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Archiv "Magenlymphome" (18.06.1993)

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Magenlymphome

Eine aktuelle Übersicht zu Inzidenz,

histopathologischer Klassifikation, Stadieneinteilung, Prognose, Diagnostik und Therapie

Wolfgang Fischbach, Stephan Böhm,

Klaus Wilms

D

er Gastrointestinaltrakt — (GI)-Trakt — gehört zu den häufigsten extranodalen Ma- nifestationen maligner Lym- phome (8, 17, 24, 31, 38). Während der Befall des Magen-Darm-Traktes durch den Morbus Hodgkin eine Ra- rität darstellt (20), repräsentieren ga- strointestinale Non-Hodgkin-Lym- phome (NHL) in manchen Untersu- chungen über 30 Prozent aller primär extranodalen Lymphome (3, 4, 64, 65). In einer Bevölkerungsstudie jün- geren Datums aus den Niederlanden lag, bezogen auf die Gesamtzahl aller NHL, der Anteil primärer gastrointe- stinaler Lymphome bei 17 Prozent (64). Unter diesen stellt der Magen wiederum mit über 50 Prozent die häufigste Lokalisation dar. In abstei- gender Frequenz folgen Dünndarm, Ileozoekalregion und Dickdarm.

Definitionsgemäß müssen von den primären gastrointestinalen Lymphomen nodale NHL abgegrenzt werden, die im Rahmen der Krank- heitsdisseminierung sekundär den Verdauungstrakt befallen.

Primäre

Magenlymphome Definition

Die Definition des primären ga- strointestinalen Lymphoms ist kei- neswegs einheitlich. Einige Autoren (38, 52) fordern lediglich, daß eine dem nachgewiesenen Lymphom zu- zuordnende Symptomatik besteht und/oder die Haupttumormasse im GI-Trakt lokalisiert ist. Andere legen strengere Maßstäbe an und setzen das Fehlen peripherer und thoraka-

Der Gastrointestinaltrakt stellt die häufigste extranodale Manifestation maligner Non-Hodgkin-Lymphome dar. Die Beschreibung der Lymphome vom MALT-(Mucosa associated lym- phoid tissue) Typ hat zu einer grund- legenden Neuklassifikation der ga- strointestinalen Lymphome geführt.

Neben dem histologischen Typ hat sich das Stadium, insbesonders die Infiltrationstiefe, als wesentlicher pro- gnostischer Faktor erwiesen. Endo- skopie und neuerdings die Endoso- nographie ermöglichen eine Erfas- sung und Stadieneinteilung auch lo- kal begrenzter Lymphome. Die The- rapie ist angesichts fehlender pro- spektiver Daten Gegenstand intensi- ver Diskussionen.

ler Lymphome, einen unauffälligen Knochenmarksbefund und die Lym- phomfreiheit von Leber und Milz voraus (19). Diese unterschiedlichen Kriterien spiegeln sich naturgemäß in den divergierenden Angaben zur Häufigkeit primärer gastrointestina- ler Lymphome wider und erklären auch Unterschiede in der Stadienver- teilung. Zukünftig werden derartige auf der Krankheitsausdehnung basie- rende Definitionen durch die Erar- beitung histomorphologischer Cha- rakteristika für die MALT (Mucosa- associated-lymphoid-tissue)-Lympho- me mehr und mehr an Bedeutung verlieren.

Medizinische Poliklinik

(Direktor Dr. med. Klaus Wilms)

Bayerische Julius-Maximilians- Universität Würzburg

Inzidenz, Alters- und Geschlechtsverteilung

Die Angaben zur Inzidenz für die Gesamtheit nodaler und extrano- daler NHL in den westlichen Indu- strienationen schwanken für die 80er Jahre zwischen 80 und 120 Neuer- krankungen/1 000 000/Jahr (30, 65).

Aus einem Anteil der primären Ma- genlymphome von neun Prozent aller NHL ergibt sich demnach für diese eine Inzidenz von 9/1 000 000/Jahr.

