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Brang, P., Bugmann, H., & Bolliger, M. (2011). Waldreservate in der Schweiz. In P. Brang, C. Heiri, & H. Bugmann (Eds.), Waldreservate. 50 Jahre natürliche Waldentwicklung in der Schweiz (pp. 26-37). Haupt.

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Brang, P.; Bugmann, H.; Bolliger, M. 2011. Waldreservate in der Schweiz. In: Brang, P.; Heiri, C.; Bugmann, H. (Red.). Waldreservate.

50 Jahre natürliche Waldentwicklung in der Schweiz. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL; Zürich, ETH Zürich. Bern, Stuttgart, Wien, Haupt. 26-37.

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Waldreservate in der Schweiz

Im Jahr 1910 wurde als erstes Waldreservat der Schweiz der Urwald von Scatlè bei Breil/Brigels im Vorderrheintal mit einer Fläche von zunächst 5 ha unter Schutz gestellt. Bis ins Jahr 2010 wurden aus diesem kleinen Beginn rund 44 000 ha Waldreser- vate, etwa 3,5 Prozent der Waldfläche der Schweiz.

Das Ziel der schweizerischen Waldreservats-Politik liegt bei mindestens 10 Prozent, davon rund die Hälfte als Naturwaldreservate. In grauer Vorzeit waren all diese Wälder einmal Urwälder, sie wur- den dann aber über viele Jahrhunderte intensiv genutzt, und nun ist dieser Nutzungsdruck gerin- ger – und doch entsteht in den Waldreservaten nicht wieder der frühere Urwald.

Eichen im Reservat Niderholz-Watt, Kanton Zürich.

Peter Brang, Harald Bugmann und Markus Bolliger

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die Fläche der Urwälder rasch ab, und die verblie- benen Wälder wurden stark genutzt, denn Holz war bis etwa 1850 der wichtigste Heiz-, Bau- und Werkstoff. Eine nachhaltige Nutzung war schwie- rig durchzusetzen. Ganze Täler wurden kahl ge- schlagen, um die Kassen der Gemeinden zu füllen, oft auf Initiative auswärtiger Unternehmer (Abb.

2.1). Davon war auch ein Teil der heutigen Wald- reservate betroffen. So wurden im heutigen Na- tionalpark von 1835 bis 1847 1700 ha Wald kahl geschlagen – an denselben Hängen zum zweiten Mal [2]! Der Wald wurde zudem oft beweidet und war bis in höchste Lagen eng mit dem land- wirtschaftlich genutzten Land verzahnt, das der bäuerlichen Bevölkerung näher am Herzen lag als der Wald, wie folgendes Zitat des Interlakener Forstmeisters Kasthofer [3] zeigt: «… der schöns- 2.1 Vom Urwald zum Nutzwald

Als sich die Gletscher nach der letzten Eiszeit vor etwa 12 000 Jahren zurückzuziehen begannen, war die Schweiz noch sehr dünn besiedelt [1].

Menschliche Spuren aus dieser Zeit wurden zwar verbreitet gefunden, aber die wenigen Menschen beeinflussten die Wälder bis ins 3. Jahrtausend v.

Chr. nur punktuell. Erst ab dann wurde im Mit- telland und in den inneren Alpentälern verstärkt Wald gerodet. Mit der römischen Besetzung ab 15 v. Chr. nahm die Landwirtschaft einen Auf- schwung, und Gutshöfe überzogen das ganze Mittelland.

In weiten Gebieten des Juras und der Alpen wurde der Wald aber erst im frühen Mittelalter ab etwa dem Jahr 1000 stark dezimiert. Dabei nahm

Abb. 2.1. Grosse Schlagflächen am Klöntalersee (Kanton Glarus) um das Jahr 1900. Links und in der Bildmitte eine wieder bewaldete Fläche, rechts ein frischer Kahlschlag. Von einer Postkarte.

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Waldreservate in der Schweiz 29

Ab 1947 engagierten sich auch Wissenschafter wirkungsvoll für die Waldreservate. Vor allem Professor Leibundgut (ETH Zürich) erweiterte das Reservatsnetz stetig, bis es 1987 39 Objekte mit einer Fläche von insgesamt 1018 ha umfasste [11]. Meistens schloss die ETH dazu mit den Eigen- tümern Pachtverträge mit einer Laufzeit von 50 oder 100 Jahren ab. Die Pachtzinsen sollten die Eigentümer für den angenommenen Ertragsaus- fall entschädigen. Einige Eigentümer verkauften ihren Wald auch.

