• Keine Ergebnisse gefunden

2.1 Theorie der Kohlenstoffnanoröhren

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "2.1 Theorie der Kohlenstoffnanoröhren"

Copied!
139
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Charakterisierung von funktionalisierten Kohlenstoffnanoröhren

von

Anna-Katharina Saelhoff

Diplomarbeit in Physik vorgelegt der

Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der RWTH Aachen

im August 2012

angefertigt am

Peter Grünberg Institut (PGI-6) Forschungszentrum Jülich

(2)
(3)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Theoretischer Hintergrund 5

2.1 Theorie der Kohlenstoffnanoröhren . . . 5

2.1.1 Atomare Struktur . . . 5

2.1.2 Elektronische Eigenschaften . . . 7

2.1.3 Vibronische Zustände in Kohlenstoffnanoröhren . . . 13

2.1.4 Chemische Reaktivität . . . 14

2.1.5 Defekte in Kohlenstoffnanoröhren . . . 16

2.2 Theorie der Messmethoden und der zu erwartenden Effekte . . . 18

2.2.1 Theorie der Raman-Spektroskopie . . . 18

2.2.2 Transmissions-Elektronen-Mikroskopie (TEM) . . . 24

2.2.3 Analytische Transmissions-Elektronenmikroskopie . . . 26

3 Probenherstellung und Messaufbau 31 3.1 Probenherstellung . . . 31

3.1.1 Verfahren zur Probenherstellung . . . 32

3.1.2 Rastersondenmikroskopie zur Probenherstellung . . . 35

3.1.3 Herstellung der charakterisierten Proben . . . 38

3.2 Verwendete Messmethoden und Aufbauten . . . 41

3.2.1 Konfokale Raman-Spektroskopie . . . 41

3.2.2 Messungen zur elektrischen Charakterisierung . . . 43

4 Oxidation 45 4.1 Oxidation an Kohlenstoffnanoröhren . . . 45

4.1.1 Oxidation und Entstehung von Carboxylatgruppen an CNTs . 45 4.2 Untersuchung von Oxidationseffekten durch Raman-Spektroskopie . . 48

4.2.1 Quantifizierung von Defekten durch D/G-Verhältnisse . . . 48

4.2.2 Strukturierte Probe zur Untersuchung des Effekts von variie- renden Oxidationszeiten . . . 50

4.2.3 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . 54

(4)

INHALTSVERZEICHNIS

5 Funktionalisierung 55

5.1 Funktionalisierung von Kohlenstoffnanoröhren . . . 55

5.1.1 Möglichkeiten der Funktionalisierung . . . 55

5.1.2 Funktionalisierung mit molekularen Nanomagneten . . . 56

5.2 Funktionalisierung mit dem{Mn4}-Komplex . . . 56

5.2.1 Synthese des {Mn4}-Komplexes . . . 57

5.2.2 Synthese des Liganden . . . 57

5.2.3 Liganden und Ligandenaustausch . . . 58

5.2.4 Funktionalisieren von Kohlenstoffnanoröhren mit dem{Mn4}- Komplex . . . 58

5.3 Charakterisierung von{Mn4}-funktionalisierten Kohlenstoffnanoröh- ren mittels Raman-Spektroskopie . . . 59

5.3.1 Charakterisierung von {Mn4}-Kristallen und kristallisierten Liganden . . . 59

5.3.2 Charakterisierung von funktionalisierten Bulk-CNTs . . . 66

5.3.3 Charakterisierung von funktionalisierten CVD-CNTs . . . 73

5.4 Charakterisierung mittels Transmissionselektronenmikroskopie . . . . 98

5.5 Charakterisierung der elektrischen Eigenschaften . . . 114

6 Zusammenfassung und Ausblick 119

7 Danksagung 123

8 Anhang 125

Literaturverzeichnis 127

iv

(5)

1 Einleitung

Bei der Untersuchung von Carbonfasern mit einem Transmissionselektronenmikro- skop entdeckten die Wissenschaftler Radushkevich und Lukyanovich bereits im Jahr 1952 hohle Kohlenstoffstrukturen mit Durchmessern von etwa 50 nm. Schnell war klar, dass diese dünnen Strukturen aus Kohlenstoffschichten bestehen und wie kon- zentrische Hohlzylinder aufgebaut sind [Radushkevich52]. Erst etwa 40 Jahre später, nach der Entwicklung der Mikroelektronik und den Ideen zur Implementierung von Nanoelektronik hatte die Wiederentdeckung der Kohlenstoffnanoröhren durch Ii- jima 1991 einen bedeutenden Einfluss auf die Forschungslandschaft. Iijima zeigte, dass durch Lichtbogenentladung bei hohen Temperaturen mehrwandige zylinderarti- ge Kohlenstoffstrukturen entstehen (die „multi-wall carbon nanotubes“, MWCNTs, also mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren) [Iijima91]. Zwei Jahre später veröffent- lichte Iijima auch seine Entdeckung der einwandigen Kolenstoffnanoröhren (englisch

„single-wall carbon nanotube“ (SWCNTs)), die einen Durchmesser von etwa 1 nm haben [Iijima93].

Seither wurden Kohlenstoffnanoröhren intensiv untersucht. Besonders ihre elektri- schen Eigenschaften machen Kohlenstoffnanoröhren zu interessanten Forschungsob- jekten sowie zu einem vielversprechenden Material auf dem Weg zum Quantencom- puter [Watson03]. Wegen der charakteristischen optischen Übergänge in der Band- struktur der Kohlenstoffnanoröhren bietet sich die Raman-Spektroskopie als Cha- rakterisierungsmethode für Kohlenstoffnanoröhren an. Durch Raman-Spektroskopie können Eigenschaften wie Durchmesser, charakteristisches Leitverhalten und Defekt- dichte in der Struktur von Kohlenstoffnanoröhren bestimmt werden [Dresselhaus04].

Die Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhren lassen sich durch Funktionalisie- rungen, d.h. durch das An- oder Einlagern von Fremdatomen oder Molekülen, ver- ändern [Hirsch02]. Aufgrund ihres großen Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnisses sind Kohlenstoffnanoröhren sehr sensitiv gegenüber Veränderungen in der chemischen Umgebung ihrer Oberflächen. Da die für die Leitungseigenschaften der Kohlenstoff- nanoröhren verantwortlichen π-Orbitale senkrecht aus der CNT-Oberfläche hinaus- stehen, sollten insbesondere kovalente Funktionalisierungen der Oberfläche einen Einfluss auf die elektronischen Eigenschaften der Kohlenstoffnanoröhren haben [Jorio11].

(6)

KAPITEL 1. EINLEITUNG

Mit einer speziellen Art der Oberflächenfunktionalisierung, nämlich mit der ko- valenten Funktionalisierung von Kohlenstoffnanoröhren an Defektgruppen, beschäf- tigt sich diese Diplomarbeit. Ein langfristiges Ziel ist die selektive, defektbasierte Funktionalisierung der Kohlenstoffnanoröhren mit einem vier Manganatome enthal- tenden Komplex sowie eine unfassende, mehrere Untersuchungsmethoden nutzende Charakterisierung des Sytems der so funktionalisierten CNT.

Ein Kontrollparameter zur Selektion der Anlagerung des Mangan-Komplexes ist die Generation von Defekten durch Oxidation der Kohlenstoffnanoröhren. Der Komplex ist so gestaltet, dass er sich durch Ligandenaustausch kovalent an die durch Oxida- tion entstandenen COOH-Gruppen der Kohlenstoffnanoröhre binden kann.

Die Defektentwicklung an Kohlenstoffnanoröhren durch Oxidation wird in der vorlie- genden Arbeit durch Raman-Spektroskopie untersucht. Die funktionalisierten Koh- lenstoffnanoröhren werden - teilweise auch an derselben Probe - sowohl durch Raman- Spektroskopie als auch mit Transmissionselektronenmikroskopie untersucht. Eine Charakterisierung von Transporteigenschaften wurde an einer oxidierten, funktio- nalisierten Probe vorgenommen.

Die Diplomarbeit setzt sich aus den Kapiteln „Theoretischer Hintergrund“, „Pro- benherstellung und Messmethoden“, „Oxidation“ und „Funktionalisierung“ zusam- men. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick gegeben, was den Leser in den einzel- nen Kapiteln erwartet.

Theoretischer Hintergrund

Im ersten Teil des Kapitels 2 wird auf die für diese Arbeit unmittelbar relevanten Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhren eingegangen. Der zweite Teil erläutert die physikalischen Grundlagen der angewandten Messmethoden.

Probenherstellung und Messaufbau

Der Aufbau der konkret verwendeten Aparaturen sowie die Probenpräparation wer- den in diesem Kapitel 3 erläutert.

Oxidation

Kapitel 4 fasst zu Anfang das für die späteren Ergebnisse relevante Wissen über Oxidation und Oxidationseffekte an Kohlenstoffnanoröhren zusammen. Anschlie- ßend werden Messergebnisse vorgestellt und diskutiert.

Funktionalisierung

In Kapitel 5 wird ein kurzer Überblick über die Möglichkeiten der Funktionalisie- rung von Kohlenstoffnanoröhren gegeben. Detaillierter wird auf die Funktionalisie- rung mit dem {Mn4}-Komplex eingegangen. Vorgestelt werden die durch Raman- Spektroskopie, Transmissionselektronenmikroskopie und Transportmessungen gewon- 2

(7)

nenen Ergebnisse. Abschließend wird die Korrelation der verschiedenen Messergeb- nisse diskutiert.

(8)
(9)

2 Theoretischer Hintergrund

In diesem Kapitel werden die Grundlagen behandelt, die in späteren Teilen der Arbeit als bekannt vorrausgesetzt werden. Das Kapitel gliedert sich in zwei Teile:

Im ersten Teil werden die für die folgenden Ausführungen relevanten Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhren behandelt. Der zweite Teil behandelt die physikalischen Grundlagen der Messmethoden, die maßgeblich zur Charakterisierung der untersuch- ten Proben beitragen. Die Anwendung dieser Methoden auf Kohlenstoffnanoröhren werden diskutiert.

