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1. Gesetzliche Regelung im BGB

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I. Grundlagen - Definition

1. Gesetzliche Regelung im BGB

Im Besonderen Schuldrecht nimmt die Geschäftsbesorgung nur einen geringen Teil ein.

Regelungen finden sich im 12. Titel unter der Überschrift ”Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag”. Es scheint sich daher eher um eine Randerscheinung im Regelungsbereich der vom BGB typisierten Verträge zu handeln.

Die Regelung in den §§ 675 ff. BGB erscheint verwirrend und kurz: § 675 BGB spricht von

”Dienst- oder Werkverträgen, die eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben”, ohne zu definieren, was eine Geschäftsbesorgung tatsächlich ist und enthält im Übrigen bloße Verweisungen. Auch die weiteren §§ 675 a und 675 b enthalten einige Detailregelungen, die vor allem den Bankbereich treffen, ohne aber maßgebliche allgemeine Aussagen zur Rechtsnatur dieses Vertragsverhältnisses, den charakteristischen Leistungspflichten oder zur Folge von Pflichtverletzungen zu enthalten. Es folgen sodann in den §§ 676 a ff. BGB zahlreiche Spezialregelungen zu Bankgeschäften, nämlich Regelungen über den Überweisungsvertrag (§§ 676 a ff. BGB), den Zahlungsvertrag (§§ 676 d f. BGB) und den Girovertrag (§§ 676 f ff BGB). Von einer geschlossenen Regelung eines bestimmten Vertragstyps kann man beim Geschäftsbesorgungsvertrag also nicht sprechen.

Wenn man ein altes BGB nimmt, fällt das Ergebnis der Suche nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag noch dürftiger aus. Einen eigenen Titel

”Geschäftsbesorgungsverträge” gab es dort gar nicht. Es fand sich lediglich folgender § 675 BGB, der im Titel ”Auftrag” geregelt war:

”Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.”

Das Geschäftsbesorgungsrecht ist im Jahre 1999, also deutlich vor der Schuldrechtsreform von 2001, grundlegend überarbeitet worden. Die Neufassung erfolgte durch das am 14.8.1999 in Kraft getretene Überweisungsgesetz (BGBl I 1642). Man wollte damit das Recht der Banküberweisungen umfassend regeln. Eine Ausnahme bietet der wichtige § 676 h BGB. Der Gesetzgeber regelt hier erstmals die in der Rechtsprechung bereits sehr lange streitige Frage des Missbrauchs von Zahlungskarten durch unberechtigte Dritte. Dieses Regelung ist infolge des sog. Gesetzes über Fernabsatzverträge erst im Sommer 2000 in Kraft getreten.

Diese Regelungen gehen insgesamt auf eine europarechtliche Grundlage zurück. Dem sog. Überweisungsgesetz lag u.a. die RL 97/5/EG über grenzüberschreitende Überweisungen, dem sog. Gesetz über Fernabsatzverträge lag die RL 97/7EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zugrunde. § 676 h BGB war in diesem Zusammenhang eher eine Randregelung. Maßgeblich wurden die nun in §§ 312 b ff.

BGB enthaltenen Regelungen über ”Fernabsatzverträge” erlassen. Diesen Gesetzesvorhaben liegt insgesamt der Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes zugrunde.

Dem Überweisungsgesetz ging es vor allem um verbindliche Regelungen im Bankgeschäft.

Dem Gesetz über Fernabsatzverträge ging es um Verbraucherschutz vor allem bei Bestellungen von Waren unter Hinzuziehung der neuen Medien. Der Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes bestimmte gesetzgeberisches Handeln nicht nur hier, sondern auch bei vielen anderen Gesetzesvorhaben der letzten Jahr(zehnte).

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2. Voraussetzungen der Geschäftsbesorgungen

Dieser vorab skizzierte enge Regelungsbereich von Geschäftsbesorgungen soll nun zunächst jedoch verlassen werden. Es wird sich zeigen, dass diese Vorschriften lediglich einen winzigen Teil dessen erfassen, was man als Geschäftsbesorgung im rechtlichen Sinne auffassen kann. Geschäftsbesorgungsverhältnisse prägen in vielfältiger Weise die geschäftliche Wirklichkeit.

A hat eine Geschäftsidee: Mit seinem nagelneuen Fahrrad genießt er es, in den Sommermonaten im Kölner Stadtgebiet eilige Postsendungen zu verteilen. A kann die Briefe hierbei viel schneller als die Post austragen. Studentin S freut sich über den neuen Service und vertraut A ihre Diplomarbeit an, die spätestens in zwei Stunden an der Universität abgegeben werden muss.

Geschäftsbesorgungen kann man wie folgt definieren: Geschäftsbesorgung ist jede selbständige wirtschaftliche Tätigkeit im fremden Interesse.

- selbständige Tätigkeit: Der Geschäftsbesorger muss jedenfalls zu einem geringen Teil eigenverantwortlich handeln. A erfüllt diese Voraussetzung. Er bietet seinen Service an, stellt die Infrastruktur bereit (Fahrrad) und plant seine Routen und Zeiteinteilung.

- wirtschaftliche Tätigkeit: Es muss ein ”Geschäft” besorgt werden, d.h. es muss sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit mit Bezug zum Vermögen des Auftraggebers handeln. Hiervon ist jedenfalls im Verhältnis A zur S auszugehen. S vertraut A ihre Diplomarbeit an, hierbei geht es vor allem um das berufliche Fortkommen der S.

- in fremdem Interesse: Es muss ein Handeln im Aufgabenkreis eines anderen vorliegen. A übernimmt eine Aufgabe der S: Er soll ihre Diplomarbeit abgeben.

Aus der weiten Definition der Geschäftsbesorgung folgt, dass es eine Vielzahl solcher Geschäftsbesorgungsverträge gibt.

3. Weitere Beispiele für Geschäftsbesorgungen

à Wenn man als Geschäftsbesorgung jede selbständige wirtschaftliche Tätigkeit in fremdem Interesse ansieht, müssten zunächst auch alle Dienst- und Werkverträge hierunter fallen.

Auch hier wird zumeist von einem Selbständigen eine Dienst- oder Werkleistung in fremdem Interesse ausgeführt. Diese Vertragsverhältnisse sollen jedoch außen vor gelassen und die Geschäftsbesorgung auf die Fälle beschränkt werden, in denen wirklich ein ”Geschäft”

besorgt, d.h. vom Geschäftsbesorger eine fremde Angelegenheit ”geregelt” wird.

Charakteristisch hierfür ist, dass neben dem zweiseitigen Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Geschäftsbesorger oft noch dritte Personen einbezogen werden. Hierzu etwa die folgenden Beispiele:

à Bankgeschäfte: In der Abwicklung von Bankgeschäften tritt die Bank als Geschäftsbesorgerin in vielfältiger Weise für ihre Kunden in Geschäftsbeziehungen zu Dritten. Das können andere Banken (etwa im Überweisungsverkehr) oder auch weitere Dienstleister im Finanzsektor sein, etwa beim Ankauf von Wertpapieren.

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An dieser Stelle sei ein Blick auf die im BGB geregelten Bankgeschäfte geworfen:

Überweisungsvertrag, §§ 676 a ff. BGB - die klassische Überweisung, d.h. ein Kreditinstitut verpflichtet sich gegenüber dem Überweisenden, dem Begünstigten einen bestimmten Geldbetrag auf dessen Konto beim überweisenden oder einem anderen Kreditinstitut gut zu schreiben. Zahlungsvertrag, §§ 676 d f. BGB - Hierbei handelt es sich um ein Vertragsverhältnis zwischen Kreditinstituten, durch das sich ein zwischengeschaltetes Kreditinstitut zur Weiterleitung an ein weiteres (zwischengeschaltetes) Kreditinstitut verpflichtet. Hier geht es also um die Regelung von Ansprüchen der Banken untereinander. Girovertrag, §§ 676 f. ff. BGB - Es handelt sich um rechtliche Regeln für die Führung eines Girokontos bei der Bank.

à Bauträgerverträge: In der Abgrenzung zum einfachen Werkvertrag gibt es hier einen Unternehmer, der für den Besteller zumindest mehrere im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks anfallenden Aufgaben unternimmt (Kontakte mit Behörden, Vertragsschlüsse mit Handwerkern pp.).