2.3 Waldreservate im Zeichen der Biodiversität

Seit dem Erdgipfel von Rio 1992 wurde der vorher nur Fachleuten vertraute Begriff der Biodiversität zu einem internationalen Thema, womit auch die Naturschutzanliegen im Wald mehr Gewicht er- hielten. Naturschutzvertreter forderten die Schaf- fung von Waldreservaten auf 18 % der Waldflä- che [12, 13]. Viele Kantone übernahmen einen Zielwert von 10 % – wie auch der Bund und die Forstdirektoren der Kantone, die ihn 2001 in ihre

«Leitsätze einer Waldreservatspolitik Schweiz»

aufnahmen [14]. In seinem Waldreservatskonzept [15] beschrieb der Bund die Grundzüge und Pri- oritäten für ein nationales Netz von Naturwald- reservaten und von Waldreservaten mit gezielten Eingriffen (Sonderwaldreservaten). Damit waren die Grundlagen geschaffen, um Reservate auf al- len in der Schweiz verbreiteten oder besonders schützenswerten Waldstandorten einzurichten.

Im Jahr 1996 stellte Glarus als erster Kanton ein kantonales Waldreservatskonzept vor [16]. Heute verfügt jeder Kanton über ein vom Bund geneh- migtes Waldreservatskonzept.

Die Idee, Wälder als Reservate zu schützen, fand dabei nur langsam Akzeptanz und ist auch heute noch nicht ganz unbestritten. Nur wider- willig fand sich die einheimische Bevölkerung mit den Beschränkungen ab – oder sie missachte- te sie ganz: Im Aletschwald wurden trotz Verbot noch Jahrzehnte nach der Reservats-Gründung im gros sen Stil Heidelbeeren mit dem so genannten Heitisträhl geerntet, was die Verjüngung stark be- schädigte; im Urwald von Scatlè, der all die Jahr- hunderte hindurch vom Holzhunger verschont geblieben war, weideten immer wieder Ziegen (Abb. 2.2); und bei der Unterschutzstellung des te Baum, der keine Fütterung oder Früchte trägt,

wird unfehlbar sobald als möglich gefällt, wenn er auch nur ein Pfund Heu zu wachsen hindert».

Der Druck auf den Wald nahm erst mit dem Aufkommen eines neuen Energieträgers ab: der Kohle, die ab etwa 1850 in den Städten das Holz zunehmend ersetzte. Zudem setzte sich nach wie- derholten katastrophalen Überschwemmungen (1834, 1837, 1839 und 1868) und mehreren Denk- schriften und Gutachten dazu [4, 5, 6, 7, 8] langsam die Idee durch, dass Wälder Schutz verdienen und geregelt genutzt werden sollten. Forstverwal- tungen wurden eingesetzt, die den Schutz des Waldes – oft gegen erheblichen Widerstand der ansässigen Bevölkerung – durchzusetzen hatten.

Langsam erholte sich der geplünderte Wald wie- der. Die Holzvorräte, welche vielerorts weit unter 100 m3 pro ha gesunken waren, nahmen in der Folge wieder zu.

Um 1850 gab es in der Schweiz kaum noch Ur- wald. Vom Menschen und seinen Tieren verschont geblieben waren nur Restwäldchen, die auf unzu- gänglichen Felsbändern standen oder aus denen das Holz nicht abtransportiert werden konnte, weil sie zu abgelegen waren oder natürliche Hin- dernisse wie Felsblöcke und Klüfte den Weg ver- sperrten.

2.2 Die ersten Waldreservate entstehen Das erste Waldreservat in Europa entstand wahr- scheinlich 1827 in Polen (Ziesbuch) [9]. Als nächs- tes folgte 1838 das Reservat Žofínský in der Tsche- chischen Republik [10]. Im Jahr 1872 wurde in den USA der Yellowstone National Park gegründet.

Die Idee eines schweizerischen Nationalparks im Engadin nahm ab 1909 konkrete Formen an und führte zu dessen Gründung im Jahr 1914.