2.1 Theorie der Kohlenstoffnanoröhren

Im Folgenden sollen die grundlegenden Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhren behandelt werden. Zunächst wird die atomare Struktur der Kohlenstoffnanoröhren diskutiert. Dabei zeigt sich, dass unterschiedliche Winkel bei der Anordnungen der Kohlenstoffatome einen Einfluss auf die elektronische Struktur haben. Die elektroni- sche Struktur wird im zweiten Abschnitt behandelt. Die Diskussion beginnt bei den elektronischen Eigenschaften von Graphen. Davon ausgehend kann auf die elektro- nische Strukur von Kohlenstoffnanoröhren geschlossen werden. Da die in Kapitel 4 und 5 vorgestellten Proben maßgeblich durch Raman-Spektroskopie charakterisiert werden, ist auch den vibronischen Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhren ein Un- terkapitel gewidmet.

Von zentraler Bedeutung für Funktionalisierungen sind chemische Reaktivität und unterschiedliche Defektarten von Kohlenstoffnanoröhren. Diese beiden Aspekte wer- den in den letzten beiden Abschnitten dieses Kapitels behandelt.

2.1.1 Atomare Struktur

Die atomare Struktur von einwandigen Kohlenstoffnanoröhren (SWCNTs für eng- lischsingle walled carbon nanotubes) lässt sich gut beschreiben durch die Annahme, dass eine eine Atomlage dicke Graphenschicht unter einem bestimmten Winkel zu einem Hohlzylinder, der Kohlenstoffnanoröhre, aufgerollt wurde [Reich04].

Die Einheitszelle von Graphen wird aufgespannt durch die beiden Vektoren ~a1 und ~a2 (siehe Abbildung 2.1). Sie enthält zwei Kohlenstoffatome an den Positio-

(10)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Abbildung 2.1: Atomare Struktur von Kohlenstoffnanoröhren: der chirale VektorC~h legt die Aufrollrichtung eines Graphenblattes zu einer Kohlenstoffnanoröhre fest. Entsprechend der möglichen Winkel Θ, in denen C~h die Wabenstruktur schneidet, entstehen Mischty- pen zwischen „armchair“- und „zig-zag“-Kohlenstoffnanoröhren. Eine länglich ausgedehnte Kohlenstoffnanoröhre erhält man, wenn man den TranslationsvektorT~ der Einheitzelle der Kohlenstoffnanoröhre (grün unterlegter Bereich) mit einem Skalar multipliziert. Entnom- men aus [Goss11], leicht abgewandelt.

nen 1/3(~a1 +~a2) und 2/3(~a1 +~a2). Die Vektoren ~a1 und ~a2 bilden einen Winkel von 60. In einer Kohlenstoffnanoröhre ist die zugrunde liegende Graphenschicht so aufgerollt, dass der Graphen-Gittervektor C~h = (n~a1+m~a2) nach Aufrollen den Umfangsvektor der Kohlenstoffnanoröhre bildet [Jorio11]. Er steht somit senkrecht zur Röhrenachse. Dieser Umfangsvektor oder auch chiraler VektorC~hwird durch das Zwei-Tupel ganzer Zahlen(n, m)beschrieben und beschreibt seinerseits die atomare Struktur (abgesehen von der Länge) einer Kohlenstoffnanoröhre eindeutig [Reich04].

Das Wertepaar (n, m) wird auch Chiralität der Kohlenstoffnanoröhre genannt. Die Richtung des chiralen Vektors wird durch den chiralen Winkel Θ beschrieben, der durch die Gleichung

cos Θ = ~a1·C~h

|~a1| ·

C~h

= n+m2

√n2+nm+m2 (2.1)

berechnet werden kann. Für jede Kohlenstoffnanoröhre mit einem chiralen Win- kel zwischen Θ = 0 und Θ = 30 gibt es eine identisch aufgebaute Kohlenstoff- nanoröhre mit einem chiralen Winkel zwischen Θ = 30 und Θ = 60. Aufgrund 6

(11)

2.1. THEORIE DER KOHLENSTOFFNANORÖHREN

der sechszähligen Symmetrie des Graphen-Gitters gibt es zu jedem chiralen Vektor

≥60 einen äquivalenten chiralen Vektor mit Θ ≤60. Für den Fall, dassΘ = 0 ist, also(n,0), werden die CNTs „Zig-Zag“-Röhren genannt. Hat das Wertepaar der Chiralität zwei gleiche Einträge (n, n), also Θ = 30, so weist die atomare Struk- tur entlang des chiralen Vektors ein „armchair“-Muster (aus dem Englischen für Lehnstuhl) auf. Die Namen erschließen sich mit einem Blick auf Abbildung 2.1: Die orangen Linien zeichnen die namensgebende Form der Verbindungslinien zwischen den Kohlenstoffatomen nach, die dem chiralen Vektor am nächsten sind.

Die Geometrie des Graphen-Gitters und der chirale Vektor einer Kohlenstoffnano- röhre legen ihre strukturellen Eigenschaften fest. So ist die Einheitszelle und die An- zahl der darin enthaltenen Kohlenstoffatome, die Größe und Form der Brillouin-Zone und der Durchmesser der Kohlenstoffnanoröhre durch den chiralen Vektor eindeutig determiniert [Jorio11]. Der Durchmesser einer Kohlenstoffnanoröhre ergibt sich aus der Chiralität zu

d=

C~h π = a0

π

n2+nm+m2. (2.2)

Aufgrund ihres Zusammenhangs mit der Brillouinzone erlaubt die Kenntnis der Chiralität a priori Aussagen über die elektronischen Eigenschaften, unter anderem über ihre Metallizität, d.h. ob metallisches oder halbleitendes Verhalten vorliegt [Reich04]. Aufrollwinkel und die Enge der Wicklung haben eine bestimmte Form der Orbitalüberlappung des zugrunde liegenden Graphenblatts zur Folge [Jorio11].

Dies wirkt sich auf die elektronischen und vibronischen Eigenschaften der so kon- struierten Kohlenstoffanoröhre aus. Auf das Zustandekommen der elektronischen Eigenschaften wird im nächsten Abschnitt näher eingegangen.

2.1.2 Elektronische Eigenschaften

Eine erste Näherung für die elektronische Struktur von Kohlenstoffnanoröhren kann erhalten werden, indem die elektronische Struktur einer atomaren Lage Graphit zu- grunde gelegt wird [Jorio11]. Es werden daher kurz die wesentlichen elektronischen Eigenschaften von Graphen dargestellt, um anschließend davon ausgehend Folgerun- gen für die elektronische Struktur von Kohlenstoffnanoröhren ableiten zu können.

Elektronische Eigenschaften von Graphen

In Graphen hat jedes Kohlenstoffatom drei nächste Nachbarn. Dieser Stuktur ent- sprechend werden die Bindungsverhältnisse in Graphen wiedergegeben durch die sp2-Konfiguration, bei der drei kovalente Bindungen ausgebildet werden, die plan in der Graphen-Ebene liegen. Daher wird die sp2-Konfiguration als „trigonal-planar“

(12)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

bezeichnet [Mortimer03].

Bei der Hybridisierung überlagern sich die Valenzelektron-Wellenfunktionen. Durch die Überlappung dreier Hybridorbitale kommen die σ-Orbitale aus Überlagerung der 2s-, 2px- und 2py-Orbitale zustande. Da jedes Kohlenstoffatom drei Nachbar- Kohlenstoffatome in der Graphen-Wabenstruktur hat, ist es umgeben von drei in der Ebene liegenden σ-Orbitalen.

Abbildung 2.2: π- und σ-Orbitale der Kohlenstoffatome in einer Graphenschicht. Die σ-Bindungen liegen in der Ebene, während dieπ-Orbitale senkrecht zu der durch die Gra- phenebene definierten Bezugsebene stehen. Entnommen aus [Jorio11].

Da diepz-Wellenfunktionen senkrecht zur Graphenebene stehen, während dies-, px- undpy-Wellenfunktionen in der Graphenebene liegen, ist der Überlapp zwischen den pz-Wellenfunktionen und den anderen Wellenfunktionen null. Daher kann man die pz-Elektronen als unabhängig von den anderen Elektronen betrachten. Die pz- Orbitale der Atome ergeben ein bindendes Molekülorbital π und ein antibindendes Molekülorbital π [Reich04]. Diese π-Orbitale sind antisymmetrisch und haben eine Knotenebene, die durch die Atomkerne verläuft und daher mit der Graphenebe- ne zusammen fällt [Mortimer03]. Die Ladungsdichten der π- und π-Orbitale sind in zwei Bereichen ober- und unterhalb der Knotenebene lokalisiert. Das π-Orbital bewirkt einen Zusammenhalt der Atome und ist energetisch tiefer liegend als das einer Bindung entgegenwirkende π-Orbital. Für die Brillouin-Zone ergibt sich, das

„tight binding“-Modell zugrunde legend, eine elektronische Bandstruktur, wie sie in Abbildung 2.3 zu sehen ist.

Das weiter oben verlaufende antibindende π-Band ist zunächst leer, da das bindende π-Band unterhalb durch die beidenπ-Elektronen der Einheitszelle mit un- terschiedlichem Spin besetzt wird. Am K-Punkt, durch den das Fermi-Niveau läuft, sind das untereπ- und das obereπ-Band entartet (vgl. Abbildung 2.3). Dasπ-Band stellt das Valenzband dar, während ins π-Band angeregte Elektronen zur Leitung beitragen. Die planaren σ-Orbitale sind zu weit vom Fermi-Niveau entfernt, um einen starken Einfluss auf die elektronischen Eigenschaften des Graphens zu haben.

Diese Energieband-Struktur für ein Kohlenstoffhexagon aus der Graphen-Wabenstruktur zeigt Abbildung 2.4.

8

(13)

2.1. THEORIE DER KOHLENSTOFFNANORÖHREN

Abbildung 2.3: Bandstruktur von Graphen. Entnommen aus [Reich04].

Abbildung 2.4: Dreidimensionale Darstellung der Bandstruktur einer reziproken Graphen-Einheitszelle. Entnommen aus [Goss11].

