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Archiv "Gesetzliche Regelung einer Organentnahme" (25.01.1979)

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Die Information:

Bericht und Meinung Organtransplantation

Der Stand der Gesetzgebungsar- beiten ist seit dem 10. November 1978 unverändert. Damals nahm der Bundesrat zu der Regierungs- vorlage des Transplantationsge- setzes vom 29. September 1978 Stellung. Auch der Bundesrat hielt eine gesetzliche Regelung für er- forderlich, lehnte aber die von der Regierung vorgeschlagene Wider- spruchslösung ab. Nach Meinung des Bundesrates sollte eine Trans- plantation von einer ausdrückli- chen Zustimmung abhängig ge- macht werden. Dabei solle eine verdeckte Eintragung der Einwilli- gungserklärung im Personalaus-

O Die Bundesärztekammer hält es für notwendig, die rechtlichen Voraussetzungen einer Organent- nahme bei Verstorbenen zum Zwecke der Transplantation ge- setzlich zu regeln. Für die Trans- plantationschirurgie muß eine ein- deutige Rechtsgrundlage geschaf- fen und der Bevölkerung die Ge- wißheit vermittelt werden, daß im Falle des nach gesetzlichen Krite- rien eindeutig festgestellten Todes eine Organentnahme zum Zwecke der Transplantation nur unter den gesetzlich festgelegten Vorausset- zungen erfolgen darf.

Q Nach Auffassung der Bundes- ärztekammer würde es jedoch ei- ner im Interesse lebensrettender oder die Lebensqualität wesent- lich verbessernder Organtrans- plantationen dringend erforderli- chen zunehmenden Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende mehr schaden als nützen, wenn als Folge einer nicht ausreichen- den Information der Bevölkerung über die Tragweite einer vorgese- henen gesetzlichen Regelung und einer kontroversen Diskussion des Gesetzentwurfs in der Öffentlich- keit das wachsende Verständnis der Bevölkerung für die Trans-

weis ermöglicht werden. Dem Bundesrat ging es im übrigen vor allem um „flankierende Maßnah- men", durch die die Bereitschaft zur Einwilligung in Organübertra- gungen gefördert werden soll.

Die Bundesregierung hat schon mehrfach zu erkennen gegeben, daß sie nicht unbedingt auf einer Widerspruchslösung besteht, und sie in jedem Falle auch eine ver- deckte Eintragung im Personal- ausweis befürwortet. Demnach scheinen die Voraussetzungen für einen tragbaren Kompromiß gege- ben. NJ

plantationschirurgie und ihre Not- wendigkeit gefährdet oder zerstört würde.

(;) Die im Gesetzentwurf vorgese- hene Widerspruchslösung er- scheint aus ärztlicher Sicht bezüg- lich der Berücksichtigung eines der Organentnahme eindeutig ent- gegenstehenden Willens eines potentiellen Organspenders ehr- lich, da ein zu Lebzeiten gegebe- ner Einspruch in jedem Fall re- spektiert werden muß; sie ist ge- genüber den Angehörigen human, da sie diesen im Zeitpunkt der Mit- teilung des Todes — vom Falle der Minderjährigkeit / Geschäftsunfä- higkeit des Verstorbenen abgese- hen — die Entscheidung über eine Organentnahme beim Verstorbe- nen erspart.

Eine solche Widerspruchslösung kann jedoch nur dann die beste- henden Probleme der gerade in der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen Ländern niedrigen Transplantationszahl lösen helfen, wenn sie auf Grund einer umfas- senden Aufklärung der Bevölke- rung über die Notwendigkeit einer Entscheidung für oder gegen die Organspende zu Lebzeiten von dieser in ihrer überwältigenden

Mehrheit getragen wird. Voraus- setzung hierfür ist, daß eine solche positive Einstellung zur Wider- spruchslösung auch von den poli- tischen Parteien, den Kirchen, den Erziehern, den Medien und ande- ren für die Meinungsbildung in dieser Frage relevanten Gruppen getragen wird. Gegen deren mas- siven Widerstand eine Wider- spruchslösung durchsetzen zu versuchen würde der Transplan- tationschirurgie und damit den vi- talen Interessen Totgeweihter oder in ihrer Gesundheit schwer beeinträchtigter Kranker diametral entgegenstehen. Grundvorausset- zung für eine erfolgreiche Transplantationschirurgie ist die grundsätzliche Zustimmung, das Verständnis und das Vertrauen der Öffentlichkeit.

• Der Gesetzgeber sollte daher das Für und Wider einer „Zustim- mung" oder „Widerspruchslö- sung" und die hierbei möglichen Varianten sorgfältig überdenken und jeden Eindruck einer „übereil- ten" Gesetzesfindung vermeiden.

Bis zu einer solchen gesetzlichen Neuregelung sollte es bei der be- stehenden Regelung verbleiben, wonach entweder die Zustimmung des Verstorbenen vorliegen muß oder die Einwilligung der näch- sten Angehörigen eingeholt wird.

Um die Zeitspanne bis zur Verab- schiedung eines Transplantations- gesetzes zu überbrücken und um gleichzeitig in der Bevölkerung für eine positive Entscheidung zur Or- ganspende zu werben, hat die Bundesärztekammer beschlossen, unter Empfehlung eines Spender- ausweises die Bevölkerung zur freiwilligen Organspende aufzuru- fen und gleichzeitig die Ärzte- schaft zur verstärkten Kooperation mit den Transplantationszentren in der Bundesrepublik aufzurufen.