à Rechtsberatende Berufe: Gerade Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer übernehmen die Regelung von rechtlichen und wirtschaftlichen Aufgaben für ihre Auftraggeber oftmals umfassend. Hierbei treten sie auch in vielfältiger Weise mit Dritten in Kontakt.

à Treuhandverhältnisse: Diese bilden eine wesentliche Kategorie im Geschäftsleben.

Regelungen gibt es hierzu im BGB nahezu gar nicht. Es geht um die Fälle, in denen dem Treuhänder Vermögen des Treugebers übergeben ist, damit der Treuhänder dies für den Treugeber sorgsam verwahrt und möglicherweise auch pflegt. Zu unterscheiden sind hierbei die eigennützige und die fremdnützige Treuhand.

Für die eigennützige Treuhand kann beispielsweise die Sicherungsübereignung angeführt werden, §§ 929 S. 1, 930 BGB. Der Sicherungsgeber verliert das Eigentum, behält aber den Besitz am Sicherungsgut. Er muss es verwahren und sorgsam damit umgehen.

Beispiel für eine fremdnützige Treuhand ist die Inkassozession. Hier wird eine Forderung an ein Inkassobüro abgetreten, damit die Forderung von diesem gegenüber dem Schuldner durchgesetzt werden kann. Das Inkassobüro erhält die Forderung zur

”treuen Hand” zum Zwecke der Einziehung.

à handelsrechtliche Geschäftsbesorgungen: Hinzuweisen ist etwa auf das Kommissionsgeschäft, §§ 383 ff. HGB, in dem der Kommissionär es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Zur Forderungsgläubigerschaft vgl. hier auch § 392 HGB.

à

à Auch im BGB gibt es - jenseits der §§ 675 ff. BGB - eine Reihe von Geschäftsbesorgungen, die im Folgenden ganz besonders betrachtet werden sollen:

Wichtig ist vor allem das Auftragsrecht, §§ 662 ff. BGB. Vgl. dazu den Wortlaut des

§ 662 BGB, in dem ausdrücklich von einer Geschäftsbesorgung die Rede ist. Der Auftrag ist zu definieren als unentgeltliche Geschäftsbesorgung, kommt daher in der Praxis in seiner Reinform nahezu nie vor. Gleichwohl sind die Grundstrukturen des Auftragsrechts von ganz maßgeblicher Bedeutung. Die für Geschäftsbesorgungsverträge maßgebliche Vorschrift des § 675 BGB verweist weitgehend auf das Auftragsrecht.

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Darüber hinaus gibt es noch die Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB.

Auch hier handelt es sich um Geschäftsbesorgung: Es macht jemand etwas für einen anderen, ohne von diesem damit beauftragt worden zu sein. Hier gibt es verschiedene Fallgruppen: Geschäftsführung mit dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, Geschäftsführung gegen den mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr, vermeintliche Führung eines eigenen Geschäfts.

Schließlich ist noch der Maklervertrag, §§ 652 ff. BGB, zu nennen: Hier wird die Zahlung eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit eines Vertragsschlusses versprochen.

II. Zur rechtlichen Struktur eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses

Fall: A ist bekannter Kunstsammler. Er weiß, dass B eine wertvolle Lithographie von Andy Warhol verkaufen möchte, allerdings nicht an den ihm verhassten A. A möchte daher unerkannt bleiben und bittet den ihm bekannten Kunsthändler K, das Bild für ihn zu beschaffen, jedoch bloß nicht zu erwähnen, dass A sein Auftraggeber ist.

1. Mehrseitige Rechtsbeziehungen

Bereits aus der Begrifflichkeit ”Geschäftsbesorgung” folgt, dass an einem Geschäftsbesorgungsverhältnis typischerweise mehr als zwei Personen beteiligt sind. Es geht darum, dass der Geschäftsbesorger ein fremdes Geschäft seines Geschäftsherrn einem Dritten gegenüber besorgt. So ist die Struktur in vielen Fällen ein Drei-Personen- Verhältnis.

Geschäftsherr --- Geschäftsbesorger --- Dritter

Hieraus folgt die erste wichtige Konsequenz: In der rechtlichen Beurteilung muss man diese beiden Rechtsverhältnisse sorgfältig auseinanderhalten und insbesondere im Einzelfall analysieren, wer mit wem in welcher Rechtsbeziehung steht.

Auf o.g. Fall bezogen muss also im Folgenden sehr deutlich zwischen den Beteiligten entschieden werden. Zwischen A und K ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag i.S. § 675 BGB zustande gekommen. Hiervon streng zu unterscheiden ist ein möglicherweise zustande kommendes Rechtsverhältnis zwischen K als Geschäftsbesorger und B.

2. Die Rechtsfigur der mittelbaren Stellvertretung

Typisch für Geschäftsbesorgungsverträge ist das Vorliegen einer mittelbaren Stellvertretung. Mittelbare (oder unechte, verdeckte, indirekte) Stellvertretung liegt vor, wenn jemand ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung eines anderen, des Geschäftsherrn, vornimmt. Abgrenzung zur unmittelbaren Stellvertretung:

Hier wird ausdrücklich in fremdem Namen unter Offenlegung des Vertretungsverhältnisses gehandelt.

In o.g. Fall folgt daraus, dass der Kaufvertrag (§ 433 BGB) über die Lithographie direkt zwischen K und B zustande kommt. K handelt zwar auf Rechnung des A, dies betrifft jedoch nur das Innenverhältnis zwischen A und K. Für B ist allein K der Vertragspartner. Wird der Kaufvertrag erfüllt, erfolgt die Übereignung nach § 929 BGB ebenso ausschließlich im Verhältnis B - K.

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3. Rechte und Pflichten im Geschäftsbesorgungsverhältnis

Soweit das Gesetz einzelne Geschäftsbesorgungsverhältnisse ausdrücklich regelt, müssen die Rechte und Pflichten vorrangig den Spezialregelungen entnommen werden. Handelt es sich in diesem Sinne um kein spezielles Geschäftsbesorgungsverhältnis, greift die allgemeine Regelung des § 675 BGB, die einen weitgehenden Verweis auf das Auftragsrecht enthält. Die Vorschrift verweist auf die §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und unter bestimmten Umständen § 671 Abs. 2 BGB. Die wichtigsten Regelungen sind:

à Herausgabepflicht, § 667 BGB: Der Geschäftsbesorger muss alles, was er zur Ausführung des Auftrages erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herausgeben.

à Aufwendungsersatz, § 670 BGB: Der Auftraggeber ist dem Geschäftsbesorger gegenüber zum Ersatz aller Aufwendungen verpflichtet, die letzterer zum Zwecke der Ausführung der Geschäftsbesorgung den Umständen nach für erforderlich halten kann.

Fallvariante A: K hat die Lithographie von B zum Preis von 10.000,- Euro erworben. Plötzlich meldet sich C bei K und bietet für die Lithographie, die ihm auch gefällt, 15.000,- Euro. K möchte lieber an C verkaufen, wohingegen A auf Übergabe des Bildes besteht.

A könnte hier von K Herausgabe des Bildes aus §§ 675 Abs. 1 i.V.m. 667 BGB verlangen, Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises von 10.000,- DM an K, §§ 322, 675 Abs. 1, 670 BGB. Ein Geschäftsbesorgungsvertrag ist wirksam zustande gekommen. K ist zur absprachegemäßen Erfüllung verpflichtet. Er wird hiervon durch das Angebot des C nicht befreit.

4. Schlechterfüllung/Schadensersatz

Fallvariante B: K hat das Angebot des C derart in Verlockung gebracht, dass er die für A erworbene Lithographie tatsächlich für 15.000,- Euro an C verkauft und übergeben hat. A ist empört und begehrt Herausgabe von C. Hilfsweise möchte er von K Schadensersatz. Eine vergleichbare Lithographie kann er in einem New Yorker Auktionshaus nur für 14.000,- Euro erwerben.

Vertragliche Ansprüche des A gegen C scheiden mangels Vertragsverhältnis aus. In Betracht kommt daher lediglich ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Dann müsste A jedoch Eigentümer des Bildes geworden sein. Hieran fehlt es. Aufgrund der mittelbaren Stellvertretung (s.o.). ist zunächst allein K nach § 929 BGB Eigentümer des Bildes geworden.