Übertragung der Grapheneigenschaften auf Kohlenstoffnanoröhren Ein oft verwendeter Ansatz zur Übertragung der elektronischen Eigenschaften von Graphen auf Kohlenstoffnanoröhren ist die Zonenfaltungsnäherung (englisch zone folding approximation). Mit dieser Näherung wird die Bandstruktur von Kohlen- stoffnanoröhren hergeleitet, indem die elektronischen Zustände des Graphens entlang der Achse der Kohlenstoffnanoröhre geschnitten werden [Reich04]. Diese Näherung beschreibt die elektronischen Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhren mit einem Durchmesser von ≥ 1.5nm sehr gut. Kohlenstoffnanoröhren mit kleinerem Durch- messer werden nicht mehr gut durch die Zonenfaltungsnäherung beschrieben, da dort die von der Zonenfaltungsnäherung vernachlässigten Krümmungseffekte domi-

(14)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

nieren [Reich04].

Betrachtet man das Aufrollen der einatomlagigen Graphenschicht zu einer Kohlen- stoffnanoröhre, so unterliegt der Wellenvektor in Richtung des Umfangsvektors C~h

periodischen Randbedingungen, die durch den Umfangsvektor vorgegeben werden.

Daher ist der Wellenvektor in Richtung des Umfangsvektors quantisiert. Der Wel- lenvektor, der mit dem TranslationsvektorT~ entlang der Achse der Kohlenstoffnano- röhre assoziiert wird, bleibt, eine unendlich lange Kohlenstoffnanoröhre vorrausge- setzt, kontinuierlich [Reich04].

Werden die erlaubten Wellenvektoren einer Kohlenstoffnanoröhre in die Brillou- inzone des Graphen eingezeichnet, entsteht eine Serie von parallelen Linien (siehe Abbildung 2.7). Die Anzahl und die Orientierung dieser Linien hängt von den chi- ralen Indizes (n, m)ab [Jorio11].

Durch Faltung der Energiedispersionsrelationen von zweidimensionalem Graphen ergeben sich n Paare von Energiedispersionsrelationen. Die n Paare von Energie- dispersionsrelationskurven korrespondieren zu den Querschnitten der zweidimen- sionalen Energiedispersionsrelationsoberfläche, wobei die Schnitte auf den Linien (vgl. Abbildung 2.5) gemacht wurden [Jorio11]. Wenn für eine Kohlenstoffnanoröhre mit bestimmtem (n, m) eine Schnittlinie durch den K-Punkt der zweidimensiona- len Brillouinzone führt, wo die π- und π- Engergiebänder des zweidimensionalen Graphens aus Symmetriegründen entartet sind, dann haben die eindimensionalen Energiebänder der Kohlenstoffnanoröhre keine Bandlücke: die Kohlenstoffnanoröhre verhält sich metallisch [Odom00]. Falls der Schnitt nicht durch den K-Punkt der Kohlenstoffnanoröhre erfolgen sollte, zeigt die entsprechende Kohlenstoffnanoröhre halbleitendes Verhalten und eine endliche Bandlücke zwischen Valenz- und Leitungs- band.

Abbildung 2.5 zeigt die zweidimensionale Dispersionsrelation um den K-Punkt (Dirac-Kegel) des Graphen. Die den Doppelkegel schneidenden Linien sind die Di- spersionsrelationen für eine Kohlenstoffnanoröhre. Jede Linie, die den Dirac-Kegel schneidet, verursacht ein weiteres eindimensionales Sub-Band in der Bandstruktur der Kohlenstoffnanoröhre. Am globalen Extremum jeder Kurve mit den für Koh- lenstoffnanoröhren erlaubten EnergieeigenwertenEi zum Wellenvektorki treten van Hove-Singularitäten auf [Samsonidze03]. Dies sind Punkte mit besonders hohen Zu- standsdichten (siehe Abbildung 2.5). Die van Hove-Singularitäten werden durch die Gleichung

g(E) = 2 N

XZ δEµ

δk −1

δ[Eµ(k)−E]dk (2.3) beschrieben [Jorio11].

10

(15)

2.1. THEORIE DER KOHLENSTOFFNANORÖHREN

Abbildung 2.5: Zustandekommen der Van Hove Singularitäten. Der Abstand zwischen den Schnittlinien hängt vom Durchmesser der Kohlenstoffnanoröhren ab; es ergibt sich eine

1

d-Abhängigkeit für die Abstände zwischen den van Hove-Singularitäten. Entnommen aus [Jorio11].

Obwohl sämtliche Krümmungseffekte und Effekte der Zylindergeometrie auf die Bandstruktur vernachlässigt werden, kann man mit dem Modell der Zonenfaltungs- näherung die Existenz von metallischen und halbleitenden Kohlenstoffnanoröhren erklären. Zuerst gelang durch [Hamada92] und [Saito92] die Herleitung der folgen- den Bedingungen für die Chiralität von metallischen und halbleitenden Kohlenstoff- nanoröhren:

ν =





−1, halbleitend Typ 1 0, (halb)metallisch 1, halbleitend Typ 2

mit ν = (n−m)mod3 (2.4)

Der Unterschied zwischen halbleitenden Kohlenstoffnanoröhren des Typs 1 und des Typs 2 besteht darin, auf welcher Seite des K-Punktes die erlaubte Schnittlinie durch die Brillouin-Zone geht und somit ob die van Hove-Singularität über- oder unterhalb des Fermi-Niveaus liegt [Jorio11]. Da die unterschiedlichen Chiralitäten mit gleicher Wahrscheinlichkeit vorkommen, sollten sich in einer großen Menge Kohlenstoffnano- röhren 1/3 metallische und 2/3 halbleitende Kohlenstoffnanoröhren befinden.

Die Abstände der van Hove-Singularitäten sind proportional zu 1/d. Daher müssen auch die Energien für optische Übergänge von den van Hove-Singularitäten im Va- lenzband zu denen im Leitungsband - und umgekehrt - durchmesserabhängig sein.

Aus diesem Grund sind optische Experimente geeignet zur Strukturaufklärung von Kohlenstoffnanoröhren.

Berechnungen für die optischen Übergangsenergien Eii bei metallischen und beiden Arten von halbleitenden Kohlenstoffnanoröhren ergeben unterschiedliche Werte, ab- hängig von der Chiralität (n, m) der jeweiligen Kohlenstoffnanoröhre.

Diese Berechnungen für Übergangsenergien werden durch sogenannte Kataura-Dia- gramme dargestellt (Abbildung 2.7) [Loiseau06]. Kataura-Diagramme sind hilfreiche

(16)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Anhaltspunkte für die Interpretation von Messdaten aus optischen Experimenten an Kohlenstoffnanoröhren.

Abbildung 2.6: Kataura-Diagramm. Die nach dem „tight binding“-Modell berechneten optischen Übergänge sind charakteristisch für eine Kohlenstoffnanoröhre mit gegebenem (n, m). Entnommen aus [Dresselhaus04].

Eine Kohlenstoffnanoröhre verhält sich in der Praxis wie ein Molekül mit klar definierten Energiebändern an jeder van Hove-Singularität [Jorio11]. Die optischen Absorptions- und Emissionsraten sind hauptsächlich an die van Hove Singularitäten gebunden [Dresselhaus04], wodurch die Analyse optischer Experimente an Kohlen- stoffnanoröhren erheblich vereinfacht wird, denn die den van Hove-Singularitäten zugeordneten Übergänge schränken die Anzahl der zu beachtenden Übergänge ein.

Die Zonenfaltungsnäherung sagt die elektronischen Eigenschaften für Energien in der Nähe der Fermi-Kante bei Kohlenstoffnanoröhren mit einem Durchmesser von mindestens d = 1,5nm zuverlässig voraus. Sie kann die Existenz metallischer und halbleitender CNTs erklären. Sämtliche Krümmungseffekte und die Effekte der Zy- lindergeometrie auf die Bandstruktur werden jedoch vernachlässigt. Wegen der Ver- nachlässigung der Krümmungseffekte funktioniert der Ansatz nur für Kohlenstoff- nanoröhren mit relativ großem Durchmesser, denn bei Kohlenstoffnanoröhren mit sehr kleinem Durchmesser werden Krümmungseffekte sehr wichtig. Bei Kohlenstoff- nanoröhren mit Durchmessern zwischen0,5nm und1,5nm werden die Energien des Leitungsbandes überschätzt. Nur bei sehr kleinen Kohlenstoffnanoröhren mit Durch- messern kleiner als d= 0,5nm versagt der „zone-folding“-Ansatz völlig [Reich04].

12

(17)

2.1. THEORIE DER KOHLENSTOFFNANORÖHREN

2.1.3 Vibronische Zustände in Kohlenstoffnanoröhren

Vibronische Zustände in Graphen

Da es in Graphen zwei Atome pro Einheitszelle gibt, gibt es sechs Freiheitsgra- de. Die Phononen-Dispersionsrelation weist sechs Äste auf. Phononen und zuge- hörige Dispersionsrelationen zeigt Abbildung 2.7. Da Graphen ein nicht-ionischer Kristall ist (die Atome der Einheitszelle sind gleich), sind longitudinal-optische und longitudinal-akustische Moden am K-Punkt entartet [Thomsen07].

Normalschwingungen komplexer Systeme zu finden ist sehr aufwändig, da diese viele Freiheitsgrade haben. In einem solchen Fall ist es üblich, die spektralen Besonder- heiten mit den Streckungen und Schwingungen der lokalen Bindungen zu identifizie- ren anstatt nach Normalschwingungen für das gesamte Molekül zu suchen [Jorio11].

Die Phononen-Dispersionsrelationen können für die jeweiligen Materialien berechnet werden.

Abbildung 2.7: Phononen in Graphen. o bezeichnet eine Schwingung aus der Graphen- Ebene heraus (o für die englische Bezeichnungout-of-plane), i steht für eine Schwingung in der Ebene (i für die englische Bezeichnungin-plane). TA bezeichnet transversal-akustische, LA longitudinal-akustische Phononen. TO und LO stehen entsprechend für transversal- optische und transversal-akustische Phononen. DOS bezeichnet die Zustandsdichte (DOS für englisch density of states). Entnommen aus [Dresselhaus04].

Vibronische Zustände in Kohlenstoffnanoröhren

Wie schon bei den elektronischen Eigenschaften kann die Herleitung der Phononen in Kohlenstoffnanoröhren durch Aufrollen einer Graphenlagen zu einem nahtlosen Zylinder erfolgen [Reich04]. Unter Beachtung der Randbedingungen beim Aufrollen des Graphenblattes ergeben sich 3(N + 2) Phononenäste, wobei N die Anzahl der

(18)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Atome der Elementarzelle der Kohlenstoffnanoröhre bezeichnet [Jorio11].

