der Arzteschaft billig: Sie rügte, daß der Entwurf der KHG-Novelle -obwohl die Stärkung der Selbst- verwaltungskörperschaften immer wieder betont werde - den ärztli- chen Sachverstand so gut wie ganz von unmittelbaren Entschei- dungsprozessen ausklammere.
Deshalb machen sich BÄK und KBV dafür stark, daß Vertreter der Arzteschaft in sämtlichen Ent- scheidungsgremien vertreten sein müssen. Die Arzteschaft dringt darauf, daß sie als "Hauptbetroffe- ne" bei allen wesentlichen Grund- satzentscheidungen über die Krankenhausbedarfsplanung, ln- vestitionslenkung, Aufgabenstel- lung und Wirtschaftlichkeit, die Personalbesetzung und Sachaus- stattung verantwortlich mitspricht.
KBV und Bundesärztekammer weisen einmütig Absichten zu- rück, durch eine Änderung des erst 1977 neu gefaßten § 372 Ab- satz 2 und 4 RVO die vorstationäre Diagnostik und nachstationäre Behandlung durch die "Institu- tion" Krankenhaus erheblich zu erweitern. Sowohl die vom Deut- schen Krankenhausinstitut (DKI) im Auftrag des Bundesarbeitsmi- nisteriums vor drei Jahren vorge- legte empirische Untersuchung, als auch praktische Erfahrungen im Ausland wiesen nach, daß hier kaum Rationalisierungsreserven bestehen. ln vielen Fällen reicht bereits jetzt das vorhandene Per- sonal nicht aus, um den Dienstab- lauf reibungslos sicherzustellen.
Auch die Ausdehnung des palikli- nischen Aufgabenbereichs von Universitätskrankenhäusern qua Gesetz über den jetzt gültigen Rahmen hinaus wird als "grund- sätzlicher Systemwandel" mo- niert. Die KBV und die Bundesver- bände der gesetzlichen Kranken- kassen haben inzwischen den § 20 des Bundesmantelvertrages ent- sprechend der amtlichen Interpre- tation vor Verabschiedung des er- sten Kostendämpfungsgesetzes (vom Juni 1977) modifiziert, was sich in der Praxis durchaus be- währt hat. Sowohl die RVO-Kas- senverbände als auch die Ersatz-
kassen lehnen die Finanzierung der Behandlung in Polikliniken über den Pflegesatz entschieden ab, weil daraus eine Kostenverla- gerung auf die Krankenkassen in Milliarden-DM-Höhe resultieren würde. Ohnedies bestehe kein
"normativer Regelungsbedarf"
aus der Sicht der Krankenkassen, (so BdO-Sprecher Dr. Franz-Josef Oldiges).
~ Die Bundesärztekammer hält es für möglich und notwendig, auch im Krankenhaus Selbstbetei- ligungsmodelle zu erproben (etwa den Vorschlag der FDP und der PKV aufzugreifen, einen Selbstbe- halt in Höhe des ersparten häusli- chen Aufwands pro Verweiltag zu berechnen).
~ Nach Meinung der Bundesärz- tekammer kann darauf verzichtet werden, durch eine Neufassung des § 371 Absatz 3 RVO den Be- standsschutz für ältere Kranken- häuser "formal" zu verändern. Es müsse vielmehr sichergestellt wer- den, daß Krankenhäuser nur dann in den Bedarfsplan aufgenommen werden, wenn sie - unabhängig von ihrer Größe - leistungsfähig, wirtschaftlich und bedarfsgerecht sind.
Während die Krankenkassen und die Arbeitgeberverbände darauf drängen, die Pflegesätze und da- mit die Beitragszahler künftig von den Kosten der mit den Kranken- häusern verbundenen Ausbil- dungsstätten (in Höhe von nahezu einer Milliarde DM jährlich) zu ent- lasten, votiert die Krankenhausge- sellschaft dafür, den Initiativge- setzentwurf des Bundesrates (Drucksache 9/571) vorrangig zu verabschieden, um die (bereits einmal verlängerte und Ende die- ses Jahres auslaufende) Ausbil- dungsfinanzierung vorab über die Jahreswende hinaus sicherzustel- len. Nach Meinung der Kranken- hausträger wäre es noch besser, die derzeitig geltende Regelung (volle Finanzierung über den Pfle- gesatz) in eine Dauerlösung umzu- wandeln (dem widersprechen aber wiederum die Kassen).
Die Information:
Bericht und Meinung Krankenhaus-Kostendämpfung
~ Die Bundesärztekammer macht sich schließlich dafür stark, Wirt- schaftlichkeitsprüfungen im Ein- zelfall vorzunehmen, die- ebenso wie im vergleichbaren ambulanten Bereich - unmittelbare finanzielle Auswirkungen zugunsten der Ko- stenträger haben müßten. Ver- schiedentlich wurde auch dafür plädiert, den praktizierten Ge- winn- und Verlustausgleich dahin- gehend zu ändern, daß den Kran- kenhäusern durch eine zweck- gebundene Gewinnverwendung mehr Spielraum gelassen wird.
~ Die Bundesärztekammer be- grüßt die von der Bundesregie- rung beabsichtigte Aufhebung des sogenannten Halbierungser/as- ses, der noch aus dem Dritten Reich stammt. Damit wäre ein
"längst fälliger und gesellschafts- politisch notwendiger Schritt ge- tan", um psychisch Kranke mit so- matisch Kranken im System der sozialen Sicherung gleichzustel- len, wenn auch mit gewissen Mo-
difikationen. HC
ZITAT
Umdenken
"Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen. Das ist kei- ne Anklage gegen den So- zialstaat, aber Mahnung, sei- ne Grenzen zu erkennen.
Mahnung auch an uns alle, in Staat und Wirtschaft den fälligen Umdenkungsprozeß einzuleiten, um den wir letzt- lich doch nicht herum kom- men werden. Bis jetzt haben wir uns daran gewöhnt, daß die Zukunft was brachte.
Richten wir uns nun auf das ein, was sie nehmen wird"
Diplom-Volkswirt Walter Schlenkenbrock, Vorstands- vorsitzender der Deutschen Apotheker- und Arztebank EG, Düsseldorf, anläßlich der ordentlichen Vertreter- versammlung 1981 in Düs- seldorf.
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 43 vom 22. Oktober 1981 2015