Dabei hat sich die Inzidenz primärer gastraler Lymphome parallel zu ei- nem Anstieg der nodalen Lymphome von 1973 bis 1986 nahezu verdoppelt (77).

Primäre Magenlymphome sind eine Erkrankung des mittleren und höheren Lebensalters. Die bislang einzige vorliegende Studie, die klini- sche Daten an Hand eines nach dem MALT-Konzept klassifizierten Pa- tientenkollektivs erhoben hat, läßt ei- nen Alterspeak in der siebten Le- bensdekade erkennen (Abbildung;

16). Die Geschlechtsverteilung zeigt ein leichtes Überwiegen der Männer (bis 1,7:1; 2, 4, 6, 29, 32, 38, 43, 49, 52, 64, 70, 79, 96).

Mit Helicobacter pylori assoziierte Gastritis und MALT-Lymphom

Bemerkenswert ist, daß der Ma- gen der häufigste Entstehungsort pri- mär extranodaler Lymphome ist (31, 65), obwohl die gesunde Magen- schleimhaut kein lymphatisches Ge- webe enthält. Bei der mit Helicobac- ter pylori (HP) assoziierten Gastritis wurde in einem hohen Prozentsatz

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 24, 18. Juni 1993 (33) Ar1797

(2)

80 90

10 20 30 40 50 60 70

Jahre 0

40

30

20

10

0 n 50

9 = 85 : 60 - 1.42 : 1 Zeitraum: 25 - 82 Jahre

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total

(28 bis 54 Prozent) die Ausbildung von Lymphfollikeln in der Magen- schleimhaut beobachtet (86, 99).

Dieses erworbene Lymphgewebe zeigt die Charakteristika des MALT und bildet sich nach einer erfolgrei- chen Eradikation des Keimes zurück (85, 98). Wotherspoon et al. wiesen bei Patienten mit Magenlymphom in 92 Prozent der Fälle HP nach (98).

Diese Zahl übertraf deutlich die Durchseuchungsrate im Bevölke- rungsquerschnitt. HP scheint dem- nach ein bedeutender Faktor für die Akquisition von Lymphgewebe des MALT-Typs im Magen zu sein. Die- ser Prozeß stellt möglicherweise eine Voraussetzung für die Ausbildung ei- nes niedrigmalignen MALT-Lym- phoms dar.

Histologische Klassifikation Unter dem Begriff Non-Hodg- kin-Lymphom (NHL) wird eine Viel- zahl maligner Lymphome mit unein- heitlichen histologischen Charakteri- stika und unterschiedlichem biologi- schen Verhalten zusammengefaßt.

Seit der Ablösung der alten Begriffe follikuläres Lymphom, Lympho- und Retikulosarkom Anfang der 70er Jahre durch die Rappaport-Klassifi- kation wurden in der europäischen und angloamerikanischen Literatur weitere histopathologische Klassifi- kationssysteme für die NHL entwik- kelt (Kiel, Lukes-Collins, Working Formulation).

Im deutschsprachigen Raum er- folgte die histopathologische Eintei- lung der gastrointestinalen Lympho- me üblicherweise analog zu den no- dalen NHL auf der Basis der Kiel- Klassifikation (51), wenngleich be- reits in der aktualisierten Version von 1988 die gastrointestinalen Lym- phome ausgenommen wurden (82).

In jüngster Zeit wurde indessen eine Sonderstellung der primären Lym- phome des GI-Traktes deutlich.

Isaacson (46) und Hall (36) legten konkurrierend Vorschläge zur Klas- sifikation dieser Lymphome vor. Die primären Lymphome des Magens werden basierend auf den grundle- genden Arbeiten von Isaacson (44, 45), der anhand histopathologischer und immunhistochemischer Untersu-

Abbildung: Alters- und Geschlechtsverteilung von Patienten mit pri- mären B-Zell-Lympho- men des Magens (n =145; aus: 16)

chungen einen spezifischen Lym- phomtyp kennzeichnete, in ihrer gro- ßen Mehrheit heute als niedrig- und hochmaligne B-Zell-Lymphome des MALT (Mucosa A ssociated Lympho- id Tissue) eingeordnet (Tabelle 1).

