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Archiv "Die chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis" (12.03.1999)

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ie chronische Pankreatitis ist ein inhomogenes Krankheits- bild unterschiedlicher, zum Teil multifaktorieller Genese und va- riablen klinischen Verlaufs, so daß sie nur schwer als einheitliche Entität zu verstehen ist. Nach pathomorphologi- schen Kriterien lassen sich zwei For- men der chronischen Pankreatitis un- terscheiden (13): Die seltene chroni- sche obstruktive Pankreatitis entsteht auf dem Boden einer Einengung des Ductus pancreaticus und der größeren Seitenäste zweiter Ordnung durch Pan- kreastumoren, Papillenstenose oder stenosierende Vernarbungen im Be- reich des Pankreas (posttraumatisch oder infolge einer akuten Pankreatitis).

Die zweite, häufigere Form ist die chro- nisch kalzifizierende Pankreatitis, ge- kennzeichnet durch die irregulär über

das Pankreas verteilten Entzündungen der intralobulären Pankreasgänge, die zu Distorsionen, Einengungen und konsekutiven Erweiterungen führen.

Bei einem großen Teil, jedoch nicht bei allen Patienten, kommt es zu einem progressiven Verlust der exo- und en- dokrinen Funktion (3).

Klinik

Im Vordergrund der Klinik steht bei Patienten mit chronischer Pan- kreatitis der Oberbauchschmerz. Die

Schmerzentwicklung der Erkrankung ist jedoch nicht vorhersehbar und nur bedingt durch konservative Maßnah- men behandelbar. Die Hoffnung, daß die Schmerzsymptomatik mit dem progredienten Parenchymverlust im Verlauf der Erkrankung abnimmt (so- genanntes „Ausbrennen“ der Drüse) (1) scheint sich nur für einen Teil der Patienten zu erfüllen. Untersuchun- gen von Lankisch et al. zeigen, daß die Schmerzsymptomatik bei mindestens der Hälfte der Patienten auch nach fünf oder zehn Jahren Beobachtungs- zeit weiter fortbesteht (12).

Unsere Kenntnis über Schmerzen bei chronischer Pankreatitis ist noch lückenhaft. Erwiesen ist, daß Drucker- höhung im Hauptgang und im Pan- kreasparenchym und eine spezielle, bei chronischer Pankreatitis morpholo- A-625 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999 (49)

Die chirurgische

Therapie der chronischen Pankreatitis

Michael H. Schoenberg

1

Wolfgang Schlosser

2

Hans Günter Beger

2

Die chronische Pankreatitis ist ein inhomogenes Krank- heitsbild multifaktorieller Genese und variablen Verlaufs.

Im Vordergrund der Klinik steht beim Patienten mit chroni- scher Pankreatitis der zum Teil medikamentös schwer be- herrschbare Oberbauchschmerz. Eine Indikation zur Ope- ration ist zwingend gegeben, wenn neben den medika- mentös schwer beherrschbaren langfristigen Schmerzen Or- gankomplikationen durch die chronische Pankreatitis ent- stehen, die konventionell nicht beherrschbar sind. Bei der chirurgischen Therapie der chronischen Pankreatitis sollte jedoch organsparend nach dem Motto „soviel wie nötig, so- wenig wie möglich“ operiert werden. Selbst bei erheblich di- latiertem Pankreasgang sind reine Pankreasdrainageopera- tionen nur bei etwa der Hälfte der Patienten langfristig er- folgreich. Bei anhaltenden Schmerzen und Komplikationen

der Nachbarorgane durch entzünd- lich bedingte Pankreastumore sollte

resektiven Maßnahmen der Vorzug geben werden, wobei auch in diesen Fällen organsparende und die endokrine Funktion des Organs berücksichtigende Verfahren zu wählen sind. Mehrorganresektionen sind in der Regel un- nötig und nur bei unklarer Dignität des Pankreasprozesses angezeigt. Durch die stadiengerechte und adäquate Wahl der Operationsverfahren kann bei über drei Viertel der Pati- enten eine lang anhaltende Schmerzfreiheit und eine Ver- meidung weiterer Pankreatitisschübe erreicht werden, ohne eine Verschlechterung speziell der endokrinen Funktion in Kauf zu nehmen.

Schlüsselwörter: Chronische Pankreatitis, chirurgische Therapie, endokrine Funktion

ZUSAMMENFASSUNG

Surgical Treatment of Chronic Pancreatitis

Chronic pancreatitis is an inhomogenous disease of multi- factorial genesis and with a variable clinical course. Patients with chronic pancreatitis suffer from upper abdominal pain and should be primarily treated conservatively. Surgical treatment is indicated in patients with prolonged pain and organ complications due to chronic pancreatitis which can- not be treated interventionally. Thereby, surgical treatment should be organ preserving according to the guide line:

„as little as possible, as much as necessary“. Even if the pancreatic duct is dilated, only half of the patients will benefit from drainage operations. Chronic severe pain and

complications of the neighbouring organs combined with an inflammatory mass of the

pancreas should be indicative for resective procedures.

These procedures should be organ preserving and should not decrease the endocrine function. Simultaneous resection of multiple organs is unnecessary and should only be employed if the histology is unclear. The adequate surgical procedure leads to freedom of pain and significant decrease in relapse of pancreatitis in 75 per cent of the patients without impairing the endocrine function of the pancreatic gland.

Key words: Chronic pancreatitis, surgical therapy, endocrine function

SUMMARY

D

1Chirurgische Abteilung (Direktor: Prof. Dr.

med. M. H. Schoenberg), Rotkreuz-Kranken- haus, München

2Chirurgische Klinik I (Direktor: Prof. Dr. med.

Hans Günter Beger), Universität Ulm

(2)

gisch faßbare, chronische Pankreatitis assoziierte Neuritis mit Freisetzung der sensorischen Schmerzhormone SP (substance P) und CGRP (Calcitonin- gen assoziiertes Peptid) wesentlich zur Schmerzentstehung beitragen (6, 7).

Die konservative Therapie be- steht in Analgesie, Substitution von Pankreasenzymen und Alkoholabsti- nenz. Beobachtungen von Lankisch et al. jedoch zeigen, daß zunächst nur et- wa jeder dritte Patient mit alkoholisch induzierter Pankreatitis zur Abstinenz motiviert werden kann. Von diesen ab- stinenten Patienten werden 52 Prozent schmerzfrei gegenüber 37 Prozent de- rer, die weiterhin Alkohol tranken (12). Wahrscheinlich führt Alkoholab- stinenz nur bei jedem zweiten Patien- ten zu einer gewissen Schmerzlinde- rung. Diese Schmerzlinderung ergibt sich nicht sofort, sondern bedarf einer

geraumen Zeit von Alkoholabstinenz, was die Motivation der Betroffenen si- cherlich negativ beeinflußt.

Neben der Schmerzsymptomatik kommt es bei einem Teil der Patien- ten (20 bis 30 Prozent) mit chroni- scher Pankreatitis zu einer entzündli- chen Pankreaskopfvergrößerung, die nicht nur bei 91 Prozent der Patien- ten mit besonders starken Bauch- schmerzen einhergeht, sondern auch in 48 Prozent der Fälle zu einer Ein-

engung des Ductus choledochus, bei 25 Prozent zu einer Duodenumsteno- se, bei 75 Prozent zu einer Pankreas- hauptgangstenose im präpapillären Segment sowie bei 17 Prozent der Pa- tienten zu einer Stenose der Vena portae beziehungsweise Vena mesen- terica superior führt. Es sind über- wiegend junge Männer im Alter un- ter 40 Jahren betroffen. Ebenso fin- den sich bei Patienten mit ei-

ner chronischen Pankreatitis, die wesentlich im Pankreas- korpus und -schwanz lokali- siert ist, Komplikationen im Sinne von entzündlichen Tu- moren und Pseudozysten mit Lokalverdrängung anderer Organe in diesem Bereich, Pankreasgangstenosen und Veränderungen sowie Ver- schlüsse der arteriellen und venösen Blutgefäße. 22 Pro- zent der Patienten mit chro- nischer Pankreatitis verster- ben innerhalb von zehn Jah- ren, wobei durch Pankreatitis induzierte Komplikationen für 13 Prozent der Todes- ursachen verantwortlich sind (12). Ebenso kommt es im Laufe der Krankheit zur Zu-

nahme der Komorbidität, die sowohl mit der Erkrankung selbst als auch mit den Lebensgewohnheiten dieses Patientengkollektivs in Zusammen- hang steht. Diese sind pulmona- le Probleme, Herz-Kreislauf-Erkran- kungen sowie alkoholische Hepato- pathien, schwere Infektionen und vermehrt auftretende Malignome.

Indikation zur Operation

Die Indikation zur Operation ist zwingend gegeben, wenn neben den medikamentös schwer beherrschba- ren langfristigen Schmerzen Organ- komplikationen durch die chronische Pankreatitis entstanden sind. Diese sind Gangstenose, Duodenalstenose, Pfortadereinengung mit portalem Hypertonus, Pseudozystenbildun- gen, die interventionell nicht be- herrschbar sind, Pankreasnekrosen, pankreatogener Aszites und Ausbil- dung von Pankreasfisteln. Ebenso können Pankreasgangstenosen, die erfolglos interventionell durch Stent-

einlage behandelt wurden, bezie- hungsweise nicht geeignet für inter- ventionelle Behandlungen sind, eine chirurgische Indikation darstellen (3, 16). Bei etwa zehn Prozent der Pati- enten mit Pankreastumoren ergibt sich eine Operationsindikation auf- grund der unklaren Dignität der in den bildgebenden Verfahren sichtbar gewordenen Veränderungen. Ziele

der operativen Therapie sind: An- dauernde Schmerzfreiheit oder zu- mindest deutliche Verbesserung der Schmerzen, Verminderung oder Ver- hinderung von Pankreatitisschü- ben, Beseitigung von lokalen Kom- plikationen bei weitgehender Er- haltung der endokrinen und exokri- nen Funktion. Trotz Elimination des Entzündungsprozesses sollten dabei das Duodenum, die Gallenwege und der Magen, wenn möglich, erhalten bleiben.

Operationsverfahren bei chronischer Pankreatitis

In der operativen Therapie der chronischen Pankreatitis haben sich entsprechend der pathophysiologi- schen Vorstellungen drei chirurgische Verfahrensprinzipien durchgesetzt (Textkasten). Bei Patienten mit erwei- tertem Pankreashauptgang ist die Pankreasgangdrainage das Verfahren der Wahl. Bei segmentaler Pankreatitis mit Ausprägung eines entzündlichen Chirurgische Standards 1998

cGangdrainierende Verfahren (Gang > 8 mm)

– Partington-Rochelle – Pankreatikojejunostomie – Frey-Operation

cc Lokale Resektion – Duodenumerhaltende

Pankreaskopfresektion – Milzerhaltende Linksresektion cc Mehrorganresektion

– Pyloruserhaltende Pankreaskopfsresektion – Totale Pankreatektomie cc OP-Verfahren

von historischem Wert – Whipple-Operation – Subtotale Linksresektion

(Child-OP) – Puestow-Drainage – Denervierungs-OP

Tabelle 1

Chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis*1

n (%)

Gangdrainierende 102 14

OP/Pseudozystendrainage

Linksresektion 81 11

Pankreaskopfresektion

Whipple 11 1

PPPHR*2 58 8

DPPHR*3 448 60

*1 11/1972–4/1982, Chirurgische Klinik, FU Berlin; 5/1982–4/1997 Chirurgische Klinik I, Universität Ulm

*2 PPPHR = pyloruserhaltende Pankreaskopf- resektion

*3 DPPHR = duodenumerhaltende Pankreas- kopfresektion

(3)

Pankreaskopftumors haben sich die duodenumerhaltenden subtotalen Re- sektionen des Pankreaskopfes durch- gesetzt. Die segmentale Pankreatitis im Bereich des Corpus sollte heute mit einer milzerhaltenden Pankreaslinks- resektion chirurgisch saniert werden.

Nur noch bei wenigen Patienten ist eine große, mehrere Organe einbe- ziehende Resektion indiziert. Die to- tale Pankreatektomie hat einen stark eingeschränkten Indikationsbereich bei Patienten mit Oberbauchschmer- zen und sogenanntem ausgebrannten, das heißt exo- und endokrin insuffizi- enten Pankreas. Die Kausch-Whip- plesche Operation (partielle Duode- no-Pankreatektomie) ist eine primär onkologische Operation und stellt für die benignen Veränderungen bei chronischer Pankreatitis eine Über- therapie dar. Gleiche Ergebnisse las- sen sich durch weniger radikale, das heißt organsparende Resektionsver- fahren bei geringerer perioperativer Komplikation und Letalität erreichen (pyloruserhaltende partielle Duode- nopankreatektomie). Lediglich bei Pankreastumoren im Pankreaskopf beziehungsweise im Corpus-/Cauda- bereich unklarer Dignität kann in Einzelfällen der Chirurg gezwungen sein, im Zweifel die radikalere Opera- tion durchzuführen.

Die Verteilung der Operations- prinzipien im Patientenkollektiv der Chirurgischen Klinik, Universität Ulm, läßt erkennen, daß die am häu-

figsten angewandten Therapieprinzi- pien die duodenumerhaltende Pank- reaskopfresektion beziehungsweise die, wenn möglich, milzerhaltende Linksresektion und die organerhal- tende Gangdrainage darstellen (Ta- belle 1).

Drainierende Operationsverfahren

Bei Patienten mit chronischer Pankreatitis und starken Oberbauch- schmerzen, die einen deutlich erwei- terten Pankreashauptgang aufweisen,

besteht die Indikation zu einer gang- drainierenden Operation (2). Das Drainageverfahren nach Partington- Rochelle beinhaltet Längseröffnung des Pankreasganges vom präpapil- lären Segment im Pankreaskopf bis in den Pankreasschwanz. Auch der Gang des Ductus santorini zur Papille hin sollte längseröffnet werden. Die Drainage des eröffneten Ganges er- folgt über eine ausgeschlossene Jejun- umschlinge Seit-zu-Seit (Abbildung 1). Die Indikation für dieses Operati- onsverfahren ist nur bei einem erwei- terten Pankreasgang ohne Pankreas- kopftumor gegeben (14).

Diese Operationsverfahren füh- ren nur bei etwa 50 Prozent der Pa- tienten zu lang anhaltendem Erfolg, das heißt völliger Schmerzfreiheit.

In Tabelle 2 sind relevante Studien zum Erfolg der Pancreatikojejunosto- mie, zumeist in Partington-Rochelle- Technik, dargestellt. Trotz schwieri- gem Vergleich sind im ersten Jahr über die Hälfte der Patienten in der Tat schmerzfrei. Nach fünf bis sieben Jahren jedoch reduziert sich die Schmerzfreiheit auf 28 bis 42 Prozent.

Bei längerer Nachbeobachtung nimmt anscheinend die initial beob- achtete Schmerzfreiheit langsam ab (16). Entsprechend hoch sind die Reoperationsraten, die in unter- schiedlichen Studien bei 20 bis 50 Pro- zent liegen. Die Fehlerrate nach Pan- creatikojejunostomie erklärt sich möglicherweise aus der Anwendung einer gangdrainierenden Operation bei nicht ausreichend dilatiertem Hauptgang und der fehlenden De- kompression der Seitenäste. Bei Pati- enten mit erweitertem Pankreasgang- system, intraduktaler Hypertension sowie gleichzeitig bestehendem Pan- kreaskopftumor kann ein sogenann- tes erweitertes Drainageverfahren nach Frey durchgeführt werden (9).

Mit diesem erweiterten operati- ven Verfahren wird in Kombination mit einer longitudinalen Pancreati- kojejunostomie nach Partington- Rochelle eine limitierte lokale Pan- kreaskopfexzision durchgeführt (Ab- bildung 2). In einer prospektiv-rando- misierten Studie konnten Izbicki et al.

zeigen, daß das erweiterte Drainage- verfahren nach Frey in gleicher Weise zur dauerhaften Schmerzfreiheit und zur Beherrschung der mit der Pan- A-628 (52) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999

Tabelle 2

Postoperative Schmerzfreiheit nach Pankreatikojejunostomie

Autoren OP-Verfahren Mittlerer Patienten- Schmerz- Beobachtungs- anzahl freiheit

zeitraum (n) (%)

(Jahre)

Sato et al. Pankreatiko- > 6 Monate 43 91

1986 jejunostomie

Poctor et al. Pankreatiko- 11 Monate 22 50

1979 jejunostomie

Bradley III Pankreatiko- 5–6 46 28

1987 jejunostomie

Adams et al. Pankreatiko- 6 62 42

1994 jejunostomie

Prinz und Pankreatiko- 6–7 91 35

Greenlee 1981 jejunostomie

Abbildung 1: Darstellung des Drainageverfahrens nach Partington-Rochelle mit Längseröffnung des Pankreasganges vom präpapillären Segment bis in den Pankreasschwanz

(4)

kreatitis assoziierten Komplikation in benachbarte Organe wie Gallengang- und Duodenalstenosen führt. Die Nachbeobachtungszeit reichte von ei- nem halben bis vier Jahre. Die Auto- ren kamen zu dem Schluß, daß die Operation nach Frey bei geringer perioperativer Morbidität und ohne Letalität die Lebensqualität der Pati- enten nachhaltig verbessert (11).

Lokale Resektionsverfahren

Die duodenumerhaltende Pan- kreaskopfresektion ist indiziert bei chronischer Pankreatitis, starken Oberbauchschmerzen und einem vergrößerten Pankreaskopf. 40 bis 70 Prozent der Patienten haben zu- sätzlich zum entzündlichen Pank- reaskopftumor lokale Komplikatio- nen in diesem Bereich wie Choledo- chus-, Duodenum-, Pfortaderstenose mit lokalem Hypertonus, die die operative Therapie dringlich indizie- ren. Die Operation führt zu einer Entfernung von etwa 20 bis 30 Pro- zent des gesamten Pankreas und ver- meidet die Entfernung von Duode- num, der extrahepatischen Gallen- wege sowie eine Teilentfernung des Magens. Die duodenumerhaltende

Pankreaskopfresektion erfüllt somit die Kriterien einer organerhalten- den, auf lokale Exzision des ent- zündlichen Pankreaskopftumors be- schränkten Operation und bewirkt damit eine Minimalisierung der frühen postoperativen Morbidität (Abbildung 3a) (4). Bei Patienten mit intrapankreatischer Gal-

lenwegsstenose, die durch die subtotale Resektion des Pankreaskopfes nicht de- komprimiert werden kann, ist eine zusätzliche biliäre Anastomose erforderlich (Abbildung 3b, 3c).Diese in- nere Gallenwegsanastomose muß bei etwa 23 Prozent der Patienten durchgeführt wer- den und sollte mit einer Cholecystektomie kombi- niert werden. Bei Patienten mit multiplen Stenosen und Dilatationen im Pankreas-

hauptgang wird anstatt der End-zu- End-Anastomose des Pankreasgan- ges bis in den Caudabereich längs aufgeschnitten und eine Seit-zu-Seit- Anastomose mit dem linken Pan- kreas durchgeführt (Abbildung 3d).

Diese Variante erfolgte bei sieben Prozent aller Patienten. Durch diese Operationstechnik konnte auch bei

13 Prozent die Pfortader erfolgreich dekomprimiert werden. Ebenso hochgradige Stenosen des präpa- pillären Duodenums durch entzünd- liche Gewebsbänder, wie sie bei vier Prozent der Patienten zu klinisch re- levanten Beschwerden führten, kön- nen beseitigt werden (2).

Die frühe und späte postoperati- ve Morbidität ist nach duodenumer- haltender Pankreaskopfresektion er- freulich niedrig, da nur eine lokale Exzision des entzündlichen Pan- kreaskopftumors, aber keine weitere Organresektion erfolgt. Sechs Pro- zent der Patienten mußten infolge von Blutungen der Pankreasanasto- Abbildung 2: Darstellung des Drainageverfahrens nach Frey et al. (9)

Abbildung 3: a) Rekon- struktion nach organer- haltender lokaler Exzi- sion des Pankreaskopf- tumors (duodenumerhal- tende Pankreaskopfre- sektion); b) Subtotale Re- sektion des Pankreas- kopfes und Dekompres- sion der intrapankrea- tischen Gallenwegssteno- se; c) Rekonstruktion nach subtotaler Resektion des Pankreaskopfes und Dekompression der Gal- lenwegsstenose mit einer nach Y-Roux hochgezoge- nen Schlinge (Roux-Ope- ration); d) Kombination der duodenumerhalten- den Pankreaskopfresek- tion mit einer Seit-zu- Seit-Anastomose mit dem linken Pankreas bei mul- tiplen Stenosen und Di- latation des Pankreas- hauptganges.