In der gleichen Zeit trieb ab 1906 der Schweize- rische Forstverein die Schaffung von Naturwald- reservaten voran und äufnete dazu 1909 einen Fonds mit 2000 Schweizer Franken. Im Jahr 1919 trat der Forstverein die bis dahin eingerichteten Reservate an den Schweizerischen Bund für Na- turschutz SBN (heute: Pro Natura) ab, darunter den kleinen Urwald Scatlè bei Breil/Brigels (Kap.

6.11). Mit Erfolg setzte sich Pro Natura für weitere Reservate ein: 1933 konnte der Aletschwald (Kap.

6.14), 1959 der Urwald von Derborence (Kap. 6.7) unter Schutz gestellt werden.

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(Kap. 6.1) mit einer Jahrhunderte langen Nut- zungsgeschichte, um dieser Idee zum Durchbruch zu verhelfen. Es brauchte auch Fragezeichen zur bisherigen Holznutzung, wie sie aufgrund der da- maligen verbreiteten Defizite vieler Forstbetriebe auftauchten. Und es brauchte finanzielle Anreize des Bundes, der Kantone und von Privaten, um Waldeigentümer dazu zu bewegen, Wälder als Reservate aus der Nutzung zu entlassen. Als be- sonders schwierig erweist es sich heute, grosse Re- servate zu schaffen (Tab. 2.1). Das anvisierte Ziel, bis ins Jahr 2030 dreissig Grossreservate von über 500 ha Fläche in der ganzen Schweiz zu schaffen [14], ist mit 19 (Stand März 2011) noch nicht er- reicht.

Reservates St. Jean (Kanton Bern) wurde die wei- tere Nutzung des Totholzes sogar ausdrücklich zugestanden. Entsprechend wurden anfänglich auch vor allem kleine, unproduktive und schwer zugängliche Waldflächen unter Schutz gestellt.

Um das Flächenziel der Reservatspolitik zu er- reichen, genügen Reservate auf solchen Standor- ten aber nicht. Ab etwa 1995 entstanden deshalb Bemühungen, auch grosse, produktive Flächen zu Waldreservaten zu machen. Umgehend flammten die Diskussionen wieder auf. War es wirklich ver- tretbar, auch grosse, produktive und gut erschlos- sene Wälder unter Schutz zu stellen und auf die Holznutzung zu verzichten? Es brauchte Vorreiter wie die Stadt Zürich, Eigentümerin des Sihlwaldes

«Invasion der Ziegen in das Reservat: Über 100 Ziegen durchqueren die untere Hälfte des Reservates. Es war diesen Sommer sicher nicht das erste Mal, da überall Kot und Fussspuren, abgefressene Farne u. Gräser, Kräuter u. Sträu- cher festgestellt werden konnten.»

«Besprechung mit Herrn Carigiet wegen der Ziegen: Prof. Leibundgut schlägt Entschädigung von Fr. 100.– am Ende der Saison vor, wenn keine Ziegen im Wald festgestellt werden konnten.»

Abb. 2.2. Zwei Auszüge aus dem so genannten Kontrollheft der ETH für das Reservat Scatlè vom 16.8.1968 (oben) und 21.8.1968 (unten): Wie Prof. Leibundgut gefrässige Ziegen vom Reservat fernhalten wollte.

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Waldreservate in der Schweiz 31

Eine Schwierigkeit besteht darin, dass nur weni- ge Waldeigentümer überhaupt über so viel Wald verfügen; daher sind für grosse zusammenhän- gende Waldreservate langwierige Verhandlungen mit vielen Beteiligten nötig. Zudem ist für einen Waldeigentümer die Ausscheidung eines Wald- reservats ein grosser Schritt, denn er verpflichtet sich damit über mindestens 50 Jahre, seinen Wald nicht forstlich zu nutzen (Abb. 2.3). Eine spätere Nutzung ist zwar nicht ausgeschlossen, aber sie liegt in unvorstellbar weiter Zukunft.

Wälder können sich nicht nur in Waldreserva- ten zu Naturwäldern entwickeln. Eine formelle Unterschutzstellung kann auch auf anderen We- gen geschehen: Bei grossen Waldflächen über Na- tionalpärke (Beispiel: Schweizerischer National- park) und Naturerlebnispärke (Beispiel: Sihlwald), bei kleinen Flächen von wenigen Hektaren über

Abb. 2.3. Wertvolle Buchenstämme im Reservat Sihlwald. Ein Waldreservat zu schaffen heisst für den Eigentümer, zugunsten von Naturwerten auf die Holzproduktion zu verzichten.

