Kranke, was ihnen oft genug angekrei- det wurde. Im Ergebnis könnten sich die Betriebskrankenkassen sogar einen neuerlichen Wettbewerbsvorteil ver- schaffen, indem sie das Geld dazu ver- wenden, um ihr Serviceangebot zu ver- bessern und ihre Verwaltungen aufzu- stocken.
Geradezu aberwitzig ist es aber, den Mindestbeitragssatz von 12,5 Prozent als „solidaritätssichernden Beitragssatz“
(Originalton BMG) zu bezeichnen. Es
ist nicht auszuschließen, dass viele BKK- Versicherte, die aufgrund ihrer ho- hen Einkommen freiwillige Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung sind, nach der Beitragserhöhung in die private Krankenversicherung flüchten.
Der Mindestbeitragssatz wirkt also nur für die Krankenkassen solidaritätssi- chernd, gesellschaftlich betrachtet ist er entsolidarisierender Natur. Die Lobby- arbeit der Kassen war erfolgreich.
Kopfpauschalen unverändert
Für die Ärzte ist einzig der Ausblick auf einen morbiditätsorientierten Risiko- strukturausgleich ab 2007 eine gute Nachricht. Davon, dass ab Januar 2002 mehrere Hundert Millionen DM mehr ins System fließen sollen, haben sie nicht viel. Denn eine Erhöhung der teil- weise recht niedrigen Kopfpauschalen aufseiten der Betriebskrankenkassen steht nicht zur Diskussion. Jens Flintrop
P O L I T I K
A
A1224 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 19½½11. Mai 2001
Neue Therapieansätze
Unzulässige Zahlungen
Das Bundesversicherungsamt rügt rechtswidrige
Kostenübernahmen der Krankenkassen.
S
eit längerem behaupten Repräsen- tanten einzelner gesetzlicher Kran- kenkassen, die Konkurrenz wende unlautere Mittel an, um Mitglieder zu halten oder zu gewinnen. Ein häufiger Vorwurf: Krankenkassen begleichen die Kosten für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB), obwohl sie noch gar nicht vom zustän- digen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als zweckmäßig aner- kannt sind. Bekanntestes Beispiel sind Akupunktur-Behandlungen.Aufgrund dieser Vorwürfe haben die „Prüfdienste Krankenversiche- rung“ des Bundes und der Länder sich für eine Schwerpunktprüfung zum NUB-Bereich entschieden. Von Mai bis Dezember 2000 kontrollierten sie bundesweit 107 Krankenkassen und 80 000 Belege für das Jahr 1999. Er-
gebnis der Stichprobe: Knapp 60 000 davon erhärteten die Vermutung, dass Krankenkassen NUB-Leistungen un- rechtmäßig bezahlten. Die unzulässi- gen Ausgaben betrugen rund 30,5 Mil- lionen DM.
Rechnet man die Stichprobe hoch auf den Gesamtaufwand aller gesetzli- chen Krankenkassen für neue Unter- suchungs- und Behandlungsmethoden, so wurden 1999 bundesweit schät- zungsweise 537 Millionen DM für nicht anerkannte Leistungen ausgege- ben. Der Großteil der nachgewiesenen fehlerhaften Aufwendungen entfiel dabei auf Akupunkturbehandlungen (Tabelle).
Das zuständige Bundesversiche- rungsamt hat darauf hingewiesen, dass die Kostenübernahme für Akupunktur 1999 noch unzulässig war. Erst Ende 2000 habe der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Aku- punktur-Behandlung bei drei Schmerz- indikationen zugelassen. Vorausset- zung ist allerdings, dass die Betroffenen im Rahmen von Modellversuchen nach
§ 63 ff. SGB V behandelt werden. „Die Rechtswidrigkeit der Kostenübernah- me im Jahr 1999 wird dadurch nicht re- lativiert“, heißt es in einer Stellung- nahme des Bundesversicherungsamtes.
Von dort hat man den Aufsichtsbehör- den von Bund und Ländern empfohlen, die Krankenkassen aufzufordern, ihre Leistungskataloge geltendem Recht an-
zupassen. Sabine Rieser
´ Tabelle CC´
Unzulässige NUB-Anwendungen nach Einzelmethoden (1999)
Bezeichnung Fälle % TDM % pro Fall in DM
Akupunkturbehandlung mit Nadeln* 52 140 88,20 21 674 71,01 415,68
Balneo-Phototherapie 2 575 4,36 2 562 8,39 994,95
Infusion von Kochsalzlösung 80,01 13 0,04 1 625,00
Excimer-Laserbehandlung 59 0,10 1380,45 2 338,98
Extrakorporale Stoßwellentherapie 102 0,17 121 0,40 1 186,27
Hyperbare Sauerstoffbehandlung 5981,01 1 739 5,70 2 908,03
Intracytoplasmatische Spermieninjektion 669 1,13 1 443 4,73 2 156,95
Kernspintomographie der Mamma 834 1,41 554 1,81 664,27
Soft/Mid-Power-Laser 230 0,39 131 0,43 569,57
Positronenemmissionstomographie 204 0,35 416 1,36 2 039,22
Thermotherapie 106 0,18252 0,83 2 377,36
UVA-Kaltlicht-Therapie 116 0,20 125 0,41 1 077,59
Eigenblutbehandlung 143 0,24 66 0,22 461,54
Sonstige** 1 331 2,25 1 287 4,22 966,94
Insgesamt 59 115 100 30 521 100
* Eine weitere Differenzierung nach einzelnen Indikationen ist durch diese Erhebung nicht möglich.
** „Exotische“ Behandlungsmethoden wie zum Beispiel Laser-Tatooentfernung, Fruchtsäurepeeling
Der RSA-Stufenplan
❃ Kurzfristige Maßnahmen
– Stichtagstermin: flexiblere Gestaltung der Kündigungsfrist, Wegfall des Stichtagstermins 30. September für einen Kassenwechsel;
– Disease-Management-Programme: alle Kassen dürfen Disease-Management-Programme für be- stimmte Gruppen chronisch Kranker einführen;
– Solidarbeitrag: befristet auf drei Jahre Mindest- beitragssatz in Höhe von 12,5 Prozent für alle Kassen ab 2002.
❃ Mittelfristige Maßnahme
– Risiko-Pool: Ab 2003 soll ein Risiko-Pool dafür sorgen, dass die Kosten für die Versorgung besonders teurer Versicherter durch die Solidar- gemeinschaft der Kassen mitfinanziert werden.
❃ Langfristige Maßnahme
– Solidarischer Wettbewerb: Ab 2007 soll der Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen morbiditätsorientiert erfolgen.