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Archiv "Chirurgische Gesichtspunkte bei der Therapie der chronischen Pankreatitis" (05.08.1976)

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Chronische Pankreatiti

Die Bedeutung des Alkohols erAtiologie und Prognose

Die chronische Pankreatitis wird immer häufiger eine Indikation zur chirurgischen Intervention (Abbil- dung 1). Die Ursachen für diese Zunahme sehen wir in einer Ver- besserung der diagnostischen Möglichkeiten und im steigenden Konsum alkoholischer Getränke. In der Bundesrepublik Deutschland soll es heute über zwei Millionen chronische Alkoholiker geben. In einer kürzlich erschienenen Über- sicht über die chronische Pankrea- titis (6)*) gaben 71 Prozent der Pa- tienten einen täglichen Alkohol- konsum von mehr als 80 Gramm zu, 43 Prozent tranken sogar mehr als 160 Gramm pro Tag.

Alkohol ist in mindestens Zweidrit- tel der Fälle für die chronische Pankreatitis verantwortlich, ohne daß bisher der Mechanismus der Schädigung geklärt werden konnte.

Diskutiert werden eine direkte toxi- sche Wirkung auf das Pankreas- parenchym und eine Erhöhung der Pankreassekretion bei gleichzeiti- ger Sekretstauung infolge eines Spasmus des Sphincter Oddi oder eines duodenitischen Ödems an

der Papilla Vateri. Im Gegensatz zur akuten Pankreatitis spielen Gallenwegserkrankungen (Chole- dochussteine, Papillenstenose) bei der chronischen Pankreatitis ätio- logisch eine untergeordnete Rolle (Tabelle 1). Stumpfe Bauchtraumen sollte man vor allem bei Kindern in die differentialdiagnostischen Er- wägungen mit einbeziehen. Bei Un- fällen mit Roller oder Fahrrad kann die Lenkstange mit großer Vehe- menz den Oberbauch treffen und eine Verletzung der Bauchspei- cheldrüse verursachen.

Der Zusammenhang zwischen Hy- perparathyreoidismus und Pan- kreatitis, von Cope und Mitarbei- tern erstmals beschrieben (2), ist wahrscheinlich auf die Hyperkalz- ämie zurückzuführen. Es wird aber auch diskutiert, daß die Pankreati- tis als primäre Erkrankung über eine vermehrte Glukagonausschüt- tung zunächst die Thyreokalzito- ninbildung stimuliert und die Über- funktion der Nebenschilddrüse als eine Adaptation an die kalzitonin- bedingte Hypokalzämie aufzufas- sen ist (4).

Die Symptomatik der chronischen Pankreatitis wird vor allem von re- zidivierenden, starken, oft uner- träglichen Oberbauchschmerzen bestimmt, die einen hohen Analge- tikaverbrauch bis zur Morphinsucht auslösen können.

Der fortschreitende Untergang des Pankreasparenchyms mit narbiger Umwandlung verursacht eine exo- krine lnsuffizienz mit entsprechen- den Beschwerden (Erbrechen, Me- teorismus, Diarrhöe, Steatorrhöe).

Wegen der Malabsorption und der verminderten Nahrungsaufnahme aus Furcht vor postprandialen Schmerzen resultiert ein erhebli- cher Gewichtsverlust. Im eigenen Krankengut waren fast Zweidrittel der Patienten untergewichtig. Auch die Inselzellen werden sekundär in Mitleidenschaft gezogen, von 307 Patienten mit einer chronischen Pankreatitis hatten 62 (20,2 Pro- zent) einen manifesten Diabetes mellitus. Auf den Zusammenhang zwischen Pankreatitis und Flüssig- keitsansammlungen in Bauchhöhle und Pleuraraum soll besonders hingewiesen werden. Aszites und Pleuraerguß sind zwar bei akuter Pankreatitis häufiger, sie können jedoch auch Begleitsymptome ei- ner chronischen Entzündung sein.