Altholzinseln, in denen sich allerdings nur ein Teil der Entwicklungsphasen des Urwaldes ausbilden kann.

Daneben gibt es heute in der Schweiz grosse Flächen von «heimlichen» Waldreservaten: Wäl- der, in denen schon seit Jahrzehnten kein Holz mehr genutzt wurde. Gemäss dem 3. Landes- forstinventar (2004–2006) wurde auf 18 % der gesamtschweizerischen Waldfläche (zugänglicher Wald ohne Gebüschwald) seit mindestens 50 Jah- ren kein Holz genutzt, auf der Alpensüdseite gar auf 54 % (Abb. 2.4 und 2.5, [17]). Diese Flächen überlappen sich stark mit den Waldreservaten, machen aber ein Mehrfaches der als Reservate ausgewiesenen Wälder aus. Sie sind eine wert- volle Ergänzung der gezielt ausgesuchten Wald- reservate, geniessen allerdings keinen langfristig verbindlichen Schutz.

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Abb. 2.4. Zeitpunkt des letzten Ernteeingriffs auf den Probeflächen des Schweizerischen Landesforstinventars [17].

50 km

letzter Eingriff vor 0–10 Jahren 11–20 Jahren 21–50 Jahren über 50 Jahren weniger als 10% Wald

Abb. 2.5. Seit mindestens 50 Jahren nicht genutzter Fichtenwald bei Vals. Solche Wälder geniessen keinen vertraglichen Schutz, sind aber oft in sehr naturnahem Zustand.

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Waldreservate in der Schweiz 33

Fichten-Tannenwälder und Tannen-Buchenwäl- der. Seltenere Waldgesellschaften wie trocke- ne Flaum eichen- und Föhrenwälder oder nasse Schwarzerlenbrüche geniessen zwar oft einen Schutzstatus, aber die besonderen Naturschutz- werte solcher Wälder lassen sich häufig nur erhal- ten, indem eine historische Nutzungsform weiter gepflegt wird. Daher eignen sich diese Wälder teilweise nicht als Naturwaldreservate. Auenwäl- der wurden im Zuge der Gewässerkorrektionen stark dezimiert, und die Ausdehnung ihrer Fläche und ihre Renaturierung – einschliesslich des Erlau- bens der natürlichen Schwankungen des Wasser- standes – scheitern oft an Interessenkonflikten, zum Beispiel mit der Land- und Wasserwirtschaft.

Es ist davon auszugehen, dass weniger um- strittene Reservate bereits ausgeschieden wurden und das Ausscheiden weiterer Reservate zuneh- mend schwieriger wird, insbesondere wenn sie gross sein sollen und auf produktiven Standorten liegen. In einigen Fällen wurden Reservate mit Mitteln von privaten Mäzenen oder Stiftungen realisiert, und oft werden bestehende Naturwald- reservate erweitert. Dies war bisher bei 14 der 2.4 Naturwaldreservate in der Schweiz:

wo stehen wir heute?

Im März 2011 waren in der Schweiz rund 400 Waldreservate mit einer Gesamtfläche von rund 44 000 ha vertraglich gesichert. Viele der in den letzten Jahren gegründeten Reservate sind Kom- plexreservate, umfassen also neben Waldflächen ganz ohne Eingriff auch solche, in denen mit ge- zielten Eingriffen Habitate für bestimmte Arten geschaffen werden. 48 Waldreservate waren min- destens 200 ha gross, 24 mindestens 500 ha (Tab.

2.1). Bei Abzug von Nichtwaldflächen sind noch 19 Reservate mindestens 500 ha gross. Von den Ziel- werten des Bundes ist damit ein gutes Drittel er- reicht: Rund ein Drittel bei den Reservats-Flächen, bei denen das Ziel 10 % der Waldfläche ist, und fast zwei Drittel bei der Anzahl grosser Naturwald- reservate mit einer Fläche von mindestens 500 ha, bei einem Zielwert von 30 solchen Reservaten.

Unter den Vegetationseinheiten sind im Mo- ment Buchenwälder, Fichtenwälder und Lärchen- Arvenwälder gut abgedeckt. Sehr gut vertre- ten sind Bergföhrenwälder. Untervertreten sind

Abb. 2.6. Naturnah bewirtschaftete Wälder können reich an Naturwerten sein. Baumholz mit Dürrständer im Mischwald bei Hemberg.