Die für sie typischen Kennzeichen werden außer bei den Lymphomen des Magen-Darm-Traktes auch bei Lymphomen anderer, entwicklungs- geschichtlich aus dem Vorderdarm abgeleiteter Gewebe (Speicheldrü- sen, Schilddrüse, Lunge) angetrof- fen. Biologisch zeichnen sie sich durch ein sogenanntes „homing"- Verhalten aus, das heißt sie besitzen die Tendenz, lange lokalisiert zu blei- ben. Darüber hinaus besteht auch bei Krankheitsdissemination oder einem späteren Rezidiv eine enge Assoziati- on dieser Lymphome mit dem MALT. Molekulargenetische Unter- suchungen sprechen dafür, daß die MALT-Lymphome eine eigenständi- ge Entität darstellen (40, 50, 66).

Bei den niedrigmalignen B-Zell- Lymphomen ist zumeist die Diagnose eines primären Magenlymphoms auf Grund der charakteristischen mor- phologischen Eigenheiten der MALT-Lymphome allein vom Patho- logen zu stellen (16, 45, 63). Auf die- se Weise können heute etwa 95 Pro- zent aller niedrigmalignen Lympho-

me des Magens als MALT-Lympho- me klassifiziert werden (68). In die- sen Fällen ist ein Rückgriff auf die Dissemination des Tumors zur Defi- nition des primär gastralen Lym- phoms und Abgrenzung gegenüber dem sekundären GI-Befall eines no- dalen Lymphoms nicht mehr notwen- dig (34). Dies gilt in gleicher Weise für die hochmalignen Lymphome, die noch niedrigmaligne Komponenten des MALT-Lymphom-Typs aufwei- sen (16, 45). Der Anteil dieser „se- kundär hochmalignen Lymphome"

liegt in zwei aktuellen Studien bei et- wa 34 Prozent (16, 68). Unter den primär hochmalignen Magenlympho- men (das heißt ohne Evidenz niedrig- maligner Anteile) machen die zen- troblastischen Lymphome etwa zwei Drittel der Fälle aus, der Rest verteilt sich auf immunoblastische, lympho- blastische und unklassifizierbare Lymphome (16, 68). Bislang ist es je- doch nicht möglich, diese auf Grund von eindeutigen morphologischen und zellbiologischen Charakteristika den MALT-Lymphomen zuzuordnen.

Stadieneinteilung

Während das Ann Arbor Staging System (15) bei den nodalen Lym-

(3)

Tabelle 1: Klassifikation der Primären Lymphome des Magen-Darm-Traktes (nach 46)

B-Zell-Lymphome

1. Niedrigmalignes B-Zell-Lym- phom des MALT

2. Hochmalignes B-Zell-Lym- phom des MALT, mit oder ohne Evidenz für das Vorliegen einer niedrigmalignen Komponente

T-Zell-Lymphome

1. Enteropathie-assoziierte T-Zell-Lymphome (EATCL) 2. Andere nicht Enteropathie-as- soziierte Typen

3. Mittelmeer-Typ-Lymphom (immunoproliferative Erkrankung des Dünndarmes), niedrig-, ge- mischt- oder hochgradig 4. Malignes zentrozytisches Lymphom

(lymphomatöse Polypose) 5. Burkitt-Typ-Lymphome 6. Andere Typen niedrig- oder hochmaligner Lymphome, die zu Lymphomen der peripheren Lymphknoten korrespondieren phomen eine anerkannt prognosti-

sche Aussagekraft besitzt, ist seine Anwendung bei primär extranodalen Lymphomen problematisch. Dieser Tatsache Rechnung tragend, erarbei- tete Musshoff eine insbesonders das Stadium II betreffende Modifikation für extranodale Lymphome (62).

