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Archiv "Karzinomserie: Frühdiagnose und Diagnose maligner Erkrankungen" (09.03.1978)

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KARZINOMSERIE:

Frühdiagnose und Diagnose maligner Erkrankungen

Klinisch-chemische und

immunologische Untersuchungen

Rudolf Pfeiffer und Walter Michael Gallmeier

Aus dem Westdeutschen Tumorzentrum, Innere Universitätsklinik und Poliklinik (Tumorforschung) Essen und der

5. Medizinischen Klinik, Städtische Krankenanstalten Nürnberg

Zu den Hauptproblemen für den kli- nischen Onkologen gehört die Früh- diagnose maligner Erkrankungen sowie der Nachweis der nach Tu- mortherapie noch in geringer Zahl vorhandenen malignen Zellen.

Unabhängig von der Frage, ob eine Frühdiagnose bei bösartigen Er- krankungen theoretisch denkbar ist, hat sich gezeigt, daß die Erkennung von Krebserkrankungen vor Auftre- ten der klinischen Symptome zu ei- ner Erhöhung der Heilungsrate füh- ren kann. Ein Beispiel hierfür ist das Portiokarzinom, das aufgrundseiner für den Untersucher günstigen Lo- kalisation eine Frühdiagnose gestat- tet und für die Patientin somit eine hohe Heilungschance bietet.

Im folgenden soll erörtert werden, inwieweit klinisch-chemische und immunologische Untersuchungen in der Diagnose und Frühdiagnose bösartiger Erkrankungen einsetzbar sind.

Grundsätzlich muß für einen "Tu- mortest" folgendes gefordert wer- den:

..,.. Spezifität - geringe Rate falsch positiver Werte,

..,.. Sensitivität- geringe Rate falsch negativer Werte,

..,.. Praktikabilität- leichte, einfache und hinreichend schnelle Durch- führbarkeit mit reproduzierbaren Er- gebnissen und

..,.. Kosteneffektivität - vertretbare Unkosten für die Einzeluntersu- chung.

Ein solcher Tumortest muß ferner vor Auftreten der klinischen Sym- ptomatik positiv ausfallen.

Ein weiteres Problem besteht darin, daß es bis heute keine allen mali- gnen Tumoren gemeinsame Marker- substanz biochemischer oder immu- nologischer Natur gibt, die zur Grundlage eines Tumortestes oder Tumorfrühtestes dienen kann. Auch ein allgemeingültiges tumorspezifi- sches Labormuster ist bisher nicht bekannt und aus grundsätzlichen Überlegungen heraus auch nicht zu erwarten. So mußten die zahlreichen Versuche, die unternommen worden sind, den Tumortest oder den Tu- morfrühtest zu finden, scheitern. Es ist daher notwendig, von der Suche nach einem "allgemeinen Krebstest" abzugehen und sich statt dessen auf die Labordiagnose und Frühdiagnose von Einzeltumoren zu konzentrieren. Dabei ist es nur fol- gerichtig, sich zunächst auf solche bösartigen Erkrankungen zu kon-

Die Frühdiagnose von Mali- gnomen mit laborchemischen und immunologischen Metho- den ist bis heute nur begrenzt möglich. Der Schwerpunkt der Labordiagnostik liegt auf der Verlaufsbeobachtung. Die Tumorart bestimmt dabei das Laborprogramm. Kliniker und Laboratoriumsmediziner müs- sen hier eng zusammenarbei ten, um aus der Vielzahl der möglichen Tumormarker eine sinnvolle Auswahl der not- wendigen Labortests zu treffen.

zentrieren, die bei früher Diagnose eine bessere Prognose haben als bei ihrer Diagnose im Stadium der klini- schen Symptomatik.

Es soll noch auf ein weiteres grund- sätzliches Problem aufmerksam ge- macht werden. Heute ist es möglich, das relativ seltene Chorionepithe- liom des Mannes sehr früh zu erken- nen. Es produziert als Markersub- stanz das menschliche Choriongo- nadotropin (HCG), das mit Hilfe ei- nes sehr empfindlichen Radioimmu- noassays nachgewiesen wird. Nun zeigen experimentelle Ergebnisse, daß bereits 106 Tumorzellen zum Nachweis des HCG ausreichen (1).