Aufgrund der Krümmungseffekte, die durch das Aufrollen des Graphenblattes ent-

Abbildung 2.8: Berechnete Phononen in Kohlenstoffnanoröhren, hier für eine (10,10)- Röhre mit 120 Freiheitsgraden und 66 Phononen. Entnommen aus [Dresselhaus04].

stehen, ergeben sich große Veränderungen in der aus der Graphenstruktur hergelei- teten phononischen Bandstruktur der Kohlenstoffnanoröhren [Jorio11].

Letzlich ergeben sich sechs Haupt-Phononenäste, wobei die infrarot-aktiven und die akustischen Phononen mittels Raman-Spektrum nicht beobachtet werden können.

2.1.4 Chemische Reaktivität

Kohlenstoffnanoröhren können strukturell in Seitenwände und Enden eingeteilt wer- den. Die Enden einer Kohlenstoffnanoröhre können durch Fullerenkappen angenä- hert werden [Haddon97], während die Seitenwände wie bereits in Abschnitt 2.1.1 diskutiert als eine aufgerollte Lage Graphen betrachtet werden können. Aufgrund dieser strukturellen Zusammensetzung der Kohlenstoffnanoröhren werden im Fol- genden die chemische Reaktionsfreudigkeit von Fullerenen und von gekrümmten Grahphenschichten diskutiert.

Die erhöhte Reaktionsfreudigkeit in nicht-planaren Kohlenstoffstrukturen ist eine Folge der Pyramidisierung der konjugierten Kohlenstoffatome und die zueinander verschobene Ausrichtung der π-Orbitale.

Pyramidisierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich durch die Krümmung des ebenen Graphens die elektronische Struktur von einer sp2-Struktur zu einersp3- Struktur, wie sie in Diamant vorliegt, verändert (vgl. Abschnitt 2.1.2). Die durch die Krümmung veränderte Ausrichtung der Orbitale lässt π- und σ-Orbitale einander 14

(19)

2.1. THEORIE DER KOHLENSTOFFNANORÖHREN

ähnlicher werden und erhöht ihre Wechselwirkungen.

In Fullerenen besteht erhöhte Reaktionsbereitschaft hauptsächlich aufgrund der Py- ramidisierung. Die Abweichung in der Ausrichtung derπ-Orbitale ist bei Fullerenen nur gering, im C60 sind die π-Orbitale sogar perfekt ausgerichtet [Haddon86]. Da durch die Krümmung der Graphenstruktur zu einer sphärischen Struktur zwar eine sp3-Struktur entstanden ist, im Vergleich zur gesättigten Diamantstruktur jedoch ein Bindungspartner fehlt, gibt es ein ungesättigtes Orbital bei CNTs und Fulle- renen [Haddon93]. Das Streben nach Sättigung dieses Orbitals treibt die Chemie der Fullerene an. Die Fulleren-Doppelbindungen, welche mit einem Kohlenstoffatom mit maximalem Pyramidizitätswinkel abgeschlossen werden, zeigen die höchste Re- aktivität [Haddon97]. Ein grundlegender Unterschied zwischen der Reaktivität von Kohlenstoffnanoröhren und Fullerenen ist, dass Kohlenstoffnanoröhren in einer Di- mension, Fullerene hingegen in zwei Dimensionen gebogen sind.

Würden Krümmungseffekte unberücksichtigt bleiben wie bei der Diskussion der elek- tronsichen Struktur der Kohlenstoffnanoröhren in Abschnitt 2.1.2, so wären Kohlen- stoffnanoröhren als quasi-eindimensionale, zylindrische Makromoleküle mit perfek- tem sp2-Netzwerk chemisch träge wie eine Graphenlage.

Kohlenstoffnanoröhren sind jedoch reaktiver als eine flache Lage Graphen, da wie oben erläutert die Krümmung zu einer Pyramidisierung und verschobenen Aus- richtung der π- Orbitale der Kohlenstoffatome führt [Niyogi02]. Zur Formung der Seitenwände von Kohlenstoffnanoröhren ist lediglich die Krümmung in einer Dimen- sion notwendig. Ein Fulleren mit gleichem Radius ist hingegen in zwei Dimensionen gekrümmt. Daher ist bei Fullerenen eine höhere Verformung der Orbitale und mithin eine höhere Reaktivität zu erwarten.

Da Pyramidisierung und Verschiebung derπ-Orbitale einer Kohlenstoffnanoröhre re- ziprok zu ihrem Durchmesser sind, sind Unterschiede in der Reaktionsfreudigkeit der Kohlenstoffnanoröhren unterschiedlichen Durchmessers zu erwarten. Kohlenstoffna- noröhren mit kleinem Durchmesser können als stärker gekrümmte Graphenblätter verstanden werden und sind entsprechend reaktiver.

Um eine ein Atom dicke Graphenlage in eine einwandige Kohlenstoffnanoröhre mit der Chiralität(10,10)zu bringen, ist ein Pyramidisierungswinkel der Kohlenstoffatom- Bindungen von Θp = 3 notwendig. Fullerene mit äquivalentem Radius, im Falle einer Kohlenstoffnanoröhre mit der Chiralität 10,10 das C240 (solche Halbkugeln können die Enden der (10,10)-Kohlenstoffnanoröhre umschließen) bräuchten einen Pyramidisierungswinkel von Θp = 9,7. Da die zur Verzerrung benötigte Energie näherungsweise proportional zu Θ2p [Haddon93] ist, muss das Fulleren etwa 10 mal soviel Verzerrungsenergie für die Pyramidisierung absorbieren wie eine Kohlenstoff- nanoröhre gleichen Durchmessers [Haddon96].

Im Bild der in hohlzylindrisches Mittelteil und halbfullerenförmige Enden zerleg- ten Kohlenstoffnanoröhre folgt aus der obigen Betrachtung, dass die Enden einer Kohlenstoffnanoröhre reaktionsfreudiger sind als ihre Seitenwände.

(20)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

2.1.5 Defekte in Kohlenstoffnanoröhren

Defekte in Kohlenstoffnanoröhren haben verschiedene Formen und Ursachen. Die wesentlichen Defekte sind in Abbildung 2.9 zu sehen.

Abbildung 2.9: Defekte in Kohlenstoffnanoröhren. (A) Kohlenstoffringe, die aus fünf oder 7 statt aus 6 C-Atomen bestehen. (B)sp3-hybridisierte Defekte wie R=H- oder OH- Gruppen.(C) Zerstörung des Kohlenstoffnetzwerkes durch Oxidation: die Struktur hat ein Loch das umrandet ist durch -COOH-Gruppen. (D)Offenes Ende der Kohlenstoffnanoröhre, abgeschlossen durch -COOH-Gruppen. Die Enden der zerstörten Kohlenstoffnetzwerke kön- nen neben -COOH-Gruppen auch durch −NO2-Moleküle, OH-Moleküle, H-Moleküe und doppelt gebundene Sauerstoffatome =O gesättigt werden. Entnommen aus [Hirsch02].

Es gibt Defekte, die darin bestehen, dass in der sonst sechsgliedrigen Ringstruk- tur aus Kohlenstoffatomen auch fünf- oder sieben Kohlenstoffatome Ringe bilden.

Dies kann durch die ursprüngliche Bildung der Kohlenstoffnanoröhre hervorgerufen sein. Solche Defekte führen wie in Abschnitt 2.1.4 erläutert zu ungesättigten Bin- dungen und somit zu einer höheren Reaktivität an diesen Defektstellen.

Die Entstehung von Defekten an ursprünglich perfekten Kohlenstoffnanoröhren kann dadurch erklärt werden, dass die Struktur der Kohlenstoffnanoröhre aufbricht, wenn sie reaktiven chemischen Substanzen ausgesetzt wird. So wird der durch Krüm- mungseffekte ungesättigten Kohlenstoffstuktur eine Sättigung angeboten [Sen00, Gorbunov02]. Allgemein sind die Enden der Kohlenstoffnanoröhren, wie in Abschnitt 2.1.4 beschrieben, reaktiver als die Seitenwände. Entsprechend sind sie auch anfälli- ger für die Entstehung von Defekten. Bei thermischer Oxidation oder bei Oxidation 16

(21)

2.1. THEORIE DER KOHLENSTOFFNANORÖHREN

durch Säure entstehen vor allem an den Enden, jedoch auch an den Seitenwänden Carboxyl-Gruppen.

Kohlenstoffnanoröhren können nur eine begrenzte Zahl an Defekten tolerieren, be- vor eine makroskopische Probe ihre elektrischen und mechanischen Eigenschaften verliert [Kataura00].

In der kovalenten Chemie der Kohlenstoffnanoröhren spielen solche Defekte eine wichtige Rolle, denn sie können als „Ankergruppen“ für Funktionalisierungen fun- gieren [Hirsch02]. Besonders die leicht herbeizuführende Oxidation von CNTs als Methode zur Generierung von Defekten stellt einen vielversprechenden Ansatz als Startpunkt für Funktionalisierungen dar. Eine intensive Betrachtung von Funktio- nalisierungen erfolgt in Kapitel 5.

(22)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

2.2 Theorie der Messmethoden und der zu erwar- tenden Effekte

In diesem Teil werden die angewandten Messmethoden vorgestellt. Dabei beschränkt sich dieses Kapitel ausschließlich auf Erläuterung der den Messmethoden zugrunde liegenden physikalischen Effekte. Die detaillierte Umsetzungen und die konkreten Messaufbauten werden in Kapitel 3 vorgestellt. Erwartungen an zu messende Effekte bezogen auf Kohlenstoffnanoröhren werden ebenfalls formuliert.

2.2.1 Theorie der Raman-Spektroskopie

Inelastische Lichtstreuung unter der Generierung verschiedener Anregungszustände in einem Festkörper wird als Raman-Effekt bezeichnet [Jorio11]. Der indische Phy- siker C. V. Raman entdeckte den Effekt 1927 und wurde dafür 1930 mit dem No- belpreis ausgezeichnet [Raman28]. Der Raman-Effekt eignet sich zur Untersuchung von Materialeigenschaften, denn über die Spektroskopie der Phononen können Infor- mationen über Bindungstypen und die elektrischen Eigenschaften der untersuchten Strukturen gewonnen werden.