Er konnte es daher als Berechtigter an C übereignen, der nunmehr rechtmäßiger Eigentümer ist. Ansprüche gegen C scheiden also aus.

Fraglich ist, ob A einen Schadensersatzanspruch gegen K hat. Zugrunde liegt der Gedanke der Nichterfüllung des Geschäftsbesorgungsvertrages. Grundlage eines Schadensersatz- anspruches könnten die §§ 283 S. 1, 280 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB sein. Eine Pflichtverletzung seitens des K liegt zweifelsohne vor. Er ist seiner vertraglichen Leistungspflicht nicht nachgekommen. Es liegt auch eine subjektive Unmöglichkeit seitens des K vor. Er ist nicht mehr in der Lage, die geschuldete Lithographie zu verschaffen. Also kann A Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Der Schadensersatzanspruch besteht in Höhe von 4.000,- Euro. Dies ist der Betrag, den A aufwenden muss, um ein vergleichbares Teil an anderer Stelle zu erwerben.

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Fallvariante C: K hat das Bild von B erstanden. Durch die Frachtfirma F versendet er es an K. Infolge grober Unachtsamkeit eines Fahrers gerät das Frachtfahrzeugfahrzeug auf grader Straße von der Fahrbahn ab und stürzt um. Das Bild ist unwiederbringlich zerstört. K nimmt F in Anspruch.

K könnte gegen F einen Schadensersatzanspruch haben. Anspruchsgrund könnte § 425 Abs.

1 HGB sein. Die Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt, denn die Zerstörung des Bildes ist während der Auslieferung erfolgt. Die Haftung ist nicht nach § 426 HGB ausgeschlossen, weil der Fahrer jedenfalls fahrlässig gehandelt hat. F muss sich dies gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Problematisch ist jedoch, ob K überhaupt ein Schaden entstanden ist.

Daran könnte es fehlen, wenn sein Aufwendungsersatzanspruch gegen A aus §§ 675 i.V.m. § 667 BGB weiter fortbestehen würde. Dies hängt davon ab, ob K seinerseits alle Vertragspflichten erfüllt hat, so dass ihm A nicht mehr mit der Einrede des nichterfüllten Vertrages (vgl. § 322 BGB) entgegenhalten kann. Maßgeblich ist, wer die Gefahr hinsichtlich der Beschädigung des Bildes tragen muss. Ausdrückliche Absprachen zwischen A und K sind insoweit nicht feststellbar. K sollte das Bild lediglich für A erwerben. Was dann geschehen sollte, war nicht abgesprochen. Allgemein bestimmt § 269 Abs. 1 BGB, dass der Leistungsort grundsätzlich beim Schuldner ist. Es bestand mithin eine Holschuld, A musste das Bild also abholen. Vgl. hierzu ferner die Regelung über den Versendungskauf § 447 BGB.

Hier ist der Gefahrübergang eindeutig mit der Übergabe des Transportguts an den Frachtführer vorgesehen. Die gesetzliche Regelung spricht also dafür, dass K alles erforderliche zur Erfüllung des Schuldverhältnisses unternommen hat und somit die Gefahr auf A übergegangen war. K hat somit erfüllt, sein Aufwendungsersatzanspruch besteht weiter. K kann sich somit bei A schadlos halten und kann mithin keine Ansprüche gegen F stellen.

Fraglich ist, ob A gegen F Ansprüche hat. Vertragliche Ansprüche scheiden aus, weil ein Vertragsverhältnis nur zwischen K und F bestand. In Betracht kommen Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB. Insoweit fehlt es jedoch am Eigentum des A. A hat das Bild noch nicht übergeben bekommen und ist von daher nicht Eigentümer. Somit ist festzustellen, dass A zwar einen Schaden hat (er muss K Aufwendungsersatz leisten, ohne das Bild zu erhalten), ihm jedoch eine Anspruchsgrundlage gegen F nicht zur Verfügung steht.

In diesen Fällen wird A über die sog. Drittschadensliquidation schadlos gehalten. Unter der Voraussetzung, dass ein Beteiligter eine Anspruchsgrundlage hat, ein weiterer Beteiligter aber den Schaden erleidet und dieses Auseinanderfallen aus Sicht des Schädigers zufällig ist, lässt die Rechtsprechung es zu, Anspruchsgrundlage und Schaden beim Geschädigten zu vereinen. Dieser kann dann Leistung an sich selbst verlangen.

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III. Einzelne Geschäftsbesorgungsverhältnisse 1. Auftrag

a) Allgemeines

Ein Auftrag liegt vor, wenn sich der Beauftragte gegenüber dem Auftraggeber vertraglich verpflichtet, für diesen unentgeltlich eine Geschäftsbesorgung vorzunehmen.

• Der Auftrag ist unentgeltlich, aus diesem Grunde handelt es sich um einen Gefälligkeitsvertrag. Der Gefälligkeitsvertrag zeichnet sich einerseits durch Unentgeltlichkeit aus, andererseits dadurch, dass gleichwohl ein Rechtsbindungswille zur Ausführung besteht. Anders sind die bloßen Gefälligkeitsverhältnisse anzusehen, denen regelmäßig der Rechtsbindungswille fehlt.

• Man spricht aus diesem Grunde von einem unvollkommen zweiseitigen Vertrag (hauptsächlich eine Vertragspartei ist verpflichtet, etwas zu tun).

• Wegen der Unentgeltlichkeit hat das Auftragsrecht für sich genommen wenig Bedeutung.

Maßgeblich ist es im Zusammenspiel mit anderen Vorschriften, die auf das Auftragsrecht verweisen. Beispiele: Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB, hierbei handelt es sich um einen entgeltlichen Auftrag!), Geschäftsführung ohne Auftrag (s.u.), § 713 BGB für die geschäftsführenden Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft (z.B. i.V.m. § 666 BGB - Informationspflichten des Gesellschafters), Rechte und Pflichten des Vormunds oder Betreuers, §§ 1835 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 BGB.

b) Rechte und Pflichten im Auftragsverhältnis

Kernpflichten von Auftragnehmer und Auftraggeber sind:

• Die Verpflichtung des Auftragnehmers, ein ihm übertragenes Geschäft unentgeltlich zu besorgen, § 662 BGB.

• Die Informationspflicht des Auftragnehmers, § 666 BGB, d.h. er muss auf Verlangen über den Sachstand der Abwicklung des Auftrages berichten.

• Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber alles herausgeben, was er infolge der Durchführung des Auftrages erhält.

• Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer alle Aufwendungen ersetzen, die der Auftragnehmer zur Ausführung des Auftrags für erforderlich halten darf; erforderlichenfalls muss er auf die voraussichtlichen Aufwendungen einen Vorschuss leisten, §§ 669, 670 BGB.

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2. Geschäftsführung ohne Auftrag a) Allgemeines

Normalerweise ist jeder für die Gestaltung seiner eigenen Rechtsbeziehungen verantwortlich.

In privatautonomer Entscheidung kann sich jeder festlegen, ob und ggf. wie er mit anderen Personen in rechtsgeschäftlichen Kontakt tritt. Allerdings gibt es eine Reihe denkbarer Fälle, in denen Personen für andere tätig werden, ohne dafür von diesen beauftragt worden zu sein. Man spricht in diesen Fällen konsequent von einer Geschäftsführung ohne Auftrag.

Es handelt sich um Fälle, in denen keine vertraglichen Absprachen zwischen den Parteien bestehen. Wäre dies der Fall, könnten die Rechtsfolgen der Geschäftsführung auf dieser vertraglichen Basis geregelt werden. Ebenso handelt es sich um Fälle, in denen kein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis besteht, welches Ausgleichspflichten regelt.

Beispiel: Gesamtschuldnerausgleich, § 426 Abs. 2 S. 1 BGB. In diesen Fällen schulden zwei Personen eine Leistung. Z.B. müssen Unfallverursacher und dessen Kfz-Haftpflicht- versicherung als Gesamtschuldner für den entstandenen Schaden aufkommen. Der Geschädigte kann von beiden die gesamte Leistung verlangen (allerdings nur einmal). Wenn nun einer der Verpflichteten alles zahlt, bestimmt das Gesetz in § 426 BGB, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis untereinander im Zweifel zu gleichen Teilen verpflichtet sind.