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Tab. 2.1. Die grössten Waldreservate der Schweiz. Stand März 2011, in der Reihenfolge ihrer Gesamtfläche. Bei den Flächenangaben bestehen gewisse kantonale Unterschiede, v.a. was das Ausweisen von Nichtwaldflächen betrifft.

Name des Reservates1 Kan- ton

Region2 Jahr3 Typische Baumarten4 Ziel5 Wald- fläche6 [ha]

Gesamt- fläche7 [ha]

Nationalpark GR Alpen 1914 Bergföhre, Fichte, Lärche, Arve A 5349 17 230

La Pierreuse VD Voralpen 1960 Tanne, Fichte, Erle B 1126 3309

Surses GR Alpen 2009 Fichte, Föhre BA 1927 2141

Murgtal SG Alpen 2006 Arve, Fichte A 460 1809

Amden SG Voralpen 2006 Fichte, Bergahorn, Vogelbeere C 975 1772

Val Cama - Val Leggia GR Alpensüd-

seite 2008 Buche, Tanne, Fichte, Lärche,

Eiche, Linde, Kastanie C 1458 1578

Albula GR Alpen 2008 Fichte, Lärche, Arve, Legföhre BA 1402 1521

Valli di Cresciano e di

Osogna TI Alpensüd-

seite 2004,

2011 Tanne, Fichte, Lärche, Buche A 1519 1519

Vallon de Nant VD Alpen 1970 Tanne, Fichte, Erle A 291 1400

Combe Grède BE Jura 1932 Buche, Tanne, Fichte, Bergahorn C 800 1202

Wisstannen SZ Voralpen 2002,

2006 Buche, Tanne, Fichte C 838 1290

Sihlwald8 ZH Mittelland 2007 Buche, Esche A 919 1098

Pfynwald VS Alpen 1998 Föhre, Flaumeiche C 994 994

Bödmerenwald SZ Alpen 1971,

2009 Fichte, Bergföhre, Moorbirke C 550 898

Onsernone TI Alpensüd-

seite 2003 Tanne, Lärche A 781 792

Ibergeregg SZ Voralpen 2001,

2006 Fichte, Tanne, Bergföhre C 555 771

Chasseral BE Jura 2008 Fichte, Bergahorn B 320 745

Aletschwald VS Alpen 1933,

2011 Arve, Lärche A 730 730

Kreisalpen SG Voralpen 2004 Fichte, Arve C 470 695

Creux-du-Van9 NE Jura 1876,

2008 Buche, Tanne, Fichte, Bergahorn C 686 686 S-chalambert - Val d’Assa GR Alpen 2010 Fichte, Lärche, Arve, Legföhre A 514 623

Rophaien UR Alpen 2010 Fichte, Föhre, Bergföhre C 292 619

Valle di Lodano TI Alpensüd-

seite 2010 Buche, Tanne, Lärche A 582 582

Niderholz - Watt ZH Mittelland 1997 Eiche B 575 575

Bettlachstock SO Jura 1985 Buche, Tanne, Fichte A 412 561

angestrebten Reservatsanteil an der Waldfläche, Unterschiede, die nicht nur auf die unterschiedli- chen politischen oder eigentumsrechtlichen Aus- gangslagen zurückzuführen sind, sondern auch auf das Wirken von Einzelpersonen.

Wichtig ist auch, dass es nicht genügt, die Bio- diversität im Wald nur über das Instrument der Reservate zu erhalten und zu fördern. Es sind 39 ETH-Reservate der Fall. Auf der anderen Sei-

te scheint es in Randregionen möglich, Wälder in weiteren Nationalpärken unter Schutz zu stellen.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Reservats- ausscheidung sind die Überzeugung und der Mut jener Waldfachleute, welche die kantona- le Waldreservatspolitik gestalten. Zwischen den Kantonen bestehen auffällige Unterschiede im

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Waldreservate in der Schweiz 35

Name des Reservates1 Kan- ton

Region2 Jahr3 Typische Baumarten4 Ziel5 Wald- fläche6 [ha]

Gesamt- fläche7 [ha]