In unklaren Fällen sollte daher die Amylase im Punktat gemessen werden (3).

*) Die in Klammern gesetzten Zahlen be- ziehen sich auf das Literaturverzeichnis der Sonderdrucke, die vom Autor bezo- gen werden können.

Chirurgische Gesichtspunkte bei der Therapie

der chronischen Pankreatitis

Konrad Schwemmte

Aus der Chirurgischen Universitätsklinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg

(Direktor Professor Dr. Gerd Hegemann)

Für die operative Therapie der chronischen Pankreatitis gibt es heute klare Indikationen: Starke, medikamentös kaum beeinflußba- re Schmerzen und Komplikationen, wie Pseudozystenbildung, Milz- venenthrombose, Duodenal- und Kolonstenosen. Auch beim gering- sten Verdacht auf ein Pankreaskarzinom muß chirurgisch eingegrif- fen werden. Von den verschiedenen Operationsmethoden ergeben Resektionen die besten Resultate.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 32 vom 5. August 1976 2065

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Chronische Pankreatitis

ln der Pankreasdiagnostik sind Un- tersuchungen, die die Funktion der Bauchspeicheldrüse prüfen (Sekre- tionsanalyse, Sekretin-Pankreozy- mintest, Stuhluntersuchungen) für den Chirurgen weniger wichtig, da sie die Entscheidung für und wi- der einen operativen Eingriff nicht

Tabelle 1: Ursachen der chro- nischen Pankreatitis

Alkohol in über Zweidrittel der Fälle

Gallenwegserkrankungen Mangelernährung (Eiweiß- mangel)

Infektionskrankheiten (zum Beispiel Mumps)

Medikamente (Giukokortikoi- de)

Neurovaskuläre Störungen Stumpfes Bauchtrauma Begleitentzündung (penetrie- rendes Ulcus duodeni) Hyperparathyreoidismus Vererbte Veranlagung mit familiärer Häufung

Tabelle 2: Indikation zur chirurgischen Therapie der chronischen

Pankreatitis

rezidivierende starke Schmerzen

Stauungsikterus Duodenalstenose Dickdarmstenose Pseudozystenbildung portale oder

lienale Hypertension pankreogener Aszites pankreogener Pleuraerguß Malignomverdacht

beeinflussen. Wichtiger für den Operateur sind diagnostische Maß- nahmen, welche direkte Rück- schlüsse auf den morphologischen Zustand des Pankreas erlauben.

Dazu gehört auch die Röntgen- übersichtsaufnahme des Abdo- mens, besser noch die Zielaufnah-

Tabelle 3: Verteilung von 176 Voroperationen bei 134 Patienten

77 Eingriffe an den Gallenwe- gen

35 Pankreasoperationen 44 Magenoperationen 14 explorative Laparotomien drei Splanchnikusresektionen drei andere Oberbauchein- griffe

r---·· . . ··-·- - . -

Tabelle 4: 330 Eingriffe wegen chronischer

Pankreatitis (1965 bis 1975)

181 Resektionen

18 Duodenopankreat- ektomien

21 Duodenumpankreas- resektionen

93 Linksresektionen 49 Linksresektionen mit Pankreojejuno- stomie

57 Gallenwegsoperationen 19 Cholezystektomien 23 transduodenale

Papillotomien 15 biliodigestive Anastomosen 49 Drainierende Operatio-

nen

40 Zystojejunostomien 2 Pankreatiko-

jejunostomien 7 Drainagen

nach außen 30 explorative Lap.