Wenn nun einer der Gesamtschuldner zahlt, nimmt er damit quasi auch eine Aufgabe des anderen Teils wahr. § 426 Abs. 2. S. 1 BGB gewährt daher insoweit einen Ausgleichs- anspruch. (Dies gilt freilich nicht im Innenverhältnis von Unfallverursacher und Haftpflicht- versicherung - hier ist die Versicherung alleine verpflichtet.) Die Geschäftsführung ohne Auftrag meint immer die Fälle, in denen eine vertragliche oder gesetzliche Sonderverbindung fehlt.

b) Die verschiedenen Fallgruppen

Die Geschäftsführung ohne Auftrag kennt verschiedene Fallgruppen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der praktischen Bedeutung Rechnung tragend, sollen nur die wesentlichen Konstellationen hier angesprochen werden.

aa) Berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag

A betreibt eine Museumseisenbahn auf einer stillgelegten Eisenbahnstrecke, die durch ein Waldgebiet führt. Der Tannenwald des B grenzt unmittelbar an die Strecke. Infolge mangelnder Pflege sind mit der Zeit mehrere Äste über die Bahnstrecke hinübergewachsen.

A kann B nicht erreichen, weil er sich seit mehreren Monaten auf einer Rundreise durch Spanien befindet. Eisenbahnbetreiber A entschließt sich, die Äste zu entfernen. Er befürchtet, der Funkenschlag seiner Dampflokomotive könnte ein Feuer im Wald auslösen. Von B verlangt er Ersatz der Beseitigungskosten in Höhe von 500,- Euro.

Ansatz sind §§ 683 S. 1, 677 BGB. Danach kann der Geschäftsführer, der ein fremdes Geschäft ohne Auftrag führt, hierbei jedoch im Interesse und Willen des Geschäftsherrn handelt, Ersatz von Aufwendungen verlangen. Die wichtigsten Voraussetzungen:

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• Es muss sich um ein fremdes Geschäft handeln. D.h. der Geschäftsführer muss eine Aufgabe erledigen, die eigentlich in den Zuständigkeitsbereich eines anderen fällt. Die Bestimmung, ob ein fremdes Geschäft vorliegt, kann im Einzelfall problematisch sein. So auch in o.g. Beispielsfall: Einerseits ist es Aufgabe des A, seine Schienenstrecke in Stand zu halten und insb. auch Vorsorge gegen Funkenschlag der Dampflokomotive zu treffen. Andererseits handelt es sich um Äste, die zur Tannenschonung des B gehören und in den Schienenstrang hineinragen. Es wäre somit eigentlich Aufgabe des B, diese Äste zu entfernen. Aus diesem Grunde wird man im Ergebnis ein fremdes Geschäft annehmen können.

• § 683 S. 1 BGB setzt zudem voraus, dass die Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Es ist mithin festzustellen, ob auch B die Entfernung der Äste gewollt hätte und dieses Entfernen auch seinem Interesse entsprach. Dies könnte bejaht werden, weil er ohne Zweifel das Übergreifen eines Brandes auf sein Waldstück hätte verhindern wollen und Brandschutz auch in seinem Interesse lag.

Rechtsfolge: § 683 S. 1 BGB gewährt A einen Aufwendungsersatzanspruch. Zu den weiteren Pflichten s. § 681 BGB (Verweisungsnorm auf das Auftragsrecht): Anzeige der Geschäftsführung sowie durch Verweis auf das Auftragsrecht: Auskunfts- und Rechenschaftspflicht, § 666 BGB, Herausgabe des bei der Geschäftsführung Erlangten,

§ 667 BGB.

bb) Unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag

Die soeben erörterte berechtigte GoA ist in der Praxis der wichtigste Fall. Es kann im Einzelfall allerdings sein, dass die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht erfüllt sind und der Geschäftsführer nicht im Interesse und mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn handelt.

Beispiel: A kommt der F zur Hilfe, die gerade von B verprügelt wird. Als B eine Waffe zückt, stürzt A auf diesen und zerreißt sich hierbei seine Hose. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass A in die Dreharbeiten zu einem Tatort-Film geplatzt ist.

§ 683 BGB kommt nicht zur Anwendung, denn A handelte nicht im Interesse und mit dem (mutmaßlichen) Willen der F. Soweit eine Geschäftsführung nach § 683 BGB nicht dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, bestehen Ansprüche nur nach Maßgabe des § 684 ff. i.V.m. §§ 812 ff. BGB. Das Gesetz bestimmt also, dass der Geschäftsherr nur das herauszugeben hat, was er aus der Geschäftsführung als ”Bereicherung” erlangt. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei § 684 BGB lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung handelt, d.h. die tatbestandlichen Voraussetzungen der ungerechtfertigten Bereicherung nicht vorliegen müssen. Wenn der Geschäftsherr aus der unberechtigten Geschäftsführung also einen Vorteil zieht, so hat er diesen dem Geschäftsführer nach §§ 684 i.V.m. 812 Abs. 1 BGB herauszugeben. Wichtig ist die Beachtung von § 818 BGB. Diese Vorschrift regelt den Umfang des Bereicherungsanspruchs im Einzelnen. § 818 Abs. 2 BGB sieht z.B. einen Wertersatzanspruch vor, § 818 Abs. 3 BGB enthält die wichtige Einrede der Entreicherung.

Wenn der Geschäftsherr aus welchen Gründen auch immer nicht mehr über den aus der unberechtigten Geschäftsführung erlangten Vorteil verfügt, so braucht er auch keinen Ersatz zu leisten.

Im o.g. Beispielsfall braucht F dem A keinen Ersatz für die beschädigte Hose zu leisten. Das Bereicherungsrecht sieht einen solchen Ersatzanspruch nicht vor.

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3. Maklergeschäfte, ins. Darlehensvermittlung a) Allgemeines zu Maklergeschäften

Maklergeschäfte sind dadurch gekennzeichnet, dass jemand für einen anderen ein Rechtsverhältnis anbahnt. Zu unterscheiden sind nach § 652 BGB der Nachweis- und der Vermittlungsmakler. Beim Nachweismakler ist erforderlich, dass sich der Abschluss eines Vertrages bei wertender Betrachtung als Verwirklichung der durch den Makler geschaffenen Gelegenheit darstellt. Der Vermittlungsmakler hingegen muss weitergehend tätig werden. Hier ist es geboten, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft der Parteien gefördert hat und er ein nicht völlig unbedeutendes Motiv für den Abschluss des Vertrages gesetzt hat. In beiden Fällen handelt es sich um eine Geschäftsbesorgung, denn der Makler übernimmt Nachweis/Vermittlung eines Vertrages für andere Personen.

Maklergeschäfte können in verschiedenen Bereichen vorkommen. Hervorzuheben ist in erster Linie der Immobilienbereich. Einen breiten Bereich nehmen darüber hinaus die Aufgaben eines Handelsmaklers in Anspruch, vgl. §§ 93 ff. HGB. Dort sind eine Vielzahl handelsrechtlicher Makleraufgaben aufgezählt. Ausgenommen sind hier die Immobiliengeschäfte. Im hiesigen Zusammenhang soll ein besonderes Augenmerk dem durch die Schuldrechtsreform neu geregelten Bereich der Darlehensvermittlungsverträge,

§§ 655 a ff. BGB, gelten.

Im Bereich allgemeiner Maklerrechte sind im Grundsatz zwei Problembereiche interessant:

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A hat im Kölner Stadt-Anzeiger privat sein Hausgrundstück in Bensberg zum Preis von 350.000,- Euro inseriert. Der windige Makler M liest die Annonce, besorgt sich die Adresse und stellt auf dem Grundstück ein Schild auf: ”Zu verkaufen - Maklerbüro M”. A, der sich im Ausland aufhält, erfährt hiervon nichts. B ist an dem Grundstück sehr interessiert. Aufgrund der Zeitungsannonce meldet er sich bei A. Als er das Schild liest, ruft er auch M an und führt mit diesem eine Außenbesichtigung durch. Später wird B mit A persönlich einig. Nun meldet sich M bei B und begehrt 12.000,- Euro Maklerlohn.

Anspruchsgrundlage könnte § 652 Abs. 1 S. 1 BGB sein. B konnte nach der Verkehrs- auffassung grundsätzlich davon ausgehen, dass M nicht unentgeltlich tätig sein würde.