Doch auch mit diesem Schema blei- ben Unsicherheiten in der Stadien- einteilung der primären gastrointesti- nalen Lymphome bestehen. So wur- den beispielsweise Patienten mit per- continuitatem-Befall angrenzender Organe (Pankreas, Leber), die im modifizierten Ann Arbor System nach Musshoff definitionsgemäß dem Stadium EII angehören, dem Stadium EIV zugerechnet (64). Auch ein multilokulärer Befall innerhalb des MALT-Systems (zum Beispiel Magen und Dünndarm) wird bezüg- lich seiner Stadienzuweisung unter- schiedlich beurteilt.

Auf Grund der verfügbaren kli- nischen Daten scheint heutzutage die Unterteilung des Stadiums EI nach der Infiltrationstiefe für primär ga- strale Lymphome gerechtfertigt. Ei- ne oberflächliche, auf Mukosa und Submukosa beschränkte Lymphom- manifestation wurde erstmals 1959 von McNeer et al. (59) beschrieben und 1984 von Murayama et al. (61) wieder aufgegriffen. Als Stadium EI1 fand diese Läsion inzwischen breiten Eingang in die Literatur (60, 68, 80, 87, 97). Mit einer Häufigkeit von 20 bis 48 Prozent ist es durchaus bedeu- tungsvoll.

Prognostische Faktoren

Prognostische Faktoren bei pri- mären Magenlymphomen werden in der Literatur unterschiedlich beur- teilt, wie eine aktuelle Übersicht von Azab et al. (4) zeigt. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß nur wenige pro- spektive Untersuchungen zur Verfü- gung stehen, die zudem meist kleine Fallzahlen einschließen. Zweifelsoh- ne kommt der Lymphomausbreitung (Stadium) eine zentrale Bedeutung zu. Erst in jüngster Zeit finden sich Studien, die auch dem histologischen Subtyp entsprechend der Kiel-Klassi- fikation (nicht jedoch der Working Formulation) eine Rolle als progno-

stischer Faktor zuweisen (3, 4, 21, 37). Basierend auf einer Multiva- rianzanalyse der Daten von 106 Pa- tienten mit primären Magenlympho- men schlagen Azab und Mitarbeiter (4) zwei prognostische „Klassifikatio- nen" vor: die erste prätherapeutisch, bestehend aus klinischem Stadium (entsprechend Ann Arbor), Resekta- bilität des Lymphoms und histologi- schem Grading (nach der Kiel-Klas- sifikation). Die zweite posttherapeu- tische Prognoseeinschätzung umfaßt als günstige Fakten das histologische Grading und das frühzeitige Errei- chen einer kompletten Remission.

Zwei Studien der jüngsten Vergan- genheit, die erstmalig das MALT- Konzept konsequent zugrunde leg- ten, bestätigen ebenfalls eindrucks- voll die Rolle der histologischen Klassifikation und des Krankheitssta- diums als entscheidende prognosti- sche Faktoren (16, 68). Danach war die 5-Jahres-Überlebensrate für niedrigmaligne Magenlymphome mit 91 Prozent signifikant höher im Ver- gleich zu den primär (56 Prozent) oder sekundär (73 Prozent) hochma- lignen Lymphomen (16). Ein signifi- kanter Unterschied bestand in der gleichen Untersuchung auch zwi-

schen den Stadien EI und EII (5-Jah- res-Überlebensraten 87 Prozent vs.

61 Prozent). Radaszkiewicz et al.

(68) wiesen darüber hinaus bessere Überlebensraten für Patienten im Stadium EI1 gegenüber Patienten nach, bei denen das Lymphom die Submukosa überschritten hatte, ohne daß ein Lymphknotenbefall vorlag (Stadium EI2). Neben der Infiltrati- onstiefe erwiesen sich Lymphomgrö- ße (> 5 cm) und Multilokalität (in- nerhalb des Magens) als histologie- unabhängige Risikofaktoren.

