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Archiv "Gesundheitsberufe: Umdenken dringend geboten" (29.06.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 26

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29. Juni 2012 A 1379

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

A U SSTELLUNG

Eine Ausstellung er- innert in Nürnberg an das Schicksal jü- discher Ärztinnen und Ärzte in Bayern nach 1933 (DÄ 22–

23/2012: „Bitte um Verzeihung an NS-Opfer“ von Thomas Gerst).

Blinde Justiz

So lobenswert und wichtig es war, auf dem 115. Deutschen Ärztetag der NS-Opfer ärztlicher Verblen- dung und ideologischer Unbarmher-

zigkeit (nach über einem halben Jahrhundert!) offiziell zu gedenken, so deprimierend bleibt das Fazit, dass viele der Täter nach dem Krieg davongekommen sind und sogar in West und Ost Karriere machen konnten. Getarnt, gedeckt, ge- schützt, unterstützt und gefördert durch Persilscheine, attestierte Ver- handlungsunfähigkeit, kollegiale Seilschaften und eine blinde Justiz, die von fehlendem Unrechtsbe- wusstsein und Ähnlichem schwa - dronierte, konnten sie bis ins hohe Alter unbehelligt weiterpraktizie- ren.

Prof. Dr. Dr. Theo R. Payk, 53177 Bonn

U SS U

E i a d u n 2 Verzeihungan NS-O

GES UNDHEITS BERUFE

Drohender Ärzte- mangel und eine äl- tere, multimorbide Gesellschaft erfor- dern neue Formen der Kooperation zwi- schen Ärzten und anderen Gesundheitsberufen (DÄ 17/

2012: „Zusammenarbeit der Gesund- heitsberufe: ‚Ärzte brauchen Entlas- tung“‘ von Heike Korzilius).

Umdenken dringend geboten

Bei der Frage, inwieweit der dro- hende oder regional bereits einge- tretene Ärztemangel kompensiert werden kann, besteht zum Prinzip der ausschließlichen Delegation durch einen approbierten Arzt – so- wohl aus fachlicher Sicht als auch in der juristischen Beurteilung – keine Alternative. Der KBV-Vorsit- zende Dr. Köhler weist zu Recht auf die Gefahr einer Fragmentierung der Gesundheitsversorgung hin.

Allerdings würde eine grundsätzli- che ideologische Ablehnung der Kompetenzerweiterung nichtärztli- cher Berufsgruppen vor dem sich abzeichnenden Ärztemangel denknotwendig zu schweren Ver- sorgungsdefiziten führen. Faktisch wird man nicht umhin kommen, auch Nichtärzte stärker in die Ver- sorgung einzubeziehen und dadurch den verbleibenden ärztlichen Kolle- gen die Konzentration auf deren Kernkompetenzen zu ermöglichen, also sie in nachrangigen Aufgaben- bereichen zu entlasten. Problema- tisch ist in Deutschland, dass im Gesundheitswesen die Ausbildungs- ebene auf Fachhochschulniveau na- hezu keine Rolle spielt. Während im Ausland Aufgaben der hochqua- lifizierten Krankenpflege, Arztassis- tenz oder Notfallmedizin teils tradi- tionell durch Fachhochschulabsol- venten erfolgreich übernommen werden, klafft in Deutschland eine große Kompetenzlücke zwischen den Lehrberufen und hochschulme- dizinisch ausgebildeten Akademi-

kern. Diese Lücke zu schließen, be- deutet nicht, die Pflege zu akademi- sieren, sondern eine eigene Qualifi- kationsebene zu schaffen, die sich in ihrem Selbstverständnis von der lehrberuflichen Ebene abhebt, wel- che sich gleichzeitig aber auch ih- rem Abstand zur universitären Ebe- ne bewusst sein muss . . .

