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Archiv "KARZINOMSERIE: Maligne Skelett-Tumoren" (17.11.1977)

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Maligne Skelett- Tumoren

Seilt 2747

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Einleitung

Primäre bösartige Knochentumoren haben knapp 1 Prozent Anteil an der Gesamtzahl aller bösartigen Ge- schwülste. Dies ist der Grund, war- um der einzelne praktisch und kli- nisch tätige Arzt und auch der Pa- thologe über relativ wenig Erfah- rung in Diagnostik und Therapie die- ser Erkrankung verfügt. Trotz der Seltenheit dieser Geschwülste ist ei- ne solche Erkrankung von besonde- rer Tragik, weil einerseits die Heil- chance mit 30 Prozent Fünfjahres-

1) Wiener Knochengeschwulstregister (Leiter:

Dozent Dr. M. Salzer, Pathologisch-Anato- misches Institut der Universität, Spitalgasse 4, A-1090 Wien)

2) Knochentumor-Register bei der Schweize- rischen Gesellschaft für Pathologie (Leiter:

Professor Dr. W. Remagen, Pathologisches Institut der Universität, Schönbeinstraße 40, CH-4056 Basel)

3) Göttinger Knochentumor-Register (Leiter:

Professor Dr. H. Poppe, Radiologische Kli- nik der Universität, Goßlerstraße 10, D-3400 Göttingen)

4) Wissenschaftliche Archivstelle der Rhei- nisch-Westfälischen Röntgengesellschaft, (Leiter: Professor Dr. W. Hoeffken, Strah-

heilungen sehr gering ist und zum anderen vorwiegend jugendliche Patienten betroffen sind. Unter der Vielzahl der einzelnen Tumorarten des Knochens haben ihre häufigsten Vertreter, das Osteo- und Ewing- Sarkom, einen Häufigkeitsgipfel im zweiten Dezennium und das Chon- drosarkom in der 4. bis 6. Lebensde- kade.

Um die diagnostischen und thera- peutischen Erfahrungen zu bessern sind in Ländern wie den USA, den Ostblockstaaten, den Niederlanden,

leninstitut der Allgemeinen Ortskranken- kasse Köln, Machabäerstraße 19-27, D-5000 Köln)

5) Knochengeschwulst-Register Westfalen, (Leiter: Professor Dr. E. Grundmann, Patho- logisches Institut der Universität, Westring 17, D-4400 Münster)

6) Knochentumorregister Hamburg (Leiter:

Professor Dr. G. Seifert, Pathologisches In- stitut des Universitäts-Krankenhauses Ep- pendorf, Martinistraße 52, D-2000 Hamburg 20)

7) Archiv der Interdisziplinären Arbeitsge- meinschaft Knochentumoren (Leiter: Pro- fessor Dr. H.-G. Willert, Orthopädische Univ.-Klinik Friedrichsheim, Marienburg- straße 2, D-6000 Frankfurt am Main 71)

Großbritannien und Schweden seit langem zentrale Knochentumorregi- ster geschaffen worden, die es mög- lich machen, das biologische Ver- halten dieser Geschwülste, ihre Ver- laufsformen und den Erfolg ver- schiedener Behandlungsmaßnah- men zu studieren. Auch im deutsch- sprachigen Raum sind in den letzten Jahren solche Register entstanden, so in Wien'), Basel 2 ), Göttingen 3), Köln 4), Münster s), Hamburg') und Frankfurt am Main').

Die Bemühungen um eine solche Zentralisierung sind in den letzten fünf Jahren durch neue Erkenntnis- se in Grundlagenforschung, Diagno- stik und Behandlung gelohnt wor- den.

Grundlagenforschung (1, 5, 6, 8) Jede medizinische Grundlagenfor- schung sollte als letztes Ziel eine Verbesserung der Behandlung und damit der Heilchancen einer Erkran- kung haben. Dies ist wiederum nur dann möglich, wenn man über Ursa- che und auslösende Momente die- ser Erkrankung umfassende Kennt- nisse besitzt.