Wären diese Tumorzellen an einer Stelle lokalisiert und nicht als Ein- zelzellen im Körper verteilt, so wäre die Größe dieses Tumors bei positi- vem Testausfall die eines Steckna- delkopfes. Selbstverständlich füh- ren weitere diagnostisch-klinische Maßnahmen, den Tumor

zu

lokali- sieren, zu keinem Erfolg. Eine chir- urgische Maßnahme oder Strahlen- therapie wäre also trotz frühester Diagnose nicht möglich. Da wir heu- te noch keine kausale Tumor- therapie kennen, müßten wir also bei sicherem positiven Ausfall die- ses Testes solche Patienten blind, zum Beispiel chemotherapeutisch, behandeln. Als Therapiekontrolle hätten wir dann nur das Verschwin- den dieses Markers. Nun wissen wir aus eigenen Untersuchungen (2), zum Beispiel bei Teratokarzinomen

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Malignomdiagnose

des Hodens in fortgeschrittenem Stadium, daß nach erfolgreicher Therapie das HCG nicht mehr nach- weisbar ist. Dennoch zeigte beim Rezidiv nur 1 /3 der Patienten vor der klinischen Manifestation einen er- neuten Anstieg des Markers im Urin.

Die Frühdiagnose subklinisch vor- handener Tumoren aufgrund sehr empfindlicher Markersubstanzen bringt also gerade für die Erstthera- pie grundsätzliche und heute noch nicht gelöste Probleme. Für die Ver- laufskontrolle haben solche Tests bei einzelnen Tumoren bei positi- vem Ausfall praktische Bedeutung.

So wäre die Abgrenzung von Risiko- gruppen in unserer Bevölkerung mit Hilfe von Tumormarkersubstanzen grundsätzlich möglich, allgemeine Vorsorgeuntersuchungen sind je- doch wegen der Seltenheit marker- produzierender Tumoren nicht zu vertreten.

Wir werden uns also bei unserer weiteren Erörterung auf die Frage beschränken, was die heute bekann- ten Labormethoden in der Diagnose und Frühdiagnose bösartiger Er- krankungen leisten.

1. Immunologische Untersuchungen

Grundsätzlich sind bei der immuno- logischen Krebsdiagnostik folgende Möglichkeiten vorhanden oder denkbar:

Ein immunologischer Krebstest kann im direkten Nachweis von Tumorbestandteilen oder Tumor-

produkten, das heißt also tumoras- soziierter Antigene im weiteren Sin- ne, bestehen. Er kann aber auch grundsätzlich den indirekten Nach- weis solcher Antigene erbringen, in- dem er körpereigene Immunreaktio- nen gegen malignes Wachstum aufzeigt.

In der Praxis gibt es nur Hinweise für den erstgenannten Weg. Der Nach- weis von Immunreaktionen gegen malignes Wachstum hat in der Dia- gnostik derzeit nur experimentellen Charakter.

1.1. Alphafetoprotein (AFP)

Das Alphafetoprotein gehört zur Gruppe der sogenannten karzinofe- talen Antigene und kann als ein tumorassoziiertes Antigen bezeich- net werden. Solche karzinofetalen Antigene sind normalerweise nur im Fetalleben im Serum nachweisbar und finden sich im Erwachsenenal- ter jenseits einer bestimmten Kon- zentration nur bei Tumorerkran- kungen.

Das AFP ist ein Glykoprotein, das in der fetalen Leber gebildet wird und im embryonalen Serum sowie im Fruchtwasser nachweisbar ist. Im Serum der Schwangeren erreicht es im dritten Schwangerschaftsdrittel seine maximale Konzentration. Das AFP ist diagnostisch für das primäre Leberzellkarzinom und findet sich auch beim Teratokarzinom und Dys- germinom des Ovars sowie bei ver- schiedenen anderen Tumoren, be- sonders wenn eine Lebermetasta- sierung erfolgt ist. In seltenen Fällen kommt es zu transitorischen AFP- Erhöhungen auch bei nichtmalignen Erkrankungen, zum Beispiel bei akuter Virushepatitis. Ein allgemei- ner in Vorsorgeuntersuchungen ein- zusetzender Suchtest ist jedoch für das primäre Leberzellkarzinom we- gen seiner Seltenheit nicht sinnvoll.

