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Archiv "Wortwechsel: Zertifix und Qualifix" (18.02.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 7

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18. Februar 2011 A 333

PID

Frank Ulrich Mont- gomery schlägt vor, Kommissionen bei den Kammern soll- ten im Einzelfall entscheiden (DÄ 49/

2010: „Interview mit Dr. med. Frank Ulrich Montgomery:

,Wahrscheinlich wird die PID in engen Grenzen kommen‘“ von Marc Meißner und Eva Richter-Kuhlmann).

F g K d t e 2 mit Dr med Frank U

Fundamentale Rechte

. . . „Die PID ist eigentlich eine ver- zichtbare Methode.“ Für Herrn Montgomery glücklicherweise ja, aber es gibt Menschen, denen die PID sehr viel helfen kann, nämlich zu einem gesunden Kind, nachdem sie schon drei oder vier Fehl- oder Totgeburten hatten. Ob diese Men- schen die PID auch für verzichtbar halten?

„Die PID ersetzt im Grunde ge- nommen nur die ,Tragik der Schwangerschaft auf Probe‘ mit der Pränataldiagnostik und der Ab- treibung.“ Wäre das nicht schon et- was sehr Sinnvolles?

„Muss denn der Kinderwunsch ei- nes Paares um jeden Preis erfüllt werden?“, fragt Herr Montgomery.

Will er sich anmaßen zu entschei- den, welche Therapieformen Men- schen für sich in Anspruch nehmen dürfen und welche nicht? Als nicht betroffener Mann lässt sich die Fra- ge leichten Herzens und unbe- schwert von fundierter Sachkennt- nis mit Nein beantworten. Es be- rührt jedoch fundamentale Frei- heitsrechte, wenn einer Frau die Entscheidung vorenthalten wird, ob sie ein hohes Risiko einer geneti- schen Erkrankung beim Kind ein- gehen will oder ob sie das bis zu 50 Prozent betragende Risiko durch eine PID auf das für alle Frauen bestehende Hintergrundrisiko sen- ken will . . .

Dr. Silke Marr, 10789 Berlin

Erzkonservativ

Die erzkonservative und meines Erachtens auch anmaßende Einstel- lung Herrn Dr. Montgomerys zur

PID hat mich zutiefst erschüttert . . . Wohlgemerkt, geht es ja nicht darum, die PID vorzuschreiben, sondern sie zuzulassen. Selbst wenn es keinerlei Beschränkungen für eine PID gäbe, wäre es den künftigen Eltern ja unbenommen, diese nicht in Anspruch zu nehmen.

(Eine solche Entscheidung genießt jedermanns Respekt. Der Einwand, man könnte sich damit dem Vor- wurf aussetzen, unverantwortlich zu handeln, falls die PID nicht ver- boten werde, ist geradezu lächer- lich).

Es steht außer Frage, dass Behin- derte vollwertige und geachtete Mitglieder unserer Gesellschaft sind oder zumindest sein sollten.

Ebenso aber auch, dass eine Behin- derung trotzdem kein erstrebens- werter Zustand ist. Schließlich ist es unsere Aufgabe als Ärzte, den Eintritt einer Behinderung mög- lichst zu vermeiden. Und warum sollte dies nicht auch im Vorfeld des Lebens schon gelten? Es steht doch außer Frage, dass bei einer IVF ohnehin nicht alle entstehen- den Embryonen „zum Zuge“ kom- men können. Die „überzähligen“

werden ohnehin „vernichtet“, auch ganz ohne PID. Positiv ausge- drückt geht es bei der PID also dar- um, dass gesunden Embryonen zum Leben verholfen wird und nicht darum, dass genetisch schwer

belastete Embryonen vernichtet werden.

Warum, so frage ich mich, sollten künftige Eltern, deren Kinder- wunsch so übermächtig ist, dass sie den strapaziösen und frustrations- reichen Weg der IVF gewählt ha- ben, auch noch eine zusätzliche und unnötige seelische Belastung mit der Sorge, ob das Wunschkind einen schweren genetischen Defekt in sich trägt, zugemutet werden?

Auch wenn Eltern zum Glück in die Aufgabe, ein schwerbehindertes Kind betreuen zu müssen, hinein- wachsen und diese in der Regel auch akzeptieren, ist dies – wie die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen – mit einem sehr schwerwiegenden Einschnitt in die Lebensqualität der Betreuenden verbunden.

Es ist meines Erachtens anmaßend und mit einer freiheitlichen Grund- ordnung unvereinbar, wenn persön- lich nicht betroffene Politiker, Ärzteinstitutionen, Theologen, selbsternannte Ethikexperten oder sonstige Moralapostel den künfti- gen Eltern ihre eigenen Maßstäbe aufzwingen . . . Mal abgesehen da- von erscheint es völlig absurd, Krankheiten von der PID auszu- schließen, die später einen zulässi- gen Grund für einen Schwanger- schaftsabbruch darstellen . . .

Dr. med. Jürgen Horn, 35510 Butzbach

WORTWE CH SEL

Philipp Rösler stell- te sich den Fragen von Ärzten und Studenten (DÄ 45/

2010: „Vierter Ärzteblatt-Wort - wechsel: Rösler im kollegialen Verhör“ von Marc Meißner und Eva Richter-Kuhlmann).

O C

P t v S 2 Ä w kollegialen Verhör“v

Zertifix und Qualifix

Ich kann es nicht mehr hören und mag es auch nicht mehr lesen, das beredte Klagen der Ärzte über eine überbordende Bürokratie. Herr Rös- ler hat völlig recht, wenn er vorsich- tig darauf verweist, dass von eben dieser überbordenden Bürokratie ein

Gutteil von Ärzten für Ärzte ge- macht ist. Nur wird dies immer wie- der vergessen oder auch ausgeblen- det. Der an sich für kurative Tätig- keit ausgebildete Arzt ist so längst zum Zertifix, Leitlinix und Qualifix mutiert. Da wäre es eigentlich nur ein konsequenter Schritt in die rich- tige Richtung, in der Weiterbil- dungsordnung einen Facharzt für Bürokratie und Schriftverkehr neu aufzunehmen. Dieser könnte seine Kolleginnen und Kollegen dann richtig qualitätsgesichert schurigeln, sich selbstzufrieden zurücklehnen und zu sich sagen: Wie ist das Arzt- sein doch schön: nur mit Papier und ganz ohne Patienten.

Dr. iur. Hans-Dieter Lippert, Universitätsklinikum Ulm, Institut für Rechtsmedizin, 89075 Ulm

B R I E F E

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