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Archiv "Programmatische Schwerpunkte: Folgen der „Gesundheits-Reform“; Qualifikation des Kassenarztes; Weiterentwicklung der Vergütung" (11.05.1989)

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Blick auf ciie Vertreterversammlung in einem der weiträumigen Säle des Intemationalen Congress Centrums (ICC) in Berlin Alle Fotos aus Berlin: Walter Neusch

Programmatische Schwerpunkte:

Folgben der „Gesundheits-Reform"

Qualifikation des Kassenarztes Weiterentwicklung der Vergütung

Dr. Ulrich Oesirtgmanns Bericht zur Lage

„Ich lege Ihnen heute kein ferti- ges Programm für unsere künftige Arbeit vor. Ein solches Programm soll in einer für Juli geplanten Klau- surtagung des Vorstandes bespro- chen und dann gemeinsam mit Ihnen festgelegt werden." Über die Ankün- digung hinaus ließ diese Mitteilung des Ersten Vorsitzenden der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, Dr.

Ulrich Oesingmann, vor der Vertre- terversammlung am 1. Mai in Berlin das Bestreben des neuen Vorstandes erkennen, die gewählten Vertreter aus den Kassenärztlichen Vereini- gungen der Länder stärker als bisher in die Meinungsbildung und die Poli- tik des Vorstandes einzubinden.

Deutlich machte er ferner, daß der Vorstand entschlossen ist, die Rech- te der kassenärztlichen Selbstverwal- tung auch gegen das Aufsichtsmini- sterium mit aller Entschiedenheit wahrzunehmen.

Die Rede Dr. Oesingmanns setzte, auch wenn sie kein festes Pro- gramm bieten wollte, doch program- matische Eckpunkte, „Perspektiven künftiger politischer Entscheidun- gen". Drei Probleme stellt Dr.

Oesingmann dabei in den Vorder- grund:

0

die Umsetzung des Gesund- heitsreformgesetzes (GRG);

e

die Qualifikation des Kas- senarztes;

die Weiterentwicklung der kassenärztlichen Vergiitung.

In der Frage einer Umsetzung des GRG in die Praxis betonte Dr.

Oesingmann, daß Kassenärzte und Krankenkassen gemeinsam den ih- nen belassenen Freiraum an Selbst- verwaltung nutzen würden. „Die ICrankenkassen haben ebensowenig wie wir ein Interesse daran, unser Versorgungssystem durch ein Über- maß an Reglementierung, die ein Übermaß an Verwaltungsbürokratie nach sich ziehen würde, zu belasten und zu lähmen."

I 3Aktionstext"

Die härtere Haltung der Kassen-

Kritik an Blüms

ärztlichen Bundesvereinigung gegen- über dem Bundesarbeitsministerium wurde besonders in den Ausführun- gen Dr. Oesingmanns zur Wirt- schaftlichkeitsprüfung deutlich. Man werde Wege finden müssen, sagte Dr. Oesingmann, „die sowohl den berechtigten Kontrollinteressen der Krankenkassen genügen als auch der Wahrung ärztlicher Freiberuflich- keit". Die notwendige Transparenz der Abrechnungen sei bisher nicht immer vorhanden gewesen, aber:

„Ich verwahre mich aber ent- schieden dagegen, daß dies zum An- laß genommen worden ist, einen ganzen Berufsstand in Mißkredit zu bringen. In Teilen der Bundesrepu- blik hat die staatsanwaltliche Ermitt- lungstätigkeit zeitweilig Ausmaße angenommen, die in diesem Umfan- ge weder durch Verdachtsmomente noch durch die Tatbestände zu rechtfertigen sind. Ich halte es für besonders bedauerlich, daß der Bun-

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desarbeitsminister in seiner Rede vor der Konzertierten Aktion im Ge- sundheitswesen geschrieben hat, man habe, gemessen an den Abrech- nungen, bei den Kassenärzten „er- staunliche Arbeitszeiten festgestellt

— bis zu 48 Stunden pro Tag, nicht pro Woche". Bemerkenswert ist, daß dieser Passus nicht in der Sitzung verlesen wurde, wohl aber in dem an die Presse verteilten Redetext stand.