Twingi VS Alpen 2010 Föhre, Fichte, Lärche A 438 438

La Sagne NE Jura 1999 Fichte, Tanne, Buche BP 411 411

Les Follatères VS Alpen 1969,

2009 Flaumeiche, Föhre, Tanne, Fichte,

Arve A 370 396

Auengebiet Eggrank -

Thurspitz ZH Mittelland 2004 Föhre, Eiche, Weide C 275 393

Palagnedra TI Alpensüd-

seite 2007 Buche, Fichte, Tanne A 387 387

Aclatobel GR Alpen 2009 Fichte, Tanne, Lärche, Föhre,

Buche, Bergahorn A 358 365

Montricher VD Jura 2001 Buche, Tanne, Fichte, Bergahorn A, BA 356 356

Teufimatt OW Voralpen 2009 Fichte, Bergföhre BA 317 320

Mont Raimeux BE Jura 2005 Föhre, Schneeballblättriger

Ahorn, Buche A 318 318

Bärenstichwald, Grappli-

wald, Rautikarren GL Voralpen 2002 Arve, Bergföhre, Fichte A 306 306 Bosch dal Bügliol GR Alpensüd-

seite 2010 Fichte, Lärche, Föhre, Eiche,

Linde, Birke, Aspe C 251 295

Des Forges à Sormont JU Jura 2003,

2007 Buche, Föhre C 277 277

Planige - Randogne VS Alpen 1999 Föhre, Flaumeiche B 275 275

Büelserwald GL Alpen 2002 Tanne, Fichte BA 272 272

Moosbühel SG Voralpen 2009 Fichte, Tanne, Buche, Bergahorn BA 205 261 Grand Paine - Auta Chia FR Voralpen 2003 Fichte, Tanne, Buche, Bergahorn A 246 246

Egg-Königstein AG Jura 2000,

2010 Buche, Linde, Ahorn10 C 240 240

Dilitsch - Schofgraben SO Jura 1991 Buche, Fichte, Tanne, Ahorn10 A 238 238 Bürgenstock - Naswald LU/NW Voralpen 2010 Buche, Tanne, Ahorn10 A 230 230 Salginatobel GR Alpen 2009 Buche, Fichte, Föhre, Bergahorn,

Esche A 166 222

Domleschg GR Alpen 1997 Lärche, Fichte BP 164 213

Chlisterli OW Alpen 2007 Fichte, Tanne, Buche A 136 211

Rorwald OW Alpen 2000 Fichte, Bergföhre A 200 200

1 Lokalname des Reservates

2 Produktionsregion nach LFI [18]

3 Gründungsjahr und wenn erweitert letztes Erweiterungsjahr

4 Standortstypische Baumarten (Arten, welche die potenzielle natürliche Waldgesellschaft charakterisieren)

5 Ziel: A vorwiegend natürliche Waldentwicklung (Prozessschutz, «Naturwaldreservat»); B: vorwiegend Flächen mit Eingriffen zur Förderung bestimmter Arten bzw. zur Erhaltung bestimmter Lebensräume («Sonderwaldreservat»);

BA Förderung des Auerhuhns; BP: Pâturage boisé im Jura bzw. Lärchen-Weidewälder in den Alpen); C: Kombination von Naturwald- und Eingriffsflächen («Komplexreservat»)

6 von Wald im eigentlichen Sinne bestockte Fläche im Reservat (Definition gemäss Waldgesetz, inklusive Wytweiden)

7 Gesamtperimeter des Waldreservates bzw. Naturschutzgebietes, inklusive Nichtwaldflächen (Felsen, Blockschutt- halden, Moore, Rasen, Trockenwiesen, Alpweiden usw.)

8 Exklusive Naturschutzzone (5 ha), Landschaftsschutzzone (89 ha), Erholungszone (6 ha) und Sicherheitszone (80 ha)

9 Projekt zur Reservatsausscheidung noch nicht abgeschlossen

10 Ahornart unbestimmt Tab. 2.1. Fortsetzung.

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Rehe, Hirsche und Gämsen, welche von den jun- gen Bäumen einige bevorzugen, was die Wald- entwicklung beeinflusst. Drittens werden sich mit dem rasch ablaufenden Klimawandel die Standor- te verändern, und der entstehende Urwald wird oft ein ganz anderer sein als der historische, zum Beispiel wird er aus anderen Baumarten zusam- mengesetzt sein. Aus all diesen Gründen wird der Wald in Naturwaldreservaten zwar zunehmend naturnah – aber er wird nicht wieder zum Urwald von früher, sondern über viele Jahrhunderte zu ei- nem neuen Urwald.

