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Archiv "Interdisziplinäre Zentren für Klinische Forschung: Viele Erwartungen wurden erfüllt" (25.04.2003)

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T H E M E N D E R Z E I T

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A1104 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1725. April 2003

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or etwa sechs Jahren gingen bun- desweit acht interdisziplinäre Zentren für Klinische Forschung (IZKF) mit dem Ziel an den Start, die eher als mittelmäßig geltende klini- sche Forschung an den deutschen Hochschulen zu verbessern. Dies sollte durch verstärkte Kooperation von Kli- nikern und Grundlagenwissenschaft- lern und die Förderung des wissen- schaftlichen Nachwuchses erreicht wer- den. Die Zentren in Aachen, Erlangen, Jena, Köln, Leipzig, Münster, Tübin- gen, Würzburg und Ulm haben sich zur Association of Clinical Research Centers zusammengeschlossen. An der Schwelle zur dritten Förderphase am IZKF Ulm ist es an der Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

Das IZKF Ulm hat in den ersten bei- den Förderperioden einen degressiv gestaffelten Betrag von insgesamt 10,3 Millionen Euro durch das Bundesmini- sterium für Bildung, Wissenschaft, For- schung und Technologie (BMBF) er- halten. Zu dieser Bundesförderung be- kam das IZKF über die Medizinische Fakultät mit 8,4 Millionen Euro noch einen erheblichen Finanzierungsanteil aus dem Landeszuführungsbetrag für Lehre und Forschung. Allerdings er- hielt die Fakultät aufgrund der im IZKF erbrachten Leistungen 74 Pro- zent dieser Summe über die leistungs- orientierte Bemessung von Zuschüssen durch das baden-württembergische Mi- nisterium für Wissenschaft und Kunst wieder zu anderweitiger Verwendung zurück. Weitere beachtliche Mittel

brachte in der Anfangsphase das Uni- versitätsklinikum ins IZKF ein: Es kam für den Neubau des ZKF-Gebäudes und für die Geräte-Grundausstattung aller dort untergebrachten Labors auf.

Die Bundesförderung erfolgte de- gressiv; sie nahm in acht Jahren von 90 auf zehn Prozent ab. Das hat sich als

zweischneidiges Schwert erwiesen. Ei- nerseits sollte ein lukrativer Start die Medizinischen Fakultäten zur Teilnah- me am Wettbewerb verlocken. Ein zunächst sehr hoher Bundesanteil war auch nötig, um den dann ausgewählten Instituten den Start zu erleichtern. An- dererseits war aufgrund der degressi- ven Förderung absehbar, dass der stei- gende Eigenanteil der Medizinischen Fakultät zunehmenden Widerstand ge- gen diese „Bevorzugung der IZKFler“

verursachen würde. Die Eingliederung des IZKF in die bestehenden Fakultäts- strukturen konnte dies zwar verhin- dern, hat aber die Entwicklung neuer Forschungsstrukturen gebremst. Eine weniger steile Degression, zum Bei- spiel von 70 auf 30 Prozent, hätte die Entwicklungsmöglichkeiten des IZKF sicher verbessert.

Breites Themenspektrum

Das wissenschaftliche Themenspek- trum des IZKF Ulm ist wie bei allen an- deren IZKF relativ breit und in mehre- re Schwerpunkte gegliedert. Die drei Forschungsschwerpunkte der vergan- genen sechs Jahre – Immunmodulation bei Entzündungen, Bewegungsapparat und Nervensystem sowie Onkologie – waren zusammengefasst unter dem Titel „Molekulare Pathomechanismen entzündlicher, degenerativer und mali- gner Erkrankungen: Ansätze einer ver- besserten Krankheitserkennung und -behandlung“. Projekt- und schwer- punktübergreifende Kooperationen sind eine zunehmend härtere Forde- rung des Geldgebers und der externen

Beurteilung der IZKF-Standorte

„Die IZKF haben maßgeblich zu einer Intensivie- rung, stellenweise auch überhaupt erst zum An- stoß der internen Diskussionen über die (Neu-) Verteilung der Landeszuführungsbeträge für For- schung und Lehre beigetragen.“