Tierversuche haben ergeben, daß chemische und radioaktive Substan- zen Knochentumoren hervorrufen können. Je nach Dosierung und Ein- wirkungszeit des Radionuklids ent- stehen unterschiedliche Ge- schwulsttypen, und eine protrahier- te Dosierung hat Einfluß auf die Häufigkeit der Tumoren. Damit er-

KARZINOMSERIE:

Maligne Skelett-Tumoren

Hans-Georg Willert und Alfred Enderle

Orthopädische Universitätsklinik und Poliklinik „Friedrichsheim"

Frankfurt am Main

(Leiter: Professor Dr. med. Wolfgang Heipertz) Abteilung für Knochenerkrankungen

(Leiter: Professor Dr. med. Hans-Georg Willert)

Knochensarkome gehören zu den bösartigen Geschwülsten mit aus- gesprochen schlechter Prognose. Seit der Einführung einer adjuvan- ten Chemotherapie besteht Hoffnung auf einen günstigeren Verlauf dieser Erkrankung. Weitere adjuvante Behandlungsmethoden sind zur Zeit noch in Erprobung. Die neuen Erkenntnisse sind das Ergebnis der Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen an Knochen- tumorzentren. Nur auf dem Wege der zentralen und interdisziplinären Bearbeitung der Probleme sind weitere Fortschritte in der Erkennung und Behandlung der Knochentumoren zu erreichen.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 46 vom 17. November 1977

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Maligne Skelett

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Tumoren

halten Radionuklide Bedeutung für das Studium experimenteller Kno- chentumoren und lassen auch die Gefährlichkeit einer radioaktiven Umweltveränderung auf den Kno- chen erkennen. Strahleninduzierte Kno .chentumoren kennt man auch beim Menschen, es handelt sich um die sogenannten sekundären Osteo- und Fibrosarkome nach intensiver Röntgenstrahlen- und Radiumexpo- sition.

Osteosarkome können im Tierver- such auch durch Viren induziert werden. Die Viren wurden bei Mäu- sen von spontan aufgetretenen und strahleninduzierten Osteosarkomen isoliert und erzeugten wieder Osteo- sarkome, wenn man sie demselben Mäusestamm injizierte.

Die brennende Frage ist nun, ob es auch beim Menschen virusinduzier- te Knochensarkome gibt. Es ist ge- lungen, bei Hamstern durch Injek- tion eines zellfreien Extraktes von Patienten mit Osteosarkomen sol- che und andere mesenchymale Sar- kome zu erzeugen. Obwohl elek- tronenmikroskopisch Viruspartikel identifiziert wurden und immunolo- gische und zytologische Untersu- chungen den Hinweis auf das Vorlie- gen eines menschlichen Antigens in den Hamstertumoren ergaben, be- darf der endgültige Beweis für eine Virusinduktion beim Menschen noch weiterer Untersuchungen.

Epidemiologische Studien tragen ebenfalls zur Erkenntnis über die Entstehung von Knochentumoren bei. Sie zeigen zum Beispiel, daß Osteosarkome der langen Röhren- knochen überwiegend an Metaphy- sen mit stärkster Wachstumspotenz lokalisiert sind (distaler Femur, pro- ximale Tibia, proximaler Numerus).

Außerdem läßt sich der Häufigkeits- gipfel mit dem präpuberalen Wachs- tumsschub korrelieren. Die Tatsa- che, daß Kinder mit Osteosarkomen im Durchschnitt größer sind als Kon- trollgruppen, findet ihre Parallele in der Veterinärmedizin, wo Hunde- stämme größerer Statur ebenfalls häufiger Osteosarkome aufweisen als Stämme mit kleinerer Statur. Die Sterblichkeitsrate bei Knochen-

tumoren ist bis zum 13. Lebensjahr bei Jungen und Mädchen gleich. Da- nach jedoch, wenn Jungen größer werden, nimmt die Sterblichkeit bei diesen zu. Weitere epidemiologi- sche Aspekte sind, daß das Ewing- Sarkom bei Schwarzen kaum beob- achtet wird, was auf eine genetische Resistenz bei diesen schließen läßt.

Die Tatsache, daß bösartige Kno- chentumoren bei Stadtbevölkerun- gen häufiger auftreten als in ländli- chen Gegenden, läßt auf einen Um- welteinfluß schließen. Für eine virus- bedingte Infektionskrankheit des Osteosarkoms kann epidemiolo- gisch jedoch noch kein Beweis er- bracht werden.