Raman-Effekt

Wird ein einfallendes Photon mit der EnergieEiund einem Impulski an einer Probe gestreut, so besitzt es nach dem Raman-Streuprozess die Energie Egestreut=Ei±Eq und den Impuls kgestreut=ki±q [Jorio11].

Die der Probe durch inelastische Lichtstreuung übertragene Energie Eq kann un- terschiedliche An- oder Abregungszustände in der Probe bewirken. Die Erzeugung oder Vernichtung von Phononen gehören zu den häufigsten Anregungen.

Das Photon kann die Elektronen zum Schwingen bringen. Dabei können durch Generierung von Phononen charakteristische Vibrationen des Festkörpers ausgelöst werden. Wenn die Elektronen die Energie des einfallenden Photons durch Generie- rung eines neuen Photons emittieren, so wird dieses neue Photon, verglichen mit dem eingefallenen, entweder Energie durch die angeregten Phononen gewonnen oder verloren haben. Die Energie Eq und der Impuls ±q sind daher Energie und Impuls des durch den inelastischen Streuprozess erzeugten oder vernichteten Phonons.

Dieser inelastische Streuprozess, der Phononen absorbiert bzw. erzeugt, wird Raman- Streuung genannt.

Ein Raman-Streuprozess besteht generell aus drei Ereignissen: ein Elektron wird durch Absorption eines Photons angeregt. Danach wird das angeregte Elektron durch Absorption oder Emission von Phononen gestreut. Nach dem Streuprozess 18

(23)

2.2. THEORIE DER MESSMETHODEN UND DER ZU ERWARTENDEN EFFEKTE

(a) (b) (c)

Abbildung 2.10: (a) Elastischer Rayleigh-Streuprozess und (b) inelastische Stokes- und (c) Anti-Stokes-Streuprozesse. Die durchgezogenen Linien stellen die Energieniveaus|ai,|bi und |ci dar. ~ωi ist die Energie der einfallenden Photonen,~ωs ist die Engergie der nach dem Streuprozess emittierten Photonen. In allen oben gezeigten Streuprozessen werden durch Photonenabsorption die Elektronen auf die gestrichelt eingezeichneten virtuellen Niveaus angeregt. Die eingezeichnetenΩij bezeichnen die Energiedifferenzen zwischen den Niveaus, die das Elektron nach Rückrelaxation besetzt. Entnommen aus [Wegscheider10].

relaxiert das Elektron durch Emission eines Photons ins Valenzband. Durch Auf- nahme der Intensität des gestreuten Lichts als Funktion der Frequenzänderung des gestreuten Lichts erhält man Informationen über die Phononenenergien eines Mate- rials.

Die Raman-Streuprozesse werden entsprechend der Anzahl von Streuungen pro einfallendem Photon in Ordnungen klassifiziert, wobei als Streuungen auch elasti- sche Streuungen mitgezählt werden. Ein Raman-Prozess erster Ordnung ist also ein Streuprozess, bei dem nur ein Phonon direkt generiert wird.

Da Energie und Impuls bei der Ramanstreuung erhalten bleiben müssen und die Elektronen nach der Anregung mit einem Loch rekombinieren, beträgt der maximal mögliche Impulsaustausch zwischen einem Photon und einem Phonon bei Streupro- zessen erster Ordnung 2k. Da bei Raman-Spektroskopie mit Licht im sichtbaren Be- reich angeregt wird, ist der resultierende Phononenimpulsqfür Ein-Phononenprozesse etwa drei Größenordnungen kleiner als die Ausdehnung der Brillouin-Zone. Daher können mit Ein-Phononen-Prozessen nur Phononen aus der Zonenmitte nahe dem Γ-Punkt untersucht werden. Bei Prozessen mit mehreren Phononen bzw. der Mitbe- trachtung von Streuprozessen mit elastischen Anteilen, d.h. Streuprozessen höherer Ordnung, können auch Phononen außerhalb der Brillouin-Zonenmitte untersucht werden [Jorio11].

Bei einem inelastischen Streuprozess wird ein Photon absorbiert (Anti-Stokes- Prozess). Das nach dem Streuprozess emittierte Elektron hat eine höhere Energie als das einfallende Photon. Hat das nach dem Streuprozesse emittierte Elektron eine geringere Energie als das zuvor einfallende Photon, so wurde ein Phonon erzeugt.

Dieser Prozess wird als Stokes-Prozess bezeichnet. Diese Streu-Prozesse werden in Abbildung 2.10 veranschaulicht.

(24)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Stokes- und Anti- Stokes-Prozessen soll die folgende Betrachtung helfen: Phononen sind Quasiteilchen und werden der Gruppe der Bosonen zugeschrieben. Daher lässt sich die Besetzung der vibronischen Zustände nach der Bose-Einstein-Verteilung berechnen. Bei einer gegebenen TemperaturT ist die durchschnittliche Anzahlnder Phononen mit Ener- gie Eq gegeben durch

n= 1

exp(kEq

BT)−1. (2.5)

Da die Energie Eq des harmonischen Oszillators mit n Photonen gegeben ist durch E = Eq(n+ 12), hängt das Streuereignis, das n Phononen generiert von der Temperatur ab. Die Wahrscheinlichkeit für Stokes- und Anti-Stokes-Prozesse unter- scheidet sich, weil das System bei Stokes-Prozessen von n angeregten Phononen zu n+ 1 angeregten Phononen übergeht. Im Anti-Stokes-Prozess geschieht der umge- kehrte Übergang des Systems vonn+ 1 →nangeregten Phononen. Die Zeitumkehr- invarianz vorausgesetzt, sind die Matrixelemente für die Übergangswahrscheinlich- keiten von n → n+ 1 und n+ 1 → n gleich. Teil man die Intensitäten der durch Stokes- und Anti-Stokes-Prozesse emittierten Phononen durcheinander, erhält man

IS

IAS = n+ 1

n = exp

Eq kBT

. (2.6)

Somit existieren im Gleichgewicht mehr unbesetzte Zustände oberhalb als un- terhalb eines Zustandes. Das bedeutet, dass Stokes-Prozesse bei Raumtemperatur wahrscheinlicher sind als Anti-Stokes-Prozesse. Entsprechend haben erstere eine hö- here Intensität. Daher wird bei der Raman-Spektroskopie in der Regel das Stokes- Spektrum untersucht. Das Anti-Stokes-Spektrum ist sinnvoll zu untersuchen, wenn bewusst starke Signale wie Lumineszens umgangen werden sollen.

Innerhalb der Stokes-Prozesse gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, wie ein Photon absorbiert werden kann. Es kann passieren, dass das einfallende Photon eine sehr verschieden Energie von den in der Nähe ligenden optischen Übergängen hat.

Das Elektron wird dann nur auf einen virtuellen Zwischenzustand angeregt, bevor es einen Teil seiner Energie an Phononen abgibt und dann unter der Emission eines gegenüber dem einfallenden Photon geringerenergetischen Photons wieder in seinen Grundzustand zurückkehrt.

Die nächste Möglichkeit ist, dass die Energie eines einfallenden Photons fast ex- akt der Energie eines optischen elektronischen Übergangs entspricht. In diesem Fall repräsentiert die in Abbildung 2.10 gestrichelt gezeichnete Linie kein virtuelles, son- dern ein reelles Energieniveau. Auch hier gibt das Elektron einen Teil seiner Energie für die Phononanregung ab und emittiert ein niedrigerenergetisches Photon als das 20

(25)

2.2. THEORIE DER MESSMETHODEN UND DER ZU ERWARTENDEN EFFEKTE anfänglich einfallende.

Die dritte Möglichkeit besteht darin, dass das einfallende Photon eine etwas höhe- re Energie hat als die Energie, die für einen optischen Übergang notwendig ist. Das Elektron wird entsprechend auf dieses reelle Niveau angeregt und gibt an die Phono- nenanregung die Energiedifferenz ab, um die sich die absorbierte Energie vom reellen Niveau unterscheidet. Beim Zurückfallen des Elektrons auf den ursprünglichen Zu- stand wird so ein Photon mit einer Energie, die exakt (unter Berücksichtigung der Halbwertsbreite für Phononenanregungen) diesem optischen Übergang entspricht, emittiert.

Die beiden zuletzt beschriebenen Prozesse werden als resonante Raman-Prozesse bezeichnet. Diese resonanten Raman-Prozesse an Kohlenstoffnanoröhren haben ei- ne höhere Streueffizienz und entsprechend ein etwa 103 mal höheres Raman-Signal zufolge [Dresselhaus04].

Detektiert man das gestreute Licht, kann man Aufschluss über die vibronischen Zustände gewinnen, und von diesen Aufschluss über die Arten der vorliegenden Bindungen und Atommassen.

Da jedes Material ein charakteristisches Ensemble von Vibrationsmoden hat, eignet sich Raman-Spektroskopie zur strukturellen Untersuchung und zur Charakterisie- rung von Schwingungsmoden von Materialien.

Im nächsten Abschnitt soll auf die charakteristischen Raman-Moden von Kohlen- stoffnanoröhren eingegangen werden.

Raman-Spektroskopie an Kohlenstoffnanoröhren

Die Intensität von Raman-Übergängen ist im Falle der Resonanz um drei Größenord- nungen verstärkt [Dresselhaus04], denn aufgrund der Singularitäten der Zustands- dichte (die Singularitäten stellen besonders hohe Zustandsdichten dar) sind reso- nante Raman-Signale in Kohlenstoffnanoröhren gegenüber nicht-resonanten Signa- len etwa um den Faktor 103 verstärkt [Dresselhaus04]. Daher sind nicht-resonante Raman-Prozesse im Spektrum der Kohlenstoffnanoröhren kaum sichtbar und kön- nen vernachlässigt werden.

Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf Prozesse, bei denen die Energie des einfallenden Photons genau einem erlaubten Übergang zwischen zwei Van-Hove-Singularitäten entspricht.

Die zwei Phononenäste bei hohen Energien können der G-Mode in Graphen zu- geordnet werden. Bei Graphen kann die G-Mode bei 1582 cm−1 beobachtet werden.

