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A1358 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005
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ergänzte den Katalog offener Fragen um die technische Problematik der Telematikumsetzung („Was passiert, wenn 120 000 Praxen ans Netz gehen?“) und die Frage nach der strukturellen Veränderung der Arzt-Patient-Bezie- hung und der Wahrung ihres Vertrau- ensverhältnisses. „Wir werden durch- sichtig für Politik und Kassen“, warnte er. „Wenn Daten gesammelt werden, entstehen sofort Begehrlichkeiten“, gab auch Dr. med. Detlef Lorenzen, Baden- Württemberg, zu bedenken.
„In unheimlich knapper Zeit soll ein so umfassendes System eingeführt wer- den, wie es das noch nie gegeben hat“, meinte Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Scholz, Hessen. Im Hinblick auf die Da- tensicherheit forderte er, dass eine defi- nierte praktische Lernphase unbedingt erforderlich sei.Auf Haftungsfragen („Je- des System ist knackbar“) und Probleme der praktischen Handhabung von eGK und elektronischem Arztausweis wies Dr. med. Christian Pfeiffer, Bayern, hin:
„Wie soll die digitale Signatur zum Bei- spiel für das elektronische Rezept funk- tionieren? Welche Folgekosten werden dadurch in den Arztpraxen entstehen?“
Neben vielen kritischen Stimmen zur Telematik gab es auch Vorschläge zur Funktionserweiterung der eGK. Dr. med.
Eduard Gilliar, Bayern, regte an, bei der Ausgabe der Gesundheitskarte die Mög- lichkeit einer Willenserklärung zur Or- ganspende auf freiwilliger Basis zu prü- fen. Ein weiterer Vorschlag betraf die Möglichkeit, einen Hinweis auf eine vor- liegende Patientenverfügung auf der Ge- sundheitskarte vorzusehen. Beide Anträ- ge wurden mit großer Mehrheit ange- nommen.
Auch wenn sich die ehrgeizigen Zeitpläne des Bundesgesundheitsmini- steriums, ab 2006 mit der flächen- deckenden Einführung der eGK zu be- ginnen, möglicherweise nicht verwirkli-
chen ließen – spätestens 2008 werde die Karte Realität im deutschen Gesund- heitswesen sein, prophezeite Flenker in seinem Schlusswort. Die Ärzte hätten daher nur zwei Möglichkeiten: „Wir spielen in diesem Spiel nicht mehr mit, oder wir sagen, unter welchen Bedin- gungen wir bereit sind, uns weiter ein- zubringen.“ Mit der – wenn auch knap- pen – Annahme des Leitantrages hat sich die Ärzteschaft fürs Weiterspielen entschieden. Heike E. Krüger-Brand
Spendenaufruf
Verstrickung in das NS-Regime
Am Beispiel Berlin sollen die Schicksale der Kassenärzte jüdischer Herkunft historisch erforscht werden.
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nlässlich des 108. Deutschen Ärzte- tages in Berlin hat die dortige Kas- senärztliche Vereinigung alle Ärzte, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichentherapeuten aufgerufen, das Forschungsprojekt „Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin und die Veränderung der Kassenärzteschaft im ,Dritten Reich‘“ finanziell zu unterstützen.Bundesärztekammerpräsident Hoppe wies bei der Eröffnung des Ärztetages nachdrücklich auf dieses Projekt hin.
Erforscht werden soll die Verstrickung der Berliner Verwaltungsstelle der Kas- senärztlichen Vereinigung Deutschlands in das NS-Regime, zugleich soll den Schicksalen der Kassenärzte jüdischer
Herkunft in Berlin nachgegangen wer- den. Daraus soll schließlich ein Gedenk- buch entstehen. Das Forschungsvorhaben ist nicht nur von regionaler Bedeutung.
Die Einbindung der Berliner Verwal- tungsstelle und deren rigoroser Umgang mit jüdischen Kollegen dürfte paradigma- tisch für ganz Deutschland gewesen sein.
Das Projekt, über das im Deutschen Ärzteblatt bereits mehrfach berichtet wur- de,ist auf drei Jahre angelegt,veranschlagt sind 183 000 Euro. Die Mittel werden auf- gebracht durch die Kassenärztliche Verei- nigung Berlin, die Kassenärztliche Bun- desvereinigung, die Bundesärztekammer, den Deutschen Ärzte-Verlag – und nicht zuletzt durch Spenden. Diese können un- ter dem Stichwort „Forschungsprojekt“
eingezahlt werden auf das Konto 0 401 003 917 bei der Deutschen Apothe- ker- und Ärztebank (BLZ 100 906 03).
Die KV Berlin stellt auf Wunsch eine Spendenquittung aus. Das Deutsche Ärzteblatt wird über den Fortgang des Projektes berichten. Norbert Jachertz Jörg-Dietrich Hoppe leitet hochkonzentriert die schwierige Telematikdiskussion.
„Wir spielen in diesem Spiel nicht mehr mit, oder wir sagen, unter welchen Bedingungen wir bereit sind, uns weiter einzubringen.“
Prof. Dr. med. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe