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Archiv "Die chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis aus Sicht des Internisten" (12.03.1999)

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ezidivierende Oberbauchschmerzen so- wie exokrine und endokrine Funktions- einbußen sind die drei Leitsymptome der chronischen Pankreatitis und stellen trotz aller therapeutischen Fortschritte eine echte Herausforderung für den behandelnden Arzt dar.

Der natürliche Verlauf der chronischen Pankrea- titis ist nicht vorhersehbar. Das sogenannte „Aus- brennenlassen“ der Bauchspeicheldrüse, das heißt abzuwarten, bis mit dem progredienten Pa- renchymverlust auch die Schmerzsymptomatik im Verlauf der Erkrankung abnimmt, ist lange Zeit diskutiert worden (2, 3, 8, 9). Untersuchungen aus Japan und unserer eigenen Arbeitsgruppe haben übereinstimmend gezeigt, daß die Schmerzsym- ptomatik bei mehr als 50 Prozent der Patienten auch nach fünf (12) beziehungsweise zehn Jahren (10) Verlaufsbeobachtung weiter fortbesteht. Da die rezidivierende Schmerzsymptomatik Patien- ten im mittleren Lebensalter, in dem die Erkran- kung meist manifest wird, zu Krankenhausaufent- halten oder zumindest zur zeitweisen Arbeitsun- fähigkeit zwingt, muß dringend nach einer geeig- neten Schmerztherapie gesucht werden.

Was hat die internistische, das heißt die konservative, Seite zu bieten?

Alkoholabstinenz, Enzymsubstitution zur Drucksenkung im Pankreasgang (sogenannter Feedback-Mechanismus) oder endoskopische Therapie von Pankreaspseudozysten, -gangstei- nen und -gangstenosen, den möglicherweise zu Schmerzen führenden Komplikationen der Er- krankung, werden empfohlen. So sicher es ist, daß Alkoholabusus bei drei von vier Patienten mit chronischer Pankreatitis zu der Erkrankung ge- führt hat, so unsicher ist, ob spätere Alkoholabsti- nenz zur Schmerzfreiheit führt. Nur bei jedem

dritten Alkoholiker gelang es uns, ihn zur Alko- holabstinenz zu motivieren; 52 Prozent dieser Pa- tienten wurden schmerzfrei gegenüber 37 Prozent der Patienten, die weiterhin Alkohol tranken (10). Ähnlich sah es in Japan aus: 60 Prozent der abstinent gewordenen Alkoholiker wurden schmerzfrei, aber 26 Prozent erreichten dieses Stadium auch, obwohl sie weiterhin Alkohol tran- ken (12). Wahrscheinlich führt Alkoholabstinenz bei jedem zweiten Patienten zu einer Schmerzlin- derung, aber es bleibt unklar, warum sie bei einem Patienten eintritt und bei dem anderen nicht und, wenn sie eintritt, warum dann erst geraume Zeit nach dem Alkoholstop. Tierexperimentelle Un- tersuchungen ließen vermuten, daß Pankreasen- zyme den Druck im Pankreasgangsystem senken und damit zur Schmerzfreiheit führen könnten (5). Zahlreiche Untersuchungen haben dies beim Menschen trotz erster erfolgreicher Studien nicht bestätigen können (4, 11, 13).

Endoskopische versus chirurgische Therapie

Kontrollierte Studien zur endoskopischen versus chirurgischen Therapie bei chronischer Pankreatitis sind zur Zeit nicht vorhanden und si- cherlich dringend erforderlich. Zahlreiche Unter- suchungen zeigen, daß die Stentanlage in den Pankreasgang zur Schmerzlinderung bei chroni- scher Pankreatitis führt. Es ist jedoch unklar, ob diese Stents selbst Pankreasgangveränderungen herbeiführen, wie sie bei chronischer Pankreatitis nachweisbar sind (1, 15). Transkutane, transga- strische und transduodenale Zystendrainagen ha- ben häufig zur Linderung der Schmerzsymptoma- tik geführt, wenn diese Zysten keinen Anschluß zum Pankreasgangsystem hatten. Auch hier feh- len kontrollierte Studien zur endoskopisch-inter-

A-623

M E D I Z I N EDITORIAL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999 (47)

Die chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis

aus Sicht des Internisten

Paul Georg Lankisch

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ventionellen versus chirurgischen Therapie. Etwa jeder zweite bis vierte Patient muß aufgrund sei- ner Schmerzen mit oder ohne Organkomplika- tionen, wie zum Beispiel Pankreaspseudozysten, operiert werden, weil andere Alternativen (noch?) fehlen (10).

Insgesamt 22 Studien, die bis 1997 veröffent- licht wurden, zeigten, daß Schmerzfreiheit unab- hängig von dem Operationsverfahren (Draina- ge/Resektion) in bis zu 90 Prozent der Fälle für mehrere Jahre zu erreichen ist (6). Die Ergebnis- se sind jedoch schwierig zu beurteilen, weil die Definition von Schmerzfreiheit in den einzelnen Untersuchungen oft vage ist und die Schmerz- symptomatik zum Beispiel nicht auf einer Ana- logskala gemessen wurde (7). Auch die Indikati- on zur operativen Therapie ist in den einzelnen Untersuchungen unterschiedlich, weil viele Chir- urgen Resektionsoperationen bei Alkoholikern nicht durchführen, da der postoperative Diabetes mellitus als Folge der Resektion bei Alkoholi- kern schwierig und nicht selten gar nicht zu be- handeln ist.

