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Archiv "Das medizinisch-technische Zentrum — Geprüft und verworfen: Ökonomischer Umgang mit Arbeit und Energie" (04.09.1980)

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Aufsätze • Notizen

FORUM

Ökonomischer Umgang mit Arbeit und Energie

Die Diskussion über das medizi- nisch-technische Zentrum ist äu- ßerst interessant, wenn auch zu den dargestellten Ergebnissen weitere Überlegungen durchaus denkbar er- scheinen. Es ist sicherlich zu verste- hen, wenn gesellschaftlich relevante Kräfte über die Änderung der Orga- nisation des Gesundheitswesens ih- ren Einfluß vergrößern möchten.

Auch ist es zu verstehen, daß die Forderungen, solange die Vorteile nicht offensichtlich erscheinen, ge- prüft werden müssen, ob das ge- wünschte Ziel damit überhaupt zu erreichen ist. Die Auseinanderset- zung kann zwar nach der alten klas- sischen Form einer These und Anti- these mit der Hoffnung auf eine Syn- these durchgeführt werden. Erfolg- versprechender erscheint es jedoch, die heute vorliegenden Kenntnisse in Verbindung mit den Erfahrungen der Kollegen und den anderer Wirt- schaftsbereiche mit Prüfung am Mo- dell zu nutzen, um eine optimale Lö- sung des Problems zu erreichen. Bei der bisherigen Diskussion fällt auf, daß der, den es betrifft — der Patient

— bei dieser Diskussion am schlech- testen vertreten ist.

Um es kurz vorweg zu nehmen: Be- reits die Fragestellung — medizi- nisch-technisches Zentrum, ja oder nein — ist äußerst unglücklich. Ziel unserer Arbeit als Arzt sind unsere Patienten, für deren optimale und sichere Versorgung wir die Verant- wortung tragen. Technik und Orga- nisation kann nur dazu dienen, uns diese Arbeit zu erleichtern und si- cherer, leistungsfähiger und preis- werter zu gestalten. Technik als Selbstzweck oder unkritische Ko- pien aus Bereichen, in denen sie si- cherlich einen hohen Anteil an unse- rem sozialen Niveau haben, bedeu-

let eine falsch verstandene Technik.

Ziel jeder Problemlösung ist die Systemanalyse, gefolgt von einer Suche nach technischen Möglich- keiten, mit denen das Problem sich optimal lösen läßt.

Es erscheint unstrittig, daß eine wei- tere finanzielle Belastung des Pa- tienten nur schwer durchzusetzen sein wird. Andererseits wollen wir den bisherigen hohen Leistungs- standard weiter entwickeln bei bes- serem Einkommen und geringerer Arbeitsbelastung auch unserer Mit- arbeiter. Dies läßt sich nur durchfüh- ren, wenn wir mit dem vorhandenen Potential an Arbeit und Energie öko- nomisch umgehen, so daß mehr Zeit für die Arbeit am und für die Patien- ten herauskommt.

Dies ist keine Frage der Zentralisie- rung oder Dezentralisierung, son- dern eine Forderung, die Gesetze der Kybernetik konsequent zu reali- sieren, indem gleiche Informations- daten nur einmal erfaßt werden und alle periodisch wiederholbaren Ar- beitsabläufe automatisiert werden.

Technik und Arbeitskraft sind bei diesen Berechnungen abhängige Variable. Eine Kosten-Nutzen-Analy- se kann grundsätzlich betriebswirt- schaftlich und volkswirtschaftlich durchgeführt werden, beide führen nicht notwendig zum gleichen Er- gebnis. Die Forderung sollte daher lauten, nicht unnötiger Einsatz von mehr Technik, sondern Einsatz von sinnvoller Technik am richtigen Ort, wobei medizinische Notwendigkeit Priorität haben und fairerweise auch der Aufwand des Patienten mit in die Rechnung eingehen sollte.

Der Anteil am Volksprodukt, der für das Gesundheitswesen zur Verfü- gung steht, wird sich in absehbarer Zukunft wohl nicht entscheidend er-

höhen lassen. Unnötiger Einsatz de- zentraler und auch schlecht genutz- ter zentraler Technik belastet die Ko- stenseite und vermindert nur die Ge- winnanteile des Honorars, ein Ge- winn, der für weitere Investitionen dann nicht mehr zur Verfügung steht. Andererseits kann ein sinnvol- ler dezentraler Einsatz von Technik einen wesentlich niedrigeren Preis dieser Technik auf Grund der Ko- sten-Stückzahl-Relationen ermögli- chen.

