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Archiv "TOP VIII -Tätigkeitsbericht – Telematik: Mitgestalten und Einfluss nehmen" (13.05.2005)

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A1356 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005

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as weltweit größte Telematikpro- jekt – die schrittweise Einführung der elektronischen Gesundheits- karte (eGK) ab 2006 und die elektroni- sche Vernetzung aller Sektoren des Ge- sundheitswesens – ist auch nach jahrelan- gen Diskussionen innerhalb der Ärzte- schaft immer noch umstritten.Als „größ- te Veränderung der Kommunikationsbe- ziehungen, die das Gesundheitswesen je- mals erlebt hat“, hatte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med.

Jörg-Dietrich Hoppe, in seiner Eröff- nungsrede beim Deutschen Ärztetag die Einführung der Telematik bezeichnet und gemahnt: „Wir müssen die Risiken eines solchen Projekts sehr genau prüfen und dürfen es nicht zulassen, dass die Ge- sundheitskarte mit einem Misstrauens- chip in die tägliche Versorgung startet!“

Zwei gleich große Lager

Befürworter und Gegner des Projekts, das verdeutlichten Diskussion und Be- schlussfassung des Ärztetages, sind zah- lenmäßig beinahe gleich stark. Während die einen sich von der Telematik einen großen Nutzen für die medizinische Ver- sorgung versprechen, befürchten die an- deren, dass sich dadurch negative Aus- wirkungen für das ärztliche Arbeitsum- feld ergeben könnten. So haben die De- legierten dem Leitantrag des Vorstands der Bundesärztekammer (BÄK), der ei- ne aktive Beteili-

gung und Mitge- staltung der Ärzte- schaft bei der ge- planten Vernetzung des Gesundheits- wesens vorsieht, nur mit knapper Mehrheit zuge- stimmt (97 zu 90 Stimmen, einige

Enthaltungen). In dem Leitantrag heißt es: „Der 108. Deutsche Ärztetag begrüßt die Möglichkeiten, die die Einführung ei- ner sicheren und einheitlichen elektroni- schen Kommunikationsinfrastruktur für das deutsche Gesundheitswesen bietet.“

Allerdings ist diese Bereitschaft zur Mit- arbeit an bestimmte Bedingungen ge- bunden, denn eine im Sinne der Patien- ten und Ärzte erfolgreiche Einführung und Nutzung der Telematik ist nach dem

Willen der Delegierten nur unter be- stimmten Voraussetzungen möglich, die als Forderungen im Leitantrag der BÄK formuliert sind (Kasten).

Ohnehin können sich die Ärzte nicht aus dem Projekt heraushalten, denn nach dem GKV-Modernisierungsgesetz (§ 291 a SGB V) ist es Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung, die erforderlichen Aufgaben für den Aufbau einer si- cheren Telematik- infrastruktur zu lö- sen.Außerdem hat der Gesetzgeber nicht nur die Ein- führung der eGK vorgeschrieben,

sondern ebenso den elektronischen Arzt- beziehungsweise Heilberufsaus- weis (HBA) als Voraussetzung für den Zugriff auf die medizinischen Daten.

Daran erinnerte Prof. Dr. med. Ingo Flenker, Präsident der Landesärztekam- mer Westfalen-Lippe und Vorsitzender des Ausschusses Telematik, in seinem Einstiegsreferat zum Thema. Der Vor- stand der BÄK habe sich 2004 in nahe- zu jeder seiner Sitzungen mit den The- men eGK und HBA befasst, um sicherzu- stellen, „dass in eine der umfassendsten Ver- änderungen, die das Gesundheitswesen in den nächsten Jahren er- leben wird, ärztlicher Sachverstand einge- bracht werden kann und ärztliche Interes- sen wirksam und lang- fristig durchgesetzt wer- den“, sagte Flenker.