In einer metallischen Kohlenstoffnanoröhre spaltet die Graphen-G-Mode in zwei Moden auf: in eine höherengergetischeG+- und eine niedrigenergetische G-Mode.

Im Falle der longitudinal-optischen Phononen (LO) schwingen die Kohlenstoffato- me parallel zur Achse der Kohlenstoffnanoröhren (G+), während sie im Falle von transversal-optischen Phononen (TO) orthogonal zur Röhrenachse schwingen (G).

(26)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Abbildung 2.11: Raman-Spektrum von Kohlenstoffnanoröhren, aufgenommen bei einer anregenden Wellenlänge von λL = 488nm. Die Spektren wurden an einem Bündel von CNTs aufgenommen. Die wesentlichen drei Bereiche, in denen ein Signal zu sehen ist, sind der Bereich (a) der Atmmungsmoden (RBMs), der Bereich (b) der Hochenergiemode (HEM) und der Bereich (c) der Obertöne von D- und G-Mode. Die Zahlen an den einzelnen Kurven des Spektrums geben an, um welchen Faktor die Kurven gegenüber der G-Mode multipliziert wurden. Entnommen aus [Thomsen07].

Aufgrund ihrer hohen Energien im Bereich von etwa 1580 cm−1 werden diese Moden auch Hochenergiemoden (HEM) genannt .

Die Phononenäste bei niedrigen Energien beschreiben die sogenannten Atmungs- moden (englisch RBMs für radial breating modes). Die Kohlenstoffnanoröhre zieht sich kohärent zusammen und weitet sich danach wieder aus, so dass Assoziationen mit einer Atmung der Nanoröhre geweckt werden (siehe Abbildung 2.12 a). Diese Atmungsmoden können ausschließlich an Kohlenstoffnanoröhren beobachtet werden und ihr Auftauchen in einem Raman-Spektrum ist daher gleichbedeutend mit dem Nachweis, dass sich auf der Probe Kohlenstoffnanoröhren befinden. Die Frequenz der Atmungsmoden ist stark vom Durchmesser der Kohlenstoffnanoröhre abhängig, sodass der Durchmesser einer CNT über die Frequenz der Atmungsmode bestimmt werden kann. Es können daher, sollten mehr als eine Kohlenstoffnanoröhre gleich- zeitig mit Raman-Spektroskopie untersucht werden, auch mehrere Atmungsmoden bei verschiedenen Frequenzen im Bereich von 100 bis 500 cm−1 zu beobachten sein.

Außer den Phononenmoden, die durch theoretische Rechnungen für Ein-Phononen- Prozesse vorhergesagt werden, können noch weitere Phononenmoden im Raman- Spektrum von Kohlenstoffnanoröhren beobachtet werden.

Bei etwa 1350 cm−1 erscheint eine Mode, die theoretisch durch ein Streuereignis von zwei involvierten Phononen mit q = 0 erklärt werden kann [Thomsen00]. Dies ist die Defektmode D, die durch die Präsenz von Defekten in Kohlenstoffstrukturen 22

(27)

2.2. THEORIE DER MESSMETHODEN UND DER ZU ERWARTENDEN EFFEKTE

(a) (b)

Abbildung 2.12: Atmungsmode (RBM) und D-Moden einer Kohlenstoffnanoröhren.

Die Pfeile deuten die Schwingungsrichtungen der Kohlenstoffatome an. Entnommen aus [Spudat10].

ermöglicht wird. Da ihre Signalstärke proportional zur Defektanzahl der Kohlen- stoffstrukturen ist, können durch ihre Beobachtung Aussagen über den Grad der Zerstörung der spektroskopierten Kohlenstoffstrukturen getroffen werden. Dies wird in Kapitel 4 angewandt.

(28)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

2.2.2 Transmissions-Elektronen-Mikroskopie (TEM)

Das Auflösungsvermögen von Mikroskopen ist durch die Wellenlänge der verwende- ten Sonden begrenzt. Da in der Lichtmikroskopie Photonen des sichtbaren Bereiches verwendet werden, kann mit ihnen eine maximale Auflösung von etwa 200 nm er- reicht werden. Die Funktionsweise eines Elektronenmikroskopes ist der eines Licht- mikroskopes ähnlich. Anstelle von Photonen werden im Elektronenmikrokop Elek- tronen als Sonden verwendet. Anstelle von Glaslinsen werden elektromagnetsiche Linsen verwendet, die den Elektronenstrahl fokussieren bzw. defokussieren. Mit Elektronenmikroskopen können aufgrund der wesentlich geringeren und von der Beschleunigungsspannung abhängigen Wellenlängen wesenlich bessere Auflösungen erreicht werden. Bei einer Beschleunigungsspannung von 100 keV liegt die Elektro- nenwellenlänge bei etwa 4 pm, die Auflösungsgrenze liegt jedoch derzeit bei etwa 50 pm. Der Begrenzungsfaktor für die Auflösung bei Elektronenmikroskopen ist nicht die Wellenlänge der Sonden, sondern die Aberration der elektronischen Bauteile [Kirkland08].

In dieser Arbeit wurden Kohlenstoffnanoröhren mit dem zweifach aberrationskorri- gierten Transmissionselektronenmikroskop „Pico“ untersucht. Dieses Mikroskop hat ebenfalls eine Auflösungsgrenze von 50 pm. In Kapitel 5 werden die TEM-Messungen an funktionalisierten Kohlenstoffnanoröhren vorgestellt.

Das erste Elektronenmikroskop (ein Transmissionselektronenmikroskop) wurde 1931 von Ernst Ruska und Max Knoll entwickelt [Knoll32].

Erst einige Jahre später, 1937, konstruierte Max von Ardenne das erste Rasterelek- tronenmikroskop zur Oberflächenuntersuchung von Proben [von Ardenne38].

Beide Methoden der Elektronenmikroskopie werden in der vorliegenden Arbeit zur Untersuchung der Struktur- und Positionsaufklärung von Kohlenstoffnanoröhren verwendet. Da Transmissionselektronenmikroskopie für diese Arbeit eine wesent- liche Charakterisierungsmethode ist, wird ihre Funktionsweise im Folgenden erläu- tert. Auf die Funktionsweise des Rasterelektronenmikroskops, welches in dieser Ar- beit hauptsächlich zu Vorcharakterisierung verwendet wird, wird in Abschnitt 3.1.2 eingegangen.

Theorie der Transmissions-Elektronen-Mikroskopie (TEM)

Bei der Charakterisierung mit dem Transmissionselektronenmikroskop befindet sich die Probe direkt hinter der Kondensor-Linse und wird mit Elektronenwellen be- strahlt. Aufgrund der Wechselwirkung der Elektronen mit dem elektrostatischen Potential der untersuchten Probe werden die Elektronen, die typischerweise eine Energie von E = 80−300keV haben, beim Durchgang durch die Probe gestreut.

Die gestreuten Elektronen enthalten die Informationen über die Stuktur der Probe.

Diese werden in der Bildebene zur Interferenz gebracht. Ein Szintillatorfilm ist über einem CCD-Detektor (englisch für charge couppled device) angebracht, um das In- 24

(29)

2.2. THEORIE DER MESSMETHODEN UND DER ZU ERWARTENDEN EFFEKTE terferenzbild aufzunehmen. Im Gegensatz zur Rasterelektronenmikroskopie werden in der Transmissionselektronenmikroskopie die gestreuten Primärelektronen detek- tiert. Das Auflösevermögen eines Transmissionselektronenmikroskops hängt unter anderem von der gewählten Beschleunigungsspannung ab. Aufgrund der höheren Beschleunigungspannungen und der folglich höheren kinetischen Energien der Elek- tronen wird, um Kohlenwasserstoff-Aufspaltungen und Absorption der Elektronen zu vermeiden, ein höheres Vakuum benötigt als beim Betrieb eines Rasterelektro- nenmikroskops. Ein Vakuum von ≤10−8 mbar ist notwendig [Spudat10].

Da die Probe in der Transmissionselektronenmikroskopie nicht notwendigerweise abgerastert wird wie in der Rasterelektronenmikroskopie, ist das Auflösungsvermö- gen eines Transmissionselektronenmikroskopes theoretisch nur durch die de Broglie Wellenlänge der Elektronen

λe= h

q

2m0E(1 + 2mE

0c2)

(2.7)

beschränkt. In der Praxis ist das Auflösevermögen durch Abberationseffekte be- grenzt. Die Abberationseffekte können aufgeteilt werden in geometrische und chro- matische Abberation. Chromatische Abberation entsteht aufgrund der energieab- hängigen Elektronenbrechung in einem magnetischen Feld. Diesem Effekt kann durch den Einbau von Energiefiltern entgegengewirkt werden, so dass die Energievertei- lung der Elektronen monochromatisch ist. Geometrische Abberation entsteht durch Beugung an den Blenden [Spudat10]. Geometrische und sphärische Abberation kann durch den Einbau zusätzlicher Linsen abgemildert werden.

Abbildung 2.13: Schematischer Aufbau eines Transmissions-Elektronenmikroskopes.

Entnommen aus [Spudat10].

(30)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Betriebsmodi des Transmissionselektronenmikroskopes

Es gibt unterschiedliche Modi, in denen ein Transmissionselektronenmikroskop be- trieben werden kann. Im Ruhebildmodus betrieben wird ein Objektbereich mit ei- nem breiten, feststehenden Elektronenstrahl belichtet. Die Elektronen werden ge- streut und verlieren Energie. Dieser Modus wird beispielsweise in der analytischen Elektronenmikroskopie verwendet, um durch Detektion energiegefilterter Elektro- nen Aufschluss über die im untersuchten Probenbereich vorkommenden Elemente zu geben (siehe dazu Abschnitt 2.2.3).

Ein Transmissionselektronenmikroskop kann jedoch auch nach der Rastermetho- de betrieben werden (STEM-Modus für englisch scanning TEM). Dabei wird der Elektronenstrahl auf einer Probe fokussiert. Ein Ausschnitt dieser Probe wird dann zeilenweise abgerastert. Die transmittierten Elektronen werden nach dem Winkelbe- reich unterschieden, in den sie aufgrund ihres Durchgangs durch die Probe gestreut werden. In Anlehnung an die Lichtmikorskopie wird auch hier zwischen Hellfeld- (BF für englisch bright field) und Dunkelfeldelektronen (DF für englisch dark field) unterschieden. Die Hellfeld-Detektoren liegen auf der optischen Achse des Mikro- skops und erfassen nur in sehr kleine Winkel oder gar nicht gestreute Elektronen [Urban07].