„Eine frühzeitig begonnene interne Diskussion [Ergänzung des Autors: Gemeint ist die Bereit- schaft zur Änderung] trägt bei gleichzeitiger Un- terstützung durch die politischen Rahmenbedin- gungen zu einem Gelingen der Bemühungen um eine transparente und leistungsbezogene Res- sourcenzuteilung bei. Diese zwei Einflüsse sehen wir auch als kritische Erfolgsfaktoren für die Dau- erhaftigkeit der IZKF an.“

„Gleichwohl stellen diejenigen Zentren, die im Hinblick auf ihre Finanzierungsstrukturen als fort- geschritten bezeichnet werden können (wie zum Beispiel die zwei baden-württembergischen Zen- tren) lehrreiche Beispiele für die Implementierung neuer Strukturen an den deutschen Hochschulkli- niken dar, von denen auch die anderen Standorte profitieren können.“

„Die bereits hinsichtlich der Organisations- strukturen getroffene Feststellung, die Gründung von interdisziplinären klinischen Zentren an Hoch- schulkliniken habe für einen ,frischen Wind in der klinischen Forschung‘ gesorgt, lässt sich auch im Hinblick auf die Finanzierungsmodelle bestätigen.“

Zitiert nach: Bührer S, Menrad K, Peter V, Braun D, Kuhlmann S: Modelle der Finanzierung interdiszi- plinärer Forschung an Hochschulkliniken. Stuttgart:

Fraunhofer IRB Verlag 2001; 1–155.

Leistungsbezogene Mittelverteilung und Forschungs- förderung, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – das Beispiel des IZKF Ulm zeigt, wie ein Projekt zur

Verbesserung der klinischen Forschung weitgehend erfolgreich umgesetzt wurde.

Interdisziplinäre Zentren für Klinische Forschung

Viele Erwartungen wurden erfüllt

Foto:phalanx

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Gutachter. Derartige Randbedingun- gen werden den Persönlichkeitsmerk- malen eines Wissenschaftlers meist nicht gerecht, sondern dienen eher poli- tischen Zielen. Die beabsichtigte Profil- bildung lässt sich eher durch die Beru- fungspolitik als durch mehr oder weni- ger erzwungene Kooperationen steuern.

Alle anderen Erfahrungen sind da- gegen uneingeschränkt positiv. An er- ster Stelle ist die Qualität der wissen- schaftlichen Forschung zu nennen. Als Indikator der Forschungsqualität eig- nen sich anerkanntermaßen die Im- paktfaktoren der Publikationen. Er- staunlicherweise sind die jährlichen Impaktwerte der Ulmer-IZKF-Veröf- fentlichungen etwa doppelt so hoch wie die der „übrigen“ medizinischen Fakul- tät. Die statistische Auswertung der

Mediane ergab für alle Jahre einen hoch signifikanten Unterschied (p <

0.0001). Der Zeitraum vor 1998 ließ sich nicht berücksichtigen, da die Fa- kultätsdaten zuvor nicht systematisch dokumentiert wurden. Die nahe liegen- de Frage, ob die Gruppen, die im IZKF Ulm gefördert wurden, generell höher- wertig publizieren oder erst durch die BMBF-Förderung in diese Lage ver- setzt wurden, lässt sich deshalb nicht endgültig beantworten. Da der Impact- Faktor der 1996 und 1997 erschienenen IZKF-Publikationen aber ebenfalls bei Werten um fünf liegt, ist anzunehmen, dass es eher an der Positivauswahl der Arbeitsgruppen lag. Das bedeutet, dass die mit den Jahren progredienten For- schungsmittel der Fakultät – wie gefor-

dert – nachweislich nach dem Lei- stungsprinzip vergeben wurden.

Wissenschaftlicher

Nachwuchs wird gefördert

Im Ulmer IZKF wurden Formen der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses entwickelt, die unter al- len IZKF in Deutschland einmalig sind.

