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as bedeutet Gesundheit für den Einzelnen? Kann man Gesund- heit selbst beeinflussen? Was wird getan, um gesund zu bleiben? Wie werden Ärzte eingeschätzt, und welche Einstellung haben die Deutschen zu Schulmedizin und Naturheilverfahren?Welche Informationskanäle benutzen Gesundheitsinteressierte? Das sind Fra- gen, die das Institut für Demoskopie in Allensbach 2 111 Deutschen ab 16 Jah- ren im Jahr 2000 stellte. Auftraggeber der Repräsentativbefragung war die Stiftung Identity-Foun-
dation, Düsseldorf, hin- ter der eine PR-Agen- tur steht.
Gesundheit ist den Deutschen wichtiger geworden: 48 Prozent (rund 30 Millionen Menschen) achten heu- te mehr auf ihre Ge- sundheit als Mitte der Neunzigerjahre. Wenig überraschend: Das Ge- sundheitsbewusstsein der Befragten nimmt zu, je älter sie sind und
je häufiger sie selbst oder Nahestehende bereits krank waren. Eine große Mehr- heit (88 Prozent) ist davon überzeugt, dass sich Gesundheit durch die Lebens- weise beeinflussen lässt. Dabei glaubt der gebildete Höherverdienende eher als der sozial Schwache, dass er Einfluss auf seine Gesundheit hat. In der konkre- ten Umsetzung gesunder Lebensweisen beweisen die über 60-Jährigen die größ- te Disziplin. Knapp die Hälfte der 30- bis 44-Jährigen würde gerne mehr für die Gesundheit tun, sieht sich aber durch Beruf und Familie daran gehindert. Um
gesund zu bleiben, halten sich die mei- sten an der frischen Luft auf, achten auf genügend Schlaf, nehmen Vorsorgeun- tersuchungen in Anspruch, achten auf das Gewicht und eine gesunde Ernäh- rung, vermeiden Stress und treiben Sport. Die unter 30-Jährigen gehen eher sorglos mit ihrer Gesundheit um, nur beim Sporttreiben sind sie am aktivsten.
Frauen leben gesünder als Männer.
Die Ärzteschaft genießt nach wie vor hohes Ansehen in der Bevölkerung. Pa- tienten vertrauen den Ärzten, auch
wenn sie diese schon einmal ratlos er- lebt haben. Dennoch sehen viele Be- fragte Mängel in der Betreuung: 56 Pro- zent kritisieren, dass Ärzte sich zu we- nig Zeit nehmen und nur oberflächlich nach den Gründen einer Erkrankung forschen. Psychische Prozesse sollten stärker berücksichtigt werden. Immer- hin glauben 72 Prozent, dass somatische Symptome psychische Ursachen haben.
Vielen Deutschen ist die Behandlung zu stark auf die Schulmedizin ausgerich- tet: 45 Prozent sind überzeugt, dass die Ärzte die Möglichkeiten alternativer
Heilverfahren zu wenig nutzen. Ge- wünscht wird eine schonendere Behand- lung mit weniger Nebenwirkungen. Die Bevölkerung hegt eine ausgeprägte Zu- neigung zu alternativen Heilverfahren und Naturheilmitteln. 83 Prozent rea- gierten auf den Begriff Naturheilkunde mit spontaner Sympathie. Das Schlüssel- wort Antibiotika finden nur 49 Prozent sympathisch (Grafik).
An die uneingeschränkte Wirksam- keit von Naturheilmitteln glauben 50 Prozent der Bevölkerung; nur drei Pro- zent bezweifeln jede Wirkung. 67 Pro- zent derjenigen, die Erfahrungen mit Naturheilkunde und alternativen Heil- verfahren haben, wünschen sich mehr Ärzte, die sich damit auskennen. Dabei spielt die weit verbreitete Meinung eine Rolle, dass es auf diesem Gebiet viele Scharlatane und Pfuscher gibt. Der Wunsch nach einer größeren Bedeu- tung alternativer Medizin ist aber kein Urteil gegen die Schulmedizin: 81 Pro- zent der Bevölkerung sind davon über- zeugt, dass sich die Ansätze ergänzen können. Als Informationslieferant für Naturheilkunde und Alternatives wird allerdings das größte Vertrauen in Heil- praktiker (61 Prozent) gesetzt, mit großem Abstand folgen Ärzte und Apotheker (33 und 29 Prozent).
Arzt als hauptsächliche Informationsquelle
Das Internet spielt als Informationsquel- le für Fragen zur Gesundheit mit einem Anteil von fünf Prozent bisher kaum ei- ne Rolle, ebenso wenig Selbsthilfegrup- pen und Beratungsstellen. Die meisten (79 Prozent) informieren sich durch ihren Arzt. 63 Prozent nutzen Fernseh- sendungen wie Gesundheitsmagazin Praxis oder ARD-Ratgeber Gesundheit, deren Informationen vertrauenswürdig erscheinen. Weniger Vertrauen haben die Befragten in Artikel in Zeitschriften und Zeitungen sowie in Gespräche, ob- wohl diese Quellen häufig genutzt wer- den. Bei Apotheken hält sich Nutzung und Vertrauen etwa die Waage. Insge- samt bewertet die Bevölkerung das An- gebot als zufriedenstellend, nur bei alter- nativen Verfahren und Naturheilkunde bemängeln 37 Prozent, die Informatio- nen seien unzureichend. Petra Bühring T H E M E N D E R Z E I T
Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 20½½18. Mai 2001 AA1307
Meinungsforschung
Ganzheitliche Therapie gewünscht
Das Institut für Demoskopie Allensbach befragte 2 111 Menschen zu ihren Einstellungen zu Gesundheit und ärztlicher Versorgung.
Grafik
Emotionale Bewertung therapeutischer Schlüsselbegriffe
Unsympathisch: Sympathisch:
Naturheilkunde Homöopathie
Akupunktur Ganzheitliche Medizin
Antibiotika Psychotherapie
Hypnose Quelle: Allensbacher Archiv
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