• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arztberuf: Übers Ziel hinaus" (24.12.2007)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arztberuf: Übers Ziel hinaus" (24.12.2007)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A3540 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 51–52⏐⏐24. Dezember 2007

B R I E F E

leistung der Pflegeversicherung, son- dern auch erheblich der Betreuungs- aufwand für das Heim . . . Auch das Märchen vom „Minutentakt“, in dem angeblich die Pflege geleistet werden muss, wird durch ständige Wiederho- lung nicht wahr. Die Erfassung des Mindestpflegeaufwands in sogenann- ten Zeitkorridoren durch den MDK- Gutachter dient ausschließlich der Feststellung, ob und in welchem Grad Pflegebedürftigkeit als Anspruchsvor- aussetzung für Leistungen aus der Pflegeversicherung vorliegt; die Pfle- geeinrichtung ist selbstverständlich nicht an diese Mindestzeiten gebun- den, sondern ist vielmehr gesetzlich verpflichtet, mit angemessenem Zeit- aufwand so zu pflegen, dass „die kör- perlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen“ so wie- derhergestellt oder erhalten werden, dass diese „ein möglichst selbststän- diges und selbst bestimmtes Leben führen“ können, „das der Würde des Menschen entspricht“ (§ 2 Abs. 1 SGB XI). Dass hierzu allein die Leis- tungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen, ist unbestritten; sie ist nur als „Teilkaskoversicherung“ konzi- piert . . . Seine im Artikel kritisierte

„Einstufungspraxis“ kann der MDK, selbst wenn er wollte, nicht nach Be- lieben ändern; sie ist ihm in engen Grenzen gesetzlich vorgegeben. Der MDK hat bei der Feststellung der Pflegestufen weder einen Ermessens- spielraum noch ist er „interessenge- bunden“, wie der interviewte Ver- bandsfunktionär meint. Die Gutachter des MDK sind in keiner Weise wei- sungsgebunden, sondern sind vom Gesetzgeber mit ärztlicher, nur ihrem Gewissen unterworfener Unabhän- gigkeit ausgestattet . . . Das gilt in gleicher Weise für die Qualitätsprü- fungen in den Einrichtungen (§ 112 ff.

SGB XI), die vorrangig dem Schutz der Bewohner dienen und dafür sor- gen, dass die Zahl der Heime mit defi- zitärer Pflege kontinuierlich zurück- geht. Die beabsichtigte Veröffentli- chung dieser Prüfergebnisse ist zu be- grüßen, weil sie die Öffentlichkeit zu- mindest über die Einrichtungen infor- miert, die schwere Qualitätsmängel zu verantworten haben . . . Nur die Einführung eines leistungsfähigen Pflegequalitätstests und die Veröffent- lichung der Testergebnisse geben dem

Verbraucher die Macht, Anbieter mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis zu bevorzugen und schlechte Anbieter durch Nichtbeachtung vom Markt zu verbannen . . . Wenn dann die Pflege- sätze für Einrichtungen mit nachge- wiesener guter Pflegequalität erhöht werden, macht auch die Forderung nach mehr Geld einen Sinn.

Dr. med. Ottilie Randzio,

Ärztliche Leiterin Ressort Pflege, MDK Bayern, Putzbrunner Straße 73, 81739 München

ARZTBERUF

Schleichende Ver- einnahmung und Entmündigung durch die Administration lassen Ärzte in Kran- kenhäusern und Praxen resignieren (DÄ 39/2007: „Widerspruchsgeist als kreatives Element fördern“ von Prof.

Dr. med. Hans-Peter Richter).

Übers Ziel hinaus

So sehr dem generellen Impetus des Artikels ohne Einschränkung zuge- stimmt wird, so groß die Anerken- nung für den Autor und das DÄ auch ist, dass sie den Artikel bringen, so wurde der Autor meines Erachtens, vom Geist der guten Sache beseelt, das eine oder andere Mal über die Sachlichkeit hinaus ins Wolken- kuckucksheim hinausgetragen. So wird z. B. festgestellt, dass Verwal- tung, Kostenträger und Politik zweckgerichtet, utilitaristisch han- deln. Wir in der praktischen Medizin tätigen Ärzte tun dies ebenso, aber eben nicht primär auf die Allgemein- heit bezogen, sondern wir beziehen uns auf den Menschen, der sich uns anvertraut, und behandeln ihn hof- fentlich auf seinen Zweck gerichtet.

Und auch der nächste Satz „Denn:

Was dem Individuum nützt, schadet der Gesellschaft“ ist in seiner Tota- lität schlichter Unsinn: Einem Men- schen seinen zertrümmerten Hüft- kopf zu ersetzen, hilft ihm (Mobilität) und der Gesellschaft (weniger Pfle- geaufwand) etc. Aber auch abstrakt ist dieser Satz nicht haltbar, denn was dem Einzelnen zugutekommt, kommt auch der Gemeinschaft, deren Teil er ist, zugute. Das Problem scheint mir

in der Verantwortung zu liegen.

Während der einzelne Arzt seinem Patienten gegenüber in der Verant- wortung steht und es keine Ausflucht für ihn gibt, wird die Verantwortung in Gremien, Verwaltungen, Parla- menten so lange delegiert und umver- teilt, bis sie verschwunden ist. Dies macht auch die Hierarchie in den Kli- niken verständlich, die eben nicht, wie es wörtlich übersetzt hieße, eine heilige Ordnung ist, sondern aus der letztendlichen Verantwortung des Chefarztes erwachsen ist. Im ständi- gen Diskurs um die Entscheidungen, die zu verantworten sind, werden der jüngere, aber auch der ältere Arzt ler- nen, und die entstehende höhere Ur- teilskraft ermöglicht es dem jüngeren zunehmend, Verantwortung überneh- men zu können bzw. übertragen zu bekommen. So werden die jungen Ärzte (noch) besser, als wir älteren es sind, und werden uns gut behandeln, wenn wir ihrer bedürfen.

