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Archiv "Marfan-Zentren an Kliniken: Vorteile überwiegen" (21.01.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 3

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21. Januar 2011 A 87

D

ie Versorgung von Patienten mit Marfan-Syndrom hat sich in den letzten 15 Jahren entscheidend verbessert. Was 1993 noch als Utopie einer kleinen Patientengruppe galt, wurde langsam zum Erfolgsmodell:

Ende der 90er Jahre wurden kleine, meist kardiologisch ausgerichtete Marfan-Sprechstunden an einigen deutschen Kliniken etabliert.

Durch Veröffentlichungen in Fach- zeitschriften wurde dargestellt, wie notwendig die interdisziplinäre Betreu-

ung ist. So entstanden nach und nach Versorgungskonzepte, die die späte- ren Vorgaben des Gemeinsamen Bun- desausschusses (Beschluss vom 15. 8. 2006) bereits nahezu erfüllten.

Waren Menschen mit Marfan-Syn- drom lange gezwungen, selbst Spezia- listen für ihr Krankheitsbild zu werden, erleben sie heute in Marfan-Zentren erfahrene Ärzte. Dort ist besonders die interdisziplinäre Zusammenarbeit, et- wa bei der Diagnose, vorteilhaft. Zu- dem entfällt die Odyssee durch Praxen und Kliniken auf der Suche nach kom- petenten Ansprechpartnern. Marfan- Patienten sparen dadurch Zeit und Geld. Sie gewinnen aber auch ein Stück Vertrauen in das Gesundheits- wesen zurück, weil sie kompetent be- handelt werden und so ihre Ängste reduzieren können.

Die Verschreibung notwendiger Medikamente im Zentrum erspart Pa- tienten einen weiteren Weg zum Arzt vor Ort. Dessen Einbindung wünschen sie sich aber durchaus, weil Patienten, die nicht in der Nähe eines Zentrums wohnen, von einer guten Zusammen- arbeit zwischen Klinik- und niederge- lassenen Ärzten profitieren. Die weite Anreise zu den wenigen Marfan-Zen- tren gemäß § 116 b Sozialgesetzbuch V wird verständlicherweise als Nachteil empfunden, ebenso die langen Unter-

suchungs- und Wartezeiten im Rah- men des „Untersuchungsmarathons“.

Steigende Patientenzahlen, die zweifelsfrei die Kompetenz der behan- delnden Ärzte erhöhen können, haben aber auch negative Auswirkungen. Wer früher als „exotischer“ Patient recht schnell dem Chefarzt vorgestellt wurde, ist heute häufig anonymer Teil einer größeren Patientengruppe. Geregelte Abläufe innerhalb eines Marfan-Zen- trums hinterlassen zuweilen ein Gefühl von Überbürokratisierung: Zum Beispiel,

wenn der Patient keinen direkten tele- fonischen Kontakt zu den Organisato- ren der Sprechstunde bekommt. Auch lange Wartezeiten auf einen Termin in- folge größerer Patientenzahlen gehö- ren zu den Negativpunkten.

Marfan-Zentren, insbesondere die- jenigen, die die Vorgaben gemäß

§116 b akzeptieren, sind aus Sicht der Marfan-Hilfe gleichwohl unver- zichtbar. Neben der hohen Wahr- scheinlichkeit, auf Spezialisten zu tref- fen, sind die dauerhafte Anpassung und Verfeinerung des Versorgungs- konzepts wichtig. Nicht weniger wich- tig sind Forschungsansätze und Studi- en im Bereich der seltenen Erkrankun- gen, die durch expandierende Patien- tenzahlen möglich werden. So können neue Krankheitsbilder wie das Loeys- Dietz-Syndrom vom klassischen Mar- fan-Syndrom unterschieden werden.

Offen bleibt, ob die Regulierungen durch den § 116 b dauerhaft zur aus- reichenden Finanzierung der Behand- lungskosten führen. Im Marfan-Zentrum des Universitätsklinikums Hamburg- Eppendorf deckt die neue Abrechnung ambulanter Leistungen ein Viertel der Kosten nicht, verbessert aber die Ein- nahmen im Vergleich mit der Pauscha- le für Hochschulambulanzen, wie eine Veröffentlichung in der „Medizinischen Klinik“ vom August 2010 belegt.

KOMMENTAR

Marina Vogler, Marfan-Hilfe Deutschland

MARFAN-ZENTREN AN KLINIKEN

Vorteile überwiegen

dings lassen sich diese Zahlen nur bedingt miteinander vergleichen.

Zudem wurde bei Ärzten ein im Vergleich zur Normalpopulation signifikant erhöhter Dauerstress durch lange Arbeitstage festgestellt.

Der Zusammenhang zwischen Sub- stanzkonsum und Dauerstress ist eindeutig gegeben. Die Ärzte mit einer potenziellen Gefährdung, Al- kohol oder Medikamente unter Um- ständen auch missbräuchlich zu konsumieren, fühlten sich deutlich häufiger überfordert, hatten lange Arbeitstage, zeigten abnehmende Arbeitsfreude und waren unsicherer in ihren Entscheidungen. Ihre Werte waren in allen Fragen der Skala

„Berufliche Belastungen“ signifi- kant höher als in der Gruppe ohne oder mit niedrigerem Missbrauchs- risiko (Grafik).

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass auch ein signifikanter Zusam- menhang zwischen stressbedingtem Substanzkonsum und Depressivität nachgewiesen wurde. Es ist aller- dings schwierig zu unterscheiden, ob berufliche oder private Belastun- gen dafür die Ursache sind.

Weitere Forschung notwendig Es scheint in der Ärzteschaft eine ernstzunehmende Gefährdung für stressbedingten Alkohol- und/oder Medikamentenkonsum zu geben.

Aufgrund der freiwilligen Teilnahme an der Studie ist zudem von einem Selektionseffekt auszugehen, der die Aussagekraft der Daten zunächst ein- schränkt. Sinnvoll wäre es, genauere Untersuchungen durchzuführen. Die vorliegenden Ergebnisse geben je- doch hinreichend Anlass dazu, das Thema ernst zu nehmen und gezielte präventive beziehungsweise interven- tive Maßnahmen zum (Selbst-)Schutz der Ärzte zu initiieren. ■ Dr. Dipl.-Psych. Katja Geuenich

LITERATUR

1. Hagemann W, Geuenich K: Burnout-Scree- ning-Skalen. Test und Testmanual. Göttin- gen: Hogrefe-Verlag 2009.

2. Geuenich K: Sind Sie burnout-gefährdet?

Ergebnisse einer empirischen Ärztestudie.

Der Hausarzt 2009; 20/09, 39–41.

3. Geuenich K: Berufliche Überbelastung: Sind die gestressten Ärzte von heute die depres- siven Patienten von morgen? Dtsch Arztebl 2010; 107(33): 1562.

P O L I T I K

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