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er in erster Lesung in den Bundestag eingebrachte„Gesetzentwurf zur Organisa- tionsstruktur der Telematik im Gesundheitswesen“ der Frak- tionen von SPD und Grünen ist bei den Spitzenverbänden
der Krankenkassen auf schar- fe Kritik gestoßen. Sie halten es „für völlig inakzeptabel“, dass sie die Kosten für den Forschungs- und Entwick- lungsauftrag, den das Bun- desministerium für Gesund- heit und Soziale Sicherung (BMGS) an die Fraunhofer- Gesellschaft vergeben hat, im Nachhinein überneh- men sollen. Allein die Entwicklung der technischen Lösungs- architektur der elek- tronischen Gesund- heitskarte, an der mehrere Fraunhofer- Institute zurzeit ar- beiten, wird mehr als zwei Millionen Euro kosten. Noch pro- blematischer ist aus Sicht der Kassen ein Passus, wonach die von der Selbstverwal- tung gegründete Betriebsge- sellschaft gematik auch künf- tig für Forschungs- und Ent- wicklungsprojekte aufkom- men soll, die das BMGS be- auftragt. Damit werde die Re- gelungs- und Entscheidungs-
kompetenz der gematik syste- matisch untergraben, heißt es vonseiten der Spitzenverbän- de. Auch bestehe die Gefahr, dass an dem Projekt parallel gearbeitet werde. So hat das BMGS zwischenzeitlich einen weiteren Forschungsauftrag zur Lösungsarchitektur an die Technische Universität Wien vergeben, um das Projekt zu beschleunigen.
Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass das BMGS sämtliche Beschlüsse der ge- matik prüft und innerhalb ei- nes Monats beanstanden kann. Bei datenschutzrechtli- chen Fragen muss der Bun- desdatenschutzbeauftragte hinzugezogen werden. Die Spitzenverbände halten die Wartezeit von einem Monat aufgrund des gesetzlich vor-
gegebenen engen Zeitplans für nicht tragbar. Dadurch würde das Ziel einer besseren Handlungs- und Entschei- dungsfähigkeit verfehlt, heißt es. Bislang kann das Ministe- rium die Vereinbarungen ins- gesamt genehmigen, nicht aber einzelne Beschlüsse.
Kommen Beschlüsse nicht oder nicht fristgerecht zustan- de, kann das BMGS nach dem Gesetzentwurf Inhalte der Telematikstruktur durch eine Ersatzvornahme festlegen.
Der Zeitplan für das ge- plante Gesetz ist denkbar knapp: Am 7. März 2005 soll eine Anhörung stattfinden, und am 18. März sollen die zweite und dritte Lesung im Bundestag folgen. Außerdem muss der Bundesrat dem Ge- setz noch zustimmen. KBr A K T U E L L
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A542 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 94. März 2005
Der Zeitplan zur Einführung der elektroni- schen Gesundheitskarte ist knapp.
Ethik
Eindeutig, aber unverbindlich
UN-Ausschuss empfiehlt weltweites Verbot menschlichen Klonens.
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er Rechtssausschuss der Vereinten Nationen hat sich nach vierjähriger Bera- tung am 18. Februar für ein weltweites Verbot menschli- chen Klonens ausgespro- chen. Sowohl das reproduk- tive als auch das therapeuti- sche Klonen soll untersagt werden. Die nicht bindende Empfehlung wird nun der UN-Vollversammlung zur Abstimmung vorgelegt.Einige Staaten kündigten bereits an, sich nicht an die Empfehlung halten zu woll- nen. Der britische UN-Bot-
schafter Emyr Jones Parry sagte, in seinem Land werde das Klonen zu medizinischen Zwecken weiterhin erlaubt.
Die Bundesregierung zeig- te sich enttäuscht über den Ausgang der Beratungen des UN-Rechtsausschusses. Eine rechtsverbindliche Resoluti- on wäre wünschenswert ge- wesen, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Dr. med. Peter Liese, EU- Parlamentarier und Vorsit- zender der Arbeitsgruppe Bioethik der Fraktion der Europäischen Volkspartei und europäischer Demo- kraten, wertete das Votum hingegen als Erfolg und gleichzeitig als Signal für Deutschland und Europa.
Jede Form menschlichen Klonens müsse verboten werden. Eine Unterschei- dung zwischen reprodukti- vem und therapeutischem Klonen hält Liese für nicht
praktikabel. BH
Patientenberatung
Mangel an Transparenz
Kassen berichten über Modellvorhaben.
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ie unabhängige Verbrau- cher- und Patienteninfor- mation ist noch nicht ausrei- chend transparent. Dieses Fa- zit zogen die Spitzenverbände der Krankenkassen in ihrem Abschlussbericht zum Modellvorhaben „För- derung von Einrich- tungen zur Verbrau- cher- und Patientenbe- ratung“. Da der Bedarf an Beratung und Infor- mation erheblich ge- stiegen sei, müssten Doppel- und Mehr- fachangebote vermie- den werden, lautete das Ergebnis des von den Spitzenverbänden beauftragten Wissen- schaftlerteams der Universitäten Bielefeld und Hannover. Um prüfen zu kön- nen, ob angesichts der vielfäl- tigen Beratungsangebote von gesetzlichen Krankenkassen, Ärzten und Selbsthilfegrup- pen überhaupt weiterer Be-darf besteht, forderten die Kassen mehr öffentliche For- schung und Vergleiche mit an- deren Ländern.
Die Evaluation der Mo- dellprojekte geht auf eine Re- gelung im Rahmen der Ge- sundheitsreform 2000 zurück.
Hiernach sollen die Kranken- kassen unabhängige Einrich- tungen zur Patienten- und Verbraucherberatung jähr- lich mit mehr als fünf Millio- nen Euro fördern und die- se Modellvorhaben wissen- schaftlich begleiten.
Der Abschlussbericht der Kassen ist unter www.gkv.info abrufbar. Interessierte kön- nen sich darüber hinaus unter www.lernen-vom-besten.de über weitere Modellprojekte
informieren. MM
Gesetzentwurf
Streit um Geld und Einfluss
Krankenkassen kritisieren Gesetzesvorhaben der Regierung zur Telematik.
Patientenberatung: Doppel- und Mehr- fachangebote sollen vermieden werden
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