Geringere Probleme bei exokriner und endokriner Pankreasinsuffizienz

Die Behandlung der exokrinen und endokri- nen Pankreasinsuffizienz stellt jedoch im Ver- gleich zur Schmerzsymptomatik für den Interni- sten das geringere Problem dar. Mit Pankreas- enzymen und Insulin stehen geeignete konserva- tive Maßnahmen zur Verfügung, aber eine in- ternistische Therapie, die einen progredienten Funktionsverlust vermeidet, ist nicht bekannt.

Nicht zuletzt deswegen ist die Übersicht von Schoenberg und Mitarbeitern (14) über neue organsparende Resektionsoperationen am Pan- kreas von besonderem Interesse, da die endo- krine Funktion nach diesen Verfahren häufig er- halten werden kann. Nach Resektionseingriffen am Pankreas herkömmlicher Art (Whipplesche Operation, 80- bis 95prozentige Linksresektion) kommt es bei 50 Prozent aller Patienten zu einer Verschlechterung der endokrinen Funktion.

Nach duodenumerhaltender Pankreaskopfresek- tion wurde sie nur bei zwei Prozent, nach milzer- haltender Linksresektion zunächst nur bei 25,5 Prozent der Patienten beobachtet. Dies ist mögli- cherweise für die weitere Prognose der Patienten von wesentlicher Bedeutung.

Alles in allem ist die Therapie der exokrinen und endokrinen Pankreasinsuffizienz die Domä- ne der Internisten, die Therapie der Schmerzsym-

ptomatik aber ein interdisziplinäres Problem, das von Internisten und Chirurgen gemeinsam zu lö- sen ist. Organsparende Resektionen sind von be- sonderem Interesse; die Entwicklung weiterer endoskopischer Methoden zur Schmerztherapie und die Evaluierung neuer und alter endoskopi- scher Maßnahmen in kontrollierten Studien blei- ben abzuwarten.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-623–624 [Heft 10]

Literatur

1. Alvarez C, Robert M, Sherman S, Reber HA: Histologic changes after stenting of the pancreatic duct. Arch Surg 1994;

129: 765–768.

2. Ammann R: Klinik, Spontanverlauf und Therapie der chroni- schen Pankreatitis. Unter spezieller Berücksichtigung der No- menklaturprobleme. Schweiz Med Wochenschr 1989; 119:

696–706.

3. Ammann RW, Largiadèr F, Akovbiantz A: Pain relief by sur- gery in chronic pancreatitis? Relationship between pain relief, pancreatic dysfunction, and alcohol withdrawal. Scand J Ga- stroenterol 1979; 14: 209–215.

4. Halgreen H, Thorsgaard Pedersen N, Worning H: Symp- tomatic effect of pancreatic enzyme therapy in patients with chronic pancreatitis. Scand J Gastroenterol 1986; 21: 104–108.

5. Isaksson G, Ihse I: Pain reduction by an oral pancreatic en- zyme preparation in chronic pancreatitis. Dig Dis Sci 1983; 28:

97–102.

6. Lankisch PG: Chronische Pankreatitis – noch ein chirurgi- sches Krankheitsbild? Chirurg 1997; 68: 851–854.

7. Lankisch PG, Andrén-Sandberg Å: Standards for the diag- nosis of chronic pancreatitis and for the evaluation of treat- ment. Int J Pancreatol 1993; 14: 205–212.

8. Lankisch PG, Fuchs K, Schmidt H, Peiper H-J, Creutzfeldt W:

Ergebnisse der operativen Behandlung der chronischen Pankreatitis mit besonderer Berücksichtigung der exokrinen und endokrinen Funktion. Dt Med Wochenschr 1975; 100:

1048–1060.

9. Lankisch PG, Fuchs K, Peiper H-J, Creutzfeldt W: Pancreatic function after drainage or resection for chronic pancreatitis.

In: Mitchell CJ, Kelleher J (eds): Pancreatic disease in clinical practice. London: Pitman Books 1981; 362–369.

10. Lankisch PG, Löhr-Happe A, Otto J, Creutzfeldt W: Natural course in chronic pancreatitis. Pain, exocrine and endocrine pancreatic insufficiency, and prognosis of the disease. Dige- stion 1993; 54: 148–155.

11. Malesci A, Gaia E, Fioretta A et al.: No effect of long-term treatment with pancreatic extract on recurrent abdominal pain in patients with chronic pancreatitis. Scand J Gastro- enterol 1995; 30: 392–398.

12. Miyake H, Harada H, Kunichika K, Ochi K, Kimura I: Clinic- al course and prognosis of chronic pancreatitis. Pancreas 1987;

2: 378–385.

13. Mössner J, Wresky HP, Kestel W, Zeeh J, Regner U, Fischbach W: Influence of treatment with pancreatic extracts on pancreatic enzyme secretion. Gut 1989; 30: 1143–1149.

14. Schoenberg MH, Schlosser W, Beger HG: Die chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis. Dt Ärztebl 1999; 96:

A-625–631 [Heft 10].

15. Smits ME, Rauws EAJ, van Gulik TM, Gouma DJ, Tytgat GNJ, Huibregtse K: Long-term results of endoscopic stenting and surgical drainage for biliary stricture due to chronic pan- creatitis. Br J Surg 1996; 83: 764–768.

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. med. Paul Georg Lankisch Medizinische Klinik

Städtisches Krankenhaus Bögelstraße 1

21339 Lüneburg

A-624

M E D I Z I N EDITORIAL

(48) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999

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