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olange die Insulinsekre- tion eines Typ-II-Diabe- tikers noch stimulierbar ist, das heißt in Nüchtern- Blutzuckerbereichen zwi- schen 120 und 160 mg/dl, sind orale Antidiabetika aus der Gruppe der Sulfonylharnstof- fe sinnvoll. Sie stimulieren die Betazellen des Pankreas, in- dem sie ATP-sensitive Kali- umkanäle blockieren und da-mit zu einer Depolarisation der Betazell-Membran mit Kalziumeinstrom führen.
Der am häufigsten einge- setzte Sulfonylharnstoff Gli- benclamid bewirkt eine Dau- erdepolarisation und stimu- liert die Insulinsekretion viel länger, als nötig ist, damit die bei einer Mahlzeit aufgenom- mene Glukose verarbeitet werden kann. Die Folge da- von ist ein hohes Risiko für Hyperglykämien – das größte Problem, welches Glibencla- mid in der Therapie aufweist.
Das Hypoglykämie-Risiko von Glibenclamid steigt mit zunehmendem Lebensalter, wie Dr. Rolf Renne (Mün- chen) bei einem Symposium von Novo Nordisk in Leipzig ausführte.
Insulin-ähnlich Dem Wunsch nach einem oralen Medikament, das die Insulinsekretion nur dann sti- muliert, wenn Insulin be- nötigt wird, trägt das neue Benzoesäurederivat Repagli- nid Rechnung. Die Substanz wird schnell resorbiert und bindet rasch an den Rezeptor.
Die maximale Wirkung auf die Insulinsekretion ist be- reits nach gut 30 Minuten er- reicht. Repaglinid wird auch schnell wieder über die Leber ausgeschieden. Insgesamt könne man mit Repaglinid (Novo-Norm®) ein fast phy-
siologisches Insulinprofil imi- tieren, wie dies sonst nur mit Normalinsulin gelingt, erklär- te Dr. Peter Damsbo, Bags- waerd. In Dosen zwischen 0,5 und 4,0 mg weist die Substanz eine lineare Dosis-Wirkungs- Beziehung auf. Aufgrund der rasch eintretenden Wirkung kann Repaglinid unmittelbar vor einer Mahlzeit eingenom- men werden. Der Patient
kann dabei Zahl und Abstand seiner Mahlzeiten flexibel va- riieren und muß keinen stren- gen Essensplan durchziehen, wie Dr. Hasan Alawi (Saar- louis) die Vorzüge des neuen Sekretagogums erläuterte.
In einer klinischen Studie senkte Repaglinid den Nüch- tern-Blutzucker von Typ-II- Diabetikern bei fester prä- prandialer Dosierung über zwölf Wochen um 61,3 mg/dl, den postprandialen Blut- zucker um 104,1 mg/dl und das HbA1c um 1,7 Prozent- punkte. Den postprandialen Blutzuckerspiegel beeinflußt Repaglinid effektiver als Gli- benclamid, den Nüchtern- Blutzucker reduzieren beide Substanzen in gleichem Maß.
Auch die Hoffnung auf ein geringeres Hypoglyk- ämierisiko hat sich bei Repa- glinid erfüllt: Bei 76 Prozent der Patienten, die von Gli- benclamid auf Repaglinid umgestellt wurden, traten in- nerhalb der nächsten sechs Monate unter Repaglinid we- niger Hypoglykämien auf, bei 92 Prozent innerhalb von zwölf Monaten. Das Hypo- glykämie-Risiko nahm unter Repaglinid nicht zu, wenn die Patienten eine Mahlzeit aus- ließen. Unter Glibenclamid waren dagegen 25 Prozent der Probanden nach Auslas- sen des Mittagessens von Hy- poglykämien betroffen.
Dr. med. Angelika Bischoff A-563 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 9, 5. März 1999 (59)
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