Allerdings ist problematisch, ob M als Nachweismakler gewesen ist, seine Tätigkeit also kausal zum Nachweis des Objekts geführt hat. Dies kann im Einzelfall problematisch sein und ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Vorliegend wird eine solche Kausalität zu verneinen sein. Zwar hat M (in von A nicht autorisierter Weise) ein Schild aufgestellt und zudem eine Außenbesichtigung (!) durchgeführt. Im Übrigen beruht der Vertragsschluss aber nahezu ausschließlich auf der Zeitungsannonce des A sowie den eigenen Verhandlungen zwischen A und B. Der Einfluss des M ist demgegenüber zu vernachlässigen. M kann keine Provision verlangen.

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Maklerbüro M inseriert sein einiger Zeit wie folgt: ”Ich kenne ihre Not - vermittle für Studenten exklusiv und vertrauensvoll Apartments. Ihre Interessen liegen bei mir in besten Händen”. A schließt unter Vermittlung von M daraufhin mit der Wohnungsbaugesellschaft B einen Mietvertrag über ein 1-Zimmer-Apartment in Lindenthal. M begehrt Provision in Höhe von 2 Monatsmieten. Bei Gesprächen im Haus zeigt sich, dass M bereits seit längerer Zeit in einem Vertragsverhältnis zu B steht und hierbei den Ruf genießt, bei der Verhandlung über den Mietzins den Interessen der Gesellschaft eindeutig den Vorrang einzuräumen.

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Der Maklerlohn nach § 652 Abs. 1 S. 1 BGB kann verwirkt sein, wenn der Makler gegen seine Treuepflichten verstößt. Dies kann in vielerlei Hinsicht vorkommen, z.B. indem er nicht hinreichend über ihm bekannte Mängel eines Objekts aufklärt. Der einzige im Gesetz ausdrücklich geregelte Fall der Treupflichtverletzung ist der der Vertretung widerstreitender Interessen. Bitte beachten: Nicht immer verliert der Makler seinen Anspruch, wenn er für beide Teile tätig wird. Beim Nachweismakler für Grundstücks- geschäfte ist es sogar üblich, dass er die Interessen beider Parteien zusammenführt und infolgedessen auch von beiden Parteien die Hälfte der Provision erhält. Anderes gilt jedoch dann, wenn jemand besonderes Vertrauen als Interessenswahrnehmer einer Partei für sich in Anspruch nimmt. So im o.g. Fall: Durch die Annonce suggeriert M, sich besonders für die Belange der Studenten einzusetzen und ihnen ”billige Buden” zu verschaffen. Tatsächlich steht er in einem Vertragsverhältnis zu B, was er den Studenten gegenüber zudem nicht offenlegt. Es handelt sich offensichtlich um eine ”Gaunerei”, in der der Makler seinen Anspruch verwirkt, vgl. § 654 BGB.

b) Darlehensvermittlung

Im Anschluss an den Maklervertrag regelt das BGB nunmehr die Darlehensvermittlung, §§

655 a bis 655 e BGB. Die Vorschriften wurden infolge der Schuldrechtsreform 2001 eingearbeitet. Entsprechende Regelungen fanden sich zuvor im VerbrKrG (§§ 15 ff.). Die Vorschriften sind für die Praxis bedeutsam, denn sie betreffen in weitem Umfang den Bereich der Finanzdienstleistungen. Auch hier wird eine Maklertätigkeit ausgeübt, denn es geht um die Vermittlung von Darlehensverträgen.

Folgende Aspekte sind wichtig:

à Gegenstand der Vermittlungstätigkeit muss ein Verbraucherdarlehensvertrag sein.

Wann ein solcher vorliegt, ergibt sich aus § 491 BGB. Wichtig: Vertragsparteien sind ein (gewerblicher) Unternehmer und ein Verbraucher (Privatperson). Ausnahmen regelt § 491 Abs. 2 BGB (vgl. etwa Ziff. 1: Nettodarlehensbetrag übersteigt nicht 200 Euro). Der Verbraucherdarlehensvertrag ist schriftlich abzuschließen und muss strengen inhaltlichen Anforderungen genügen, § 492 BGB. Wichtig: Nettodarlehensbetrag (Betrag, den der Verbraucher tatsächlich ausbezahlt bekommt), Gesamtbetrag aller für Zinszahlung und Tilgung zu erbringenden Teilzahlungen, Art und Weise der Rückzahlung, Zinssatz und effektiver Jahreszins (vgl. hierzu Abs. 2: die in einem Prozentsatz des Nettodarlehens- betrages anzugebende Gesamtbelastung pro Jahr), zu bestellende Sicherheiten. Sind diese Formvorgaben nicht eingehalten, ist der Verbraucherdarlehensvertrag nichtig, § 494 Abs. 1 BGB. Eingeschränkt durch § 494 Abs. 2 BGB: Wenn der Verbraucher das Darlehen empfängt, bleibt der Vertrag bestehen, dies allerdings zu den ”gesetzlichen Konditionen”. Zu beachten ist ferner, dass bei Verbraucherdarlehensverträgen das Widerrufsrecht besteht,

§§ 495 i.V.m. 355 BGB. Hierzu besteht Gelegenheit innerhalb von 2 Wochen.

à Neben dem Verbraucherdarlehensvertrag ist auch der Darlehensvermittlungsvertrag formbedürftig, § 655 b BGB. Verbraucherdarlehensvertrag und Darlehensvermittlungs- vertrag müssen also zwei Urkunden sein. Der Darlehensvermittlungsvertrag darf nicht mit dem Antrag auf Hingabe des Darlehens verbunden werden. Die Provision muss als Prozentsatz des Darlehens angegeben sein (der Verbraucher soll erkennen, was die Maklertätigkeit kostet). Der Finanzierungsmakler muss aber auch angeben, ob und ggf.

welche Provision er mit dem Darlehensgeber vereinbart hat (der Verbraucher soll erkennen, in welchem ”Lager” der Betroffene steht). Wird die Schriftform nicht gewahrt, so ist der Darlehensvermittlungsvertrag nichtig, § 655 b Abs. 2 BGB.

à Der Provisionsanspruch entsteht erst, wenn der Verbraucher infolge der Vermittlung (s.o.) das Darlehen empfangen hat und die Widerrufsfrist nach § 355 BGB abgelaufen ist.

(12)

4. Handelsrechtliche Geschäftsbesorgungsverträge a) Kommissionsgeschäft, §§ 383 ff. HGB

Das Kommissionsgeschäft ist typische Erscheinungsform des Handelsverkehrs. Es geht um eine Geschäftsbesorgung, in der sich der Kommissionär (Geschäftsbesorger) verpflichtet, für den Kommittenten (Auftraggeber) Waren oder Wertpapiere zu erwerben oder zu veräußern. Es sind typische Handelsgeschäfte, d.h. hieran sind i.d.R. Kaufleute beteiligt (§1 HGB - solche, deren Gewerbe einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert; § 2 HGB - solche, deren Gewerbe keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, die aber in das Handelsregister eingetragen sind). Eine Ausnahme besteht für den Kommissionär nach § 383 Abs. 2 HGB: Kommissionär kann auch sein, wer über keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügt und nicht in das Handelsregister eingetragen ist.

Das Kommissionsgeschäft zeigt typische Merkmale der zuvor erörterten Geschäfts- besorgungsverhältnisse:

à Die Rechte und Pflichten der Parteien sind in weitgehender Weise an das Auftragsrecht angeglichen: Vgl. § 384 HGB - der Kommissionär muss Weisungen des Kommittenten befolgen, er muss ihn über den Stand der Geschäfte unterrichten und muss das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte herausgeben. Er haftet für die Erfüllung des Auftrags (s. hierzu auch § 394 HGB, die sog. Delkredereprovision - hier haftet der Kommittent auch für die Vertragserfüllung seitens des Dritten, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat). Andererseits regelt § 396 HGB die Ansprüche des Kommissionärs. Er kann vom Kommittenten Provision verlangen und hat einen Aufwendungsersatzanspruch aus den §§

670 bis 675 BGB.

à Wichtig ist die Regelung der Forderungsberechtigung. Vorab: Auch für das Kommissionsgeschäft greift die Rechtsfigur der mittelbaren Stellvertretung, d.h.

Ansprüche bestehen nur im Dreiecksverhältnis (s.o.). Dies verdeutlicht § 392 HGB.