a b

c d

(5)

mose, Anastomoseninsuffizienz oder intraabdominellen Abszessen reope- riert werden. Eine lokale Ischämie des Duodenums wurde nur bei zwei Patienten beobachtet und konnte problemlos übernäht werden (5). Die postoperative Krankenhausliegezeit betrug im Median 14,5 Tage, vier von 448 Patienten verstarben frühpost- operativ (0,9 Prozent), ein Patient verstarb am zehnten postoperativen Tag an einer fulminanten Lungen- embolie, die übrigen drei Patienten verstarben im Multiorganversagen bei Sepsis im Rahmen einer schwe- ren frühpostoperativen Anastomo- seninsuffizienz und Peritonitis. Nach- untersuchungen von Patienten nach duodenumerhaltender Pankreasre- sektion nach median 2, 3,6 und 6 Jah- ren ergaben Schmerzfreiheit bei 75 bis 82 Prozent aller Patienten sowie eine signifikante Verminderung der Schmerzen bei sieben bis elf Prozent der Patienten. Sieben Prozent der Patienten benötigten weiterhin eine analgetische Medikation bei deutlich niedrigerem Schmerzniveau. Die Spätletalität nach duodenumerhal- tender Pankreaskopfresektion war vier Prozent, 4,7 beziehungsweise 8,9 Prozent, abhängig vom jeweili- gen Nachbeobachtungszeitraum. Nur acht bis elf Prozent aller Patienten mußten wegen erneuter Pankreatitis- schübe im Krankenhaus behandelt werden (Tabelle 3). Die Befürchtung, daß durch die Pankreaskopfresekti- on die endokrine Funktion des Or- gans wesentlich beeinträchtigt wird, ist für die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion nicht rele- vant. Frühe und späte postoperative Untersuchungen der Patienten zei- gen, daß der Glukosestoffwechsel bei etwa 90 Prozent der Patienten im Vergleich zu präoperativ unverän- dert war. 5,9 Prozent zeigten sogar ei- ne Verbesserung der endokrinen Funktion. Das heißt, sie benötigten keine Medikation oder konnten die Insulindosis reduzieren. Eine Ver- schlechterung war nur bei zwei Pro- zent der Patienten zu beobachten (12, 13, 14).

Trotz Resektion des entzündli- chen Pankreaskopftumors kann bei der duodenumerhaltenden Pankreas- kopfresektion die endokrine Funktion der Bauchspeicheldrüse unter Scho-

nung der Nachbarorgane erhalten wer- den. Der Großteil der Patienten ist auch langfristig schmerzfrei oder leidet unter signifikant weniger Schmerzen.

Die Pankreaslinksresektion

Bei Patienten mit segmentaler chronischer Pankreatitis, die im Pan- kreaskorpus- und -schwanz lokalisiert ist, sollte heute eine Pankreaslinksre- sektion durchgeführt werden. Subtota- le Linksresektionen (Operationen nach Child) sind wegen der hohen frühen wie späten postoperativen Komplikationsrate (schwer beherrsch- barer Diabetes mellitus) verlassen

worden. Bei einem Teil dieser Patien- ten gelingt die Milzerhaltung und bie- tet den Vorteil, daß nur das hinter der Stenose liegende und chronisch ge- schädigte Pankreasparenchym ent- fernt werden muß, wobei die Arteria und Vena lienalis erhalten werden können. In einer prospektiven Studie konnte bei etwa einem Drittel der Pati- enten die Milzerhaltung erreicht wer- den (33,7 Prozent). Die frühen post- operativen Komplikationen waren im wesentlichen durch die erhebliche Ko- morbidität der Patienten bestimmt.

Kein Patient verstarb früh postopera- tiv. Spät postoperativ starben inner- halb der Nachbeobachtungszeit im

Median von fünf Jahren 14,7 Prozent, wobei die Todesursache in keinem Fall im Zusammenhang mit der Operation zu sehen war. Bei 88 Prozent der nachuntersuchten Patienten hatten sich die Schmerzintensität und -fre- quenz deutlich gebessert. 51,7 Prozent hatten einen normalen Glukosestoff- wechsel. 20,7 beziehungsweise 27,6 Prozent litten an einem latenten oder manifesten Diabetes. Im Vergleich zu den präoperativen Daten hatte sich bei 25,5 Prozent der Patienten die endo- krine Situation verschlechtert. Bei 74,5 Prozent entsprach die endokrine Funktion den präoperativen Werten.