Er verwies darauf, dass bereits Mitte 2004 der Vorstand auf der Grundlage eines Planungsgutachtens be- schlossen hatte, einen bundesweit ein- heitlichen elektronischen Arztausweis durch die Ärztekammern herauszuge- ben, um damit die Rolle der ärztlichen Selbstverwaltung als „Garant des ent- scheidenden Zugangswerkzeugs in der elektronischen Arbeitsumgebung“ zu stärken. Dem Gutachten zufolge wird „in der Arbeits- und Vorstellungswelt zu- künftiger Ärztegenerationen der Einsatz vernetzter elektronischer Patienten- akten und die elektronische Kommuni- kation von Patientendaten vollkommen selbstverständlich sein“. Für die ärztliche Selbstverwaltung geht es somit darum, ihren Einfluss auf diese Prozesse zu si- chern. Das „Projektbüro Elektronischer Arztausweis“, das die Ausgabe des ärztli-

TOP VIII: Tätigkeitsbericht – Telematik

Mitgestalten und Einfluss nehmen

Der Ärztetag befürwortet die schrittweise Einführung der Gesundheits- telematik – unter bestimmten Voraussetzungen.

Ingo Flenker: „Bei der Einführung von Gesundheitskarte und Heilberufsausweis muss ärztlicher Sachverstand einfließen.“

„Der 108. Deutsche Ärztetag begrüßt die Möglichkeiten, die

die Einführung einer sicheren und einheitlichen elektroni- schen Kommunikationsinfra- struktur für das deutsche Ge-

sundheitswesen bietet.“

Aus dem Leitantrag

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chen HBA planen, durchführen und die Landesärztekammern bei ihren Aufgaben unterstützen soll, hat inzwi- schen seine Arbeit aufgenommen und wird personell noch weiter ausgebaut.

Zurzeit werden die Konzepte für die HBA-Herausgabe mit den regionalen Ärztekammern abgestimmt.

Zum Wohl der Patienten

„Gerade weil wir wissen, dass nicht die Technik schlecht ist, sondern dass es dar- auf ankommt, sie richtig einzusetzen, gibt es keine Alternative dazu, sich als Ärzteschaft aktiv einzubringen, um die großen Chancen zum Wohl der Patien- ten zu nutzen und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Ärzte beizu- tragen“, warb Flenker um Unterstüt- zung für das Projekt und stellte die we- sentlichen Potenziale der neuen Technik heraus:

> Im Behandlungsfall kann der Arzt schneller und einfacher auf bereits vor- handene Daten des Patienten zugrei- fen, den Krankheitsverlauf besser beurteilen und gezielter weiter- behandeln.

> Bei der Arzneimitteltherapie erge- ben sich neue Möglichkeiten, potenziel- le Wechselwirkungen auszuschließen, notwendige Dosisanpassungen zu er- kennen und unerwünschte Arzneimit- telwirkungen zu vermeiden.

> Mit der eGK kann sich der Arzt bei Notfällen ein besseres Bild

vom Gesundheitszustand des Patienten und eventuell bestehender Risiken ma- chen sowie Ansprechpart- ner feststellen.

> Durch die Einführung des HBA und eines sicheren einheitlichen Kommunika-

tionsnetzes können Ärzte Befunde und Arztbriefe elektronisch sicher ver- schlüsselt per E-Mail austauschen. Da- durch ergeben sich neue Chancen für die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten und alle Formen der sektorübergreifenden Kooperation.

> Durch die Telematik werden Ärzte von administrativen Aufgaben entlastet, die durch Mehrfachdokumentationen entstehen.

Trotz dieser großen Chancen, die die Telematik in der medizini- schen Versorgung bietet, überwiegen für viele Ärz-

te die mit der Technik verbundenen Risiken. Einen umfangreichen Katalog offener Fragen präsentierte Dr. med.