Literatur

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[4] larDy C. 1842. Denkschrift über die Zerstörung der Wälder in den Hochalpen, die Folgen davon für diese selbst und die angrenzenden Landestheile und die Mittel, diesen Schaden abzuwenden. Zü- rich, Ulrich.

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dazu im Rahmen des naturnahen Waldbaus auch Massnahmen auf der ganzen Waldfläche nötig, zum Beispiel das Belassen von Bäumen mit Habi- tatstrukturen (Abb. 2.6).

2.5 Naturwälder – Urwälder von morgen?

Waldreservate entwickeln über viele Jahrzehn- te Charakteristiken, die sie den Urwäldern wie- der ähnlich machen. Innert weniger Jahrzehnte nimmt das Totholzvolumen wieder zu, vor allem wenn Stürme und andere Störungsereignisse den Tod vieler Bäume verursachen. Deutlich zeigt sich das im Josenwald (Kap. 6.3). Bis auch stark abge- bautes Totholz zur Verfügung steht, dauert es et- was länger. Neben dem zunehmenden Totholzvo- lumen weisen Waldreservate auch sonst wenige Jahrzehnte nach der Aufgabe der forstlichen Nut- zung Charakteristiken auf, die sich auch in Urwäl- dern in ähnlichen Waldtypen finden (Kap. 1): Die Bestandesstrukturen sind heterogen, es kommen auch Zerfallsphasen vor, und Habitatstrukturen wie zum Beispiel Spechtlöcher und Mulmhöhlen werden häufiger. Viele Jahrzehnte dauert es al- lerdings, bis wieder Baumriesen herangewachsen und die Spuren der früheren Nutzung (Abb. 1.1) verschwunden sind (Kap. 5).

Die zunehmende Naturnähe hat dabei wenig mit der Dauer seit der Reservatsgründung zu tun;

sie hängt stärker von der Dauer und Intensität der Holznutzung davor ab. Auch der Standort spielt eine grosse Rolle: Wo das Wachstum durch Käl- te, Nährstoffarmut und/oder Trockenheit einge- schränkt ist, entwickelt sich der Wald langsam, sei er nun genutzt oder nicht, und daher können sich Charakteristiken des Urwaldes auch nur langsam ausbilden.

Entwickelt sich der Wald in Waldreservaten nun wieder zu dem Urwald, wie er vor Einset- zen der menschlichen Nutzung existierte? Es ist wahrscheinlich, dass dies nicht geschehen wird, auch wenn wir mehrere hundert Jahre warten.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens sind die meisten Waldreservate klein und daher mannig- fachen Randeinflüssen ausgesetzt, zum Beispiel dem Eintrag von Schadstoffen aus der Atmosphä- re, die unter anderem wie eine permanente Dün- gung wirken. Zweitens ist die Fauna heute eine andere als im früheren Urwald: Es gibt weniger Raubtiere, aber mehr wildlebende Huftiere wie

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Waldreservate in der Schweiz 37

[14] BUWAL 2001. Leitsätze einer «Waldreservatspolitik Schweiz». BUWAL, Eidg. Forstdirektion, 2 S.

[15] inDermühle m.P.; Kaufmann g.; steiger P. 1998. Kon- zept Waldreservate Schweiz. Schlussbericht des Pro- jektes Reservatspolitik der Eidgenössischen Forst- direktion, 1998. 102 S. + Anhang.

[16] Kanton Glarus 2004. Waldreservatskonzept des Kantons Glarus. Überarbeitete Version 2004. Kan- tonsforstamt Glarus. 9 S.

[17] DuC P.; BränDli u.-B.; herolD BonarDi a.; rösler e.;

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[18] Brassel P.; BränDli u.-B.; ginZler C.; lanZ a.; meile

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Ljubljana, Biotechnical Faculty, Department of Forestry and Renewable Forest Resources, 133–143.

[12] Broggi m.f.; Willig g. 1993. Waldreservate und Na- turschutz. Beiträge zum Naturschutz in der Schweiz 13/1993. Schweizerischer Bund für Naturschutz (Hrsg.).

[13] WWF 2004. Waldreservate: Die Kantone im Ver- gleich. Eine Untersuchung zum Stand der kanto- nalen Umsetzung der Schweizerischen Waldreser- vatspolitik. Zürich: WWF, 19 S. http://assets.wwf.ch/

downloads/wwfberichtwaldreservate04.pdf, einge- sehen 28. Dezember 2009.

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