So wurden Nachwuchsgruppen gebil- det, deren Leiter nicht allein von außen angeworben wurden, sondern die von engagierten jungen Ärzten und Wis- senschaftlern aus den eigenen Reihen geleitet wurden. Diese Nachwuchs- gruppenleiter haben die besondere Chance hervorragend genutzt. Das zweite Fördermodell ist die Vergabe

von IZKF-Stipendien (gegenwärtig sind es zehn) an Doktoranden, die ihre Doktorarbeit innerhalb von IZKF-Pro- jekten anfertigen. An deutsche Dokto- randen werden die Stipendien nach DFG-Richtlinien vergeben, ausländi- sche Doktoranden werden zusätzlich durch das vom Deutschen Akademi- schen Austauschdienst (DAAD) geför- derte „Internationale Postgraduierten- Programm“ (IPP) betreut. Alle diese Doktoranden nehmen am Promotions- studium des DFG-geförderten Gradu- iertenkollegs 460 „Therapeutische und diagnostische Konzepte in der Moleku- laren Medizin“ teil (http://grk.uni- ulm.de/). Das vom IZKF initiierte Pro- motionsstudium erwies sich als so er- folgreich, dass sich die Ulmer Medizini-

sche Fakultät dazu entschlossen hat, es auszubauen. Die Fakultät möchte den Ph.D. in Biomedical Sciences als weite- ren Abschluss anbieten; die endgültige Entscheidung über den internationalen Abschluss wurde vom Wissenschafts- ministerium des Landes noch nicht ge- nehmigt. Dagegen wurde der ebenfalls auf dem Kolleg aufbauende neue BSc- und MSc-Studiengang „Molekulare Medizin“ vom Ministerium trotz der englischsprachigen Bezeichnung un- eingeschränkt begrüßt, wie es ja auch bei der Forderung nach mehr Interna- tionalität zu erwarten war.

Als sinnvoll hat sich die Einrichtung von „Core Facilities“ erwiesen. Dabei handelt es sich um zentrale Ressour- cen, die zwar von einem Projekt be- treut werden, aber jedem IZKF-Wis- senschaftler zur Verfügung stehen. Die

„Core Facilities“ bergen ein beträchtli- ches Einsparpotenzial, da teure Groß- geräte nur einmal angeschafft werden müssen, und die gemeinsame Gerä- tenutzung führt fast automatisch zu Kooperationen.

Öffentlichkeitsarbeit

Eine Besonderheit des IZKF Ulm be- steht darin, dass auf Initiative des Spre- chers eine Stelle für Öffentlichkeitsar- beit und Kooperationsförderung einge- richtet wurde. Der Stelleninhaber soll die Öffentlichkeit auf die Forschungs- arbeiten im IZKF aufmerksam machen und neben Fachleuten insbesondere auch nichtfachkundige Bürger jeden Alters über den Sinn gentechnologi- scher und tierexperimenteller Arbeiten informieren. In den vergangenen Jah- ren konnten zahlreiche Artikel zu die- sen Themen in der regionalen und überregionalen Presse veröffentlicht werden.

Die Einrichtung einer eigenen Ge- schäftsstelle mit einem administrativen Ansprechspartner hat sich als großer Pluspunkt für die Arbeit im IZKF her- ausgestellt. Die Forscher sind nicht mit wissenschaftsfremden Dingen belastet und können sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren. Mit der Eingliederung des IZKF in die Fakultätsstrukturen wur- de die Behandlung inzwischen dem uni- versitätsüblichen Niveau angeglichen.

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Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1725. April 2003 AA1105

Folgerungen und Empfehlungen

„Die Dauerhaftigkeit der IZKF wird maßgeblich davon abhängen, wie und vor allem wann es gelingt, auch bei steigendem Anteil der Finanzierung aus Landesmitteln den Nutzen und die Vorteile einer solchen Einrichtung herauszustellen. Erst dann ist von einer umfassenden Akzep- tanz und damit einhergehend der Bereitschaft der maßgeblichen Akteure auszugehen, diese Einrichtung auch nachhaltig mit den entsprechenden Mitteln auszustatten. Mögliche ,Nutzen- parameter‘ sind:

>das nachweisliche Einbringen wissenschaftlichen Know-hows,

>die verbesserte Ausbildung des bereits graduierten wissenschaftlichen Nachwuchses,