Der Minister wollte damit seiner Forderung, Mindestzeiten fiir ärzt- liche Leistungen festzulegen, Nach- druck verleihen. Dazu Dr. Oesing- mann unter dem Beifall der Ver- sammlung:

1> „Herr Dr. Blüm ist ein erfah- rener Politiker, der den Multiplika- tionsfaktor von Ministeräußerungen kennt, also auch den Schaden, der durch solche Äußerungen angerich- tet werden kann!"

Der KBV-Vorsitzende bot der Staatsanwaltschaft die Unterstüt- zung der Kassenärztlichen Vereini- gungen bei der Aufklärung von Be- trugsfällen an. Gegen Ärzte, die we- gen erwiesenen Betruges rechtskräftig verurteilt würden, werde man auch disziplinarisch vorgehen, um ihnen die Kassenzulassung zu entziehen.

„Wir können und werden es aber nicht hinnehmen, daß schon unter-

schiedliche Auslegungen der Gebüh- renordnung oder Verstöße gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit zum Anlaß genommen werden, in unse- ren Praxen Patientenkarteien zu be- schlagnahmen und Personal zu ver- hören!"

II Positiv: Ausbau der Prävention

la

Jede derartige Maßnahme kön- ne, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, die wirtschaftliche Exi- stenz eines Kassenarztes vernichten.

Dieser behördliche Übereifer er- schwere zudem den Kassenärzten den Abschluß von Transparenzver- einbarungen, weil das als Aner- kenntnis einer Kollektivschuld des ganzen Berufsstandes miß deutet werden könnte.

D Positiv bewertete Dr.

Oesingmann die im GRG vorhande- nen Ansätze zum Ausbau der Prä- vention durch Erweiterung der Früh- erkennungsuntersuchungen bei Kin- dern und die Einfiihrung einer Ge- sundheitsuntersuchung vor allem auf Herz- und ICreislaufstörungen.

D Kritik übte er dagegen an der Art, wie der Gesetzgeber versucht

hätte, eine übermäßige Beanspru- chung der Solidargemeinschaft zu verhindern. Einsparungen bei Arz- nei- und Heilmitteln seien ohne Schäden für die ärztliche Versor- gung sicherlich möglich. Darum habe die Kassenärzteschaft auch ihre Mit- wirkung an der Bestimmung von Festbetragsgruppen fiir Arzneimittel nicht versagt. „Das Problem der Si- cherung der Bioäquivalenz wirkstoff- gleicher Arzneimittel ist damit aller- dings noch nicht gelöst." Bei vier von den bisher festgelegten zehn Fest- betragsgruppen ist die Bioäquivalenz noch ungesichert. Gerade deswegen sollte „man die Festbeträge nicht so niedrig ansetzen, daß das Original- präparat wegen einer hohen Zuzah- lung praktisch nicht mehr verordnet werden kann"

D Große Zustimmung erfuhr Dr. Oesingmann auch mit seiner Warnung, die Verantwortung für die Wahl eines Arzneimittels durch so- genannte Substitutionsermächtigung an den Apotheker zu delegieren.

„Eine Kontrolle unerwünschter Ne- benwirkungen bei wirkstoffgleichen Mitteln würde dadurch unmöglich und die Prüfung des Behandlungser- folges durch den Arzt erschwert."

I Klage gegen

den Arbeitsminister

Gründliche Beratungen der Gesamtproblematik in zwei kassenärztlichen Gremien gingen der ausführlichen und intensiven Erörterung in der Vertreterversammlung voraus: bei ganz- tägigen Wochenendsitzungen des Vorstandes und des Länderausschusses der ICassenärzt- lichen Bundesvereinigung. Aus der letztgenannten Sitzung im futuristisch anmutenden Am- biente des Internationalen Congress Centrums in Berlin, dem ICC, stammt dieses Bild von den acht Vorstandsmitgliedern und dem Hauptgeschäftsführer (v.l.n.r.): Klaus-Dieter Kos- sow, Eckhard Weisner, Klaus Voelker, Rainer Hess (Hauptgeschäftsführer), Ulrich Oesing- mann, Otflid P. Schaefer, Siegfried Borelli, Norbert Tautz, Klaus Michael Hahn

