• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Krankenhausreformgesetz: Umstrittene „Bestandsschutzklausel"" (25.06.1981)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Krankenhausreformgesetz: Umstrittene „Bestandsschutzklausel"" (25.06.1981)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 26 vom 25. Juni 1981

Krankenhausreformgesetz:

Umstrittene

„Bestandsschutzklausel"

Das Bundesverfassungsgericht verstoße mit seiner Rechtspre- chung gegen den Grundsatz

„pacta sunt servanda" und un- terminiere den in § 6 der Bun- despflegesatzverordnung zwin- gend vorgeschriebenen Be- standsschutz für „Altverträge"

von leitenden Krankenhausärz- ten, nämlich solcher Verträge, die vor der sogenannten Entkop- pelung der privatärztlichen Be- handlung und Wahl- bezie- hungsweise Sonderleistungen abgeschlossen worden sind. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten, das der Ver- band der leitenden Kranken- hausärzte Deutschlands (Chef- arztverband), Düsseldorf, bei dem Münchner Rechtswissen- schaftler Privatdozent Dr. Dr.

Klaus Ulsenheimer eingeholt hat.

Der Münchner Privatdozent Dr. jur.

Dr. Klaus Ulsenheimer hat jetzt ein umfassendes Gutachten zur rechtli- chen Interpretation, gesundheitspo- litischen Funktion und Bedeutung des § 6 Absatz 5 der Bundespflege- satzverordnung (BPfIV) von 1973 vorgelegt, in welcher die für leitende Krankenhausärzte besonders rele- vante sogenannte Bestandsschutz- klausel festgeschrieben worden ist.

Der § 6 der Pflegesatzverordnung umreißt die Grenzen, die sich der Verordnungsgeber des Bundes bei der Regelung der sogenannten Ent- koppelung der chefärztlichen Be- handlung von den Wahl- und Son- derleistungen, den „Komfortleistun- gen" also, selbst gesetzt hat. Außer- dem ist in Satz 3 bestimmt worden, daß die gesonderte Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer nicht von der Chefarztbehandlung abhängig gemacht werden darf.

Bis zur Entscheidung des Bundes- verfassungsgerichts (BVG) vom 7.

November 1979 (NJW 1980, 1327) haben eine Vielzahl unter- und ober- gerichtlicher Entscheidungen der Zivil-, Arbeits- und Verwaltungsge- richte sowie wissenschaftliche Gut- achten fast ausnahmslos den Geset- zestext buchstabengetreu interpre- tiert, wonach „die Erfüllung von Ver- trägen, die der Krankenhausträger vor dem 1. Juli 1972 abgeschlossen hat, unberührt bleibt". Ungeachtet dessen hat das Krankenhausreform- gesetz Rheinland-Pfalz (KRG) in § 20 Absatz 1 Satz 3 bestimmt, daß ein Mitarbeiterpool auch für solche be- amtete Chefärzte gelten solle, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des

rheinland-pfälzischen Krankenhaus- reformgesetzes bereits im Amt wa- ren. Demgegenüber sollten ange- stellte leitende Krankenhausärzte nur dann zur Abgabe von Privatein- nahmen an den Pool verpflichtet werden, wenn ihr Dienstvertrag nach Inkrafttreten des rheinland- pfälzischen Gesetzes abgeschlos- sen wurde.

Das Bundesverfassungsgericht, das die Beschwerde mehrerer beamteter rheinland-pfälzischer Chefärzte ab- wies, toleriert unausgesprochen mit- hin die Ungleichbehandlung von an- gestellten und beamteten Ärzten hinsichtlich der „Altverträge" und der Abgabeverpflichtung an einen Mitarbeiterpool. Das Ulsenheimer- Gutachten kritisiert, daß sich das höchste Verfassungsgericht damit nicht nur gegen den rechtsstaatli- chen Grundsatz „pacta sunt servan- da" gestellt habe, sondern auch die

„Altverträge" in ihrem Bestands- schutz wesentlich unterminiere. Da- durch werde einer Bestimmung der Bundespflegesatzverordnung, näm- lich eine (unechte) Rückwirkung zu verhindern, diametral widerspro- chen. Gutachter Ulsenheimer kriti- siert das BVG-Urteil insoweit, als es den Grundkonsens der Judikatur des Bundesarbeits- und des Bun- desverwaltungsgerichts sprenge und die Ansicht vertrete, die Bun- despflegesatzverordnung enthalte keinerlei Verpflichtung der Kranken- hausträger, „Altverträge" zu erfül- len. Wenn das Bundesverfassungs- gericht nunmehr feststelle, daß der Bundesverordnungsgeber im Hin- blick auf die Erfüllung der „Altver-