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Die Bundesärztekammer hält es als unvereinbar mit dem Per- sönlichkeitsrecht jedes einzelnen Bürgers, wenn entsprechend dem vorgelegten Gesetzentwurf eines Transplantationsgesetzes dem Bürger zugemutet werden soll, seine Entscheidung für oder ge- gen eine Organspende offen ge-

Gesetzliche Regelung einer Organentnahme

Beschluß des Vorstandes der Bundesärztekammer

188 Heft 4 vom 25. Januar 1979 DEUTSCHES ARZ'.L'EBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

Organtransplantation

Förderung der Organtransplantation

Aufruf der Bundesärztekammer an alle Ärzte

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Organtransplantation bekommt zunehmende Bedeutung.

Klinisch relevant sind derzeit vor allem die Verpflanzung von Niere, Hornhaut und Gehörknöchelchen; die Transplantation anderer Organe — wie Leber, Knorpelgewebe, Pankreas, Herz—

wird, so ist zu erwarten, in naher Zukunft eine vorsichtige Erweiterung der Indikationsstellung erfahren.

Der Bedarf an Organen, besonders für die Nierentransplanta- tion, wird schon jetzt bei weitem nicht gedeckt. Dabei bietet gerade die Nierentransplantation heute dem Patienten gute Chancen für einen hohen Rehabilitationsgrad. Die Wartezeit auf eine vorgesehene Nierentransplantation beträgt zur Zeit etwa zwei Jahre; sie steigt kontinuierlich an. Diese Wartezeit stellt eine große psychische Belastung dar und häufig ein erhebliches medizinisches Problem.

Die Bundesärztekammer bittet deshalb alle Kollegen, sich mehr als bisher mit den Fragen der Organtransplantation zu beschäftigen und zur Lösung der Probleme bestmöglich beizu- tragen.

Wir bitten vor allem Krankenhausärzte um aktive Mitarbeit, um so direkt zur Gewinnung geeigneter Organe beizutragen. Auf- gerufen ist aber die gesamte Ärzteschaft; nur die Mitarbeit aller Ärzte erlaubt die Lösung des gesamten Problems:

Die unmittelbare Informierung von Patienten, ihren Angehöri- gen und auch der breiten Öffentlichkeit durch die praktizieren- den Ärzte muß zusammen mit einer Öffentlichkeitsarbeit ande- rer Stellen das Verständnis für die Notwendigkeit und für den großen Nutzen der Organtransplantation fördern. Vor allem muß die Bereitschaft des einzelnen zur Organspende nach dem Tode mit dem Ziel der Heilung eines anderen Menschen geweckt und gefördert werden. Im Vorstadium einer Gesetzge bung über die Organentnahme ist eine objektive Information für alle Bundesbürger durch die Ärzte in Praxis und Kranken- haus von entscheidender Bedeutung.

Bitte helfen Sie mit bei der Lösung dieses drängenden, uns alle angehenden Problems

Dr. med. Karsten Vilmar Prof. Dr. med. Hanns Peter

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Wolff Präsident der Bundesärztekammer Vorsitzender des Wissenschaftlichen und des Deutschen Ärztetages Beirates der Bundesärztekammer genüber dem für die Ausstellung

bzw. Erneuerung seines Personal- ausweises zuständigen Beamten zu offenbaren.

Die im Gesetzentwurf vorgesehe- ne „Personalausweislösung" kann von der Bundesärztekammer da- her nur unter der Voraussetzung akzeptiert werden, daß die Ent- scheidung des einzelnen verdeckt ohne Möglichkeit der Kenntnis- nahme durch den zuständigen Be- amten abgegeben und in den Per- sonalausweis eingetragen werden kann und eine Korrektur dieser Entscheidung auf gleiche Weise möglich ist.

Dies kann nach Auffassung der Bundesärztekammer dadurch ge- währleistet werden, daß dem An- tragsteller bei der Erstausstellung bzw. Wiederausstellung eines Per- sonalausweises Klebefolien zur Verfügung gestellt werden, die er selbst in den Personalausweis an entsprechend vorgesehener Stelle einkleben kann und die auf der Klebeseite die Entscheidung für oder wider eine Organspende ent- halten.

Die Einführung einer solchen ver- deckten Eintragung in den Perso- nalausweis kann nach Auffassung der Bundesärztekammer unter der Voraussetzung einer entspre- chend breiten Aufklärung der Be- völkerung dazu führen, daß zu- mindest langfristig die Unterschei- dung zwischen „Widerspruchslö- sung" oder „Zustimmungslösung"

an Bedeutung verliert.

Der die Erstausstellung oder Wie- derausstellung eines Personalaus- weises beantragende Bürger kann durch entsprechenden Hinweis des zuständigen Beamten dazu veranlaßt werden, rechtzeitig sei- ne persönliche Entscheidung durch Verwendung der entspre- chenden Klebefolie im Personal- ausweis anzugeben und damit dem Arzt, dem der Personalaus- weis vorliegen muß, eine eindeuti- ge Grundlage für seine Entschei- dung über die Vornahme einer Or- ganentnahme geben. BÄK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 4 vom 25. Januar 1979 189

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