A-1382 (22) Dt. Ärztebl. 86, Heft 19, 11. Mai 1989

In diesem Zusammenhang ging Dr. Oesingmann auf die Zuzahlungs- pflicht des Versicherten bei Heilmit- teln ein, deren Abgrenzung zu einem Rechtsstreit zwischen der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung und dem Bundesarbeitsministerium ge- führt habe: „Der Minister, der so gern von einer Stärkung der Selbst- verwaltung redet, hat sich mit einem Sprung — er war ja gerade im Trai- ning fiir das Goldene Sportabzei- chen — über die Auffassung der Selbstverwaltung hinweggesetzt und versucht, seine eigene Auffassung durch Aufsichtsanordnung und An- drohung eines Zwangsgeldes durch- zusetzen. Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung hat gegen die Auf- sichtsanordnung des Ministers ge- klagt." (Anhaltender Beifall der De- legierten.)

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~ "Ein Novum in der Ge- schichte des Kassenarztwesens. Und ein Hinweis darauf, daß dieser Vor- stand nicht bereit ist, die Körper- schaft öffentlichen Rechtes als Un- terabteilung des Bundesarbeitsmini- steriums behandelt zu sehen!"

Wir bleiben bei unserer Mei- nung, fuhr Dr. Oesingmann fort, daß bei der Abgabe von Heilmitteln in der Arztpraxis eine Zuzahlungs- pflicht für den Versicherten nur be- steht, wenn der Arzt die Abgabe als zugelassener Heilmittellieferant in seiner Praxis verordnet hat. "Er- bringt er dagegen physikalisch-medi- zinische Leistungen aufgrund seiner Kassenzulassung, ist das keine Heil- mittelabgabe, da hier Leistungser- bringung und Leistungsvergütung nach anderen gesetzlichen Vor- schriften geregelt sind."

RE!Chtspositionen

WE~rden

verteidigt

Eine Zuzahlungspflicht für ärzt- liche Leistungen sei auch technisch gar nicht möglich, weil die effektive Bezahlung sich nach dem Punktwert richtet, der bei Erbringung der Lei- stung überhaupt nicht bekannt ist.

Im übrigen werde das Novum eines Rechtsstreites zwischen KBV und Bundesarbeitsministerium kein Uni- kum bleiben. Eine weitere Aufsichts- anordnung sei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bereits ange- droht worden. "In anderen Rechts- fragen . . . hat uns der Bundesar- beitsminister vorsorglich mitgeteilt, was wir zu denken haben. Diese neue Art des Umganges miteinander ist wenig geeignet, dem Bundesar- beitsminister Freunde für sein um- strittenes Gesundheitsreformgesetz zu gewinnen, erst recht nicht bei Kassenärzten", sagte Dr. Oesing- mann unter lebhaftem Beifall.

Notwendige Konfrontationen solle man nicht scheuen, "der Mini- ster sollte sich aber fragen, welchen Sinn eine Konfrontation in Detail- fragen haben sollte, die für die Ziele seiner Gesundheitsreform völlig un- erheblich sind. Die Notwendigkeit konstruktiver Mitarbeit an der An- wendung des Gesundheits-Reform-

Dr. Ulrich Oesingmann, der im März zum Ersten Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung gewählt worden war, arn Vormittag des l. Mai bei seinem Referat, das den 92 Delegierten der Vertreterversammlung der KBV und zahlreichen Gästen aus der Ärzte- schaft und der Krankenversicherung, aus Politik und Öffentlichkeit klar die Perspektiven künftiger kassenärztlicher Versorgung in der Bundesrepublik aufzeigte

gesetzes befreit uns jedenfalls nicht von der Verpflichtung, Rechtsposi- tionen der Kassenärzte auch gegen- über abweichenden Auffassungen des Ministeriums zur Geltung zu bringen."

I Wesentliche Ziele nicht erreicht

Der Vorsitzende ging dann auf einige der durch das Gesetz nicht er- reichten wesentlichen Ziele der Strukturreform ein, die Neuorgani- sation der Krankenkassenstruktur, die Änderung der Krankenhausfi- nanzierung und die Beseitigung der Überkapazitäten im Gesundheitswe- sen. "Da alle diese Teile unseres Ge- sundheitswesens ineinander greifen, war vorauszusehen, daß es zu Brü- chen kommen würde, wenn man ei- nen Teil aus dem Ganzen heraus- bricht und die anderen Teile stufen- weise zu späteren Terminen umge- stalten will."