13 andere Operationen

me der Pankreasloge. Verkalkun- gen in Projektion auf die Pankreas- gegend beweisen bereits eine kal- zifizierende chronische Pankreati- tis. Pankreasszintigraphie, selekti- ve Angiographie, Splenoportogra- phie, Magen-Darm-Passage und hypotones Duodenagramm haben sich als wenig aussagekräftig er- wiesen. Ein diagnostischer Fort- schritt konnte jedoch durch die zweidimensionale Ultrasonogra- phie und die endoskopisch-retro- grade Cholangiopankreatikogra- phie (ERCP) erzielt werden. Mit der Ultraschalluntersuchung lassen sich die Umrisse des Organs und Strukturveränderungen, besonders gut aber flüssigkeitsgefüllte Hohl- räume erkennen. Die Domäne des Ultraschallschnittbildes liegt daher in der Diagnose von Pseudozysten.

Die ERCP gehört an einigen gastro- enterologischen Zentren bereits zu den Routineuntersuchungen. Es wird über den lnstrumentierkanal eines Fiberglasendeskops ein dün- ner Katheter in die Vatersehe Pa- pille eingeführt und Kontrastmittel in den Pankreasgang injiziert. Auf den Röntgenaufnahmen sieht man bei einer gesunden Bauchspeichel- drüse einen glatt begrenzten Duc- tus Wirsungianus, der sich nur ganz allmählich zum Schwanz hin verjüngt. Bei chronischer Pankrea- titis lassen sich multiple pathologi- sche Veränderungen wie unregel- mäßige Konturen, Erweiterungen und Stenosen des Ganges erken- nen.

Man kann den Pankreasgang auch intraoperativ röntgenologisch dar- stellen. Dafür bieten sich drei Mög- lichkeiten an:

..,.. die direkte Punktion des Ductus pancreaticus,

..,.. die Kanülierung der Papilla Va- teri über eine Duodenatornie und ..,.. die orthograde Auffüllung nach Resektion des Pankreasschwan- zes.

Die Punktion des Ductus Wirsun- gianus gelingt jedoch nur, wenn er

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20-

0

1965 60-

4 0-

67 69 71 73 75 JAHR

30- 20- 10- 0 Anzahl

80- 70- 60- 50- 40-

Abbildung 2:

Endosko- pische Pankreas- darstellung und Opera- tions- frequenz

1975 erweitert ist und wenn er kapsel-

nah liegt. Im Gegensatz zur endo- skopischen Untersuchung, bei der das Duodenum mit Luft aufgebla- sen wird, ist die intraoperative Identifizierung der Pankreasgang- mündung im Gewirr der Schleim- hautfalten schwierig. Fast immer ist man genötigt, auch den Chole- dochus zu eröffnen, eine Sonde einzuführen und damit die Chole- dochusmündung zu lokalisieren.

Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man auf diese zeitraubenden und manchmal mühsamen intra- operativen Manipulationen verzich- ten kann, wenn vor der Operation eine ERCP durchgeführt wurde, wie dies in Zweidrittel unserer Fäl- le geschah. Der Wert der endo- skopischen Gangdarstellung wird durch gleichsinnigen Anstieg der Pankreasoperationen an unserer Klinik dokumentiert (Abbildung 2).

Gelegentlich tritt nach der ERCP eine akute Pankreatitis oder bei chronischer Pankreatitis ein akuter Schub auf, vor allem wenn Pseudo- zysten vorhanden sind. Wir stehen daher auf dem Standpunkt, daß diese Untersuchung nur durchge- führt werden sollte, wenn ein in der Pankreaschirurgie erfahrener Chir- urg bereitsteht. Die Gefahren der ERCP sind gering, wenn man eini- ge Regeln beachtet:

il

Jeder endoskopischen Pankre- asgangdarstellung geht eine Ultra- schalluntersuchung voraus.

O Wird sonographisch eine Pseu- dozyste nachgewiesen, erfolgt die ERCP erst unmittelbar vor der Operation.

• Wenn sich Pseudozysten mit Kontrastmittel füllen, die sonogra- phisch nicht erkannt worden sind, schließt sich die Operation unmit- telbar an die ERCP an.

O Weisen Fieber, Schmerzen und Amylasämie nach der ERCP auf eine akute Pankreatitis hin, wird der Patient operiert, wenn die Be- schwerden nicht innerhalb von 24 bis höchstens 48 Stunden abklin- gen.