>die nachweisliche Einwerbung von mehr Drittmitteln.“

„Abschließend empfehlen wir, die wissenschaftlichen Beiräte auch langfristig, das heißt nach Auslaufen der BMBF-Finanzierung, in ihrer Arbeit zu stärken und in deren Empfehlungskompetenz weiterhin nicht nur die fachlich-wissenschaftlichen, sondern auch strukturelle Aspekte einzu- beziehen. Diese nach Ablauf der Bundesförderung empfohlene ,Selbstkontrolle‘ sollte nicht als Belastung, sondern als tatsächliche Bereicherung empfunden werden.“

Zitiert nach: Bührer S, Menrad K, Peter V, Braun D, Kuhlmann S: Modelle der Finanzierung interdiszi- plinärer Forschung an Hochschulkliniken. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag 2001; 1–155.

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Eine Einrichtung, die öffentlich ge- fördert wird, muss einer effektiven Kontrolle unterliegen. Ein externes Gremium kann die Qualität von For- schungsprojekten fraglos neutraler be- urteilen als eine interne Institution.

Deswegen war es richtig, einen exter- nen Beirat als Kontrollinstanz einzu- setzen. Zusätzlich erfolgten im Auftrag des BMBF vergleichende Evaluierun- gen zu Strukturen, Finanzierungsmo- dellen und Erfolgskontrolle/Qualitäts- sicherung an den acht interdisziplinä- ren Zentren, die vom Fraunhofer-Insti- tut Systemtechnik und Innovationsfor- schung durchgeführt wurde und bei de- nen sich das Ulmer IZKF gut positio- nieren konnte (siehe Textkästen).

Strukturänderung blieb aus

Mehrere Ziele, die das BMBF und die Fakultät mit dem IZKF Ulm verfolgt hatten, wurden erreicht: eine leistungs- bezogene Forschungsförderung, eine bessere Ausbildung in Molekularer Medizin und eine erfolgreiche Förde- rung des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses. Auf dem Gebiet der Doktorandenausbildung wäre eine brei- te Initiative sicher wünschenswert, um die an der Ulmer und einigen anderen Medizinischen Fakultäten entwickel- ten Maßnahmen flächendeckend zu implementieren. Was die leistungsbe- zogene Mittelverteilung betrifft, hat die BMBF-Maßnahme eine Entwick- lung eingeleitet oder zumindest be- schleunigt, die inzwischen von den Landesregierungen übernommen und weiter ausgebaut wurde. Die vom BMBF gewünschte Strukturänderung hat nicht stattgefunden, wohl auch nicht in den anderen IZKF. Ein „Staat im Staate“, auch wenn er Neues er- denkt und testet, ist von den Vorstän- den der Medizinischen Fakultäten aus verständlichen Gründen nicht er- wünscht. Skeptisch zu betrachten ist auch der auferlegte Zwang zur Koope- ration, der selbst wissenschaftlich ex- zellente Einzelgruppen benachteiligt.

Rückblickend hätte hier das IZKF Ulm mutiger sein können.

Prof. Dr. med. Frank Lehmann-Horn Sprecher des IZKF Ulm (1995 bis 2002)

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ügelchen in Glasröhrchen – für die einen sind sie Wundermittel, für die anderen nur fauler Zauber.

Nach Ansicht von Prof. Dr. med. Walter Köster steht jedoch die Wende im An- sehen der Homöopathie unmittelbar bevor. Der ehemalige niedergelassene Schulmediziner und jetzige Professor für Homöopathie an der Universität Sevilla, Spanien, ist davon überzeugt, dass die Homöopathie bald nicht mehr abseits stehen und mit dem Stempel der Unwissenschaftlichkeit versehen sein wird.

Köster sieht die Homöopathie nicht als Erfahrungsheilkunde, sondern als physikalisches Verfahren, als „quanten- logisch erklärbare Naturwissenschaft“.