Die Dunkelfelddetektoren sind hingegen meist konzentrisch um die optische Achse angeordnet, weshalb sie auch als anulare Dunkelfelddetektoren bezeichnet werden.

Solche Detektoren werden für HAADF-Aufnahmen (Abkürzung aus dem Englischen fürhigh angle annular dark field) eingesetzt [Houben07]. Bei im HAADF aufgenom- menen Aufnahmen ist es oft möglich, unterschiedliche chemische Elemente der Probe anhand der Signalintensität zu erkennen, da diese im entsprechenden Winkelbereich nahezu mit Z2 skaliert, wobei Z die Kernladungszahl bezeichnet [Houben07]. Zur Veranschaulichung der Unterschiede der in verschiedenen Betriebsmodi erhaltenen Aufnahmen zeigt Abbildung 2.14 eine HAADF- und eine Hellfeldaufnahme von funk- tionalisierten Kohlenstoffnanoröhren.

2.2.3 Analytische Transmissions-Elektronenmikroskopie

Zusätzlich zur Strukturaufklärung durch Bildgebung sind mit Transmissionselektro- nenmikroskopen auch elementselektive Messungen möglich. Somit kann analysiert werden, welche Elemente sich wo auf der Probe befinden. Die in dieser Arbeit ver- wendeten Verfahren werden im Folgenden kurz erläutert.

Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS)

Die Elektronenenergieverlustspektroskopie (englisch electron energy loss spectros- copy, Abkürzung EELS) wird in der Transmissionselektronenmikroskopie zur stö- chiometrischen und elektronischen Charakterisierung von anorganischen und orga- nischen Strukturen eingesetzt.

26

(31)

2.2. THEORIE DER MESSMETHODEN UND DER ZU ERWARTENDEN EFFEKTE

(a) (b)

Abbildung 2.14: (a) Hellfeldaufnahme einer funktionalisierten CNT im Ruhebildmodus.

Einige der abgebildeten Kohlenstoffnanoröhren weisen eine große Zahl an Defekten auf.

Auf vielen CNTs sind Anlagerungen zu sehen, die durch den Funktionalisierungsprozess mit {Mn4} auf die Probe gelangen. (b) In der HAADF-Aufnahme wird durch die hohe Intensität einer Stelle auf der Probe das Vorhandensein eines Elements mit höherer Kern- ladungszahl Z (in diesem Fall Mangan) angedeutet.

Dazu wird eine Probe mit monoenergetischen Elektronen bestrahlt [Isaacson75]. Je nach der Stelle, an der diese Elektronen die Probe transmittieren, treffen sie auf Ato- me unterschiedlicher Elemente und werden unter Anregung der Elektronen dieser Atome gestreut (siehe Abbildung 2.15).

Die zum Anregen der Elektronen eines Proben-Atoms notwendige Energie ist charakteristisch für das jeweils vorliegende Element. Da die gestreuten Elektronen verglichen mit ihrer klar definierten Anfangsenergie nach der Streuung eine um den zur Anregung des Probenatoms geringere Energie haben (abgesehen von den ne- benher angeregten Phononen- und Plasmonenanregungen in der Probe), gibt eine energiesensitive Detektion der gestreuten Elektronen Aufschluss über die Elemente, die in der Probe vorliegen.

Es gibt zwei generelle Möglichkeiten, durch EELS mit einem Transmissionselek- tronenmikroskop die Elementzusammensetzung einer Probe zu untersuchen. Beide Methoden wurden in dieser Arbeit verwendet. Die eine ist, den interessanten Bereich der Probe Linie für Linie mit dem monoenergetischen Elektronenstrahl abzurastern:

Punkt für Punkt wird ein Spektrum aufgenommen. Diese Methode wird innerhalb des STEM-Betriebsmodus durchgeführt [Berger94]. Die zweite Möglichkeit besteht darin, komplette Aufnahmen eines Bereichs der Probe bei klar definierten Energien zu machen [Egerton96]. Für diese Technik wird das Mikroskop im Ruhebildmodus betrieben. Es wird ein bildgebender Energiefilter benötigt, der in der Lage ist, einen

(32)

KAPITEL 2. THEORETISCHER HINTERGRUND

Abbildung 2.15: Streuung eines Elektrons an einem Elektron der K-Schale in einem Kohlenstoffatom. Das einfallende Elektron erleidet einen Energieverlust. Der Energiever- lust des einfallenden Elektrons beträgt ∆E und eine restliche kinetische Energie δE, die durch Anregung des Probenmaterials auf vielfältige Weise (z.B. Phononen- oder Plasmo- nenanregung) absorbiert wird. Entnommen aus [Urban07].

vorgefilterten Energieverlust auszuwählen, ohne dabei die bildgebenden Eigenschaf- ten des Mikroskopes zu behindern [Berger94]. Diese Methode wird im folgenden Abschnitt 2.2.3 näher erläutert.

Energiegefilterte Transmissionselektronenmikroskopie (EF-TEM)

Bei energiegefilterter Transmissionselektronenmikroskopie (englisch EF-TEM füren- ergy-filtered TEM) wird eine Serie von energiegefilterten TEM-Bildern aufgenom- men [Urban07]. Für jede der TEM-Aufnahmen werden nur Elektronen mit bestimm- ten Energien zur Bilderzeugung zugelassen. Um ein gesuchtes Element nachzuweisen, sollte eine dieser zugelassenen Energien genau der Ionisationsenergie des gesuchten Elementes entsprechen.

Bei insgesamt drei Aufnahmen werden als weitere zugelassene Energien Werte ober- halb und unterhalb der Ionisationsenergie des gesuchten Elements gewählt [Berger94].

Die Spektren unterhalb der Ionisationskanten werden verwendet, um über das Po- tenzgesetz den Hintergrund des untersuchten Bereiches zu bestimmen. Durch Sub- traktion dieses Hintergrundwertes von der Aufnahme, die exakt bei der Energie der Ionisationskante aufgenommen wurde, erhält man ein Bild der Elementverteilung des gesuchten Elements. Beim Abziehen beider Bilder voneinander erscheinen die Stellen hell, an denen das nachzuweisende Element vorhanden ist.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, zwei EF-Aufnahmen zu machen: eine unter- halb, die andere oberhalb der der Ionisationskante.

Falls eine quasi-kontinuierliche Serie von energiegefilterten Aufnahmen gemacht wird, handelt es sich um energiespektroskopische Bildgebung (ESI für englisch energy- spectroscopic imaging) [Urban07]. Mit dieser Methode wird in Kapitel 5 eine Probe mit funktionalisierten Kohlenstoffnanoröhren charakterisiert.

28

(33)

2.2. THEORIE DER MESSMETHODEN UND DER ZU ERWARTENDEN EFFEKTE Energiedispersive Röntgenspekroskopie (EDX)

Bei der Analyse einer Probe mit energiedispersiver Röntgensprektroskopie (EDX für englisch energy dispersive x-ray) werden Atome der Probe durch einen Strahl von Elektronen einheitlicher Energie angeregt. Die angeregten Atome senden die für ihr Element bzw. für den Übergang charakteristische Röntgenstrahlung aus. Ein Detek- tor misst die Energie jedes eintreffenden Röntgenquants, welches von den angeregten Atomen emittiert wurde.

Die Signalintensität wird in Abhängigkeit der Energie der Röntgenquanten aufge- tragen. Im Spektrum sind die elementspezifischen Peaks und die Bremsstrahlung als Untergrund zu sehen.

Wenn der EDX-Detektor mit einem Transmissionselektronenmikroskop betrieben wird, können hohe örtliche Auflösungen erreicht werden. Der Elektronenstrahl kann sich im Volumen kaum ausbreiten, da die TEM-Proben sehr dünn präpariert sind.

Ist der Strahl entsprechend fokussiert und die Probe hinreichend dünn, so ist der Durchmesser des Elektronenstrahls ≤ 1nm. Entsprechend werden primäre Rönt- genstrahlen aus einem Raumvolumen von etwa 1nm3 emittiert. Deshalb kann die Elementanalyse eine Auflösung von bis zu 1 nm haben. Die Ortsauflösung kann sich verschlechtern, wenn die Probe so dick ist, dass weitere Elektronenstreuung ermög- licht wird oder wenn Röntgenfluoreszens, also Röntgensekundäranregungen vorliegen [Spudat10].

Eine der in Kapitel 5 vorgestellten Proben wurde unter anderem mit der EDX- Methode elementselektiv charakterisiert.

(34)
(35)

3 Probenherstellung und Messaufbau

Dieses Kapitel besteht aus zwei Unterkapiteln: Im ersten Teil werden die Herstellung der in dieser Arbeit vorgestellten Proben sowie die dazu notwendigen Verfahren dargestellt. Der zweite Teil beschreibt die Messinstrumente und gegebenenfalls ihre Besonderheiten, mit denen die in Kapitel 4 und 5 präsentierten Daten aufgenommen wurden.

3.1 Probenherstellung

Im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit wurden sehr verschiedene Proben mit Kohlenstoffnanoröhren hergestellt. Abgesehen von den explizit erwähnten, nicht ei- gens im Labor hergestellten Proben1 wurden alle später untersuchten Proben im CVD-Verfahren mit Kohlenstoffnanoröhren bewachsen. Daher wird im ersten Teil dieses Kapitels das Wachsen von Kohlenstoffnanoröhren im CVD-Verfahren vorge- stellt.