Indikation zur Operation

Wie bei der akuten Pankreatitis, ist auch die Behandlung der chroni- schen Entzündung zunächst Aufga- be des Internisten. Da es eine me- dikamentöse Beeinflussung der Krankheitsursache jedoch nicht gibt, muß sich die konservative Therapie auf die Beseitigung der auslösenden Ursache (Alkoholent- zug!) und auf die Substitution der exokrinen und/oder endokrinen In- suffizienz beschränken. Für die

Operation gibt es drei Indikationen (Tabelle 2):

O Starke rezidivierende Schmer- zen,

O Komplikationen der chroni- schen Pankreatitis und

O Verdacht auf eine bösartige Er- krankung.

Ein Stauungsikterus kann auftre- ten, wenn durch eine Entzündung im Pankreaskopf der Choledochus

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 32 vom 5. August 1976 2067

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Abbildung 3: Unregelmäßige Strukturen des Ductus pancreaticus mit Pseu- dozystenbildung und Iangstreckiger, fadenförmiger Choledochusstenose Chronische Pankreatitis

komprimiert wird (Abbildung 3).

Pseudozysten erreichen manchmal einen beträchtlichen Durchmesser und können dann mehrere Liter Flüssigkeit enthalten. Ein Hoch- druck im portalen Kreislauf, wie wir ihn bei zehn Prozent unserer Fälle feststellten, wird meist durch eine Milzvenenthrombose oder durch eine Kompression der Pfort- ader durch den entzündlichen Tumor verursacht. Intraoperativ fin- den wir bei diesen Patienten vari- kös erweiterte Venen vor allem im Ligamentum gastrolienale und im Ligamentum gastrocolicum.

Manchmal kann der Operateur nicht unterscheiden, ob es sich bei dem Pankreastumor um eine Ent- zündung oder um einen malignen

Prozeß handelt. Die Palpation ist für die Differenzierung völlig unge- eignet. Auch die Gewebsentnahme durch Keilexzision oder Nadelbiop- sie mit anschließender histologi- scher Schnellschnittuntersuchung führt in die Irre, wenn ein zentral gelegenes noch kleines Karzinom

nicht getroffen wird. In Zweifelsfäl- len halten wir die Resektion für in- diziert.

Bei den Patienten, die wegen einer chronischen Pankreatitis überwie- sen werden, sind in vielen Fällen Voroperationen vorausgegangen.

Im eigenen Krankengut sind es 176 Eingriffe bei 134 Patienten. In 30 Fällen wurde zweimal und in 6 Fäl- len sogar dreimal voroperiert. Ein- griffe an den Gallenwegen waren am häufigsten (Tabelle 3). Unter den Voroperationen an der Bauch- speicheldrüse hatten Drainagen von Pseudozysten den größten An- teil.

Operationsmethoden

Die Eingriffe bei chronischer Pan- kreatitis kann man einteilen in O Operationen an den Gallenwe- gen

O Resektion des Ganglion coelia- cum und anderer Eingriffe am ve- getativen Nervensystem

• Drainierende Operationen

• Resektionen

Ohne gleichzeitige Sanierung der Bauchspeicheldrüse sind Eingriffe an den Gallenwegen (Cholezystek- tomie, Choledochusrevision, Papil- lotomie) wenig sinnvoll. Man sollte sie auf die (bei chronischer Pan- kreatitis eher seltenen) Fälle be- schränken, bei denen eine biliäre Genese der Pankreatitis angenom- men werden muß. Allerdings ist man manchmal zu einer palliativen biliodigestiven Anastomose ge- zwungen, wenn eine entzündliche Stenose des Choledochus zu ei- nem Stauungsikterus geführt hat, eine Resektion sich jedoch aus technischen Gründen verbietet.

Operationen am vegetativen Ner- vensystem sind weitgehend wieder verlassen worden, da sie nur vor- übergehend zur Schmerzlinderung führen.