Diagnostik (1, 4, 5, 6, 8, 9, 10) Der diagnostische Ablauf hat bei Knochentumoren zwei Phasen:

a) die Aufdeckung einer Verände- rung am Knochen,

b) die genaue Identifizierung dieser Veränderung.

a) Die Früherkennung eines Kno- chentumors ist nach wie vor ent- scheidend für das weitere Schicksal des Patienten. Sie liegt in der Hand des erstbehandelnden Arztes. Seine Aufgabe ist durch drei Aspekte ge- kennzeichnet. Er muß

1. an einen Knochentumor denken, 2. die richtige Stelle röntgen, 3. eine bereits sichtbare Verände- rung auch erkennen.

Leider ist es um den ersten und ent- scheidenden Schritt, die Früherken- nung, noch schlecht bestellt. Nach katamnestischen Erhebungen beim Osteosarkom liegt zwischen der Erstkonsultation des Arztes und der Erstellung der ersten Röntgenauf- nahme eine Zeitspanne von durch- schnittlich 14,3 Wochen, nachdem bereits vom Auftreten der ersten Symptome bis zum Aufsuchen eines Arztes im Durchschnitt 19,9 Wochen vergangen sind. Nach Anfertigung des Röntgenbildes bis zur Einwei- sung in die Klinik vergehen noch

einmal 3,7 Wochen. Ein solcher Zeit- verlust ist mit keinem Fortschritt in der weiteren klinischen Diagnostik und Behandlung wieder aufzuholen.

b) Die sichere Artdiagnose und da- mit die Aussage über die Dignität der Geschwulst kann nur durch die histologische Untersuchung in der Klinik erbracht werden. Dabei ist der Pathologe unbedingt auf eine fach- gerecht durchgeführte Biopsie an- gewiesen. Er kann nur zu einer ex- akten Diagnose kommen, wenn er alle klinischen Daten zur Verfügung hat und den Röntgenbefund mit der Histomorphologie korreliert.

Bevor die Biopsie durchgeführt wird, sollte sich der Kliniker ein ge- naues Bild über die Tumorlokalisa- tion, -ausdehnung und -aussaat ma- chen. In den letzten Jahren sind ihm dazu zahlreiche diagnostische Hilfs- mittel an die Hand gegeben worden.

Keines kann jedoch die histologi- sche Verifizierung ersetzen.

Aufschluß über die genaue Ge- schwulstausdehnung und Weichteil- infiltration — unseres Erachtens aber nicht über die Dignität — erbringen Angiographie, Xeroradiographie und Xeroarteriographie. Die Lym- phographie ist bei der vorwiegend hämatogenen Metastasenaussaat der Knochentumoren nur selten dienlich. Zur Aufdeckung von klein- sten Lungenmetastasen bedarf es oft der Schichtaufnahmen in zwei Ebenen. Zur Bestimmung der Aus- dehnung von Tumoren des Beckens und der Wirbelsäule sind manchmal ein i.v. Pyelogramm, eine Kontrast- aufnahme . des Darmes und ein Mye- logramm erforderlich. Die Szintigra- phie mit osteotropen Radionukliden dient zur Aufdeckung von Knochen- herden, bevor sie röntgenologisch sichtbar werden und eventuell auch zur Überwachung der Tumoraussaat im Skelett und zur Kontrolle des Therapieerfolges. In ähnlicher Weise kann die Thermographie bei Extre- mitätentumoren eingesetzt werden, ohne daß damit jedoch eine artspe- zifische Diagnose möglich wäre.

Beide Methoden geben nur Auf- schluß über lokale Änderungen des Knochenstoffwechsels und der

2748 Heft 46 vom 17. November 1977

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Maligne Skelett-Tumoren

Durchblutung. Ein neues diagnosti- sches Verfahren ist die Computer- Tomographie, die in größeren Klini- ken eben in Erprobung geht.

Auf morphologischem Sektor wur- den in den letzten Jahren elektro- nenmikroskopische und histoche- mische Untersuchungen durchge- führt. Diese Methoden erfordern je- doch sehr viel Zeit und sind im Rou- tinebetrieb zur raschen Erstellung einer Diagnose kaum geeignet.

Elektronenmikroskopische Untersu- chungen konnten bislang auch kei- ne eindeutigen differentialdiagnosti- schen Kriterien aufdecken und sind in ihrer Aussage noch widersprüch- lich.

Zytologische Untersuchungen lie- fern jedoch zusätzlich zur histologi- schen Methode weitere Differenzie- rungsmöglichkeiten bei Rundzell- sarkomen (Ewing-Sarkom, Retiku- lumzellsarkom) und eine sicherere Dignitätsbestimmung beim Chon- drosarkom.