Da zur Durchführung von Transportmessungen auch Proben mit isoliert liegenden Kohlenstoffnanoröhren in dieser Arbeit kontaktiert wurden, war ein Lithographiever- fahren notwendig, dass die Implementierung der Kontaktstrukturen mit einer Prä- zision von einigen zehn Nanometern ermöglicht. Daher war es notwendig, auf Elek- tronenstrahllithographie zurückzugreifen. Auch Markerstrukturen, die eine genaue Lokalisierung der Kohlenstoffnanoröhren auf der Probe ermöglichen sowie die De- positionsstellen der für das Wachsen der Kohlenstoffnanoröhren im CVD-Verfahren notwendigen Katalysatorpartikel wurden durch Elektronenstrahllithographie imple- mentiert. Daher ist der Strukturierung von Proben mittels Elektronenstrahllitho- graphie der zweite Abschnitt diese Kapitels gewidmet.

Nach dem Wachstum der Kohlenstoffnanoröhren - unabhängig davon, ob diese ein- zeln auf vorstrukturierten Proben oder ohne definierte Katalysatordeposition ge- wachsen wurden - werden die Proben zur weiteren Bearbeitung oder als Voruntersu- chung zur Charakterisierung durch Rasterkraft- oder Rasterelektronenmikroskopie untersucht. Diese beiden Mikroskopiemethoden werden in Abschnitt 3.1.2 vorge-

1In Kapitel 5 werden die Charakterisierung kommmerzieller oxidierter und funktionalisierter Kohlenstoffnanoröhren vorgestellt.

(36)

KAPITEL 3. PROBENFABRIKATION

stellt.

Als Abschluss des Teilkapitels Probenherstellung wird die Herstellung der in Kapitel 4 und 5 vorgestellten Proben für jeden Probentyp kurz zusammmengefasst.

3.1.1 Verfahren zur Probenherstellung

Chemische Gasphasenabscheidung

Bei der chemischen Gasphasenabscheidung (englischchemical vapor deposition, kurz CVD) wird ein heißes Gasgemisch über die mit metallischen Katalysatorpartikeln versehene Probe geleitet. Als Katalysatoren werden meist Übergangsmetalle wie Eisen, Nickel, Cobalt und Molybdän verwendet [Goss11]. Die Katalysatorpartikel werden in organischen Lösungsmitteln auf das Substrat aufgebracht, auf dem Koh- lenstoffnanoröhren gewachsen werden sollen. Gase, die sich als Kohlenstoffquelle zum Wachsen von einwandigen Kohlenstoffnanoröhren eignen, sind Methan (CH4), Acetylen (C2H2), Ethylen (C2H4), Ethan (C2H6), Kohlenstoffmonoxid (CO), Benzen und Toluen [Moisala03].

Durch Erhitzen der Gase auf Temperaturen > 800 °C fangen die Bindungen in den organischen Gasen an aufzubrechen. So steht elementarer Kohlenstoff zur Verfügung.

Die Kohlenstoffatome kondensieren an den Katalysatorpartikeln, wodurch sich Gra- phenschichten auf den zuvor auf das Substrat aufgebrachten Katalysatorpartikeln bilden [Kanzow99]. Auf den Katalysatorpartikeln entstehen so Hemisphären, die die Endkappe der Kohlenstoffnanoröhre bilden. Daher ist die Größe der Katalysatorpar- tikel entscheidend für den Durchmesser der so gewachsenen Kohlenstoffnanoröhren (vergleiche Abbildung 3.1). Da sich während des Wachstumsprozesses weitere Koh- lenstoffatome am Katalysatorpartikel anlagern und die schon entstandene Kappe weiter nach vorne schieben, wächst eine Kohlenstoffnanoröhre mit geschlossenem Ende vom Katalysatorpartikel weg [Seidel04].

Abbildung 3.1: Chemische Gasphasenabscheidung. Entnommen aus [Seidel04].

Die Eigenschaften der Kohlenstoffnanoröhren können durch die Wahl der Wachs- tumsparameter beeinflusst werden. So ist der Durchmesser und die Entstehung von 32

(37)

3.1. PROBENHERSTELLUNG

einwandigen oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren stark von der Wachstum- stemperatur abhängig [Bandow98].

In dieser Arbeit verwendete Parameter

Die für diese Arbeit hergestellten Proben wurden nach dem von [Kong98] entwickel- ten Verfahren mit einem Katalysator gewachsen, der in 30 ml Methanol suspendiert wurde. Die gelösten Bestandteile sind etwa 30 mg Al2O3, 40 mg Fe(NO3)2 und ca.

9 mg Mo2O2. Die Substrate wurden mit der Katalysatorlösung beträufelt, mit der Stickstoffpistole abgelasen und anschließend für 10 Minuten in einen etwa 150°C heißen Ofen gegeben, um die Methanol-Rückstände zu verdampfen. Danach wurden die Proben in eine Glasröhre gelegt, welche von einem Ofen umschlossen wird und durch die Gase geleitet werden können. In Abbildung 3.2 ist der typische Verlauf des Gasflusses beim in dieser Arbeit verwendeten CVD-Prozess dargestllt. Während des Aufheizens des Ofens wurde ein Argon-Fluss (1,5 slm) durch die Glasröhre über die Probe geleitet. Nach Erreichen der gewünschten Wachstumstemperatur von et- wa 860°C2wurde der Argon-Fluss abgeschaltet und stattdessen ein Fluss aus 0,7 slm Wasserstoff und 0,52 slm Methan während einer Zeit von 10 Minuten über die Probe geleitet (siehe Diagramm in Abbildung 3.2). Nach 10 Minuten Wachstum wurde der Wasserstoff-Methan-Fluss abgestellt und der Ofen unter kontinuierlichem Argon- Fluss (zur Verhinderung einer Oxidation der neu gewachsenen CNTs) abgekühlt.

1.5

1.0

0.5

0.0

Gasfluss (l/min)

Zeit 10 min

Argon Methan Wasserstoff 1.5 l/min

0.52 l/min 0.7 l/min

Abbildung 3.2: CVD-Prozess für die hergestellten Proben.

2Die Wachstumstemperatur wird mit 860 °C relativ gering gewählt, da das Wachstum von ein- wandigen Kohlenstoffnanoröhren erwünscht ist.

(38)

KAPITEL 3. PROBENFABRIKATION

Strukturierung von Proben mittles Elektronenstrahllithographie

Um einzelne Kohlenstoffnanoröhren im Transport charakterisieren zu können, ist es notwendig, das Substrat zum Wiederfinden der CNTs zu strukturieren und Kon- taktstrukturen auf der Probe zu implementieren. Die Kontaktstrukturen sollten mit einer Präzision in der Größenordnung von einigen 10 nm aufgebracht werden können, damit die Kontakte die zu kontaktierende Kohlenstoffnanoröhre nicht verfehlen. Op- tische Lithographie wäre zu grob, um solche feinen Strukturen zu implementieren.

Elektronenstrahllithographie hingegen hat eine Auflösung bis hin zu 10 nm [Vieu00]

und eignet sich daher zum Schreiben der benötigten Strukturen.

Abbildung 3.3 verdeutlich den Prozess der Elektronenstrahllithographie. Die zu strukturierende Probe muss dazu mit einem Elektronenstrahllack belackt werden.

Als Elektronenstrahllack wird in der Regel Polymethylmethacrylat (PMMA) ver- wendet.

Wenn der Elektronenstrahl auf das PMMA trifft, verändert sich die Struktur des PMMA und lässt sogenanntes cross-linked PMMA entstehen [Teh03]. Dieses cross- linked PMMA ist in einem Entwickler löslich, das unversehrte PMMA ist im Ent- wickler hingegen beständig. Es kommt sehr genau auf die Länge der Zeit an, die

Abbildung 3.3: Schematische Darstellung der Funktionsweise von Elektronenstrahllitho- graphie. Nach [Kishimoto11].

der belichtete Lack dem Entwickler aussetzt wird. Wird zu lange entwickelt, so werden auch benachbarte Bereiche der vom Elektronenstrahl belichteten Struktur entwickelt. Die von PMMA befreiten Strukturen sind dann zu groß. Bei zu kurzen Entwicklungszeiten verbleibt PMMA auf der Probe, was in darauf folgenden Pro- zessschritten hinderlich sein kann. Die Wahl der Entwicklungszeiten hängt daher von der Größe der geschriebenen Strukturen, der Dosis, mit der der Elektronenstrahl die Probe beschrieben hat sowie vom jeweils verwendeten PMMA ab.

In dieser Arbeit verwendete Parameter

In dieser Arbeit wurde Elektronenstrahllithographie zum Schreiben von Marker- strukturen, von Strukturen zum Freiätzen für TEM-Experimente, von Katalysa- tordepositionsstellen und zum Schreiben von Kontakten verwendet. Die genauen Parameter, mit denen der Elektronenstrahl die Strukturen in den Lack schrieb bzw.

welcher PMMA-Lack verwendet wurde, wird zu jeder hergestellten Probe einzeln in Tabellen im Anhang dieser Arbeit aufgelistet.

34

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Drei Blitzgeräte sind in der Regel voll ausreichend, aber auch mit zwei Gerä- ten läßt sich schon eine gu- te Ausleuchtung errei- chen. Anschrift

Bereits am nächsten oder übernächsten Tag hat sich die Ente in einer weite- ren Zeichnung nicht unwe- sentlich verändert: Ihre Beine sind wie bei einem Vierfüßler weit

Für ein Shooting mit Bewegung (Personen, Tiere oder Gegenstände in Bewegung) muss die doppelte Zeit (x2) für die Aufnahmen gerech- net werden.. Wenn die Aufnahmen draussen

Die Quaderflächen sind gekrönch, ge- nau wie an den „Partherbauten“ in Assur, die auch das gleiche Material, den gelben Kalksandstein, in Mosul Hellän genannt, be- vorzugen. Er ist

punkten entnommen we rde n können.. Um sich jedoch von wi llkür · liehen Annahmen tunlichst unabhängig zu machen , sind den Diagrammen nur solche mittlere Fehler,

Symptomatische Behandlung der Obstipation, die durch schlackenreiche Kost und andere Maßnahmen nicht beein- flußt werden kann, sowie einer hepatischen Enzephalopa-

Die Zielsetzung dieser Arbeit, Mikroverkalkungen in Mammographiebildern zu erken- nen, kann vereinfacht betrachtet als die Aufgabe aufgefasst werden, für jedes Bild aus einer Menge

Sehr grosse Lawine Überwindet flachere Ge- ländeteile (deutlich unter 30°) über eine Distanz von mehr als 50 m.. Kann grössere Gebäude und kleine Waldflächen