gastroente- rologen nicht nur bei der Diagnose der chronischen HBV-Infektion und der Indikationsstellung zur Thera- pie, sondern auch beim Monitoring.

Die Qualität der Therapieverlaufs- beobachtung ist nach Meinung von Prof. Dr. med. Stefan Zeuzem (Universitätsklinik Frankfurt/Main)

„auch in Deutschland grausam schlecht“. Dabei seien engmaschige Verlaufskontrollen und die Beurtei- lung des Behandlungserfolgs wich- tig, um betroffenen Patienten die optimale Therapie anbieten zu kön- nen. Grundsätzlich orientiere man sich heute weg von biochemischen Laborparametern wie den Transami- nasewerten hin zur Viruslast.

In mehreren Studien ist belegt worden, dass der HBV-DNA-Spiegel ausgezeichnet mit Leberhistologie, Inzidenz der Leberzirrhose und HCC-Risiko korreliert. So konnte die asiatische Kohortenstudie REVEAL

HEPATITIS B

Viruslast ist entscheidender

Parameter für Verlaufsbeurteilung

Mehrere Studien belegen, dass der HBV-DNA-Spiegel mit Leberhistologie, Inzidenz der Leberzirrhose und des hepatozellulären Karzinoms korreliert.

Partikel des Hepatitis-B-Virus

sind Ikosaeder von etwa 42 nm Größe.

Die chronische HBV-Infektion gehört zu den häu- figsten Virusinfekten weltweit.

Foto:Dr.Linda Stannard,UCT/SPL/Agentur Focus

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A2178 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 31–32⏐⏐6. August 2007

M E D I Z I N R E P O R T

(research, examine, verify, educate, assist, and liberate) mit mehr als 3 500 HBV-positiven Teilnehmern die Korrelation zwischen Viruslast und Langzeitprognose untermauern (Chen et al.; JAMA 2006; 295:

65–73): Patienten mit hoher Viruslast zu Beginn der 13-jährigen Nachbeob- achtung hatten ein signifikant höhe- res Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose oder eines HCC als Pa- tienten mit niedrigem HBV-DNA- Spiegel. „Das Risiko für ein HCC ist relativ niedrig bei Patienten, die unter dem Cut-off-Wert von 10 000 Kopi- en/ml liegen“, konstatierte Zeuzem.

Auf der Basis dieser und weiterer Studiendaten wird daher eine rasche und nachhaltige Senkung der Virus- last als Therapieziel gefordert. Um dies zu erreichen, sind therapie- begleitende Messungen des HBV- DNA-Spiegels notwendig, die den Arzt dabei unterstützen, eine indivi- duelle Behandlungs-„Roadmap“ zu erstellen. Dabei fungiert die Zahl der Viruskopien als Wegweiser und zeigt an, ob die gewählte Therapie wirksam ist, ob zusätzliche Inter- ventionen indiziert sind oder ob die Behandlung abgebrochen werden sollte. Der neu erarbeitete Behand- lungsalgorithmus gilt für alle anti- viralen Nukleosid- und Nukleotid- analoga, weniger für die Interferone mit ihrer definierten Therapiedauer über zwölf Monate.

Zwölf Wochen nach Beginn der antiviralen Therapie sollte erstmals das Versagen oder Ansprechen über- prüft werden, so der weltweite Kon- sens. „Doch selbst in den westlichen Industrieländern unterbleibt das auch heute noch bei mehr als 80 Prozent der Patienten“, kritisierte Zeuzem.

Bei Patienten, bei denen nach zwölf Wochen ein Abfall der Virus- last um eine Log-Stufe messbar sei, werde die Therapie weitergeführt.

Falle die Abnahme geringer aus, soll- ten die Compliance überprüft und der Patient gegebenenfalls über die Notwendigkeit der regelmäßigen Einnahme aufgeklärt werden. Bei ei- nem primären Nichtansprechen, zum Beispiel wegen einer früheren antivi- ralen Behandlung, sei die Behand- lung umzustellen, sagte Zeuzem.

Die erneute Messung der Virus- last wird in Woche 24 empfohlen,

um zwischen Patienten mit voll- ständigem Ansprechen (< 300 Ko- pien pro ml), partiellem Ansprechen (300 bis 10 000 Kopien pro ml) und mangelhaftem Ansprechen (> 10 000 Kopien pro ml) zu differenzieren und die Therapie eventuell optimie- ren zu können. „Bei kompletten Respondern, die PCR-negativ wer- den, kann die Therapie mit dem initial gewählten Medikament ohne Bedenken weitergeführt werden“, informierte Zeuzem.

