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Archiv "Hackethal vor dem Berufsgericht" (25.02.1988)

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kandalös" nannte Professor Dr. med. Julius Hackethal die Entscheidung, deren Verkündung er am 4. Fe- bruar 1988 im Münchner Justizpalast vor Zorn gar nicht mehr abgewartet hatte. Dort empfahl das Berufsge- richt für die Heilberufe beim Ober- landesgericht nach zehnstündiger Verhandlung der Regierung von Oberbayern, ihm die Approbation als Arzt zu entziehen. Hackethal ha- be, so befand das aus dem Vorsit- zenden Richter und zwei Medizinern als ehrenamtlichen Richtern zusam- mengesetzte Gericht, unärztlich ge- handelt und gegen seine Berufs- pflichten verstoßen.

Auf diese Entscheidung hatten viele über Hackethals Verhalten em- pörte Ärzte, aber auch viele kriti- sche Laien schon mit wachsender Ungeduld gewartet. Schließlich hat- te sich das Verfahren schon über vier Jahre hingezogen. Schon im April vorigen Jahres hatte der regio- nal zuständige Ärztliche Kreisver- band Rosenheim unter dem Titel

„Vollzug der Bundesärzteordnung, des Kammergesetzes und der Be- rufsordnung für die Ärzte Bayerns"

eindringlich erklärt, eine weitere Verzögerung der Klärung mache es den Arztkollegen immer schwerer, über Hackethals Behandlungsme- thoden zu diskutieren. Häufig, ja fast immer stießen sie auf den Ein- wand, von seiten der Rechtspre- chung hätte doch längst etwas pas- sieren müssen, „wenn es sich tat- sächlich so verhalten würde, daß die Heilversprechungen und Behand- lungsmethoden des Herrn Professor Hackethal wissenschaftlichen Er- kenntnissen tatsächlich nicht stand- halten`

Fehlverhalten in fünffacher Hinsicht

Die Vorwürfe, die jetzt zur Empfehlung des Berufsgerichts führten, waren im wesentlichen schon Gegenstand des Beschlusses gewesen, mit dem das Verfahren ge- gen Hackethal am 14. Februar 1985 eröffnet wurde. In einigen Punkten nur modifiziert, in einigen anderen aber auch beträchtlich erweitert und

verstärkt, wurde dem beschuldigten Chirurgen, Orthopäden und Klinik- leiter (dem übrigens niemand jemals seine ungewöhnlichen Qualitäten als Operateur abgesprochen oder auch nur geschmälert hat) in fünffacher Hinsicht ein Fehlverhalten zur Last gelegt. Kurz zusammengefaßt: er habe unerlaubte Sterbehilfe gelei- stet, Gift zur Selbsttötung mit der Post verschickt, der Öffentlichkeit eine begrenzt wirksame Behand- lungsmethode gegen Krebs als eine alle Krebsarten bekämpfende Heil- methode vorgestellt, andersdenken-

Hackethal vor

dem Berufsgericht

de Ärzte in unqualifizierter Weise beschimpft und sich über die gelten- de ärztliche Gebührenordnung hin- weggesetzt.

In der Berichterstattung über die Gerichtsverhandlung und ihr Er- gebnis ist nahezu ausschließlich auf die Initiative der Ärzteschaft abge- hoben worden. Das paßt in den be- kannten Trend, den Ärzten bei je- der Gelegenheit Hexenjagden auf unliebsame Berufsangehörige ans Bein zu binden — diesmal sogar auf ihren „berühmtesten deutschspra- chigen Kollegen" (Rolf Hochhuth in der „Welt am Sonntag").

Dabei wurde geflissentlich dar- über hinweggesehen, daß sich die Regierung von Oberbayern schon frühzeitig die Besorgnisse und Klä- rungsbedürfnisse der ärztlichen Kammerorganisation zu eigen ge- macht hatte. In einem Brief vom 12.

Februar 1986 schrieb die Regierung an Hackethal, sie überprüfe, ob sei- ne Approbation widerrufen werden müsse: „Ihr Verhalten in den letzten Jahren und im besonderen die Publi- zierung Ihrer Methode zur Krebs- heilung erweckt Zweifel, ob Sie noch würdig und zuverlässig sind, den ärtzlichen Beruf auszuüben."

Allerdings unterschieden sich die Auffassungen des Ärztlichen Kreis- verbandes Rosenheim und der Re- gierung von Oberbayern in einem gravierenden Punkt die letztere

dachte an ein zeitweiliges Ruhen der Approbation, der erstere hält den Entzug der Approbation „in vollem Umfang" für nötig.

Nächst der unerlaubten Sterbe- hilfe rückten denn auch Hackethals Heilversprechen recht schnell in den Mittelpunkt der Verhandlung. Was das Gericht dem Beschuldigten hier- zu vorhielt, war weitgehend iden- tisch mit der Auskunft, die Dr.

Horst Frenzel als Sprecher der Lan- desärztekammer Bayern im Januar 1986 erteilte, als er zu Hackethals unbewiesener und unbeweisbarer Triumphmeldung, „den Schlüssel zur Krebsheilung gefunden zu ha- ben", eine offizielle Presseerklärung mit der Begründung verweigerte, Hackethal sei diese „nicht wert".

Wohl aber hatte Frenzel gefragt:

„Glaubt denn wirklich einer in der Welt, daß Tausende von Fachleu- ten, die seit Jahrzehnten in der Krebsforschung arbeiten, nicht auf diesen Mechanismus der Blockade von Sexualhormonen gekommen wären?"

Verteidiger bauen neue „Kampflinie" auf

Einstige Sympathisanten und Hilfstruppen Hackethals treten in letzter Zeit spürbar kürzer. Selbst Hans Henning Atrott, Präsident der Gesellschaft für Humanes Sterben, zog sich von ihm zurück. Auf dem

„Gesundheitstag" in Kassel wurde er zur unerwünschten Person er- klärt. Der ihm lange wohlgewogene

„Spiegel" mochte seinen „Höhen- flügen nicht mehr folgen".

Wohl nicht zufällig bauten Hak- kethals Verteidiger — vorn Autor des dubiosen Schauspiels „Ärzte", Rolf Hochhuth, publizistisch unterstützt

— für ihren Mandanten schon in München eine neue „Kampflinie"

auf. Um die Abwehr der Vorwürfe im einzelnen gar nicht mehr bemüht, zielen sie auf eine Klage beim Bun- desverfassungsgericht, um dort nicht nur die ärztliche Berufsgerichtsbar- keit, sondern möglichst in einem Aufwasch gleich die gesamte, vom Gesetzgeber auf die Körperschaften delegierte Selbstverwaltung aus den Angeln zu heben. KG 4-412 (20) Dt. Ärztebl. 85, Heft 8, 25. Februar 1988

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