Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Hilfe für die Dritte Welt
Kopf der Bevölkerung (12 Dollar, wenn bereits eine Infrastruktur vorlag).
Planung:
Meist wird zentral ge- plant, lokale Besonderheiten kom- men dabei zu kurz; vor einer De- zentralisierung der Entscheidun- gen scheuen die Zentralen aber zurück.
Kroeger lehnt die Idee des Basis- gesundheitsdienstes indes nicht ab; ihm geht es darum, von der offiziellen Euphorie zur Realität zurückzufinden: „Am Konzept zweifele ich nicht, aber ich be- zweifele, ob es irgendwo in der Welt existiert."
Leid und Freud
mit der angepaßten Technologie
So wie die Basisdienste von der Idee her einleuchten, so auch die Forderung nach angepaßter Tech- nologie. Dr. med. Ruediger Finger, der als Chirurg in einem Entwick- lungsland arbeitete, ist überzeugt davon, daß mit geringem techni- schen Aufwand medizinisch be- friedigende Ergebnisse möglich sind.
Angepaßte Technologie heißt für ihn:
> minimaler Kapitalaufwand, I> Verwendung örtlicher Materia- lien,
• Heranziehen örtlicher Arbeits- kräfte,
I> verständliche Technik,
• Wartung ohne hohen Ausbil- dungsstand,
> geeignet für gemeinsame Ar- beit im Dorf,
> dezentrale, erneuerbare Ener- giequellen,
> keine Patentbindung,
> Respektierung von sozialen Bedingungen (Tabus!).
Finger hat selbst mit Erfolg einfa- che Vorrichtungen für OP und
Entwicklungshilfe mit dem Roten Kreuz
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) arbeitet zwar schon seit vielen Jahren in Entwicklungsländern, denken wir nur an das erste große Auslandsprojekt nach dem Kriege, das DRK-Hospital in Pusan (Korea). Es ist aber keine ausgespro- chene Entwicklungshilfe-Organisation. Erst seit 1969 betätigt es sich zielstre- big in der Entwicklungshilfe, vor allem der medizinischen. Es führt seine Projekte stets zusammen mit den nationalen Rot-Kreuz-Gesellschaften durch.
Bei Entwicklungshilfe in diesem Sinne geht es immer um Hilfe zur Selbsthilfe, die Projekte sollen durchweg nach einer Aufbauphase von den örtlichen Trägern selbst übernommen werden, die deutschen Entwicklungshelfer sich mithin überflüssig machen. Ziel der medizinischen Entwicklungshilfe ist es, die Versorgungsstrukturen zu verbessern, was freilich keineswegs ausschließt, daß die entsandten Ärzte auch aktiv therapeutisch arbeiten. Der Arzt als Organisator des Gesundheitswesens und bloßer Ratgeber des einheimischen Partners — dieser entwicklungspolitische Wunsch scheitert nur zu oft an den bedrückenden Realitäten.
Humanitäre Hilfe im Krieg, Katastrophenhilfe und Entwicklungshilfe lassen sich im übrigen nicht säuberlich trennen. Manche Entwicklungsprojekte sind unmittelbar aus der Katastrophenhilfe hervorgegangen. Das gilt zum Beispiel für eine DRK-Spezialität, die Rehabilitation von Krankenhäusern, worunter Instandsetzung und In-Gang-Bringen von Krankenhäusern verstanden wird, die etwa wegen eines Erdbebens oder infolge eines Krieges zu verrotten drohen. Das DRK arbeitet hier in Jugoslawien, Italien, Somalia, Uganda und Kampouchea.
Die betreffenden Länder nutzen die organisatorischen Erfahrungen der Rot- Kreuz-Organisationen; auch der Ruf, weltanschaulich neutral zu sein, dürfte bei der Projektvergabe eine Rolle spielen.
Bei den bisher gelaufenen Entwicklungsprojekten hat auch das DRK auf die Säule seiner organisatorischen Erfahrungen gebaut. So hat es seit 1978 in Marokko, Senegal, Benin und Togo insgesamt 141 Medico-Sozial-Stationen ausgerüstet. Das sind Einrichtungen für die Basisgesundheitsversorgung. An ein großes Projekt, den Aufbau eines flächendeckenden Basisgesundheits- dienstes, machen sich die deutschen Rot-Kreuzler soeben erstmals heran: in Sri Lanka.
Auf einem Seminar über Entwicklungshilfe, geleitet vom Bundesarzt der DRK, Dr. Eberhard Daerr, wurde deutlich, daß man sich auf diesem Gebiet zwar weiter engagieren, sich aber nicht übernehmen will. Die eigenen Erfahrungen sollen selbstkritisch bewertet und die anderer Organisationen genutzt werden.
Das führte auf dem Seminar zu einer unvoreingenommenen Bilanz des Kon- zeptes der Basisgesundheitsdienste (dazu der Artikel auf diesen Seiten).
Eine frühere selbstkritische Prüfung hatte dem Blutspendewesen in Entwick- lungsländern gegolten, auch das ein Arbeitsfeld, auf dem das DRK zweifellos besondere Erfahrungen mitbringt und dem es sich lange bevorzugt gewidmet hat. Selbstverständlich hätte ein gut funktionierendes Blutspendewesen auch für Entwicklungsländer seine Vorteile. Andererseits verlangt es erhebliche Investitionen in die Infrastruktur (Kühlkette, schnelle Transportmöglichkeiten, Funk- oder Telefonnetz).
Schon 1979 hatte daher DRK-Arzt Daerr auf die begrenzten finanziellen und personellen Möglichkeiten in den Entwicklungsländern hingewiesen. Da könne kein „sowohl — als auch", sondern nur ein „entweder — oder" gelten. Es sei wohl kaum zu rechtfertigen bei einem Verhältnis von 1 Arzt auf 40 000 Einwohner, einen von diesen ohnehin zu wenigen Ärzten mit der Leitung eines Blutspendedienstes zu beauftragen, anstatt ihn auf einem Gebiet einzusetzen, auf dem er einer weit größeren Zahl von Kranken helfen könnte.
Das DRK hat zwar das Blutspendewesen als einen Schwerpunkt seiner Ent- wicklungsarbeit beibehalten. Es rückte aber an die zweite Stelle; statt dessen
sind die Basisprojekte nach vorn gerückt. NJ