Priv.-Doz. Dr. med. Gerald Denk Giebel, Martin-Luther-Straße 93, 66280 Sulzbach

Kein Platz mehr für ethische Verantwortung

Man kann den getroffenen Aussagen nur zustimmen, nur bleiben die Ursa- chen der Entwicklung des Arztberufs in eine solche, der eigentlichen Heil- kunde immer fremderen Richtung, weitestgehend unbeantwortet und nur oberflächlich angedeutet. Diese sind für mich in unserem gesellschafts- wirtschaftlichen System begründet, welches eine durchgreifende Ökono- misierung aller Arbeits- und Lebens- bereiche fordert und realisiert. Unter dieser Prämisse hat nur das Bestand, was eine Profitmaximierung ermög- licht. Ethische Verantwortung und gewinnunabhängige menschliche Zu- wendung haben da keinen Platz mehr . . . Die Politik versucht nun die Fiktion eines solidarisch-ethisch verpflichtenden Systems aufrechtzu- erhalten, mittels Regulierung und Administration ausschließlich der Ausgabenbilanz, ungeachtet der öko- nomischen Marktstruktur der Ge- sundheitseinrichtungen und der durch diese, kaum marktkompatibel zu er- bringenden Leistungen. Warum sol- len eigentlich Krankenhäuser und Praxen statt Gesundheit Gewinn pro-

(2)

A3541 duzieren? Richten soll es dann noch zusätzlich der alles heilende Wettbe- werb, als ob man um Kranke wie um Einkaufskunden konkurrieren könn- te. Wahrscheinlich wünscht man sich analog zum Handel den ärztlichen Discounter. Um Qualität wird es da- bei wohl kaum gehen, denn Patienten wissen schon immer den guten vom weniger guten Arzt zu unterscheiden.

Das ist aber kaum eine Frage des Preises. Angesichts solcher Perspek- tiven bleibt wenig Hoffnung auf eine Änderung im Sinne ärztlicher Heil- kunst.

Dr. med. Thomas Drescher,Promenade 6 c, 06343 Mansfeld

60 JAHRE BÄK

Mit einer Veranstal- tung im Großen Saal des Roten Rathauses in Berlin wurde das Jubiläum feierlich begangen (DÄ 44/

2007: „Wir wissen, was wir wert sind“ von Thomas Gerst).

Selbstreflexion

Schön wäre es gewesen, wenn im Rahmen der Selbstreflexion der Bun- desärztekammer – immerhin nach 60 Jahren – sich die Einsicht durchge- setzt hätte, Kompetenzen und Ent- scheidungsbefugnisse der einzelnen Landesärztekammern vermehrt auf Bundesebene zu hieven. Nicht ein- mal den Arztausweis gibt man zen- tral aus. Warum eigentlich? Es geht um Kostenersparnis und, weit wich- tiger, um dringend nötiges zusätzli- ches Gewicht in der Gesellschaft, da gerade die kaufmännischen Teile des Systems – wie Kassen und Kliniken – sich immer mehr und schneller zu- sammenschließen, Marktmacht aus- üben. Selbst in den Kliniken läuft die

„Entmachtung“ der Chefärzte auf vollen Touren . . . Um weiter mit- spielen zu können, gehörten ein ein- heitlicher kraftvoller Auftritt und ei- ne Kompetenzbündelung in Berlin dazu. Wenn schon die Gesundheits- politik sich absehbar mehr und mehr gar von nationaler auf europäische Ebene verlagern wird, können die Standesvertreter nicht nachstehen . . .

Gerhard Schuster,11, rue Scribe, F-75009 Paris

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Häufig wird nicht be- achtet, daß die familiäre Unterstützung von chronisch kranken Menschen — vor allem dann, wenn die Krankheit mit starken Funktionsein- bußen verbunden ist

Für den Haus- haltsvorstand als Arbeitgeber ergibt sich daraus die gesetz- liche Verpflichtung, die Be- schäftigung von Personen im Haushalt binnen einer Woche dem

Zwar wehrt man sich gegen die Eingriffe der Politik in das Gesundheitswesen nicht zu Unrecht, aber hier, wo eigent- lich wir Ärzte genuin gefordert wären, für unsere Patientinnen

Aus einer früheren Studie von Becher, Jahn und Jöckel (2) ergibt sich, dass am Arbeits- platz ETS-exponierte Personen die Belastung, die mittels Messung der

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat die Neuregelung, mit der gleichzeitig eine EU-Richtlinie umgesetzt werden soll, unter ande- rem mit dem Hinweis darauf vertei- digt,

"Mein Ziel sind 30 Grad." Rossy sucht nicht seine physischen, er sucht die technischen Grenzen, er will wissen, was physikalisch machbar ist.. Den Ritt auf dem

Berlin hat einen gangbaren Weg gewiesen, wie die finanzielle Be- vorzugung des stationären gegen- über dem ambulanten Sektor ab- gebaut werden kann, gleichzeitig die

Dass der NHS nicht funktioniert, dass Patienten nach Deutschland verschifft werden müssen und dass man auf Operationen so lange warten muss, bis man aufgibt oder sein Haus beleiht,