Zwei Beispiele aus dem privaten Be- reich: Wir können unsere Steuerer- klärung vom eigenen dezentralen Computer einmal im Jahr durchfüh- ren lassen, dies ist jedoch sicherlich nicht wirtschaftlich, ein dezentrales Datenerfassungsgerät schon eher.

Andererseits käme keiner auf die Idee, sein Geschirr von einer zentra- len Stelle waschen zu lassen.

Oder zwei Beispiele aus der Praxis:

Es ist zu erwarten, daß selbst vollau- tomatische EKG-Geräte in Zukunft bei einem dezentralen Einsatz so preiswert werden, daß ein zentraler nicht lohnt. Röntgengeräte, falls es nicht ausgesprochene Spezialgeräte sind, werden zur Zeit wegen des grö- ßeren Umfangs an Mechanik eher teurer, so daß es denkbar erscheint, daß selbst Röntgenärzte sich zu grö- ßeren Einheiten zusammenschlie- ßen. Auf alle Fälle sollte auf Grund der Struktur vermieden werden, daß Geräte nur betrieben werden, damit sie sich amortisieren, ein Umstand, der besonders bei den Röntgengerä- ten wegen der Strahlenbelastung gewiß nicht lange toleriert wird. Ein Duplizieren der Röntgenbilder ist ei- gentlich nicht erforderlich, da in der Praxis diese dem Patienten sofort mitgegeben werden; damit läßt sich ein aufwendiges Röntgenarchiv ein- sparen. Auch die jetzigen Silberprei- se dürften unnötigen Duplikationen entgegenstehen.

Entscheidend erscheint jedoch die Forderung nach Qualitätssicherung der medizinischen Technik. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß die Ärztekammer durch eigene Test- institute die Qualitätslenkung über- nehmen, die Geräte prüfen lassen,

Das medizinisch-technische

Zentrum — Geprüft und verworfen

Zu dem Beitrag in Heft 8/1980, Seite 467 ff.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 36 vom 4. September 1980 2125

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Aufsätze • Notizen MTZ

die Entwicklung in bestimmte Rich- tungen beeinflussen und durch Um- fragen bei den Kollegen ihre Erfah- rungen mit Geräten und deren Ser- vice ermitteln kann, um die Ergeb- nisse durch Veröffentlichungen al- len Kollegen zugänglich zu machen.

Auch sollten kostengünstige Be- triebsorganisationsformen und ko- stengünstige Einkaufsorganisatio- nen den Ärzten unter Aufsicht von Ärzten zumindest alternativ zur Ver- fügung stehen. Auch eine etwas schlechtere aber einheitliche Orga- nisationsform ist besser als eine Vielfalt an gewiß sehr guten Einzel-

lösungen. Bei der Arbeitsüberla- stung ist man oft überfordert, so daß die Entscheidung für ein System ge- fällt wird, dessen Vertreter am aktiv- sten ist.

Durch neue Entwicklungen der Homecomputer und des Bildschirm- textes wird Computertechnologie so preiswert, daß man ähnliche Formen auch für die Organisation des Ge- sundheitswesens einsetzen könnte, zum Beispiel einen ärztlichen Brief über Bildschirmtext mit einer Fern- sprechgebühreneinheit dem Kolle- gen zu übermitteln, ist wesentlich billiger, geht schneller und erspart Papier und Arbeitskraft. Bei der In- dustrie findet man sicherlich aufge- schlossene und interessierte Part- ner.

Mich würde sehr interessieren, die Meinung der Kollegen zu hören, und ich würde mich freuen, wenn eine nützliche Entwicklung initiiert wer- den kann.

Dr. med. Udo Flesch Fontanestraße 7 1000 Berlin 33

Eine Alternative: Institut für „Extremdiagnostik"

Zu der referierten kritischen Analyse durch das Batelle-Institut, an die sich unausgesprochene Bezüge zur Frage nach der Ausbildungs- Neuordnung (Jörg-Dietrich Hoppe) anknüpfen lassen, darf ich erinnern an die Reformvorschläge, die ich

selbst, ein vielfältig „weiter"-gebil- deter und seit bald fünf Jahrzehnten enger spezialisierter Praktiker, vor einem Jahr publizieren konnte. Als quasi Ergänzung sei also folgendes extrahiert:

Die Erwin Jahnschen Ideen sind technisch volkswirtschaftlich zeitge- mäß. Von Jahn (als Medizinal-Beam- ten), wie von den gewerkschaftli- chen Propagandisten der „MTZ"