In Abhängigkeit von Patienten- Compliance, genetischer Barriere des Virustatikums, Erfahrung des behandelnden Arztes mit dem Me- dikament und Erkrankungsstadium können die Intervalle in der wei- teren Verlaufskontrolle auf bis zu sechs Monate verlängert werden.

Patienten mit fortgeschrittener Zir- rhose sollten dagegen sogar in kür- zeren als den üblichen Dreimonats- abständen überprüft werden.

Bei partiellen Respondern, die ein Virustatikum mit niedriger genetischer Barriere und daher hohem Risiko für eine Resistenzent- wicklung erhalten, ist die sofortige Add-on-Therapie mit einer zweiten Substanz indiziert, zu der es keine Kreuzresistenz gibt. „Man sollte solche Patienten nicht in eine Resis- tenz hineinlaufen lassen“, betonte Zeuzem.

Add-on statt Monotherapie bei verminderter Sensibilität

Als „nicht sinnvoll“ bezeichnete der Frankfurter Gastroenterologe dage- gen den Switch auf eine Monothera- pie mit einer anderen Substanz:

Diese Strategie gehe mit einem ho- hen Resistenzrisiko einher.

Anders sieht es aus bei partiellen Respondern, die initial ein potentes Medikament mit hoher genetischer Barriere erhielten: Bei diesen Pati- enten kann die Behandlung zu- nächst – bei regelmäßigen Kontrol- len im Abstand von drei Monaten – bis zu einem Jahr fortgesetzt und im Verlauf individuell, je nach Kinetik der Viruslast, entschieden werden, ob eventuell doch eine Add-on-The- rapie erforderlich ist.

Bei Patienten mit mangelhafter Response sollte die Therapie früh- zeitig nach 24 Wochen mit einem

zweiten Medikament komplettiert werden. Dieses individuelle „On- Treatment-Management“ biete die beste Möglichkeit für einen optima- len Behandlungserfolg. „Der Re- zeptblock darf nicht das Ende der Arzt-Patienten-Beziehung sein“, so Zeuzems Appell. „Anbehandelte Patienten bedürfen einer adäquaten Betreuung und Begleitung“, betonte der Hepatologe.

Substanzen mit geringerem Risiko für Resistenzen

Vor allem bei hochvirämischen Pati- enten gebe es mit den älteren Nukleosid-Analoga-Reversetrans- kriptase-Hemmern erhebliche Resis- tenzprobleme, berichtete Priv.-Doz.

Dr. med. Thomas Berg von der Cha- rité Berlin: Unter Lamivudin sei be- reits im dritten Therapiejahr bei etwa jedem Zweiten eine Resistenz aufge- treten, unter Adefovir stiegen die Re- sistenzraten ab dem vierten Jahr deutlich. Mit dem im Mai europaweit zugelassenen neuen Nukleosid-Ana- logon Telbivudin stehe das zweite Medikament mit hoher antiviraler Potenz zur Verfügung, sagte Berg.

Die Zulassung dieses spezifi- schen Inhibitors der HBV-Poly- merase beruht auf den Daten der GLOBE(Global Leadership & Or- ganizational Behavior Effective- ness)-Studie, für die fast 1 400 Pati- enten mit klinisch kompensierter chronischer Hepatitis B randomi- siert einer Therapie mit Telbivudin (600 mg/d) oder Lamivudin (100 mg/d) zugeteilt wurden (Hepatolo- gy 2006; 44 [Supplement 1]: 222A:

91).

Die Intent-to-treat-Analyse der GLOBE-Studie nach zwei Jahren mache deutlich, dass Telbivudin signifikant stärker antiviral wirke als das Vergleichspräparat mit nied- rigeren Resistenzraten, erläuterte Berg.

Außerdem hätten die Daten erst- mals prospektiv belegt, dass die frühe Suppression der HBV-DNA unter die PCR-Nachweisgrenze von weniger als 300 Kopien pro ml prä- diktiv für das Therapieergebnis nach zwei Jahren sei. „Diese Daten führ- ten zur Entwicklung des Road-map- Konzepts“, sagte Berg. I Dr. med. Katharina Arnheim

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