Martin Junker, Westfalen-Lippe. Dazu zählen vorrangig die Wahrung der ärztli- chen Schweigepflicht, die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen, die kontinuierliche Evalua- tion, Finanzierungsfragen und das Problem der Da- tensicherheit. Diese Fragen seien vor der Einführung elektronischer Informa- tionsprozesse im Gesund- heitswesen zu klären, for- derte Junker, und falls sie negativ beantwortet würden, müsse auch der „Mut zur Verweigerung“ auf- gebracht werden, denn „ohne uns findet die eGK nicht statt“. „Patienten und Ärzte müssen an der Planung, Durch- führung und Evaluation von notwendi- gen Probeläufen vor der endgültigen Einführung maßgeblich beteiligt wer- den“, forderte er in einem Antrag, der angenommen wurde.

Nach Meinung von Ekkehard Rueb- sam-Simon, Baden-Württemberg, reicht die „Rechtfertigungsrhetorik: ,Wenn wir es nicht machen, machen es die an- deren‘ bei diesem Thema nicht aus“. Er

„Wenn Daten ge- sammelt werden, entstehen sofort Begehrlichkeiten.“

Dr. med. Detlef Lorenzen, Ba- den-Württemberg,

Voraussetzungen für die erfolgreiche Einführung und Nutzung der Telematik

1. Es muss ein rechtlicher, organisatorischer und technologisch vertrauenswürdiger Rahmen zur Nutzung von Telematik geschaffen werden, der die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht und den Datenschutz der Ärzte gewährleistet.

2. Der Anspruch von Patienten und Versicherten, sich dem Arzt vertrauensvoll offenbaren zu können, muss uneingeschränkt berücksichtigt werden. Der Patient muss sich jederzeit einen Überblick darüber verschaffen und entscheiden können, welche Daten welchen dritten Personen zugänglich sind oder sein sollen. Außerdem muss er seinen gesetzlich verankerten Löschanspruch technisch wirksam durchsetzen können. Die Nutzung von Telematik ist am Bedarf des Patienten und nicht „am Wunsch der uneingeschränkten Ökonomisierung der Versorgung“ auszu- richten.

3. Die technischen Systeme müssen für Ärzte und Patienten sicher und einfach handhabbar sein und dürfen die Patientensicherheit nicht ge- fährden. Auch muss sichergestellt sein, dass Patienten bei Defekt oder Verlust der eGK mit einem Arzt ihres Vertrauens ihre Behandlungsdaten wiederherstellen können.

4. Die finanziellen und organisatorischen Aufwendungen der Ärzte und Leistungsträger für die Einführung von Telematik sind angemessen zu vergüten. Es muss nachgewiesen werden, dass der Nutzen von Telematik langfristig die Kosten übersteigt und erzielte Einsparungen der Pa- tientenversorgung zugute kommen.

5. Die Einführung der Telematik muss mit den Methoden ärztlicher Versorgungsforschung wissenschaftlich begleitet und hinsichtlich des erwarteten Nutzens kontinuierlich evaluiert werden.

6. Der unrealistische Zeitplan muss angepasst werden. Die Schaffung einer sicheren und vertrauenswürdigen Telematik erfordert angemes- sene Test-, Lern- und Einführungsphasen.

Foto:ddp

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ergänzte den Katalog offener Fragen um die technische Problematik der Telematikumsetzung („Was passiert, wenn 120 000 Praxen ans Netz gehen?“) und die Frage nach der strukturellen Veränderung der Arzt-Patient-Bezie- hung und der Wahrung ihres Vertrau- ensverhältnisses. „Wir werden durch- sichtig für Politik und Kassen“, warnte er. „Wenn Daten gesammelt werden, entstehen sofort Begehrlichkeiten“, gab auch Dr. med. Detlef Lorenzen, Baden- Württemberg, zu bedenken.

„In unheimlich knapper Zeit soll ein so umfassendes System eingeführt wer- den, wie es das noch nie gegeben hat“, meinte Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Scholz, Hessen. Im Hinblick auf die Da- tensicherheit forderte er, dass eine defi- nierte praktische Lernphase unbedingt erforderlich sei.Auf Haftungsfragen („Je- des System ist knackbar“) und Probleme der praktischen Handhabung von eGK und elektronischem Arztausweis wies Dr. med. Christian Pfeiffer, Bayern, hin:

„Wie soll die digitale Signatur zum Bei- spiel für das elektronische Rezept funk- tionieren? Welche Folgekosten werden dadurch in den Arztpraxen entstehen?“

Neben vielen kritischen Stimmen zur Telematik gab es auch Vorschläge zur Funktionserweiterung der eGK. Dr. med.