1299

(2)

Teures Krankenhaus

Durchschnittliche Krankenhaus- Pflegesätze pro Tag

1980 185

1973

38151

Die gesetzlichen Krankenkassen mußten 1980 im Bundesdurchschnitt 185 DM je Pflegesatz an die Kran- kenhäuser zahlen: neun Prozent mehr als im Jahr zuvor und gut dop- pelt soviel wie 1973 Globus Spektrum der Woche

Aufsätze - Notizen

Krankenhausreformgesetz

träge" gar kein Recht setzen wolle, gehe er an der Wirklichkeit vorbei.

Sowohl aus der Entstehungsge- schichte der Krankenhausfinanzie- rungsgesetzgebung als auch der einschlägigen Kommentare gehe eindeutig hervor, daß der Bundesge- setzgeber den Ländern „Richtpunk- te" für die Verwirklichung der landeseigenen Reformvorstellungen im Zusammenhang mit der soge- nannten Entkoppelung geben woll- te. Der Münchner Gutachter stellt weiterhin fest, daß § 6 Absatz 5 der Pflegesatzverordnung eindeutig sämtliche vor dem 1. Juli 1972 ver- traglich geschlossenen Chefarztpo- sitionen vor einer rückwirkenden Verschlechterung durch eine Lan-

deskrankenhausreformgesetzge- bung schütze. Damit diene die Be- stimmung des Bundesgesetzgebers insoweit dem verfassungsrechtlich verankerten Vertrauensschutz. § 6 BPf IV schütze ferner das chefärztli- che Liquidationsrecht als „vermö- genswerte Rechtsposition" im Sinne des Artikel 14 Grundgesetz vor „ent- schädigungsloser Enteignung". Au- ßerdem verbiete die Pflegesatzver- ordnung den Krankenhausträgern, in „Altverträge" unter Berufung auf

„Wegfall der Geschäftsgrundlage"

einzugreifen, mit Hilfe der in vielen Dienst- oder Arbeitsverträgen leiten- der Krankenhausärzte enthaltenen sogenannten „Organisations- oder Entwicklungsklausel" die Neurege- lungen der Bundespflegesatzverord- nung, insbesondere das Prinzip der Entkoppelung, in „Altverträgen"

einseitig durchzusetzen und von ei- nem etwaigen vertraglich vereinbar- ten Widerruf des Liquidationsrechts im Hinblick auf das Entkoppelungs- gebot Gebrauch zu machen. Sowohl die Entstehungsgeschichte des § 6 als auch die vom Verordnungsgeber verfolgten Intentionen machten deutlich, daß die umstrittene Vor- schrift nicht rein deklaratorischer Natur sei, also nicht bloß einen Sachverhalt klarstellen und prak- tisch ausmünzen wolle, sondern konstitutive, das heißt „streitent- scheidende" Bedeutung habe. Des- halb bestehe für die Beibehaltung dieser Bestimmung nicht nur ein

„praktisches", sondern ein „rechtli- ches Bedürfnis". Dr. Harald Clade

PKV warnt vor Ausdehnung

der Regelungskompetenz

Teils zustimmend, teils kritisch bis ablehnend beurteilt der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV), Köln, den Entwurf eines soge- nannten Krankenhaus-Kostendämp- fungsgesetzes.

Die PKV begrüßt, daß sie als wichti- ger Kostenträger neben der GKV in den verschiedenen gesetzlichen Be- stimmungen des Entwurfs berück- sichtigt worden ist. Die PKV, die 22 Prozent der Krankenhausleistungen finanziert, wird künftig an der Kran- kenhausplanung, an der Aufstellung von Investitionsprogrammen, am Pflegesatzverfahren, an den gemein- samen Empfehlungen über Maßstä- be und Grundsätze für die Wirt- schaftlichkeit und Leistungsfähig- keit sowie den Empfehlungen der Konzertierten Aktion beteiligt sein.