Sie sollte künftig auch an den Univer- sitäten etabliert werden, sagte er auf dem 4. Internationalen Homöopathie- Kongress vom 28. bis 30. März in Leip- zig. Etwa 650 Ärzte und Heilpraktiker tauschten dort ihre Erfahrungen bei der Behandlung von Krebserkrankungen, chronischen Erkrankungen von Kin- dern und von Hautleiden aus – nicht in Form von Studien, sondern von Fallbei- spielen und Beobachtungen. Dass die Homöopathie eben doch (noch) eine Erfahrungsheilkunde ist, suggerierte auch der Untertitel des Homöopathie- Kongresses: Learn from Errors – Aus Fehlern lernen.

Tatsächlich sei die homöopathische Behandlung bislang vom Probieren ge- prägt, erklärte Köster, der den Kongress wissenschaftlich leitete. „Doch jetzt ste- hen wir vor der Revolution der Homöo- pathie. Durch die funktionalen und quantenlogischen Grundsätze ist die Homöopathie ein in sich logisch struk- turiertes, wissenschaftliches System“, erläutert er. „Die anwendenden Ärzte wissen, warum sie etwas tun, und voll-

ziehen nicht mehr nur Erfahrungsre- geln nach.“ Dadurch werde eine deut- lich höhere Treffsicherheit und damit Erfolgssicherheit für den Patienten er- reicht.

Heute würden bei den homöopathi- schen Behandlungen viele Fehler ge- macht, gesteht Köster zu. Dies mache die Homöopathie so anfechtbar. Den Grund für die Irrtümer sieht der ehe- malige Schulmediziner jedoch keines- wegs bei der Homöopathie selbst, son- dern nur in ihrem unwissenschaftlichen Einsatz. „Die Homöopathen haben bis- her kein Modell, sondern nur die The- sen Samuel Hahnemanns, die während der letzten 200 Jahre nicht weiterent- wickelt wurden.“

Häufig wird Pseudo- homöopathie praktiziert

Die Erklärung der Verfechter der „rei- nen Lehre“, dass die Homöopathie phä- nomenologisch sei und deshalb ihre Ergebnisse nicht durch Studien verifi- zierbar seien, befriedigt längst nicht alle Ärzte und Patienten. Auch Köster nicht. „Ich wusste“, berichtet er, „dass homöopathische Mittel nicht chemisch wirken, da sich in ihnen statistisch kein chemischer Wirkstoff nachweisen lässt.

Dennoch nahm ich ihre Wirkung im physischen, physikalischen Bereich wahr.Also musste die Wirkung physika- lisch erklärbar sein.“ Köster nutzte die Quantenphysik als Modell, um die Pro- zesse in Körper und Psyche zu verste- hen, die sich als Krankheitssymptome äußern. „Hinter Psyche und Körper steht das Funktionale“, erklärt der klas- sische Homöopath. „Die Funktion ist mathematisch da und wirkt in Form von Symptomen, die virtuell miteinander

Homöopathie

„Keine Erfahrungsheilkunde, sondern Naturwissenschaft”

Ein physikalischer Ansatz soll die Homöopathie

wissenschaftlich erklären und reformieren.

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verbunden sind. Es gilt, sämtliche Sym- ptome zu bündeln, die Funktion dahin- ter zu erkennen und so das (eine!) ge- eignete Arzneimittel zu finden.“

Für gefährlich hält der Homöopath den unkontrollierten Einsatz der Homöopathie. „Viele Ärzte wenden die Homöopathie nebenbei an – in fünf Minuten, obwohl sie eine Stunde braucht“, klagt Köster. Auf diese Weise verkomme die Homöopathie zur Pseu- dohomöopathie. Sie zeige dann nur ihren Placebocharakter. „Es ist an der Zeit zu erkennen, dass es unwissen- schaftlich ist, auf die positive Wirkung einer Methode zu spekulieren und gleichzeitig die Möglichkeit einer nega- tiven Wirkung der gleichen Methode kategorisch zu ignorieren“, betont Kö- ster. „Es muss daher auch als unärztlich erkannt werden, mit einer solch unwis-

senschaftlichen Einstellung zu behan- deln.“ Durch die inexakte Gabe homöopathischer Mittel könne großer Schaden entstehen.