A hat B einen Kommissionsauftrag zum Verkauf von zwei PKW erteilt. B wickelt den Auftrag absprachegemäß ab und veräußert die Fahrzeuge an C. Der Kaufpreis beträgt insg. 25.000,- Euro. B ist seit längerer Zeit in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Sein Gläubiger G lauert bereits auf den Veräußerungserlös.

a) A erfährt davon und verlangt von C Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 25.000,- Euro.

A hat keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB. Er hat mit C keinen Vertrag. Ein Kaufvertrag wurde lediglich von B geschlossen. Dieser hat als mittelbarer Stellvertreter gehandelt, also nicht offen gelegt, dass A der eigentliche Geschäftsherr ist. A könnte nur dann Zahlung von C verlangen, wenn ihm B diese Forderung zuvor nach § 398 BGB abgetreten hätte. Dies regelt

§ 392 Abs. 1 HGB.

(13)

b) C hat noch immer nicht bezahlt. G hat inzwischen einen Vollstreckungsbescheid in Höhe von 100.000,- Euro gegen B erwirkt. Auf Grundlage dieses Vollstreckungsbescheides erwirkt er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und pfändet die Forderung des B gegen C.

Was kann A unternehmen?

Vorweg: G hat in Form des Vollstreckungsbescheides einen Vollstreckungstitel erwirkt, aus dem er gegen B die Zwangsvollstreckung betreiben kann (§ 794 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO). Zu diesem Zwecke erwirbt er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (§§ 829, 835 ZPO). Durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss findet eine Art ”Zwangsabtretung”

statt, d.h. G wird fortan in die Lage versetzt, die Forderung des B gegen C im eigenen Namen geltend zu machen, einzuziehen und somit Befriedigung zu erlangen.

A kann sich wie folgt wehren: § 392 Abs. 2 HGB besagt, dass Forderungen des Kommissionärs (B) gegen einen Dritten (C) in den Verhältnissen zwischen Kommissionär (B) und Kommittent (A) sowie zwischen dem Kommissionär (B) und dessen Gläubigern (G) als Forderungen des Kommittenten (A) gelten. Das Gesetz will also genau das verhindern, was hier passiert ist: Gläubiger des Kommissionärs sollen nicht in das Kommissionsgut oder Forderungen aus dem Kommissionsgeschäft vollstrecken können. Ansonsten könnte beim Kommissionär in Waren/Forderungen vollstreckt werden, die im Ergebnis dem Kommittenten zustehen. Das Kommissionsgeschäft würde darunter leiden, weil es mit einem zu hohen Risiko für den Kommittenten verbunden wäre. Prozessual kann A seine Rechte mit dem vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelf der Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO, geltend machen. (Das ist der Rechtsbehelf, mit dem man geltend macht, dass ein Gläubiger in eine Sache oder Forderung vollstreckt, die dem Schuldner nicht gehört.)

b) Fracht- und Speditionsgechäft, §§ 407 ff. HGB, §§ 453 ff. HGB

Zum Fracht - und Speditionsgeschäft soll an dieser Stelle nicht viel angemerkt werden. Diese Geschäfte sind so vielseitig und praktisch durch zahlreiche Besonderheiten (insb. die Speditionsbedingungen) gekennzeichnet, dass hier einige wenige grundlegende Hinweise ausreichen.

à Fracht und Speditionsgeschäft unterscheiden sich maßgeblich dadurch, dass der Frachtführer die Ausführung der Beförderung selbst übernimmt. Demgegenüber obliegt es dem Spediteur lediglich, die Versendung des Gutes zu ”besorgen”, er organisiert also nur den Transport, ohne selbst die Transportleistung zu erbringen.

à Im Frachtrecht finden sich zahlreiche Merkmale des Geschäftsbesorgungsvertrages (das Speditionsrecht verweist weitgehend hierauf, vgl. § 461 HGB).

Der Frachtführer ist Geschäftsbesorger für seinen Auftraggeber. DerAuftraggeber wird mit Ablieferung des Frachtgutes verpflichtet, die Fracht zu zahlen, vgl. § 420 Abs.

1 S. 1 HGB.

Anspruchsgrundlage für eine vertragliche Haftung des Frachtführers ist stets § 425 HGB (wobei § 426 HGB eine besondere Regelung zum Verschulden trifft).

Zu beachten ist § 421 Abs. 1 S. 2 HGB. Es handelt sich um einen gesetzlich geregelten Fall der Drittschadensliquidation: Der Empfänger der Ware kann bei Leistungshindernissen Ansprüche aus dem Frachtvertrag im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend machen (dies, obwohl der Frachtvertrag lediglich im Verhältnis von Versender und Frachtführer besteht).

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IV. Neuregelung der Banküberweisung 1. Grundgefüge

Am 1.1.1999 ist die dritte Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion in Kraft getreten. Durch die Verwendung einer gemeinsamen Währung ist einer der weltgrößten Geld- und Kapitalmärkte entstanden. Die europäische Kommission war daher bestrebt, die Zahlungsabwicklung zwischen den Mitgliedsstaaten zu verbessern. Ergebnis war u.a.

die bereits erwähnte Überweisungsrichtlinie, die neben der Rechtsvereinheitlichung auch eine deutlich verbesserte Stellung des Überweisenden nach sich zieht. Zur Umsetzung hat der Bundesgesetzgeber am 21.7.1999 das Überweisungs-gesetz verabschiedet. Hierdurch werden die europarechtlichen Vorgaben in das Geschäftsbesorgungsrecht des BGB integriert. Die Regelung geht über die Richtlinie hinaus und betrifft insb. auch den weiten Bereich der innerstaatlichen Banküberweisungen.

Es sind folgende Verträge zu unterscheiden:

a) Überweisungsvertrag, §§ 676 a ff. BGB

Nach alter Rechtslage war es so, dass es einen selbständigen Überweisungsvertrag nicht gab. Man stellte immer auf das Rechtsverhältnis Girovertrag zwischen Kunden und Bank ab und leitete hieraus Rechte und Pflichten bei der Banküberweisung her. Der Überweisungs- auftrag wurde hierbei als einseitige Weisung i.S. §§ 675, 665 BGB in Konkretisierung des Girovertrages angesehen.

Nunmehr werden Rechte und Pflichten anlässlich einer Banküberweisung erstmals als eigenständiger Vertrag ausdrücklichen rechtlichen Regelungen unterzogen.

b) Zahlungsvertrag

Läuft eine Banküberweisung von einem Kreditinstitut zum anderen, so wird dadurch zumeist ein die beiden Institute übergreifendes Zahlungsverkehrsnetz in Gang gesetzt. Die Banken sind zumeist über sog. Clearing-Stellen oder das Gironetz der Deutschen Bundesbank miteinander verbunden. Die Regelungen über den Zahlungsvertrag betreffen die Rechtsverhältnisse dieser Banken untereinander, werden für den Kunden also weniger relevant.

c) Girovertrag

Der bereits zuvor bekannte Girovertrag wird hier erstmals einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zugeführt. Es geht um Rechte und Pflichten, die - über die Regelungen für die Banküberweisung hinaus - im Rahmen eines Giroverhältnisses relevant werden können. Das Gesetz regelt hier die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über das Konto; andere typische Erscheinungsformen des Giroverhältnisses, z.B. Regelungen über die Verwendung einer ec- Karte, Kreditkarte oder Geldkarte, finden sich hingegen nicht. Hierauf hat der Gesetzgeber verzichtet.

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2. Leistungs- und Haftungsprofil der beteiligten Kreditinstitute

In diesem Zusammenhang sollen folgende Regelungen besondere Beachtung finden:

a) Das Rechtsverhältnis zum beauftragten Kreditinstitut

• Zu beachten ist die neu ins Gesetz aufgenommene Pflicht, dass Banken über ihre Geschäftsbedingungen zu informieren haben, § 675 a BGB. Insbesondere vom Kunden zu zahlende Entgelte/Gebühren, aber auch die Beginn und die Länge der Ausführungs- bzw. Gutschriftsfrist sind hierin anzugeben. Einzelheiten regelt insofern die Verordnung über Kundeninformationspflichten.