Das erste mögliche Konzept könnte sich an Strukturen des Sanitätsdiens- tes der Bundeswehr orientieren, die ebenfalls aufgrund des Ärzteman- gels einem Sanitätszentrum mehrere Sanitätsstaffeln an untergeordneten beziehungsweise personalschwäche- ren Standorten zuordnet. Die weni- gen Ärzte sind am Sanitätszentrum ganztägig verfügbar, wobei in den Staffeln nur zu bestimmten Zeiten ärztliche Sprechstunden stattfinden.

Während der übrigen Zeit stellen er- fahrene Sanitäter die Basisversor- gung in enger Absprache mit den vorgesetzten Ärzten sicher. In dring- lichen Fällen erfolgt ein Transport ins Zentrum oder im Notfall in die stationäre Versorgung. Übertragen auf die ländliche Bevölkerungsver- sorgung würde ein MVZ mit star- kem allgemeinmedizinischem Schwerpunkt Zweigpraxen unterhal- ten, die ebenfalls regelmäßig ärzt- lich besetzt sind und an denen in der Zwischenzeit beispielsweise ein

„Physician Assistant (B. Sc.)“ für die medizinische Grundversorgung zur Verfügung steht . . .

In der Frage, inwieweit ein „Physi- cian Assistant“ eigenverantwortlich handeln dürfen soll, könnte das Konzept der ärztlichen Delegation im öffentlich-rechtlichen Rettungs- dienst herangezogen werden (soge- nannte Notkompetenzregelungen, Erweiterte Versorgungsmaßnahmen usw.). Die Landesrettungsdienstge- setze ermöglichen üblicherweise

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D m t G d d s anderenGesundheit

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29. Juni 2012 dem Ärztlichen Leiter Rettungs-

dienst, im Rahmen von standardi- sierten Algorithmen eine Art Vorab- delegation für bestimmte definierte Notfälle zu erlassen. Sobald ein Sachverhalt vorliegt, der den An- wendungsbereich eröffnet, darf der Rettungsassistent eigenverantwort- lich bestimmte ärztliche Maßnah- men durchführen. Dies ist zum Bei- spiel bei der Adrenalingabe im Rah- men einer Reanimation der Fall, so- lange kein Notarzt vor Ort verfüg- bar ist. Ebenso ist denkbar, dass der ärztliche Leiter des MVZ Arbeits- anweisungen verfasst, die in be- stimmten Grenzen eigenverantwort- liches Handeln des „Physician As- sistant“ ermöglichen . . .

Ein Umdenken in Bezug auf quali- fizierte medizinische Fachhoch- schulabsolventen ist dringend gebo- ten. Gleichzeitig ist die Befürch- tung der Unterwanderung ärztlicher Kompetenz unbegründet. Bleibt zu hoffen, dass die (berufs-)politisch Verantwortlichen offenbleiben für neue, aber gleichzeitig bereits in an- deren inländischen Bereichen oder im Ausland bewährte Lösungswege.

Dr. med. Wolf Rommel, Mathias Hochschule Rheine, 48431 Rheine

Nur geflickt

Ein neuer Flicken für den morschen Schlauch der vertragsärztlichen Versorgung wird zurechtgeschnit- ten: Delegation und Kooperation,

also weniger Arzt und mehr Ge- sundheitsberufe. Diese Art von Re- paratur ist bekannt, die Probleme werden nicht an der Ursache, son- dern nur am aktuellen Schmerz- punkt angegangen. Im Bild des Fahrradschlauches wäre der Nagel im Mantel des Rades zu ziehen, nicht ein Flicken nach dem anderen aufzukleben.