Von entscheidender Bedeutung bei der Erstellung einer Diagnose ist, daß Pathologe, Kliniker und Radio- loge dieselbe Sprache sprechen, das heißt, daß sie sich einer einheit- lichen Klassifizierung und Nomen- klatur bedienen. Dazu kann beson- ders der von Becker (1975) erstellte Diagnoseschlüssel beitragen. Auf- grund einer solchen Klassifizierung konnten in jüngster Zeit auch die morphologischen Merkmale des mesenchymalen Chondrosarkoms klarer herausgestellt und bei den Chondrosarkomen eine Klarzellva- riante erkannt werden.

Therapie (1-10)

Die Behandlung der bösartigen Kno- chentumoren hat, was das Osteo- und das Ewing-Sarkom betrifft, in den letzten fünf Jahren insofern ei- nen Wandel erfahren, als zur radika- len Tumorausräumung durch opera- tive und radiotherapeutische Maß- nahmen eine zusätzliche (adjuvante) Chemotherapie empfohlen wird.

Beim Osteosarkom konnte bisher le- diglich eine Fünfjahresheilung von

15 bis 30 Prozent registriert werden, wobei auch die Kombination von Amputation mit irgendeiner Art von Strahlenbehandlung nichts verbes- sern konnte. Lungenmetastasen tra- ten in fast 90 Prozent schon inner- halb von zwei Jahren nach Diagno- sestellung auf. Mit der adjuvanten Chemotherapie sind je nach Anwen- dung (lokale oder allgemeine Infu- sion) und Kombination der Zytostati- ka 45-75 Prozent der Patienten nach zwei Jahren noch metastasenfrei.

Auch einen Rückgang vorhandener Lungenmetastasen kann man che- motherapeutisch erreichen. Die kri- tische Durchsicht der Literatur zeigt jedoch, daß allzu großer Optimismus nicht am Platze ist, da die Ergebnis- se mit steigender Beobachtungszeit doch noch schlechter werden.

Beim Ewing-Sarkom war die Fünf- jahresheilung bislang mit 8 bis 33 Prozent noch schlechter als die des Osteosarkoms; sie konnte aber durch adjuvante Chemotherapie mit einer zweijährigen Überlebensrate von 40 bis 100 Prozent, je nach Art der zytostatischen Kombination, deutlich gebessert werden. Dabei muß aber betont werden, daß eine solche adjuvante Chemotherapie mit erheblichen, allgemeinen Ne- benwirkungen behaftet ist und des- halb in engster Zusammenarbeit tunlichst mit einem erfahrenen On- kologen durchgeführt werden sollte.

Der häufigste bösartige Knochen- tumor, das Plasmozytom, wird, so- fern es kein solitärer Herd ist, eben- falls zytostatisch behandelt.

Eine weitere Form adjuvanter Be- handlung ist die Immuntherapie. Die spärlichen Mitteilungen hierüber lassen erkennen, daß derzeit mit ihr kein signifikant besseres Ergebnis erreicht werden kann als mit den herkömmlichen Methoden. Neuer- dings wird auch eine Behandlung mit Interferon diskutiert. Sie steht aber erst am Anfang einer umfas- senden klinischen Erprobung. Das Interferon hätte gegenüber den Zy- tostatika den Vorteil, daß es weitge- hend frei von Nebenwirkungen ist.

Bei den meisten weiteren Arten von Knochentumoren (Chondrosarkom,

Fibrosarkom, Hämangiosarkom, Chordom, maligner Riesenzelltu- mor, Adamantinom, Liposarkom, Myxosarkom) haben chirurgische Maßnahmen nach wie vor ihre un- eingeschränkte Bedeutung. Die operative Entfernung solitärer Lun- genmetastasen beim Osteosarkom hat ebenfalls einen günstigen Ein- fluß auf den weiteren Krankheitsver- lauf. Die operative Behandlung hat neben der Amputation, Exartikula- tion und Hemipelvektomie eine Be- reicherung durch rekonstruktive Maßnahmen mittels Osteosynthese- technik und teilweisem beziehungs- weise vollständigem Gelenkersatz erhalten, ohne daß man die Radikali- tät vernachlässigen muß. Ewing- Sarkom und Retikulumzellsarkom sind strahlensensibel und werden in der Regel durch eine Megavoltbe- strahlung behandelt. Auch bei in- operablen Tumoren kommt die Strahlentherapie zu ihrem Recht.