Bei der frühen Diagnose eines pri- mären Leberzellkarzinoms, das aus einer Leberzirrhose entstanden ist, spielt der Test eine Rolle. Er läßt sich ferner bei vorher positivem Ausfall als Therapieparameter einsetzen.

Ein Abfall der erhöhten Serumkon- zentration unter Therapie ist pro- gnostisch günstig, ein Wiederanstei- gen oder unveränderte Erhöhung des Alphafetoproteins ist von pro- gnostisch ungünstiger Bedeutung (3).

1.2. Karzinoembryonales Antigen (CEA)

Das zweite heute in der Diagnostik verwendete Antigen ist das soge- nannte karzinoembryonale (carcino- embryonic antigen) Antigen. CEA ist ein Glykoprotein, das erstmals aus dem Adenokarzinom des Kolons so-

wie aus Organen menschlicher Fe- ten isoliert wurde. Es ist ebenfalls ein karzinofetales Antigen, das in die Blutbahn gelangt und dort radioim- munologisch nachgewiesen werden kann. Problematisch ist hier die Exi- stenz kreuzreagierender Antigene, die dazu führen, daß in dem heute noch verwendeten CEA-Test positi- ve Ergebnisse auch bei einer Reihe nichtmaligner Erkrankungen oder bei starken Rauchern gefunden wer- den. In den hochpositiven Bereichen weist dieser Test jedoch eine hohe Spezifität auf. Der Test ist kein Krebssuchtest, da weder Sensitivität noch Spezifität ausreichen (4).

Unbestritten ist die Bedeutung des CEA-Testes bei der klinischen Ver- laufskontrolle vorher CEA-positiver Patienten. So ermöglicht der CEA- Spiegel die Beurteilung der Voll- ständigkeit einer Operation sowie die Erkennung eines Rezidivs vor Auftreten der klinischen Sympto- matik.

1.3. Indirekter

immunologischer Nachweis:

Der sogenannte Makrophagen-Elek- trophorese-Mobilitätstest (MEM- Test) soll einen Sensibilisierungszu- stand der Lymphozyten gegen Tu- moren anzeigen und damit ein sehr empfindlicher Krebstest sein (Ca- spary und Field) (5). Es bleibt abzu- warten, ob dieser Test oder eine Mo- difikation die erhoffte klinische und praktische Bedeutung erlangen wer- den (6).

2. Markersubstanzen

Einige Tumoren produzieren Mar- kersubstanzen. Es liegt also nahe, solche Markersubstanzen aufzufin- den und in der Tumordiagnostik nutzbar zu machen. Auch hier stellt sich die Frage der Spezifität und Sensitivität. Alle Markersubstanzen haben den Nachteil, daß ihr Fehlen einen Tumor oder ein Rezidiv nicht ausschließt. Markersubstanzen kön- nen Hormone und Enzyme sein.

Klassisch in der Tumordiagnostik ist das oben erwähnte HCG, das beim

558 Heft 10 vom 9. März 1978 DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT

(3)

Tabelle: Laborparameter bei der Diagnose maligner Erkrankungen (Blutbild, Thrombozytenzahl sind stets zur Kontrolle einer Strahlen- oder zytostatischen Therapie zu fordern. Hier sollen nur die wichtigsten zusätzlichen Laboruntersuchungen bei einigen Tumorerkrankungen aufgezählt werden)

Bronchialkarzinom:

Tumormarker: 0, sehr selten ACTH oder andere ektopische Hormone

Frühdiagnose: 0

Ver/aufskontrolle: nur bei positivem Marker

1111- Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

AP, LOH

..,.. Knochenmetastasen: AP Kalorektale Tumoren:

Tumormarker: CEA (bei ca. 65%)

Frühdiagnose: Blut im Stuhl (Haemoccult®-Test) Verlaufskontrolle: CEA

".. Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

AP, LOH

Magenkarzinom:

Tumormarker: 0, eventuell CEA Frühdiagnose: 0

Verlaufskontrolle:

1111- Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

AP, LOH

Mammakarzinom:

Tumormarker: 0 Frühdiagnose: 0 Verlaufskontrol/e: 0

1111- Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

5-Nu, AP, LOH

1111- Knochenmetastasen: AP, Kalzium

Morbus Hodgkin:

