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Archiv "Pflegebedürftigkeit oder Kompetenz" (04.02.1988)

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DAS EDITORIAL

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pflegebedürftigkeit oder Kompetenz

Probleme chronisch Kranker und ihrer Angehörigen

Von chronischen Krankheiten im Alter sind nicht nur die Patienten selbst, sondern auch de- ren Angehörige betroffen. Häufig wird nicht be- achtet, daß die familiäre Unterstützung von chronisch kranken Menschen — vor allem dann, wenn die Krankheit mit starken Funktionsein- bußen verbunden ist — ein hohes Maß an körper- licher und seelischer Beanspruchung verursacht, die von den Angehörigen nur eine gewisse Zeit verkraftet werden kann.

Die mit der Pflege verbundenen Belastun- gen zeigen sich schon, wenn man genauer unter- sucht, wer eigentlich innerhalb der Familie die Versorgung des Patienten leistet. In vielen Fäl- len ist es der (die) Ehepartner (Ehepartnerin), dem (der) die Aufgabe der Pflege zufällt. Das heißt, daß die Pflege von einem Angehörigen er- bracht wird, der selbst schon ein hohes Lebens- alter erreicht hat. Dies hat Konsequenzen für das Ausmaß an körperlicher Belastung, die mit der Pflege verbunden ist: Für einen betagten Menschen, der möglicherweise selbst krank ist, kann die Pflege zu einer hohen Belastung wer- den.

Neben dem Ehepartner sind es vor allem die Tochter, die Schwiegertochter, die für die Pflege zuständig sind. „Familienpflege" ist häufig

„Tochterpflege". Viele Töchter geben ihren Beruf auf, um die Pflege zu leisten; in manchen Familien können dies die Töchter nicht und müssen nun diese Doppelaufgabe verantwort- lich lösen.

Die häufig zu beobachtenden „Erschöp- fungssyndrome" der Pflegenden haben in dieser Überbeanspruchung ihre Ursache. — Noch bela- stender ist die Situation, wenn es sich um pfle- gende Schwiegertöchter handelt, die, unter Um- ständen früher von den Schwiegereltern abge- lehnt, nun die geforderte Pflege leisten müssen.

Schließlich ist zu bedenken, daß nur in den wenigsten Familien die Pflege zwischen den An- gehörigen aufgeteilt wird. Meistens ist es ein Angehöriger allein, der die Pflege übernehmen muß — ohne Hilfe durch Geschwister oder ande- re Verwandte.

Mit der Pflege verbundene Belastungen

Wie in vielen bundesrepublikanischen Studien deutlich wurde, ist es vor allem die Angst, keine eigene Zukunft mehr zu haben und das eigene Le- ben aus der Hand gegeben zu haben, die als Bela- stungsfaktor genannt wird. Andere wiederum lei- den unter der Notwendigkeit ständiger Anwesen- heit — wie sie sich zum Beispiel dann ergibt, wenn der Patient verwirrt ist. Aber auch die Erfahrung, sich nicht mehr ratsuchend an die Eltern wenden zu können, sondern diese nun selbst betreuen zu müssen, wird von den Angehörigen als hohe Bela- stung erlebt. Die immer stärker werdende Isola- tion von Familien mit einem chronisch kranken Patienten verstärkt ebenfalls die mit der Pflege verbundenen Belastungen.

Wichtige Aufgaben für den Arzt

Erstens darf der Arzt sich in der Behandlung nicht nur auf den Patienten konzentrieren, son- dern muß sich auch an den Angehörigen wenden:

Auch dieser benötigt Aufklärung und Möglichkeit zur Aussprache.

Häufig leisten Angehörige zu viel Pflege, un- terstützen den Patienten in Funktionen und Auf- gaben, die dieser eigentlich noch selbst wahrneh- men könnte. Eine „Überpflege" ist aber nicht nur für die körperliche Konstitution des Patienten schädlich, sondern kann langfristig auch die inner- familiären Beziehungen belasten. Denn: Patienten wollen nicht ihrer Selbstverantwortung und Unab- hängigkeit beraubt werden und erleben eine Über- versorgung als Infragestellung ihrer Kompetenz.

Dies kann zu Streit und Konflikten mit dem Ange- hörigen führen.

Angehörige beeinflussen die Patienten sehr in der Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit der Krankheit. Aus vielen Rehabilitationskliniken ist bekannt, daß nach Abschluß der Rehabilitation durch einen negativen Einfluß der Angehörigen auf die Patienten der Rehabilitationserfolg wieder zunichte gemacht wurde. Auch hier muß der Arzt intervenieren, die Angehörigen unterstützen und

Dt. Ärztebl. 85, Heft 5, 4. Februar 1988 (47) A-227

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sie von dem Wert und der Notwendigkeit der me- dizinischen Maßnahmen überzeugen.

Angehörige und Patienten neigen häufig zu ei- ner immer stärkeren Selbstisolation und verfügen nach einer gewissen Zeit nur noch über wenige Kontakte. Häufig ist es der Hausarzt, der den Kontakt zur Außenwelt stiftet. Er sollte sich der Bedeutung seiner Person immer bewußt sein.