Positiv bewertet wird auch die Be- stimmung, daß wie bisher die Arzt- kosten bei der Bemessung der Pfle- gesätze gesondert berechnet und berücksichtigt werden müssen.

Erhebliche Vorbehalte hat die PKV jedoch gegen die vielfältigen neuen

Planungsmechanismen und büro- kratischen Vorschriften, zumal erst- mals mit dem Gesetzentwurf Ele- mente des Kassenarztrechts auch auf das Krankenhauswesen übertra- gen werden sollen. Dies sei ein Sy- stemfehler, da das Krankenhauswe- sen privatrechtlich strukturiert sei.

Bedauert wird, daß versäumt wurde, eine Direktbeteiligung an den Pfle- gekosten bei häuslichen Ersparnis- sen einzuführen.

Die PKV interpretiert das durch den Kabinettsentwurf eingefügte Anhö- rungsrecht „beim Pflegesatzverfah- ren" dahingehend, daß sie künftig das Recht habe, bei den Pflegesatz- verhandlungen „mit am runden Tisch" zu sitzen. Dies sei nur ge- rechtfertigt, da die Interessen der Selbstzahler dadurch besser ge- währleistet werden könnten. Es müsse vermieden werden, daß die Vielfalt des Wahlleistungsangebots vermindert und Kosten auf die Wahl-

leistungen abgewälzt werden. Wün- schenswert sei ferner, daß die PKV im Einzelfall gegen einen Genehmi- gungs- oder Festsetzungsbeschluß der Pflegesatzbehörden Wider- spruch einlegen.

Die erweiterte Regelungskompetenz des § 372 RVO (Rahmenverträge über allgemeine Bedingungen der Krankenhauspflege) ist in der Sicht der PKV zu weit ausgedehnt worden.

Zwar sollen nur Fragen geregelt werden, die die Kassenpatienten und Krankenhäuser betreffen, doch würden allgemeine Bedingungen über die Krankenhauspflege, über Aufnahme und Entlassung usw.

auch Auswirkungen auf die Situa- tion der Selbstzahler und Privatpa- tienten haben.

Besonders argwöhnisch beurteilt man die Bestimmung des § 17 Abs. 1 KHG, wonach neu zu bildende Prü- fungsausschüsse auch die Wirt- schaftlichkeit der Krankenhauspfle- ge überprüfen sollen. Es sei die Ge- fahr nicht von der Hand zu weisen, daß der bereits 1972 verankerte Grundsatz ausgehöhlt werden könn- te, wonach die Pflegesätze für alle Benutzer nach einheitlichen Grund- sätzen zu bemessen seien. asa/HC

1300 Heft 26 vom 25. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dezember 1979 sollen diese Sätze dann nach den Vorschriften der Bundespflege- satzverordnung für jedes Kranken- haus einzeln vereinbart und fest- gesetzt werden.. Dabei

Und dann ist da noch der Falsch- spieler und Dunkelmann Bobby Hammer (Henry Gib- son), der im Auftrag einer mysteriösen Lobby dem Ge- sundheitskongreß ein handfe-

Fet- scher bezweifelte, daß der Hausarzt alter Prägung den zukünftigen Anfor- derungen einer medizinischen Versor- gung auf dem neuesten Stand noch ge- recht werden könne;

Ihren Hin- weis auf das Risiko, ein Arzt könne in der Annahme, ZAK ® sei vollständig, ein zugelassenes Arzneimittel bei der Verordnung nicht berücksichtigen, haben wir bereits auf

Es sei die Ge- fahr nicht von der Hand zu weisen, daß der bereits 1972 verankerte Grundsatz ausgehöhlt werden könn- te, wonach die Pflegesätze für alle Benutzer nach

un gelangen wir zum Jahre 1778. Wie um diese Zeit das Land- haus aussah, darüber geben die im landschaftlichen Bauamte er- haltenen Grundrisse, Aufrisse und Durchschnitte Bescheid,

Hierbei muß aber als selbstverständlich angese- hen werden, daß dem Stati- stischen Bundesamt be- kannt ist, daß dieser Höchstbetrag derzeit nahe- zu 25 000 DM ist, und hinzu

Entfallen soll auch die Strafandrohung für deutsche Forscher, wenn sie sich im Ausland an Forschungsarbei- ten mit jüngeren Stammzellli- nien beteiligen.. Mit ihrem Antrag trägt die