Drainierende Eingriffe haben ihre Domäne bei der Ableitung von gro- ßen Pseudozysten, wobei die Drai- nage durch die Bauchdecken nach außen vermieden werden sollte.

Vorzuziehen sind innere Drainagen in eine y-förmig ausgeschaltete obere Jejunumschlinge (Rouxsche Anastomose). Kleine Pseudozysten werden zusammen mit dem er- krankten Abschnitt der Bauchspei- cheldrüse reseziert (103 eigene Fälle, Abbildung 4).

Drainageoperationen mit dem Duc- tus Wirsungianus werden in ver- schiedenen Modifikationen ausge- führt.

O Schwanzresektion und End-zu- End-Anastomose mit dem Dünn- darm,

• Längsspaltung eines erweiter- ten Ductus Wirsungianus und lang- streckige Seit-zu-Seit-Anastomose und

• Die Kombination dieser beiden Methoden: Schwanzresektion und Längsspaltung des Ganges mit in- vaginierender Dünndarmanastomo- se.

(5)

1970 1971 1972 1973 1974 1975

Abbildung 4: Therapie bei 150 Pankreaspseudozysten

Tabelle 5: Sterblichkeit bei 330 Pankreasoperationen

Duodenopankreatektomien Whipple-Operationen Linksresektionen

Drainierende Operationen Gallenwegseingriffe Laparotomien

und andere Operationen

18 4 22,2

21 2 9,5

142 3 2,1

49 5 10,2

57 3 5,2

43 3 7,0

330 20 6,1

GALLENWEGS-OP

ANDERE

RESEKTIONEN

Unter den resezierenden Opera- tionsverfahren wird die Linksresek- tion am häufigsten angewendet.

Das Ausmaß der Resektion ist von dem intraoperativen Befund und dem Ergebnis der ERCP abhängig.

Die Schwanzresektion genügt nur, wenn sich die Entzündung auf den Schwanzteil beschränkt. Häufiger müssen wir jedoch feststellen, daß sie das Pankreas in wesentlich größerer Ausdehnung erfaßt hat. In diesen Fällen werden Schwanz, Körper und Teile des Kopfes ent- fernt (subtotale Resektion), wobei die Resektionslinie rechts von der Pfortader liegt. Unter unseren ins- gesamt 142 Linksresektionen (Ta- belle 4) haben wir in 75 Fällen sub- total reseziert.

Mit diesem Vorgehen werden krankhafte Veränderungen im Pan- kreaskopf (Abbildung 3) unvollstän- dig erfaßt. Sie können nur durch eine Kopfresektion (Whipplesche Operation) beseitigt werden. Bei einem Eingriff werden außer Pan- kreaskopf und Duodenum auch die unteren Magenanteile und die Gal- lenblase entfernt. Bei bisher 18 Pa- tienten haben wir uns zur vollstän- digen Wegnahme der Bauchspei- cheldrüse entschlossen, da sie glo- bal erkrankt war.

Von den 307 Patienten, die wir we- gen einer chronischen Pankreatitis operiert haben, verstarben 20 (6,5 Prozent). Bezieht man die Todes- fälle auf die verschiedenen Opera- tionen (Tabelle 5), so war die Leta- lität bei den Duodenopankreatekto- mien mit 22,2 Prozent am höchsten, bei den Linksresektionen mit 2,1 Prozent am niedrigsten. Häufigste Todesursache war der hämorrhagi- sche Schock (fünf Patienten) infol- ge diffuser Nachblutung aus dem Operationsgebiet und die respira- torische Insuffizienz (sechs Patien- ten).

Um uns über den subjektiven und objektiven Erfolg der Operationen zu unterrichten, wurden 84 Patien- ten in der Medizinischen Universi- tätsklinik Erlangen mindestens ein Jahr nach der Operation nachun-

tersucht (5). Die Hälfte dieser Kran- ken nahmen an Gewicht zu, nur 12 Prozent beklagten eine weitere Ge- wichtsabnahme. Beschwerdefrei- heit oder zumindest eine wesentli- che Besserung der Krankheits- symptome gaben 77 Prozent (66 Patienten) an. Bei fünf Patienten hatte sich der Zustand verschlech- tert.