Die Ursachen der Schieflage im vertragsärztlichen System sind längst bekannt: ständige Destabili- sierung durch mangelnde Honorar- kontinuität, ständige Veränderung der bürokratischen Grundlagen und rasantes Tempo der Veränderung im Regelwerk der Abrechnung, Aufbürden von Verwaltungsaufga- ben zum Nulltarif wie ausufernde Diagnosenverschlüsselung und zehn Euro Gebühr (unerträglich im Wochenenddienst), fehlende Trans- parenz für die Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln, ständige Regressbedrohung und noch vieles mehr. Die gesamten vertraglichen Grundlagen für die Niedergelasse- nen sind nicht mehr lehr- und lern- bar, sind intransparent und auch von Experten nicht voll überschau- bar. Die ärztliche Tätigkeit am Krankenbett oder im Sprechzimmer unterliegt einem Missbrauch, viele Fremdinteressen haben sich Zu- gang verschafft in diesen geschütz- ten Raum und höhlen Kapazität und Qualität der ärztlichen Arbeit systematisch aus.

Eine Behebung dieser Schadstellen und des chronischen Verlustes an professioneller Substanz wäre ef- fektiver als die vorgebrachten Vor- schläge zur Delegation. Aber ewige

„Verbesserungen“ scheinen besser zur politischen Szene zu passen, als langjährige Fehlentwicklungen zu korrigieren.

Dr. med. Albrecht Weber, 97074 Würzburg

Gewissenskonflikt

. . . Ich denke nicht, dass die medizi- nische Belastung, sprich die ärztli- che Tätigkeit, also die Behandlung der Patienten, eine Überlastung der niedergelassenen Kollegen darstellt und für den Ärztemangel verant- wortlich ist. Vielmehr besteht eine Überlastung durch den ausufernden Bürokratismus und Verwaltungster- rorismus der Krankenkassen und die durch die Budgetierung verur- sachten eingeschränkten Behand- lungsmöglichkeiten der Patienten.

Für viele junge Kollegen ist dies der Anlass, sich nicht mehr nieder- zulassen, da häufig ein massiver Gewissenskonflikt entsteht zwi- schen ausreichender Behandlung des Patienten (leitliniengerecht) und den budgetbedingten Möglichkei- ten, die durch Krankenkassen und Politik vorgegeben sind. Die ärztli- che Arbeit ist sicherlich keine Über- lastung.

Dr. med. Karl-Hermann Meinhardt, 73035 Göppingen-Jebenhausen

A LLGEMEINMEDIZIN

Zur Förderung der Weiterbildung liegt der erste Evaluati- onsbericht vor (DÄ 16/2012: „84 Millio- nen Euro für die Weiterbildung“ von Heike Korzilius).

Einschränkungen

Ergänzend zu dieser Evaluation er- scheint es wichtig zu schauen, wie sich diese Frage aus der Sicht der Weiterbildungsassistenten für All- gemeinmedizin darstellt, und hier gibt es aus meiner Sicht ein klares

„Ja, aber . . .“ Positiv ist, dass die Finanzierung durch das Förderpro- gramm die Stellensuche erheblich vereinfacht.

Einschränkend wirken mehrere Faktoren: Außerhalb des Förderpro- gramms, das heißt, wenn der Wei- terbildende alles selbst finanzieren müsste, ist keine Stelle zu bekom- men – dies begrenzt Auswahl und Flexibilität. Gefördert wird, zumin- dest in Berlin, ausschließlich Tätig- keit in Vollzeit oder halbtags, ande- re Teilzeitmodelle werden zurzeit von der KV abgelehnt. Auch das schränkt ein.

In meiner Situation sieht das dann so aus: Ich bin 43 Jahre alt, Mut-

ter von fünf Kindern und seit zwölf Jahren Ärztin. Durch Fami- lienzeiten hat sich die Weiterbil- dung verzögert, auch in den kom- menden Jahren soll es in Teilzeit sein. Ich würde gern 25 bis 30 Stunden/Woche arbeiten, darf aber im Rahmen des Programms nur 20 Stunden, wodurch sich meine Weiterbildungszeit noch mehr verlängert und ich, unge- wollt, erst später als Hausärztin zur Verfügung stehen kann . . . Hier sehe ich als Betroffene ganz dringenden Verbesserungsbe - darf!

Kristin Schäfer, Ärztin in Weiterbildung, 14195 Berlin

Z W d o 1 n W H

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Referenzen

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