(einschließlich Krankenkassen-Bü- rokraten) läßt sich das Erlebnis der Patienten-Arzt-Beziehung nicht vor- aussetzen. Beide Bezüge kann man indessen etwa so zusammenfügen:

die Diagnostik jeglicher zugehenden Patienten (typisierte „Vorsorge"-Un- tersuchungen leiste ich nicht) be- darf der „Basis"-Untersuchung zwecks rasch (und daher auch billig) wirksamer Hilfe. Die hierzu nötige Ausstattung mit Apparaten (auch röntgenologisch sogar für den All- gemeinarzt, der sich darin auskennt) und Labor (ebenfalls im Rahmen sei- ner Bewertungsfähigkeit), auch mit Personal, Raum, Zeit hat der Behan- delnde selbst — je nach der Ausla- stung, die sich aus der Praxis ergibt und die sich für Patient und Prakti- ker unmittelbar lohnt — zu inve- stieren.

Für die Allgemein-Praxis (kostenlo- se Primärversorgung) dürfte sich das in Nachbarstaaten vorexerzierte Hausarzt-System (als auch versach- lichend und freimachend) durchset- zen (etwa in 1/2-Beamten- und Ver- sorgungs-Status). Der Hausarzt wä- re zu verpflichten, jeden Fall, der binnen einer bis zwei Wochen nicht geklärt bzw. mindestens deutlich ge- bessert wird, der (außer im Notfall) zur Einweisung in Klinik oder Kur oder zur Berentung vorgesehen ist, dem örtlichen „Konsultations-Spe- zialisten" (fachlich eng eingegrenzt und somit auch behandlerisch zu- verlässig) zuzuleiten. Dieser klärt mit nur hierfür notwendigen Geräten und Labormitteln das Fragwürdige, belehrt den Untersuchten verständ- lich und leitet ihn dann alsbald dem Hausarzt wieder zu, nie ohne soforti- ge telefonische Auskunft (notfalls auf Band zu speichern), die allent- halben die gegenwärtig oft erst nach

Wochen eintreffenden papierenen Aufsätze von Gehilfen zu ersetzen hätte (Stenographie — ideographi- sche und ikonographische Kürzel eingeschlossen — sollten jedem Praktiker zur Pflicht werden!). Nur für alles auch dem Konsultations- Spezialisten (er wird für fünf bis zehn Jahre gewählt und darf seine private Behandlungspraxis nicht aufgeben — er soll so vor Stereotypie und Veralten bewahrt bleiben) nicht Aufklärbare soll dieser ein Institut für „Extrem-Diagnostik" bemühen, möglichst überall mehrfach erreich- bar und konkurrierend, möglichst (aber nicht notwendig) privatwirt- schaftlich organisiert und an eine Klinik für Notfälle (etwa anläßlich von Endoskopie usw.) angelehnt.

Diese „Extremdiagnostik" (also et- wa für riskantere Endoskopie, Szin- tigraphie, Sonographie, Computer- tomographie, seltene Biochemie und Radiographie) sollte auch den kleinen und mittleren Kliniken des Bereichs dienen, die, ebenso wie die praktizierenden „Konsultanten", ih- re auch apparative und sonstige

„Basis-Diagnostik", soweit sie nicht vom Erstgenannten mitgeliefert wur- de, selbst ausführen (schon um den künftigen Hausarzt zu bilden). Er soll wieder persönlich Sedimente und Blutbilder mikroskopieren und möglichst auch konventionell per Distinktor (vgl. „Der Kassenarzt", Heft 6/1980) röntgenologisch Hand anlegen. In der „Extremdiagnostik"

arbeiten also künftig medizintechni- sche Hochqualifizierte, die keinerlei Behandlungs-Erfahrung bedürfen.

Wir sollten ihnen — ebenso wie den Zahnärzten mit ihrer freilich auch behandlerischen Technik — einen besonderen akademischen Status geben — etwa Dr. med.-tech. oder

„grad." und ihnen das lange, für sie

„frustrierende" Studium der be- handlerischen Medizin erlassen, sie also nach höchstens drei Jahren Grundstudium (Mathematik, Physik, Chemie, Anatomie, Physiologie, Pa- thologie) in die spezifisch technisch-

chemisch-radiologisch-histologi- sche usw. Weiterbildung freigeben, auch zu entsprechender Promotion und Habilitation.

2126 Heft 36 vom 4. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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