Tumormarker: 0 Frühdiagnose: 0

Verlaufskontrolle: BSG, Kupfer oder Ceruloplas- min, Fibrinogen

1111- Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, AP,

LAP (15% haben keine Enzymveränderung)

1111- Knochenmetastasen: AP

Pankreaskarzinom:

Tumormarker: 0, eventuell CEA Frühdiagnose: 0

Verlaufskontrolle: CEA, Amylase (nur bei 25%), Bili- rubin

..,.. Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

AP,'LOH

Primäres Leberzellkarzinom:

Tumormarker: AFP Frühdiagnose: AFP

Verlaufskontrolle: AFP, Gamma-GT, GOT, LAB, AP, LOH, Bilirubin

Prostatakarzinom:

Tumormarker: saure Phosphatase (im frühen Sta- dium nur bei 20% der Fälle)

Frühdiagnose:

0

Verlaufskontrolle: saure Phosphatase

1111- Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

AP, LOH

1111- Knochenmetastasen: AP, Kalzium

Teratokarzinom des Hodens:

Tumormarker: Beta-HCG (bei eherealen Anteilen; AFP (bei Oottersackanteilen)

Frühdiagnose: Beta-HCG, AFP Verlaufskontrolle: Beta-HCG, AFP

1111- Lebermetastasen: Gamma-GT, GOT, GPT, LAP,

AP, LOH

Chorionepitheliom des Mannes und der Frau und beim Teratokarzinom des Hodens gefunden wird. Neuere spezifischere Antikörper gegen die Betakette des HCG lassen eine Un- terscheidung zwischen luteotropem Hormon (LH) und dem HCG zu, so daß man hier einen sehr gut geeig- neten Laborparameter sowohl zur Frühdiagnose als auch zur Verlaufs- beobachtung hat. ln der Beurteilung beispielsweise der Blasenmole be- ziehungsweise ihres Überganges in das Chorionkarzinom spielt das

HCG eine wichtige Rolle (7). Bei den Mischtumoren, wie zum Beispiel beim Teratokarzinom des Hodens, ist aber ein negativer HCG-Nachweis keine Sicherheit für die Rezidivfrei- heit Weitere hormonelle Marker- substanzen, wie zum Beispiel ACTH oder Parathormon beim Bronchial- karzinom, besitzen wegen ihrer au- ßerordentlichen Seltenheit keine praktische Bedeutung.

beim Prostatakarzinom anzuführen, die in etwa 75 Prozent der metasta- sierten Fälle erhöht ist (8). Auch die alkalische Phosphatase spielt bei diPsen Knochentumoren, zum Bei- Sl-·· I beim osteogenen Sarkom, die Ro.!e einer Markersubstanz. Tumor- spezifische lsoenzyme, wie etwa das Isoenzym der alkalischen Phospha- tase (Regan-lsoenzym), haben zwar theoretische Bedeutung, sind je- doch nur von untergeordneter klini- scher Relevanz, weil sie insbesonde- re die Anforderungen der Sensitivi- Bei den enzymatischen Markersub-

stanzen ist die saure Phosphatase

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Malignomdiagnose

tät nicht erfüllen, nachdem nur der kleinere Teil bösartiger Tumoren den Nachweis solcher Isoenzyme gestattet.

3. Sekundäre Veränderungen durch den Tumor

Sekundäre Veränderungen durch den Tumor können leichter durch Laborparameter erfaßt werden. Sie sind jedoch entsprechend der Art dieser sekundären Veränderungen unterschiedlich und haben keinerlei Tumorspezifität. Infolgedessen kön- nen sie auch nicht als Frühtests oder Suchtests verwendet werden, son- dern sind eher ein Hinweis auf die Tumorausbreitung, zum Beispiel ei- ne Lebermetastasierung. So findet man durch mechanischen Verschluß von Abflußwegen die bekannten Veränderungen im Serum, die nicht mit Sicherheit den Schluß auf einen Tumor zulassen.

Zum Beispiel wird sehr häufig ein Rückstau der Leber durch Hiluslym- phome bedingt, was mit erhöhten Werten für das direkte Bilirubin, die Transaminasen, die alkalische Phos- phatase sowie Gamma-GT und LDH ausgewiesen wird. Diese Befund- konstellation darf noch nicht als Le- bermetastasierung mißdeutet wer- den.