Im Vergleich zu resektiven Ope- rationen im Pankreaskopfbereich

kommt es bei längerer Nachbeob- achtungszeit bei einem größeren Teil der Patienten zu einer Verschlechte- rung der endokrinen Funktion, da der wesentliche Anteil des Inselap- parates im resezierten Pankreaskor- pus lokalisiert ist. Dennoch bietet die Pankreaslinksresektion gegebe- nenfalls unter Milzerhaltung die Möglichkeit, nur die entzündlichen Segmente des Pankreascorpus und -schwanzes organsparend zu entfer- nen und für einen Großteil der Pati- enten eine lang anhaltende Verbes- serung der Schmerzen und Vermin- derung der Pankreatitisschübe zu er- reichen (15).

A-630 (54) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999 Tabelle 3

Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion bei chronischer Pankreatitis: Spätergebnisse

Beger et al. 1985 (2) Beger et al. 1989 (3) Beger et al. 1997 (5) Nachbeobachtung Nachbeobachtung: Nachbeobachtung:

2 Jahre (median) 3,6 Jahre (median) 6 Jahre (median) 56 Patienten (%) 128 Patienten (%) 258 Patienten (%) – keine/selten

Bauch-

schmerzen 92,8 84 88

– weiterhin

Schmerzen 7,1 11 12

– berufstätig 85,7 67 63

– weitere Pankreatitis- schübe mit Krankenhaus-

behandlung – 11 10

– Spätletalität 3,6 4,7 8,9

(6)

Mehrorganresektionen

Bei Patienten mit entzündlichem Pankreaskopftumor, insbesondere wenn der Verdacht auf ein Malignom besteht, ist die Indikation zu einer py- loruserhaltenden Pankreaskopfresek- tion gegeben. Die pyloruser-

haltende Pankreaskopfresek- tion bewirkt die Erhaltung des Magens und des postpylori- schen Duodenumsegments von einigen Zentimetern (17).

Duodenum, Jejunum und Pankreaskopf sowie intra- pankreatische Gallengänge sind in das Resektat einbezo- gen (Abbildung 4). Die py- loruserhaltende Pankreas- kopfresektion bietet signifi- kante Vorteile im Vergleich zur klassischen Kausch-Whip- ple-Operation, da die Patien- ten relativ rasch wieder an Gewicht zunehmen und eine

besserte Glukosehomöostase aufwei- sen. Dennoch zeigte sich in einer pro- spektiv-randomisierten Studie, daß Patienten nach pyloruserhaltender Pankreaskopfresektion im Vergleich zur duodenumerhaltenden Pankreas- kopfresektion mehr Schmerzen hat- ten, weniger an Gewicht zugenommen hatten und eine schlechtere endokrine Funktion aufwiesen (8).

Bei unklarer Dignität des Pan- kreas jedoch ist die pyloruserhaltende partielle Duodeno-Pankreatektomie der klassischen Kausch-Whipple-Ope- ration vorzuziehen, da sie schneller, komplikationsärmer und mit weniger Blutverlust durchgeführt werden kann.

Totale Pankreatektomie

Die totale Pankreatektomie bei chronischer Pankreatitis beinhaltet die Entfernung der gesamten Bauch- speicheldrüse, des Duodenum, Jeju- num und der Milz. Eine Indikation zur totalen Pankreatektomie ist nur gegeben bei Patienten mit stärksten Schmerzen nach erfolgloser Pan- kreasgangdrainageoperation sowie ausgeprägtester endo- und exokriner Insuffizienz (13). Die totale Pankreat- ektomie wird daher bei weniger als drei Prozent aller Patienten mit chronischer Pankreatitis angewandt.

Die totale Pankreatektomie ist auch heute noch mit einer Krankenhaus- letalität zwischen 10 und 20 Prozent und mit einer hohen späten postope- rativen Letalitätsrate sowie mit dem sehr schwierig einzustellenden Diabe- tes belastet.

Andere Operationsverfahren in der Therapie der chronischen Pan- kreatitis wie die klassische partielle Duodeno-Pankreatektomie (Kausch- Whipple-Operation) und die totale Pankreaslinksresektion mit partiel- ler Gangdrainage (DuVal-Operati- on) sind heute lediglich von histori- schem Wert, auf sie kann in diesem Rahmen nicht weiter eingegangen werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-625–631 [Heft 10]

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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. M. H. Schoenberg Chefarzt der

Chirurgischen Abteilung Rotkreuz-Krankenhaus Nymphenburger Straße 163 80634 München

Abbildung 4: Darstellung der pyloruserhaltenden partiellen Duo- deno-Pankreatektomie unter Erhaltung des Magens und eines kurzen postpylorischen Duodenumsegmentes (16).

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