Nach resezierenden Operationen lag die subjektive Erfolgsquote mit 82 Prozent höher als nach nichtresezierenden Eingriffen (69 Prozent). Pankreatitisrezidive tra- ten nach Resektion in 18 Prozent und nach anderen Operationen in 30,6 Prozent auf. Zwei Patienten waren infolge eines Pankreatitisre- zidivs verstorben.

Nur die Hälfte dieser Patienten- gruppe verzichtete auf weiteren Al- koholgenuß. Nach White und Keith (Abbildung 6) beeinflußt aber die Alkoholabstinenz ganz wesentlich das Ergebnis von Pankreasopera- tionen. In einem Fünftel der Fälle mußte ein nach der Operation auf- getretener Diabetes mellitus mit In- sulin eingestellt werden.

Drainierende oder resezierende Operationen bei der chirurgischen Therapie der chronischen

Pankreatitis?

Drainierende Eingriffe wenden wir nur noch bei großen Pankreas- pseudozysten und als Zusatzein- griff bei Linksresektionen an, wenn an der Papille eine Stenose be- steht, die entweder durch eine ERCP oder durch intraoperative Sondierung nachgewiesen ist. In al- len anderen Fällen ziehen wir jetzt eine Pankreasresektion vor (Abbil- dung 5).

Die drainierenden Operationsver- fahren werden unter der Vorstel- lung durchgeführt, daß ein Sekret- stau im Ductus Wirsungianus infol- ge isolierter oder multipler Steno- sen mit einer konsekutiven Erwei- terung des Gangsystems die Pan- kreatitis unterhält. Die Dünndarm- anastomose soll das Hindernis um- gehen und einen umgekehrten Fluß des Pankreassekretes ermögli- chen. Die Erweiterung des Pankre- asganges entsteht vermutlich je- doch nicht wegen eines Abflußhin- dernisses, sondern sie ist Folge ei-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 32 vom 5. August 1976 2069

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Chirurg. Univ. Klinik Erlangen

103 Resektionen

40 innere Drainagen (meist Y- Schlinge)

7 Drainagen

nach außen

Abbildung 5: Prozentuale Verteilung der Pankreasoperationen

lt

• • 1,» •■■••■ NICHTALKOHOLIKER • • • • ■■ • ••• ■•••■■ • ••■ •■■ •■ •

ALKOHOLIKER

10 Jahre

1

1. Überlebende 100

80-

60-

40.

20.

0

Abbildung 6:

Überlebens- zeit von Patienten nach Operationen wegen chronischer Pankreatitis mit und ohne Alkohol (nach White und Keith [8]) Chronische Pankreatitis

ner fibrösen narbigen Umwandlung der Bauchspeicheldrüse mit fort- schreitendem Parenchymuntergang (1). Dieser Prozeß neigt zur Progre- dienz und läuft auch dann autonom weiter, wenn die Sekretstauung be- seitigt ist. Dafür spricht auch die

Tatsache, daß in 13 von 31 Fällen unseres eigenen Krankengutes bei einer späteren Kontroll-ERCP eine Zunahme der Gangdestruktionen im verbliebenen Restpankreas fest- gestellt wurde. Zudem muß der Er- folg einer Drainageoperation zwei-

felhaft sein, wenn Stenosen und Steinverschlüsse nicht nur den Hauptgang der Drüse einengen, sondern wenn auch Seitenäste er- ster und zweiter Ordnung ver- schlossen sind. In diesen Fällen wird zwar der Abfluß aus dem Duc- tus pancreaticus selbst verbessert, nicht aber aus den Seitenästen.