Es wird auch angenommen, daß Membranveränderungen (9) bei Tu- morträgern die Durchlässigkeit für bestimmte Enzyme begünstigen. So beobachtete Aisenberg (10) bei der Lymphogranulomatose auch ohne Leber- oder Knochenbeteiligung im Durchschnitt eine erhöhte alkali- sche Phosphatase im Serum. Ähnli- ches wurde für die Gamma-GT ge- funden.

Bei Knochenmetastasen zeigt sich bei osteoplastischem Befall eine hö- here alkalische Phosphataseaktivität als bei osteolytischen Metastasen.

Auf eine lsoenzymbestimmung zum Nachweis der ossären Herkunft der alkalischen Phosphatase kann in der Praxis verzichtet werden, da zum Beispiel eine normale Gamma-GT den Hinweis auf die ossäre Herkunft

der Phosphatase gibt. Bei ausge- dehnten Skelettmetastasen mißt man ferner erhöhte Kalziumwerte, die so hoch ansteigen können, daß es zum hyperkalzämischen Koma kommt.

Zur Sicherung der Lebermetastasie- rung sind mehrere Enzymkonstella- tionen in der Literatur beschrieben worden (11, 12). Auch hier scheint es das „allgemeingültige Metastasen- muster" nicht zu geben. Durch stati- stisch untermauerte Untersuchun- gen haben wir (13) unterschiedliche Enzymmuster bei verschiedenen Tu- morarten festgestellt (vgl. die Dar- stellung).

Solche Enzymmuster können auch nur allgemeine Gültigkeit besitzen, wenn sie mit standardisierten Me- thoden durchgeführt werden und keine anderen Begleiterkrankungen vorliegen, die dieses Muster verzer- ren. So fanden wir beim Morbus Hodgkin mit Leberbeteiligung eine Erhöhung der Gamma-GT um das 4,1fache, der alkalischen Phospha- tase um das 3,2fache und der LAP um das 1,9fache gegenüber dem Normalkollektiv. Beim Mammakarzi- nom mit Leberbeteiligung hingegen ist die Gamma-GT um das 20fache, die alkalische Phosphatase um das 5,5fache und die LAP um das 3,2- fache erhöht.

Daraus wird klar, daß die Serumkon- zentration eines dieser Enzyme beim Morbus Hodgkin eine andere dia- gnostische Wertigkeit besitzt als beim Mammakarzinom. Erschwe- rend für die Labordiagnostik kommt hinzu, daß bestimmte Therapiefor- men Veränderungen von Laborpara- metern hervorrufen, die nicht den Schluß auf eine Progredienz des Tu- mors zulassen.

So kann beispielsweise eine Hor- montherapie des Mammakarzinoms zu cholestatischen Veränderungen führen, die man von einer Leberme- tastasierung abgrenzen muß. Ferner können Zytostatika direkt Enzymbe- stimmungen beeinflussen, wie das zum Beispiel von Cyclophosphamid bekannt ist, das die Cholinesterase hemmt.

4. Laborparameter

Im folgenden sollen einige Laborpa- rameter in ihrer Wertigkeit für Früh- diagnose und Diagnose maligner Er- krankungen besprochen werden.

Die Messung der Blutkörperchen- senkungsgeschwindigkeit ist eine empfindliche, aber wenig spezifi- sche Methode. Sie ist deshalb als Krebssuchtest ungeeignet. Immer- hin kann sie mit gewissen Ein- schränkungen zur Verlaufskontrolle, zum Beispiel bei Morbus Hodgkin, verwendet werden.

Es muß aber darauf geachtet wer- den, daß Kortikosteroide oder Fibri- nogenspaltprodukte die Senkungs- beschFeunigung hemmen. Eine Ab- grenzung zu einem infektiösen Pro- zeß ist selbstverständlich nicht möglich.

() Blutnachweis im Stuhl: Der seit langem bekannte Guajak-Test zum Nachweis von okkultem Blut im Stuhl hat in seiner neuen, sehr gut konfektionierten Ausführung (Haemoccult®-Test) praktische Be- deutung erlangt. Auf Grund der gu- ten Ergebnisse großangelegter Stu- dien ist er als Suchtest für kolorekta- le Tumoren, die in einem frühen Sta- dium bereits bluten, geeignet. Er wurde deshalb auch von der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung als Vorsorgetest eingeführt.