• Im Gegensatz zum früheren Recht enthält die Neuregelung aus Sicht des Kunden eine deutliche Verschlechterung, vgl. dazu § 676 a Abs. 3 BGB. Das Kreditinstitut kann den Überweisungsvertrag nämlich bis zum Beginn der Ausführungsfrist (gesetzlich bestimmt, vgl. § 676 a Abs. 2 S. 1 BGB) grundlos kündigen. Soweit eine Kündigung später erfolgt, muss sie auf bestimmte Gründe gestützt sein (v.a. Insolvenz des Auftraggebers). Der Gesetzgeber hat sich hier sehr bankenfreundlich gezeigt und insb.

von der Einführung eines Kontrahierungszwanges abgesehen. Man stelle sich vor, dass die Ablehnung des Vorschlages eines Kontrahierungszwanges innerhalb eines bestehenden Girovertrages u.a. damit abgelehnt wurde, die Banken dürften nicht verpflichtet werden, Überweisungen zugunsten einer rechtsradikalen Gruppe vorzunehmen.

• Kernverpflichtung ist natürlich, den Überweisungsbetrag auf das Konto des Überweisungsempfängers zu übermitteln. In diesem Zusammenhang hat sich eine wesentliche Verbesserung der Stellung des Auftraggebers im Vergleich zum früheren Rechtszustand ergeben: Nach früherer Auffassung erfüllte die Bank ihre Verpflichtungen im Überweisungsverkehr zu einem anderen Kreditinstitut bereits dadurch, dass sie den Überweisungsauftrag und die für seine Erledigung notwendige Deckung an das nächste Glied in der Überweisungskette, was regelmäßig jedoch noch nicht die empfangende Bank ist (s.o.) weiterleitete (also: das aus ihrer Sicht Erforderliche tat, damit die Überweisung zum Erfolg führt). Nach neuem Recht hat sie die Verpflichtung, den Betrag auf das Konto des Empfängers bei einer anderen Bank zu übermitteln, sie schuldet also einen Erfolg.

• Neu ist, dass die Überweisungen binnen gesetzlich bestimmter Fristen ausgeführt sein muss, vgl. § 676 Abs. 2 BGB. Das Gesetz differenziert hier nach der Länge des Überweisungsweges (Ausland: 5 Tage, Inland zwischen verschiedenen Banken 3 Tage, Inland innerhalb einer Bank 1 Tag). Beachte: Die Frist beginnt erst mit Ablauf des Tages, an dem der Bank Überweisungsauftrag und alle zur Ausführung desselben erforderlichen Informationen vorliegen. Hinzu kommen muss, dass ein ausreichender Deckungsbetrag auf dem Konto vorhanden ist. Gemeint sind zudem immer Bankgeschäftstage.

Die Fristen sind wichtig für Schuldner, soweit es im Einzelfall auf pünktliche Zahlung ankommt. Sie müssen ihre Überweisung so rechtzeitig veranlassen, dass diese Fristen eingehalten werden können. Nur dann haben sie alle zur Ausführung der Zahlung gebotene Sorgfalt beachtet. Beispiel: Der Schuldner muss taggenau einen Versicherungsbeitrag leisten, weil die Versicherung ansonsten nicht mehr zur Leistung verpflichtet ist.

(16)

Beachte, dass nach § 676 a Abs. 2 Nr. 1 im europäischen Bankverkehr andere Fristen vereinbart werden können. Bei inländischen Überweisungen geht das nicht.

Allerdings kann generell der Beginn der Ausführungsfrist vertraglich modifiziert werden, § 676 a Abs. 2 S. 3 BGB. Soweit dies durch Allgemeine Geschäfts- bedingungen geschieht, ist freilich die Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB zu beachten, die ganz überwiegend zur Unwirksamkeit solcher Vereinbarungen führen dürfte.

b) Die Haftung des beauftragten Kreditinstituts

Die Ausweitung der Haftung ist ein wesentliches Verdienst der Neuregelung. Sie hat sich gegenüber dem früheren Rechtszustand deutlich verschärft. Zu unterscheiden sind hierbei Garantiehaftung (ein Verschulden wird nicht vorausgesetzt) und Verschuldenshaftung.

Ansprüche aus Garantiehaftung

• § 676 b Abs. 1 BGB: Verzugshaftung, wenn der Überweisungsbetrag nicht innerhalb der gesetzlich bestimmten Fristen beim Empfänger eingeht (Sinn: Mit diesem Schadensersatz wegen Verzuges soll der Überweisende seinerseits Ansprüche befriedigen, die ihm gegenüber vom Empfänger geltend gemacht werden).

• § 676 b Abs. 2 BGB: Die Regelung will vor allem Problemen im grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr begegnen - wenn im Überweisungsvertrag vereinbart ist, dass zwischengeschaltete Kreditinstitute keine weiteren Beträge oder Abzüge vornehmen, muss sich die Bank daran festhalten lassen. Tun die zwischengeschalteten Kreditinstitute dies gleichwohl, so hat die überweisende Bank diese Abzüge dem Überweisenden oder dem Empfänger zu erstatten.

• § 676 b Abs. 2 BGB: Wichtige Konsequenz aus der Verpflichtung der Bank, einen Überweisungserfolg zu erzielen ist die sog. Money-Back-Garantie. Früher war es so, dass der Überweisende die Gefahr tragen musste, dass die Überweisung verloren ging oder aus anderen Gründen (z.B. Insolvenz eines zwischengeschalteten Kreditinstituts) nicht ausgeführt werden konnte. Das ist heute anders: Nach § 676 b Abs. 2 BGB hat die Bank Ausführungsfrist plus 14 Bankgeschäftstage Zeit, die Überweisung zum Erfolg zu führen. Sonst muss sie den Überweisungsbetrag mit der Obergrenze von 12.500,- Euro nebst Auslagen an den Überweisenden zurückerstatten. Gelingt dies nicht, so gilt der Überweisungsvertrag als gekündigt.

Hinzu tritt, dass die Bank den Überweisungsbetrag bis zum Ablauf der Frist (Ausführungsfrist plus 14 Bankgeschäftstage) verzinsen muss. Achtung: Das kann für die Banken ganz erhebliche Konsequenzen haben. Handelt es sich um hohe Überweisungsbeträge, können große Zinslasten auf die Banken zukommen. Daher hat der Gesetzgeber ein Korrektiv geschaffen: Die Bank kann in diesem Fall auch vor Ablauf der Fristen den Vertrag kündigen, wenn ihr die Fortsetzung des Vertrages unter Abwägung der wechselseitigen Interessen nicht zumutbar ist.

Die Haftung aus der Money-Back-Garantie entfällt, wenn der Überweisende selbst das Ausbleiben des Überweisungserfolgs zu vertreten hat oder höhere Gewalt dafür verantwortlich ist.

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Ansprüche aus Verschuldenshaftung

Die auch nach bisherigem Recht bestehende Verschuldenshaftung der Banken gilt nach wie vor. Sie tritt neben die Garantiehaftung, ist allerdings durch das Überweisungsgesetz ebenfalls deutlich verschärft worden. Im einzelnen kommen folgende Fälle in Betracht:

• § 676 c Abs. 1 S. 3 BGB: Die beauftragte Bank hat für ein Verschulden eines zwischengeschalteten Kreditinstituts wie für eigenes Verschulden einzutreten, muss sich dieses Verschulden also zurechnen lassen. Dies war nach früherem Recht nicht so: Die Bank konnte sich mit dem Hinweis exculpieren, mit dem Geschäftsbereich einer zwischengeschalteten Bank nichts zu tun zu haben. Der Gesetzgeber sieht hier aber eine zweifache Haftungsbegrenzung vor: Bei Überweisungen ins Ausland kann der Haftungshöchstbetrag auf 25.000,- Euro begrenzt werden. Schäden, die auf Verzögerung und Nichtausführung der Überweisung beruhen, können zudem generell auf 12.500,- Euro beschränkt werden (gemeint ist nicht der zurückzuzahlende Betrag nach § 676 b Abs. 3 BGB, sondern Folgeschäden, die aus Verzögerung/Nichtausführung der Überweisung entstehen können - z.B. Verlust des Versicherungsschutzes bei nicht rechtzeitig eingegangener Prämie). Allerdings ist diese Haftungsbegrenzung nur für einfache Fahrlässigkeit möglich.