Die Bedeutung des Gesprächs

Die medizinische Behandlung darf nicht bei chronischen Krankheiten aufhören; vielmehr wan- delt sie sich, das heißt: Psychologische und existen- tielle Fragen treten nun stärker in den Vorder- grund. Chronisch kranke Patienten sind auf den Zuspruch des Arztes angewiesen, brauchen die Möglichkeit der An- und Aussprache. Die psychi- schen Aspekte einer chronischen Krankheit dürfen in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden.

Dies gilt auch für die Angehörigen: Sie schätzen an

den ambulanten sozialen Diensten weniger die Unterstützung in der konkreten Pflege, sondern vor allem die Möglichkeit des Gesprächs. Diese dürfen wir nicht vorenthalten, denn: Auch für die Angehörigen hat sich mit dem Auftreten der chro- nischen Krankheit und der Pflegebedürftigkeit vie- les verändert.

Eine Pflegeversicherung kann dem Patienten zwar eine gewisse Sicherheit vermitteln, den An- gehörigen aber nicht die Verantwortung für den Kranken abnehmen. Dennoch muß man sich der Grenzen der Belastbarkeit bewußt werden und ge- meinsam nach Möglichkeiten suchen, nicht nur die Lebenserwartung, sondern ebenso die Lebensqua- lität des alternden, chronisch kranken Menschen im Blick zu haben.

Professor Dr. med. Waltraut Kruse

Leiterin des Lehrgebietes Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät

RWTH Aachen

Kirchberg 4 • 5100 Aachen

Antibiotische Therapie

von Gallenwegserkrankungen

Über mikrobiologische Unter- suchungen in endoskopisch aspirier- ter reiner Galle bei diversen Gallen- gangserkrankungen berichteten Neuhaus und Mitarbeiter auf der 42.

Tagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechsel- krankheiten in Salzburg. Bei 128 Pa- tienten wurde Galle durch selektive Aspiration im Rahmen einer endo- skopisch retrograden Cholangiogra- phie gewonnen. Bei 30 Patienten fanden sich Monokulturen, bei 72 Mischkulturen. Haupterreger waren E.coli, Pseudomonas aeruginosa und Staphylokokkus aureus , bei Mischkulturen dominierte Strepto- kokkus faekalis. Aufgrund der er- stellten Resistogramme sind folgen- de Antibiotika bei bakteriell beding- ten Gallenwegserkrankungen zu empfehlen: bei einfachen Infektio- nen Mezlocillin (6-15 g/die) oder gallengängige Cephalosporine wie Cefotaxim oder Cefoperazon (4-6 g/

die); bei schweren Gallenwegsinfek- tionen ist die Kombination eines (3- Laktam-Antibiotikums mit einem Aminoglykosid zu empfehlen. Bei einer Infektion mit Pseudomonas

sollte diese Kombination mit Azlo- cillin als Dreierkombination verbun- den werden.

R. Neuhaus, Ba. Neuhaus, N. van Hu- sen; Medizinische Universitätsklinik Mün- ster: Erregerspektrum und Resistogramm bei Gallenwegserkrankungen; 42. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, 9.-12. Oktober 1987, Salzburg.

AIDS:

Mikrobiologische Befunde am

Gastrointestinaltrakt

Bei 30 Patienten mit einer HIV- Infektion wurde wegen einer gastro- intestinalen Symptomatik eine endo- skopische Untersuchung des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts durchgeführt. 17 Patienten boten ei- ne Lymphadenopathie, 13 das Voll- bild von AIDS.

Wie Heiss, Berlin, auf dem 15.

Kongreß der Gesellschaft für Ga- stroenterologie in Bayern berichte- te, fand sich bei 14 Patienten Cyto-

KONGRESSNOTIZEN

megalievirus, bei 22 atypische My- kobakterien, bei drei Clamydien und bei zwei Kryptosporidien, wenn die im Rahmen der Untersuchung entnommenen Biopsiepartikel auf Viren, atypische Mykobakterien und Kryptosporidien untersucht wurden.

Der Befall des Gastrointestinal- trakts mit opportunistischen Keimen bei AIDS führt zu einer Vielzahl von pathologischen Schleimhautverän- derungen bis hin zu schweren ulze- rös-nekrotisierenden Läsionen.

Leitsymptome waren bei den 30 Pa- tienten Diarrhoen, Gewichtsverlust, abdominelle Schmerzen und Schluckbeschwerden. Bei zehn Pa- tienten dominierte die abdominelle Schmerzsymptomatik, sechs Patien- ten wiesen eine schwere exsudative Enteropathie auf. Es wird allgemein empfohlen, bei AIDS-Patienten mit abdomineller Symptomatik mikro- biologische Untersuchungen von Gewebsproben vornehmen zu las- sen.

XV. Kongreß der Gesellschaft für Ga- stroenterologie in Bayern e. V., Ingol- stadt, 23. und 24. Oktober 1987.

A-228 (48) Dt. Ärztebl. 85, Heft 5, 4. Februar 1988

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