Enzyme: Für die Frühdiagnostik der Krebserkrankungen sind Enzym- bestimmungen ungeeignet. Wenn Enzymveränderungen im Serum nachweisbar sind, hat der Tumor schon eine relativ große Ausdeh- nung. Die Tumorarten unterschei- den sich auch in ihren Enzymmu- stern wie oben ausgeführt. Das ver- ringert die Aussagekraft. Wenn En- zymerhöhungen beobachtet wer- den, ist damit nicht sofort die Dia- gnose „Lebermetastasierung" zu stellen. Erst aufwendige statistische Verfahren, wie zum Beispiel die Diskriminanzanalyse, lassen bei be- kanntem Primärtumor die Diagnose

„Lebermetastasen" zu (14), Es ist al- so nicht möglich, dem Arzt Grenz- werte von Enzymen in Zahlen anzu-

560 Heft 10 vom 9. März 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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GGTP LAP AP GOT GPT SDH GLDH 5-Nu LOH HBDH

Darstellung: Enzymmuster bei Leberbeteiligung verschiedener Tumorerkrankungen. Der Medianwert des Normkollektivs wird als 1 (----)angenommen. Die Medianwerte von Patienten mit M. Hodgkin (L), Mammakarzinom (M) und Hodentumoren (H) mit Leberbeteiligung sind als Vielfaches des Medianwertes des Normkollektivs aufgetragen. Abkürzungen: AP = alkalische Phosphatase, GGTp

=

Gammaglutamyltransferase, GOT

=

Glutamat-Oxalacetat-Transaminase, GPT

=

Gluta- mat-Pyruvat-Transaminase, GLDH

=

Glutamat-Dehydrogenase, LAP

=

Leucinarylamidase, LOH

=

Lactat-Dehydrogenase, HBDH = Alpha-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase, 5-NU = 5'-Ribonucleotid-Phosphohydrolase (Nach Pfeiffer, R., Hirche, H., Schmidt, C. G., Verh. dtsch. Ges. inn. Med. 81 [1975] 1606)

geben, mit deren Hilfe er eine siche- re Diagnose der Lebermetastasie- rung eines Tumors vornehmen könnte. Immerhin gibt es gewisse Anhaltspunkte für Lebermetastasie- rung:

So ist die stark erhöhte Gamma-GT verbunden mit höheren Werten der SGOT und SGPT sowie erhöhten Werten für die LOH ein Hinweis für eine Lebermetastasierung.

Die Absolutwerte sind unserer Er- fahrung nach von der Tumorart ab-

hängig. Daraus ergibt sich für die Enzymdiagnostik nur eine be·

schränkte Aussagefähigkeit ln der Literatur finden sich nur wenige Ar- beiten, die die Tumorart berücksich tigen.

Um hier allgemeingültige Enzymmu- ster zu erarbeiten, sollten die folgen- den Bedingungen eingehalten wer- den:

..,... Die Enzymbestimmung muß aus einerSerumprobe vor jeder Behand- lung erfolgen.

..,... Der Tumor muß genau histolo- gisch zugeordnet sein.

..,... Es sollte das Tumorstadium ex- akt ermittelt worden sein.

..,... Es müssen Komplikationen aus- geschlossen sein, die das Enzym- muster verzerren, wie beispielsweise rlämolyse, Rückstau der Leber durch Hiluslymphome oder auch an- dere begleitende Lebererkrankun- gen .

..,... Es sollten nur standardisierte Methoden verwendet werden. [>

(6)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schlußwort

Zu (1): Die Seren wurden nach Ab- zentrifugieren in Polypropylenröhr- chen mit Schraubverschluß umge- gossen und im Plastikkarton ver- sandt (gegen Außentemperatur nicht thermisch geschützt). Die Be- stimmung erfolgte mit Chemikalien von Boehringer, Mannheim, unter den gleichen Bedingungen vor und nach Versand mit dem Eppendorf- Enzymautomaten Modell 5020 und Technicon-Analyzer.

Zu (2): Wir konnten zeigen, daß Mit- telwerte und Standardabweichun- gen vor und nach Versand so gut übereinstimmten, obwohl darin ne- ben der biologischen die analytische Streuung enthalten war. Die analyti- sche Streuung ist als äußerst gering anzusehen.