• Nun ist es ohne weiteres vorstellbar, dass ein Überweisungsbetrag z.B. in Höhe von 25.000,- Euro verloren geht. Aus der Money-Back-Garantie erhält der Kunde hier lediglich 12.500,- Euro. § 676 c Abs. 1 S. 3 BGB greift nicht, weil es hier um die Erstattung des Überweisungsbetrages und nicht um Verzögerungs- oder Nichtausführungsschäden geht. Hier bleibt nur der Rückgriff auf die allgemeinen Haftungsinstitute, §§ 280, 282 BGB (Rechtsgedanke der positiven Vertragsverletzung). Ein Schadensersatzanspruch ist hier aber nur unter der Voraussetzung des Verschuldens möglich.

Haftungsbeschränkungen

Das Haftungssystem der §§ 676 b und c BGB steht weitgehend nicht zur Disposition der Parteien des Überweisungsvertrages. Einige Ausnahmetatbestände hierzu sieht jedoch § 676 c Abs. 3 BGB vor. Drei Fälle: Überweisender ist ein Kreditinstitut, der Überweisungsbetrag übersteigt 75.000,- Euro oder Überweisungen ins außereuropäische Ausland.

Haftungsrückgriff

Beruht die Haftung eines Kreditinstituts auf einem Fehler eines zwischengeschalteten Kreditinstituts, so gewährt § 676 e Abs. 1 BGB einen Ausgleichsanspruch der Kreditinstitute untereinander. Grundlage dieses Rückgriffsanspruchs ist der Zahlungs- vertrag der Kreditinstitute i.S. § 676 d BGB.

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c) Das Kreditinstitut des Begünstigten

Das Kreditinstitut des Begünstigten ist aus dem Girovertrag (§ 676 f BGB) dem Begünstigten = Zahlungsempfänger gegenüber verpflichtet. In diesem Zusammenhang ist auf folgende Besonderheiten hinzuweisen:

• Beim Eingang einer Überweisung ist stets zwischen der Wertstellung und der Gutschrift zu unterscheiden. Der Zeitpunkt der Wertstellung liegt i.d.R. früher: Es ist der Zeitpunkt, in dem die Bank über das Geld verfügt und der Betrag zugunsten des Empfängers angerechnet wird (und somit auch eine evtl. Verzinsung zu laufen beginnt).

Die Gutschrift hingegen bezeichnet den Zeitpunkt, in dem der Betrag auf dem Konto erscheint und der Empfänger darüber tatsächlich verfügen kann. Beide Zeitpunkte müssen nicht zusammenfallen.

• Hieran knüpft das Gesetz an: Die Gutschrift auf dem Konto des Kunden muss innerhalb eines Bankgeschäftstages, nachdem der Betrag der Bank gutgeschrieben wurde, erfolgen. Gelingt dies nicht, besteht eine verschuldensunabhängige Verzugshaftung der Bank. Die Wertstellung hingegen muss an dem Tag erfolgen, an dem die Bank über das Geld verfügt. Hieraus folgt: Kommt es für die Zahlung auf die Einhaltung einer Frist an (s.o.: Zahlung einer Versicherungsprämie), so reicht es, wenn die Wertstellung innerhalb dieser Frist erfolgt. Der Betrag ist ja dann bereits zugunsten des Empfängers registriert.

Es spielt keine Rolle, dass dieser tatsächlich noch nicht darüber verfügen kann.

• Exkurs: In das Girokonto werden Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge eingestellt.

Diese werden miteinander verrechnet, saldiert. Das Girokonto ist mithin ein typisches Beispiel für ein Saldo. Immer wenn man den Kontoauszug holt, erscheint das jeweils aktuelle Saldo darauf. In dieses Saldo kann im Wege der Forderungspfändung (§§ 829, 835 ZPO) vollstreckt werden. Ein Gläubiger pfändet auf diesem Wege den Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers gegen seine Bank. Hieraus ergibt sich folgendes Problem: Wenn er das Konto am Tage X pfändet, hat dieses ein bestimmtes Saldo (z.B. ein Haben von 5.000,- Euro). Dies ist vorteilhaft für den Gläubiger. Hinzu kommt, dass er durch diese Pfändung gegen künftige negative Entwicklungen des Saldos geschützt ist. Nach § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO darf der Schuldner über seine Forderung gegen die Bank nämlich nicht mehr verfügen, d.h. der vorhandene Betrag ist geschützt vor weiteren negativen Kontoentwicklungen. Negativ für den Gläubiger ist aber, dass seine Pfändung lediglich das aktuell auf dem Konto vorhandene Guthaben erfasst. Künftige Zahlungseingänge sind hiervon nicht betroffen. Dies kann er nur erreichen, wenn er neben dem aktuellen Tagessaldo auch alle künftigen Salden des Kontos pfänden lässt. Diese stehen zwar noch nicht im einzelnen fest. Für die Pfändung reicht es aber, dass der Girovertrag als Rechtsverhältnis besteht und solche zukünftigen Salden absehbar sind.

Der Gläubiger hat durch diese abstrakte Pfändung zukünftiger Salden die Möglichkeit, sich weitere Verbesserungen des Saldos zunutze zu machen. Diese Art der Pfändung nennt man Doppelpfändung.

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3. Zahlungskartenmissbrauch, § 676 h BGB

A hat bei Kaufhof in der Bonner Innenstadt Einkäufe getätigt. Diese hat er mit der EC-Karte bezahlt. Anschließend trinkt er in einer Gaststätte einen Milchkaffee. Er hat dort etwa 45 Minuten gesessen. Als er bezahlen will, bemerkt er den Verlust seiner EC-Karte. Er meldet sich sofort bei einer Zentralnummer und lässt sein Konto sperren. Zu spät: In der Zwischenzeit wurden bereits 1.000,- Euro von seinem Konto abgehoben. A verlangt von seiner Bank Deckung des Betrages.

Grundlage des Anspruchs könnte der Girovertrag mit der Bank sein. Indem die Bank den Betrag vom Konto des A abgebucht hat, hat sie von A Aufwendungsersatz nach § 670 BGB für die Abhebung des Betrages in Höhe von 1.000,- Euro beansprucht. Fraglich ist, ob sie dies durfte, wenn die EC-Karte missbräuchlich verwendet wurde.

§ 676 h BGB regelt nunmehr, dass ein Aufwendungsersatzanspruch der Bank bei Zahlungskartenmissbrauch nicht besteht. Danach müsste die Bank den Betrag dem A ersetzen; sie hätte diesen zu Unrecht abgebucht. Der Bank stünde nur dann ein Aufwendungsersatzanspruch zu, wenn kein Zahlungskartenmissbrauch vorliegen würde.

Dies zu beweisen, obliegt nach § 676 h BGB allerdings der Bank. Wenn der Kunde also einen Missbrauch behauptet, so obliegt es der Bank, das Gegenteil nachzuweisen.

Die Bank wird aber jedenfalls einwenden, A hätte fahrlässig gehandelt, weil er etwa die PIN- Nummer mit der Karte aufbewahrt und der Dieb somit leicht die Auszahlung hätte bewirken können. Die Bank würde hiermit ihrerseits gegen A einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB geltend machen - wegen Verletzung seiner Verpflichtungen aus dem Girovertrag. Voraussetzung wäre aber, dass A tatsächlich in irgendeiner Form fahrlässig gehandelt hat. Die Beweislast für das fahrlässige Handeln des A trägt aber die Bank (Begründung: Sie will ja einen für sich selber günstigen Umstand nachweisen). In diesem Zusammenhang war lange und ist auch noch streitig, ob die Bank sich auf folgende Vermutung zur Führung ihres Beweises verlassen kann: Wenn innerhalb kürzester Zeit nach Entwendung der Karte unter Verwendung der PIN-Nummer eine Abhebung durchgeführt wird, spricht die Erfahrung dafür, dass mit der PIN-Nummer unsorgfältig umgegangen wurde.

M.E. ist diese Vermutung heutzutage nicht mehr haltbar: Sachverständige schließen es nicht mehr aus, dass Profis mittels Computerprogrammen innerhalb kürzester Zeit die PIN- Nummer herausfinden können. Zudem kommen andere Möglichkeiten in Betracht, an die Nummer zu gelangen. So ist etwas das Ausspionieren der Nummer bei Tätigung einer Geldabhebung am Automaten oder bei Zahlung an der Kasse nicht ungewöhnlich.

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