Schließlich kann eine pankreatitis- bedingte Hypertension nur mit ei- ner Resektion beseitigt werden. Ob sich auf dem Boden einer chroni- schen Pankreatitis ein Karzinom entwickeln kann, wissen wir noch nicht. In vielen Fällen ist jedoch das Pankreaskarzinom mit einer Pankreatitis kombiniert. Bei ei- nem unserer Patienten fand der Pathologe im Resektionspräparat zufällig ein kleines Karzinom, Es ist also durchaus denkbar, daß Resek- tionen eine Prophylaxe im Hinblick auf eine spätere Karzinomentwick- lung bedeuten.

Zusammengefaßt ergeben sich fol- gende Argumente gegen aus- schließlich drainierende Operatio- nen bei der chirurgischen Therapie der chronischen Pankreatitis:

O Entzündungsherd wird belas- sen.

O Sekretstauungen werden nur im Hauptgang beseitigt, Stenosen und Steinverschlüsse der Seitengänge jedoch nicht beeinflußt.

• Eine Druckerhöhung im Pfort- aderkreislauf bleibt bestehen.

O Nach Resektionen sind Pan- kreatitisrezidive weniger häufig.

O Unter den Voroperationen an der Bauchspeicheldrüse war in un- serem eigenen Krankengut der An- teil der Drainageoperationen be- sonders hoch. Die Patienten müs- sen also häufiger nachoperiert werden.

O Die (bisher nicht schlüssig be- wiesene) Möglichkeit einer mali- gnen Degeneration auf dem Boden der chronischen Entzündung bleibt bestehen.

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Keine zentralen Stimulantien

bei Hirngefäßsklerose

Stimulantien verbessern bei zere- brovaskulärer Insuffizienz die Si- tuation nicht, sondern verschlech- tern sie. (Bohnenkaffee wirkt, wie Theophyllin, nicht als zentrales Sti- mulans im engeren Sinn.) Stimu- lantien vom Amphetamintyp ver- bessern weder die Substrat- bezie- hungsweise Sauerstoffzufuhr, noch erhöhen sie die Hypoxidosetole- ranz der Neuronen (Professor Dr.

C.-J. Estler, Pharmakologisches In- stitut der Universität Erlangen). Die Stimulation verstärkt vielmehr den Stoffwechsel im Neuron. Die Zellen beanspruchen deshalb eine Mehrdurchblutung, die die arteriolo- sklerotische Gefäßveränderung im ZNS gar nicht mehr zuläßt. Sti- mulantien beschleunigen bei zere- brovaskulärer Insuffizienz unter Umständen den Weg der Neuronen in den irreversiblen Defekt. WP

(4. Fortbildungstagung „Neurologie und Psychiatrie" für niedergelassene Ärzte, April 1976, Erlangen)

Magnetimplantationen in die Augenlider

bei Fazialisparese

Bei einer Lähmung des Gesichts- nerven (Facialis) stört besonders die Unmöglichkeit, das Auge zu schließen. Es kommt deshalb leicht zu Verletzungen und Austrocknung des betroffenen Auges mit der Ge- fahr, die Sehkraft zu verlieren. Um die Augenlider wieder schließen zu können, sind verschiedene Opera- tionsmethoden entwickelt wor- den. Die neueste Methode ist das Einsetzen von sehr feinen, den Lid- rändern nachgeformten Magne- ten, die durch ihre Anziehungskraft das gelähmte Auge schließen kön- nen. Da die Öffnung des Auges von anderen Muskeln und Nerven be- wirkt wird, ist eine völlig normale Funktion des Auges wieder mög- lich. Die 1973 erstmals von Mühl- bauer vorgestellten Magneten be- stehen aus einer Edelmetall-Legie-

rung mit 77 Prozent Platingehalt.

Die Operationsmethode des Einset- zens der Magneten in die Lider ist heute weitgehend vereinfacht: In das Augenlid schiebt man eine dik- ke Kunststoffkanüle, durch welche der Magnet eingeführt wird. Bei richtiger Lage des Magneten kann die Kanüle wieder entfernt werden.