Diagnostik

Für die prognostisch entschei- dende Erfassung eines Magenlym- phoms in einem lokal begrenzten Stadium kommen der Endoskopie und der Endosonographie eine Schlüsselrolle zu.

Magenlymphome zeigen endo- skopisch, vor allem in den frühen Stadien, ein buntes Bild (42, 81, 87, 91). Sie können sich hinter verbrei- terten und verdickten Schleimhaut- falten, Erosionen oder Ulzerationen, polypoiden Formationen oder Nar- ben verbergen. Dies unterstreicht die

A1-1800 (36) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 24, 18. Juni 1993

(4)

53% 4 Jahre

MDT 16/19 OP + CT + RT

± Adriamycin

Herrera, 1984 35 10/25

46% 5 Jahre

MDT 19/36 OP + CT/

OP + CT + RT

Parlier, 1985 82 16/66

OP + COP bei I—II 1 OP + CHOP bei II

2—IV

5 Jahre

M 15/8

23 2/21 82,6%

Sheridan, 1985

36% 5 Jahre Steward, 1985 36 MDT 0/36 17/19 CP + CT1 + RT bei II

OP + CT2 + RT bei

MDT 56/35

91 78%/75%

CR

Salles, 1991 0/91 OP + CT/CT

Erstautor/Jahr Lokali- sation

Histo NM/HM

Stadium Therapie Überleben

n Zeit

Tabelle 2: Übersicht der bislang publizierten prospektiven Studien

M: Magen; MDT: Magen-Darm-Trakt NM: niedrigmaligne; HM: hochmaligne

OP: Operation; CT: Chemotherapie, RT: Radiotherapie CR: Komplette Remission

Notwendigkeit einer bioptischen Klä- rung. Dabei kommt es darauf an, aus makroskopisch auffälligen Arealen ausreichend (mindestens 10) Biop- sien zu entnehmen. Wegen der limi- tierten Eindringtiefe der normalen Zangenbiopsie, die insbesonders für die Erfassung ausschließlich in der Submukosa wachsender Lymphome häufig nicht ausreicht, empfiehlt sich bei negativem Biopsieresultat bei der Wiederholungsuntersuchung der Einsatz der Makrozange oder der Schlingenbiopsie (42). Auf diese Weise ist in einem hohen Prozentsatz die Diagnose eines Magenlymphoms endoskopisch-bioptisch zu stellen.

Taal et al. berichten über lediglich acht Prozent falsch negative Biopsie- ergebnisse (90). Allerdings kann die Differentialdiagnose zwischen nied- rigmalignem MALT-Lymphom des Magens und entzündlich lymphoiden Infiltraten an Biopsiepräparaten im Einzelfall schwierig sein (101).

Die Endosonographie ist als ein- zige bildgebende Methode in der La- ge, eine Differenzierung der Magen- wandschichten vorzunehmen und die unmittelbare Umgebung des Gastro- intestinaltraktes darzustellen. In ei- nigen Studien mit sehr kleinen Fall- zahlen zeichnete sich die Endo-

sonographie in der Differenzierung der Stadien EI1, EI2 und EII1 durch eine hohe Treffsicherheit aus (14, 93-95, 100). Ihre mögliche Rolle in der Therapieplanung bleibt prospek- tiv zu untersuchen.

Die Kombination beider Metho- den könnte die bioptische Treffer- quote, insbesonders bei infiltrativ- flächenhaftem Wuchstyp und makro- skopisch noch weitgehend unauffälli- ger Schleimhaut erhöhen. Eine wei- tere Verbesserung ist zukünftig von der direkten endosonographisch ge- steuerten Biopsie zu erhoffen.