Eduard Gilliar, Bayern, regte an, bei der Ausgabe der Gesundheitskarte die Mög- lichkeit einer Willenserklärung zur Or- ganspende auf freiwilliger Basis zu prü- fen. Ein weiterer Vorschlag betraf die Möglichkeit, einen Hinweis auf eine vor- liegende Patientenverfügung auf der Ge- sundheitskarte vorzusehen. Beide Anträ- ge wurden mit großer Mehrheit ange- nommen.

Auch wenn sich die ehrgeizigen Zeitpläne des Bundesgesundheitsmini- steriums, ab 2006 mit der flächen- deckenden Einführung der eGK zu be- ginnen, möglicherweise nicht verwirkli-

chen ließen – spätestens 2008 werde die Karte Realität im deutschen Gesund- heitswesen sein, prophezeite Flenker in seinem Schlusswort. Die Ärzte hätten daher nur zwei Möglichkeiten: „Wir spielen in diesem Spiel nicht mehr mit, oder wir sagen, unter welchen Bedin- gungen wir bereit sind, uns weiter ein- zubringen.“ Mit der – wenn auch knap- pen – Annahme des Leitantrages hat sich die Ärzteschaft fürs Weiterspielen entschieden. Heike E. Krüger-Brand

Spendenaufruf

Verstrickung in das NS-Regime

Am Beispiel Berlin sollen die Schicksale der Kassenärzte jüdischer Herkunft historisch erforscht werden.

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nlässlich des 108. Deutschen Ärzte- tages in Berlin hat die dortige Kas- senärztliche Vereinigung alle Ärzte, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichentherapeuten aufgerufen, das Forschungsprojekt „Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin und die Veränderung der Kassenärzteschaft im ,Dritten Reich‘“ finanziell zu unterstützen.

Bundesärztekammerpräsident Hoppe wies bei der Eröffnung des Ärztetages nachdrücklich auf dieses Projekt hin.

Erforscht werden soll die Verstrickung der Berliner Verwaltungsstelle der Kas- senärztlichen Vereinigung Deutschlands in das NS-Regime, zugleich soll den Schicksalen der Kassenärzte jüdischer

Herkunft in Berlin nachgegangen wer- den. Daraus soll schließlich ein Gedenk- buch entstehen. Das Forschungsvorhaben ist nicht nur von regionaler Bedeutung.

Die Einbindung der Berliner Verwal- tungsstelle und deren rigoroser Umgang mit jüdischen Kollegen dürfte paradigma- tisch für ganz Deutschland gewesen sein.

Das Projekt, über das im Deutschen Ärzteblatt bereits mehrfach berichtet wur- de,ist auf drei Jahre angelegt,veranschlagt sind 183 000 Euro. Die Mittel werden auf- gebracht durch die Kassenärztliche Verei- nigung Berlin, die Kassenärztliche Bun- desvereinigung, die Bundesärztekammer, den Deutschen Ärzte-Verlag – und nicht zuletzt durch Spenden. Diese können un- ter dem Stichwort „Forschungsprojekt“

eingezahlt werden auf das Konto 0 401 003 917 bei der Deutschen Apothe- ker- und Ärztebank (BLZ 100 906 03).

Die KV Berlin stellt auf Wunsch eine Spendenquittung aus. Das Deutsche Ärzteblatt wird über den Fortgang des Projektes berichten. Norbert Jachertz Jörg-Dietrich Hoppe leitet hochkonzentriert die schwierige Telematikdiskussion.

„Wir spielen in diesem Spiel nicht mehr mit, oder wir sagen, unter welchen Bedingungen wir bereit sind, uns weiter einzubringen.“

Prof. Dr. med. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe

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