Bei Chondrosarkomen wurde ver- sucht, mit radioaktivem Schwefel zu behandeln, was allerdings außer zu Schmerzlinderung zu keiner signifi- kanten Remission führte.

Die adjuvante Chemotherapie muß mindestens ein bis zwei Jahre kon- sequent durchgeführt werden, um erfolgversprechend sein zu können.

Während dieser Zeit bedarf es einer geschickten psychischen Führung des Patienten. Um die Nebenwirkun- gen, die den Patienten zum Teil er- heblich beeinträchtigen, vor ihm zu rechtfertigen, muß er über den Ernst seiner Erkrankung schonend aufge- klärt werden. Die psychosoziale Rehabilitation von Sarkompatienten umfaßt ein breites Spektrum. Sie hat sich auseinanderzusetzen mit der Körperbehinderung, dem Verlust ökonomischer und sozialer Selbst- genügsamkeit, der Veränderung der Selbstachtung, dem Verlust oder der Veränderung der sozialen Rolle, mit Depressionen und mit der Angst vor dem Tod.

Neben der Behandlung und psychi- schen Betreuung bedarf es einer be- ständigen Kontrolle der Tumorer- krankung. Rezidive oder Tumoraus- saat sollten so früh wie möglich durch röntgenologische und szinti-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 46 vom 17. November 1977 2749

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

FÜR SIE GELESEN

Neonatale Hypoglykämie bei Hyperinsulinismus

Die persistierende Hypoglykämie des Neugeborenen und jungen Säuglings sind meist Folgen einer inadäquaten Insulinsekretion oder Folge eines angeborenen Enzymde- fektes im Glukosestoffwechsel. Eine rasche Diagnose und eventuell ein aggressives therapeutisches Vorge- hen sind angezeigt, um eine Schädi- gung des Zentralnervensystems durch Substratmangel zu verhin- dern.

Die Autoren berichten über sechs eigene Patienten mit schwerer persi- stierender Hypoglykämie, die sich in den ersten sechs Lebensmonaten manifestierten und Folge eines Hy- perinsulinismus waren. Sie geben weiterhin unter Berücksichtigung der Literatur eine Übersicht über Diagnostik und Therapie des durch Nesidioblastose, Inselzellhyperpla- sie oder Inselzelladenom bedingten Hyperinsulinismus. Zunächst sollte die Therapie mit häufigen kohlenhy- dratreichen Mahlzeiten begonnen werden, unter Umständen ergänzt durch intravenöse Gaben von Zuk- ker. Die Gabe von Glukagon, Gluko- kortikoiden, Epinephrin und Diazo- xiden ist oft ineffektiv, so daß wie- derholt schwere Hypoglykämien mit Krampfanfällen und einer Schädi- gung des Zentralnervensystems auf- treten können.

Die subtotale oder totale Pankreat- ektomie scheint die einzige Methode zu sein, eine Normalisierung des Blutzuckerspiegels zu erreichen, doch etwa die Hälfte der Patienten zeigt schon zu diesem Zeitpunkt ei- ne irreversible mentale Schädigung.

Dies mag zum Teil durch eine ver- spätet durchgeführte Operation be- dingt sein. Dieses operative Vorge- hen wurde bei den sechs Patienten der Autoren gewählt und erwies sich als effektiv, eine Normalisierung des Blutzuckerspiegels konnte bei allen Patienten erreicht werden. Hinweise auf eine Zerebralschädigung erga- ben sich bei diesen nicht. Die Auto- ren empfehlen, die Milz bei der Ope- ration in situ zu belassen wegen ih-

rer Bedeutung für das immunologi- sche Abwehrsystem. Dck

Thomas, Jr., Colin G., Underwood, Louis E., Carney. Charles N.. Dolcourt, John L., Whitt, John J., Ann. Surg. 185, (1977), 505-517 Colin G. Thomas. Jr., M. D., Department of Surgery, UNC School of Medicine, 136 Clinical Sciences Building 229-H, Chapel Hill, NC 27514

Reaktive Hypoglykämie nach Cocktails

Eine alkoholinduzierte reaktive Hy- poglykämie spielt möglicherweise bei einer Reihe von Verkehrsunfällen eine Rolle, und zwar dann, wenn die Blutalkoholspiegel deutlich unterder erlaubten Höchstgrenze liegen.