Unter hohem Zeitdruck dürften in der kassenärztlichen Praxis keine homöopathischen Mittel vergeben wer- den. Darin waren sich die Teilnehmer des diesjährigen Homöopathie-Kon- gresses einig. „Bei den gegenwärtig ge- zahlten Honoraren ist eine so qualifi- zierte und zeitintensive Medizin wie die Homöopathie nicht möglich“, erklärte Dr. med. Martina Scheufler, Fachärztin für Allgemeinmedizin in Hanau. Illusio- nen, dass sich der Widerspruch Zeit- druck und aufwendige homöopathische Behandlung lösen könnte, haben die Homöopathen nicht. Angesichts des drohenden Kollapses des Gesundheits- wesens sei es völlig unrealistisch zu er-

warten, dass Politik und Krankenkassen eine extrabudgetäre Summe für die Homöopathie zur Verfügung stellten.

Dies wäre jedoch notwendig, um

„wahre“ Homöopathie zu betreiben.

Wissenschaftliche Studien sollen künftig möglich sein

Ein weiteres Dilemma: Die Nachfrage der Patienten nach den kleinen „Wun- der-Kügelchen“, mit denen teilweise so verblüffende Behandlungserfolge erzielt werden können, wächst. „Nicht jedoch das Wissen der Ärzte“, bedauert Köster.

Die derzeitigen Ausbildungen zum Homöopathen, die zwar von den Ärzte- kammern anerkannt würden, reichten nicht aus, um eine exakte Homöopathie zu betreiben. Köster verweist dabei auf die in Sevilla universitär gelehrte, quan- tenlogisch verstandene Homöopathie.

Seit Januar 2002 existiert auch ein Zweig in Deutschland. In Frankfurt am Main werden derzeit 35 Ärzte, Zahnärzte und Pharmazeuten erstmals an einer staatli- chen Universität in Homöopathie ausge- bildet und erhalten nach bestandenem Examen den Titel „Master univ. in Homöopathie“. „Damit ist eine histori- sche Wende für die Homöopathie einge- treten, die sie wissenschaftlich diskussi- onsfähig macht“, erklärt Köster.

Doch dies wird sie vermutlich erst dann sein, wenn sich ihre Wirksamkeit empirisch belegen lässt. Homöopathi- sche Mittel mit schulmedizinischen Medikamenten durch randomisierte Doppelblindstudien direkt zu verglei- chen, hält Köster nicht für möglich – noch nicht. Erst müsse sich das wissen- schaftliche Denken in der Homöopa- thie durchsetzen. Gleichzeitig müsse ganzheitlich behandelt werden, wie es auch Hahnemann immer forderte.

Symptome dürften nicht isoliert thera- piert werden. „Studien über homöopa- thische Arzneien mit Einzelpunktwir- kung entarten wissenschaftlich zu einer Farce“, meint Köster. Sie könnten nur auf den Gesamtpatienten bezogen sein.

Dies erschwert einen Vergleich mit der Schulmedizin zusätzlich. Eine oft gefor- derte „evidenzbasierte Homöopathie“

dürfte somit zunächst in weite Ferne rücken – sofern sie überhaupt möglich ist. Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1725. April 2003 AA1107

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ie 2001 gegründete Stiftung des Deutschen Zentralvereins ho- möopathischer Ärzte e.V., Bonn, stellt sich und ihre Arbeit unter der Adres- se www.homoeopathie-stiftung.de im Internet vor. Die Stiftung fördert die Erforschung der Homöopathie und finanziert dazu das Europäische Insti- tut für Homöopathie (InHom), Kö- then, das die Forschungsinitiativen in Deutschland, Europa und weltweit

zusammenführen soll. Aufgaben des InHom sind unter anderem die eigen- ständige Forschung, die Dokumenta- tion und die Zusammenarbeit mit an- deren Instituten und Wissenschaft- lern, sowie Lehr- und Fortbildungs- veranstaltungen.

Die Website enthält darüber hin- aus einen Veranstaltungskalender, Literaturhinweise und einen Down-

load-Bereich. EB

Internet-Präsenz

Homöopathie-Website

Informationen der Homöopathie-Stiftung

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