Dadurch ist kein größerer Ein- schnitt in die sehr dünne und emp- findliche Haut der Augenlider nö- tig. Auch die Gefahr, daß der Ma- gnet durch Entzündungen wieder abgestoßen wird, ist durch dieses Vorgehen verringert.

W.-G. Momma, B. Biermann

(26. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Mai/Juni 1976, Münster)

Ernährung und Krebs

Die häufigsten Krebsformen des Menschen lassen sich durch indivi- duelle Vorsorge durchaus bekämp- fen, wenn auch noch nicht elimi- nieren. Vorsorgemaßnahmen sind vor allem das Meiden von Zigaret- tenrauchen und verschiedener Er- nährungsnoxen. — Beispiele (Prof.

J. H. Wasserburger, Naylor Dana Institute for Disease Prevention, American Health Foundation, Val- halla, New York, USA): Krebs der Atemorgane, des Pankreas und der Harnblase: Unterlassen des Ziga- rettenrauchens; Magenkrebs: Ver- minderung der Nitritaufnahmen und angefaulter Lebensmittel (basi- sche Amine), Erhöhung des Ver- zehrs askorbinsäurehaltiger roher Lebensmittel; Dickdarm-, Brust-, Prostata- und Pankreaskrebs: Ver- minderung des Fettanteils in der Nahrung. — Damit ist stets freilich nur ein Teil der multifaktoriellen Karzinogenese umrissen, ein ubi- quitärer Faktor, der zumeist nur auf tierexperimentelle Aussagen zu- rückgeht. — Wasserhärte und Pflanzenschutzmittel sind dagegen in kanzerogener Hinsicht mit größ- ter Wahrscheinlichkeit nicht rele- vant. WP

(Wissenschaftliches Symposium des Bun- desgesundheitsamtes über „Bewertung von Risiken für die Gesundheit", Mai 1976, Ber- lin)

O Kleine symptomlose Karzinome, die sich der Diagnostik entziehen, werden belassen.

Zusammenfassung

Wegen zunehmenden Alkoholkon- sums und verbesserter Untersu- chungsmethoden (Sonographie und endoskopische Pankreasgang- darstellung) wird die chronische Pankreatitis immer häufiger dia- gnostiziert. Eine chirurgische The- rapie ist notwendig, wenn die Pa- tienten an schweren rezidivieren- den Schmerzen leiden, wenn die Krankheit zu Komplikationen ge- führt hat oder wenn der Verdacht auf ein Karzinom besteht.

An der Erlanger Chirurgischen Uni- versitätsklinik wurden in den letz- ten elf Jahren bei 307 Patienten 330 Pankreasoperationen durchge- führt, davon 216 in den letzten drei Jahren. Unter den Operationsme- thoden dominieren die Linksresek- tionen. Drainierende Verfahren werden vorwiegend für die innere Ableitung von Pseudozysten be- nutzt. Die Operationsletalität be- trug 6,5 Prozent. Sie war am höch- sten bei den Duodenopankreatek- tomien, am niedrigsten bei Linksre- sektionen. In einem Fünftel der Fäl- le trat nach der Operation ein insu- linbedürftiger Diabetes mellitus auf. Bei Nachuntersuchungen fan- den sich Pankreatitisrezidive in 18 Prozent nach Resektionen und in 30,6 Prozent nach anderen Eingrif- fen. Das Ergebnis von Pankreas- operationen wird nicht zuletzt da- durch beeinflußt, ob der Patient gewillt ist, auf weiteren Alkoholkon- sum zu verzichten.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. Konrad Schwemmle Abteilung Allgemeinchirurgie

mit Schwerpunkt Abdominal- und Thoraxchirurgie

am Zentrum für Chirurgie der Justus-Liebig-Universität Klinikstraße

6300 Gießen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 32 vom 5. August 1976 2071

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