Therapie

Die Empfehlungen zur Therapie primärer Magenlymphome beruhen bislang hauptsächlich auf persönli- chen kasuistischen Erfahrungen und retrospektiven Studien. Diese weisen auf Grund der Seltenheit der Erkran- kung meist kleine Fallzahlen auf, er- strecken sich über lange Zeiträume (zum Teil bis 30 Jahre; 96) und erfas- sen daher ein höchst heterogenes Pa- tientenkollektiv, das zudem mit stark variierenden, teilweise überholten Therapiestrategien behandelt wurde.

Die Lymphome wurden entspre-

chend den existierenden histologi- schen Klassifikationssystemen unter- schiedlich eingeteilt. Das MALT- Konzept fand mit Ausnahme der bei- den neuesten Studien (16, 68) noch keine Berücksichtigung. Niedrig- und hochmaligne Lymphome sowie die in vielerlei Hinsicht nicht vergleichba- ren Lymphome des Magens und des übrigen Intestinaltraktes wurden oft nicht getrennt analysiert.

Prinzipiell stehen zur Behand- lung primärer Magenlymphome ver- schiedene Therapiemodalitäten zur Verfügung: Operation, Chemothera- pie, Radiotherapie und deren Kom- bination. Je nach Blickwinkel der je- weiligen Disziplin wurde das eine oder andere Verfahren mehr in den Vordergrund gerückt. Auf eine Lite- raturübersicht der vielen Studien wird hier verzichtet, sie wurde gro- ßenteils bereits aus onkologischer, radiotherapeutischer und chirurgi- scher Sicht geleistet (9, 10, 22, 35, 41, 75, 76, 83). Stellvertretend zeigt Ta- belle 2 die Ergebnisse der bislang er- schienenen prospektiven Studien.

Eine Vielzahl von Autoren setzt an den Anfang der Therapie des pri- mären Magenlymphoms niedrig- und hochmaligner Histologie die Resekti- on des Tumors (1, 5, 7, 8, 11, 18, 21,

(5)

EI1 OP OP + CT

OP + CT ( + RT)

EII OP + RT

CT + RT EIII

EIV

CT

(individuell)

Stadium Niedrigmaligne Hochmaligne

OPI oder OP + RT2 OP + CT EI2

Tabelle 3: Histologie- und stadienadaptiertes Therapiekonzept für primäre Magenlym- phome im Rahmen der Multicenterstudie „Gastrointestinale Lymphome"

OP: Kurative Resektion mit Lymphadenektomie oder Entfernung der Haupttumormasse RT: Abdominelles Bad bis 30 Gy, lokale Aufsättigung von Tumorresten bis 40 Gy.

CT: COP bzw. CHOP

1: Fehler der Risikofaktoren: Tumor > 5 cm, Multilokalität, Serosapenetration 2: Vorliegen der Risikofaktoren

23, 25, 28, 35, 47, 53, 54, 57, 58, 71, 72, 75, 80, 84, 88, 92, 96). Die Be- gründung für dieses Vorgehen ist ei- nerseits die kurative Intention sowie die Resektion als entscheidender prognostischer Faktor, andererseits die Vorbeugung potentieller Kompli- kationen wie Blutung oder Perforati- on, die während einer Chemo- oder Radiotherapie auftreten können (28, 96), und die Notwendigkeit einer ad- äquaten (an der Biopsie nur bedingt möglichen) histologischen Klassifika- tion und exakten Stadieneinteilung.

Eine Reihe anderer Autoren wi- dersprechen, besonders in jüngster Zeit, der Notwendigkeit eines primär chirurgischen Vorgehens (12, 32, 38, 55, 56, 69, 74, 89, 90). Sie sehen in der Radio- und/oder Chemotherapie eine geeignete initiale Behandlungs- form für primäre Magenlymphome.

Als Argumente für ein solches Vor- gehen können angeführt werden:

> die hohe Strahlen- und Zytostati- kasensibilität vieler Lymphome,

> die Tatsache, daß nach alleiniger Operation über 50 Prozent der Rezi- dive extraabdominal auftreten (Lite- ratur bei 4), und

> die Möglichkeit, auf chirurgische Interventionen mit höherer Morbidi- tät und Mortalität zugunsten der Or- ganerhaltung zu verzichten.