Bei 20maliger Einzelbestimmung in einem aus mehreren Probanden ent- nommenen Mischserum betrug die Aktivität

für GOT 17.8 ± 0,45 (± 1S D ), für GPT 35,5 ± 0,43,

für AP 31 ± 1,1,

für gamma-GT 69 ± 2 und für LDH 182 ± 4,9 mU/ml.

Die Variationskoeffizienten betru- gen in dieser Reihenfolge 2,5 Pro- zent, 1,2 Prozent, 3,5 Prozent, 2,8 Prozent, 2,7 Prozent.

Um die Einwände von Herrn Kolle- gen Schretzenmayr sowohl zu (1) als auch zum statistischen Teil zu be- rücksichtigen, haben wir die Aktivi- tät der Enzyme jetzt unter den opti-

mierten Testbedingungen in 20 ver- schiedenen Seren vor und 3 Tage nach Versand im November 77 zu einem Kollegen in einer Entfernung von 70 Kilometer auf dem Lande (ohne Eisenbahnverbindung!) be- stimmt. Die Differenz zwischen den Einzelwerten jedes Paares wurde hier berücksichtigt. Die Standardab- weichung der Differenzen (S D ) und der t-Test bei Paaranalysen wurden errechnet.

Die Aktivität der GOT betrug vor Ver- sand 19, nachher 18,8 mU/ml (S D = 1,3, t = 0,34),

für GPT vorher 26,2 und nachher 26,1 mU/ml (S D = 1,66, t = 0,22), für AP vorher 33, nachher 35,9 mU/

ml (S D = 3,1, t = 1,21),

für gamma-GT vorher 30,9, nachher 31,2 mU/ml (S D = 2,4, t = 0,72) und für LDH betrug die Aktivität vorher 179, nachher 178 mU/ml (S D = 11,8, t = 0,06).

Eine signifikante Differenz wurde auch hier nicht nachgewiesen (p >

0,2). Wenn es auch statistisch gelän- ge eine Änderung um 10 Prozent als signifikant nachzuweisen, wäre die Änderung für wissenschaftliche Fra- gestellungen eventuell von Bedeu- tung, aber für die Praxis völlig ohne klinische Relevanz.

Professor Dr. med. S. Massarrat Medizinische

Universitätspoliklinik Emil-Mannkopff-Straße 3550 Marburg

Malignomdiagnose

Spezifische Tests für bestimmte Kar- zinome sind die Ausnahme, einen allgemeinen Krebstest gibt es zur Zeit nicht. Es fehlen noch Beweise dafür, daß die heute vielerorts ange- botenen sogenannten Krebstests die Kriterien der Sensitivität und Spezi- fität erfüllen. Ihr Einsatz entbehrt so- mit der notwendigen Grundlage.

Die geschilderten klinisch-chemi- schen und immunologischen Unter- suchungen bei malignen Erkrankun- gen können nur eine Hilfestellung leisten.

Wie ausgeführt, ist ihre Einsatzmög- lichkeit bei der Frühdiagnose derzeit noch begrenzt. Bei der Diagnose maligner Erkrankungen spielen sie in Einzelfällen eine gewisse Rolle.

Sie können damit nicht andere klini- sche Untersuchungsmethoden er- setzen.

Zur Verbesserung dieser Situation müssen Kliniker und Laborärzte noch enger als bisher zusammenar- beiten. Dies muß bei der Einrichtung klinikferner zentraler Laboreinhei- ten beachtet werden.

Literatur bei den Verfassern

Anschriften der Verfasser:

Dr. med. Rudolf Pfeiffer, Westdeutsches Tumorzentrum, Innere Universitätsklinik und Poliklinik

(Tumorforschung) Hufelandstraße 55, 4300 Essen

Professor Dr. med.

Walter Michael Gallmeier, Vorstand

der 5. Medizinischen Klinik, Städtische Krankenanstalten Flurstraße 17,

8500 Nürnberg

AUSSPRACHE

Haltbarkeit der Serumenzyme beim Versand

Zum Aussprachebeitrag

von Professor Dr. med. Albert Schretzenmayr in Heft 9/1978, Seite 484

562 Heft 10 vom 9. März 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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