In einem Versuch mit Freiwilligen er- hielten die Probanden nach einem normalen Frühstück zwischen 7.30 und 8.00 Uhr gegen 13.00 Uhr ent- weder drei Gin-Tonic (50 g Alkohol und 60 g Zucker), Gin und Slimline- Tonic (50 g Alkohol und 0.5 g Zuk- ker) oder nur Tonic (60 g Zucker).

Während der folgenden fünf Stun- den wurde ihr Reaktionsvermögen, die klinische Symptomatik, Blutzuk- ker und Seruminsulin analysiert. Der alkoholhaltige Drink führte erwar- tungsgemäß zu einer geringgradi- gen bis mäßigen Trunkenheit. Gin und Slimline-Tonic zeigten keinen Effekt auf Blutzucker oder Insulin- spiegel. Gin-Tonic bewirkte eine si- gnifikant höhere lnsulinämie gefolgt von einer ausgeprägten reaktiven Hypoglykämie im Vergleich zur rei- nen Tonic-Lösung; drei der zehn Probanden zeigten deutliche Sym- ptome einer Neuroglykopenie. Bei vier Probanden fiel der Blutzucker innerhalb von drei bis vier Stunden auf Werte unter 2,5 mmol/l ab. (45 mg/dl)

Die Untersuchungsergebnisse un- terstreichen die Beobachtung, daß Drinks auf nüchternen Magen das Reaktionsvermögen nachhaltig, auch noch nach Stunden, zu beein- trächtigen vermögen.

O'Keefe. St. J. D., und Marks, V,: Lunchtime gin and tonic a cause of reactive hypoglycemia Lancet 1 (1977) 1286-1288

Departements of Clinical Biochemistry and Medicine, St. Luke's Hospital, Guildford, Surrey

Maligne Skelett

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Tumoren

graphische Untersuchungen ent- deckt werden. Es bestehen zahlrei- che Hinweise, daß es tumorspezifi- sche Antigene bei menschlichen Sarkomen gibt, und man kann an- nehmen, daß die immunologische Abwehrlage eines Patienten gegen- über seinem Knochensarkom mit- entscheidend für die weitere Pro- gnose ist. Mit tumorspezifischen Zy- totoxizitätstesten kann die immuno- logische Reaktion des Patienten überprüft werden. Dabei hat sich herausgestellt, daß Patienten mit ei- nem Abfall ihrer immunologischen Reaktion nach der Operation nur ge- ringe Überlebenschancen haben.

Die Lactatdehydrogenase (LDH) ist wahrscheinlich ein Parameter mit prognostischem Aussagewert beim Ewing-Sarkom.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß bei den bösartigen Tumoren des Skeletts während der letzten Jahre in Grundlagenforschung, Diagnose und Therapie neue Erkenntnisse er- reicht worden sind und daß man be- züglich der bisherigen ungünstigen Prognose einiger dieser Geschwül- ste jetzt etwas zuversichtlicher sein darf. Weiterer Fortschritt ist aber nur dadurch zu erreichen, daß solche Geschwülste an Zentren diagnosti- ziert, behandelt und registriert wer- den. An den Zentren selbst ist inter- disziplinäre Zusammenarbeit auf breitester Basis erforderlich.

Literatur

(1) Grundmann, E.: Malignant Bone Tumors, Springer, Berlin-Heidelberg-New York (1976) — (2) Hoeffken, W.. Schmidt, C. G.: Dtsch. med.

Wschr. 101 (1976) 251-258 — (3) Linder, F., Pieper, M., Ott, G., Becker. W., Willert, H.-G.:

Chirurg 45 (1974) 54-62 — (4) Willert, H.-G., Fergenbauer, G., Enderle. A.: Arch. orthop. Un- fall-Chir. (im Druck) — (5) Clin. Orthop. 111 (1975) — (6) Front. Radiat. Ther. Onc. 10 (Kar- ger, Basel, 1975), Primary Bone Cancer: The Multidiscipline Disease — (7) J. Bone Jt. Surg.

57-A u. 57-B (1975) — (8) J. Bone Jt. Surg. 58-A (1976) — (9) Orthopäde 5 (1976) — (10) Orthop.

Praxis 10/XII (1976) — Weitere Literatur bei den Verfassern

Anschrift der Verfasser:

Professor

Dr. med. Hans-Georg Willert Dr. med. Alfred Enderle Facharzt für Orthopädie

Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim, Marienburgstraße 2 6 Frankfurt am Main 71 (Niederrad)

2750 Heft 46 vom 17. November 1977

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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