Allgemeine Therapieempfehlun- gen sind aufgrund dieser Sachlage derzeit kaum möglich. Dies unter- streicht die Notwendigkeit prospekti- ver Multicenterstudien, um gesicher- te Behandlungskonzepte zu etablie- ren.

Sekundäre

Magenlymphome

In der Literatur galt das beson- dere Interesse den primären Magen- lymphomen, obwohl sie nur etwa zwei bis vier Prozent aller malignen gastralen Tumoren ausmachen (39).

Wenngleich weitaus häufiger, wurde bislang dem sekundären Befall des Gastrointestinaltraktes im Rahmen der Disseminierung primär nodaler Lymphome sehr viel weniger Beach- tung geschenkt. Die Zahlenangaben hierzu schwanken in Autopsiestudien zwischen 20 Prozent und 60 Prozent (17, 23, 38, 73). Auch wenn in klini-

schen Studien naturgemäß weniger häufig fortgeschrittene Stadien er- faßt werden, steht die Inzidenz eines Magenbefalls mit 2,5 bis 5 Prozent doch in krassem Gegensatz zu diesen Sektionsstatistiken (13, 33, 38, 48).

Dies mag zumindest teilweise daran liegen, daß bislang dem GI-Trakt nur bei Auftreten von Beschwerden oder Komplikationen besondere Auf- merksamkeit gewidmet wurde. Be- zieht man die Abklärung des oberen Verdauungstraktes regelmäßig in die Staging-Untersuchungen ein, so wird eine Magenbeteiligung durchaus häufig beobachtet (27, 81). In einer prospektiven Untersuchung fanden wir bei über 26 Prozent der Patienten mit einem neu diagnostizierten noda- len NHL niedriger oder hoher Mali- gnität eine Infiltration des oberen GI-Traktes (27). Bemerkenswert war darüber hinaus eine häufige Zweit- manifestation in einem anderen Mu- kosa-assoziierten lymphatischen oder epithelialen Gewebe. Demnach könnten sie eine besondere klinisch- pathologische Entität mit Zelleigen- schaften darstellen, die dieses Aus- breitungsmuster bedingen. Eine rou- tinemäßige Ö sophagogastroduode- noskopie kann im Einzelfall zu einer Einstufung in ein höheres Stadium mit entscheidenden Änderungen der therapeutischen Strategie führen (26) Zumindest in den Stadien I und II ist aus unserer Sicht vor einer ge- planten Radiotherapie eine endosko- pische Untersuchung angezeigt; vie- lerorts zählt sie bereits zum Stan- dard. Auch wenn kontrollierte Studi-

en fehlen, so ist die sekundäre Betei- ligung des Magen-Darm-Traktes im Rahmen einer disseminierten Lym- phomerkrankung zweifelsohne eine Domäne der Chemotherapie.

Ausblick

Die Einführung einer neuen Klassifikation für primäre gastrointe- stinale Lymphome, die in den bishe- rigen klinischen Studien kaum Be- rücksichtigung gefunden hat, und die unsichere Datenlage hinsichtlich der Therapie der Magenlymphome wa- ren für uns Ausgangspunkt und Mo- tivation für eine derzeit anlaufende prospektive Multicenterstudie „Ga- strointestinale Lymphome" (geför- dert durch die Deutsche Krebshilfe;

Tabelle 3).

Deutsches Ärzteblatt

90 (1993) A1 -1797-1804 [Heft 24]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift der Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med.

Wolfgang Fischbach Dr. med. Stephan. Böhm Prof. Dr. med. Klaus Wilms Medizinische Poliklinik der Universität Würzburg Klinikstraße 8

W-8700 Würzburg

A1 -1804 (40) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 24, 18. Juni 1993

Referenzen

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