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Archiv "Situation der Nierenkranken" (20.06.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

S

chätzungsweise 18 000 termi- nal Nierenkranke gibt es der- zeit in der Bundesrepublik Deutschland. Gäbe es genügend Spendernieren, könnte den mei- sten von ihnen durch eine Trans- plantation geholfen werden. Spen- dernieren sind in diesem Ausmaß jedoch nicht verfügbar. Pro Jahr können nur etwa 1200 Nieren- transplantationen durchgeführt werden. Das ist viel zu wenig, um auch nur annähernd den Erforder- nissen gerecht zu werden. Daher verband die Schirmherrin des „In- teressenverbandes der Dialysepa- tienten und Nierentransplantierten Deutschlands", Marita Blüm, Gat- tin des Bundesarbeitsministers Norbert Blüm, ihren Überblick über „die Nierenkranken in der Bundesrepublik" in Wiesbaden mit dem nachdrücklichen Appell, in weitaus größerem Umfang Spendernieren zur Verfügung zu stellen. Den Nierenkranken gibt es nach Darlegung von Marita Blüm eigentlich nicht. Eine Unzahl von Faktoren bestimmt das Leben mit dieser Krankheit, „ein Leben zwi- schen Leid und Hoffnung", wie sie sagte. Viele würden auf der Strek- ke bleiben, die die durch die Er- krankung verursachten körper- lichen und seelischen Belastun- gen nicht zu bewältigen vermögen und nur schwerlich zu rehabilitie- ren sind.

Zwei Fragen sind für die Nierenpa- tienten in mittleren Jahren von zentraler Bedeutung: 1. Wird die bestehende Partnerschaft den zu- sätzlichen Belastungen durch die Krankheit standhalten? 2. Kann der Beruf weiter ausgeübt wer- den? Mit dem Beginn einer Dialy- sebehandlung verändert sich in ei- ner Partnerbeziehung fast immer etwas: Der Patient glaubt, eine ständige Last und nicht in der La- ge zu sein, eine Gegenleistung zu erbringen, während der Gesunde sich in ein Gefühl dauernd von ihm erwarteter Opferbereitschaft steigert.

Alle diese Schwierigkeiten poten- zieren sich bei nierenkranken Kin- dern noch, deren normale Ent-

wicklung durch die Umstände und

infolge der Abhängigkeit vom Dia- lysegerät beeinträchtigt wird. Frau Blüm vertritt die Auffassung, daß die ohnehin schlecht unterrichtete Öffentlichkeit derlei Schwierig- keiten kaum ermessen kann und sich daher eines besonderen En- gagements nur zu gerne enthoben sieht, zumal die Dialyse für ein technisch ausgereiftes Routine- verfahren gehalten wird. Doch mit der Technik allein ist es nicht ge- tan — die menschlichen Probleme des Kranken stehen auf einem an- deren Blatt.

Man müsse sich — Frau Blüm sagte

„mit aller Intensität" — einmal klar- machen, wie unsinnig es im Grun- de sei, daß einerseits Menschen sterben müssen, weil sie keine Spendernieren bekommen kön- nen, andererseits gesunde Nieren von Verstorbenen einer rettenden Bestimmung entzogen werden.

Die Organspende im Falle eines Todes ist für die Schirmherrin „ein Akt christlicher Nächstenliebe".

Und alle Anstrengungen, die un- ternommen werden, um die Nie- rentransplantationsfrequenz zu steigern, sieht sie unter dem Aspekt der Humanität. Sie meint, es müsse tröstlich für Hinterblie- bene sein zu wissen, daß mit dem Organ eines kraft Todes schmerz- lich vermißten lieben Menschen ein anderer Mensch weiterleben könne. Die vielfach genannte Furcht potientieller Organspen- der, jemand könne vorzeitig für tot erklärt werden, wenn ihm eine Nie- re entnommen werden solle, räumt sie mit dem Hinweis aus, daß in keinem anderen Fall der Tod so sicher festgestellt sei wie bei einem Organspender. Eine Or- ganentnahme erfolge erst dann, wenn der Individualtod des Spen-

ders festgestellt sei. Schließlich hält sie entgegen, daß — diese Er- kenntnis sei auch wissenschaft- lich fundiert — die Identität eines Menschen durch Organtransplan- tation nirgends angetastet wäre.

Die Bibel kenne keinen Kult des Leichnams. Anders wäre der Auf- erstehungsglaube falsch verstan- den.

Zwar haben die Kirchen ihre posi- tive Einstellung zur Organspende geäußert. Auf persönliche Erklä- rung kirchlicher Autoritäten wird allerdings noch gewartet. Dies sieht Marita Blüm als eine Voraus- setzung dafür, das Thema angst- freier anzugehen. Auch kirchlich geführte Krankenhäuser dürften sich nicht gehindert sehen, Organ- spender anzunehmen und zu mel- den. Von manchen Ärzten wird er- wartet, daß sie ihr Interesse ge- genüber Organverpflanzungen verstärken.

Das Alter spielt beim Nierenspen- der übrigens überhaupt keine Rol- le, fügte Privatdozent Dr. med.

Hanns-Helmuth Neumayer vom Klinikum Steglitz der Freien Uni- versität Berlin an, da Spendernie- ren unbegrenzt transplantierbar sind — im Gegensatz zu Leber- transplantaten (das Lebensalter eines Leberspenders sollte zwi- schen 40 und 50 Jahren sein) oder zu Herztransplantationen (das ma- ximale Alter der Spender wird zwi- schen 35 und 40 Jahren gesehen).

Der Berliner Nephrologe berichte- te von einer hochbetagten Nieren- spenderin, die 90jährig starb. De- ren eine gesunde Niere funktio- niert laut Neumayer nun schon seit 108 Jahren komplikationslos.

Günter F. P. Meißner

Mastkobener Weg 43

2430 Neustadt/Ostsee

Situation der Nierenkranken

Vortrag über „Nierenkranke in der Bundesrepublik"

anläßlich des Internistenkongresses in Wiesbaden, 1986

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 25/26 vom 20. Juni 1986 (59) 1855

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