Dr. Oesingmann erinnerte dar- an, daß schon vor der V erabschie- dung des Gesetzes deutlich wurde, daß die Kassenärzte mit ihrer Forde- rung einer bedarfsgerechten Versor- gung bei steigenden Arztzahlen nicht durchdringen würden, obwohl ein Übermaß an Ärzten und technischen Einrichtungen die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Versor- gung beeinträchtigt.

~ Die Kassenärztliche Bundes- vereinigung hat, wie Dr. Oesing- mann betonte, seit Jahren gefordert, die Zulassung zum Medizinstudium durch Änderung der Kapazitätsver- ordnung zu drosseln. Sie hat ferner eine ausreichende Qualifikation des Hausarztes verlangt. "Der Bundesar- beitsminister hat, wie er es uns zuge- sagt hatte, diese Forderung voll un- terstützt. Gescheitert sind sie am Wi- derstand des Gesundheits- und des Bildungsministeriums. Was die Qua- lifikation des Hausarztes angeht, so konnten sich die Gegner dieser For- derung leider darauf berufen, daß es keine einheitliche Meinung der Ärz-

(4)

TU"

z B .

Wb

Chirurgie

z . B.

Chirurgie

Jahr

11.

Allgemeinmedizin Jahr

Legende: 12.

AiP : Arzt im Praktikum PJ : Praktisches Jahr VBZ : Vorbereitungszeit 11.

Wb Weiterbildung

10.

Abschnitt

Umsetzung EG-Richtlinie Allgemeinmedizin Modelle

9.

Kassenarztzulassung

_Approbation

Staatsexamen Prak-

tischer Arzt

Richt- linie

E Wb

Wb

I111

Allgemeinmedi zin

EG Richt- linie

• • •

Ärztliche Vorprüfung

"

Ärztl iche Vorprüfung

Bund-Länder KBV Kommission ab 1995

111111111

. KGschnitt

teschaft gab. Seit mehr als zehn Jah- ren übt sich die Ärzteschaft hier in geradezu sadomasochistischer Selbstzerfleischung. Wen wundert es, daß ihr politisches Durchset- zungsvermögen immer schwächer wurde."

Oesingmann: „Dieser Zustand muß geändert werden. Eine Grund- lage dafür könnte die EG-Richtlinie zur Allgemeinmedizin sein."

Ohne auf technische Einzelhei- ten einzugehen, erläuterte der Vor- sitzende das von der Gesundheitsmi- nisterkonferenz vorgelegte „Inte- grationsmodell", das jedem Arzt nach sechsjährigem Studium sowie der AiP-Tätig,keit und der kassen- ärztlichen Vorbereitungszeit (Sechs- + Zwei-Modelle) die Niederlassung als Hausarzt ermöglichen würde.

Das ist, so Dr. Oesingmann, der übli- che „kleinste gemeinsame Nenner", auf den man sich einigen wolle. „Die spezifische allgemeinärztliche Wei- terbildung ginge dabei verloren.

Auch achtzehn Monate Arzt im Praktikum gewährleisten nach unse- rer Meinung keine Qualifikation als Hausarzt."

Der Vorsitzende umriß dann sein Fünf + Drei-Modell, dem nicht nur Krankenkassen, Bundesarbeits- ministerium und die Konzertierte Aktion zustimmen, sondern „fast ausnahmslos" auch die ärztlichen Organisationen. Dieses Modell sieht vor: „eine Verkürzung des Medizin- studiums von sechs Jahren auf fünf und des Weiterbildungsganges für die Allgemeinmedizin von vier Jah- ren auf drei. Damit wäre die politi- sche Forderung einer insgesamt achtjährigen Aus- und Weiterbil- dung vor Kassenzulassung erfüllt.

• „Ich sehe in der Umsetzung der EG-Richtlinie Allgemeinmedi- zin nach diesem Muster die letzte Möglichkeit, den stetigen Rückgang der Zahl der weitergebildeten Allge- meinärzte aufzuhalten und unser Ziel zu erreichen, eine Qualifikation fiir die kassenärztliche Zulassung als Hausarzt zu erreichen."

Allerdings sei das vom Bundes- arbeitsminister dafür genannte Zeit- ziel von 1990 nicht zu erreichen, da der gesamte Lehrplan geändert wer- den müßte. „Nach Auffassung der KBV wäre es realistisch, diesen Um- stellungsprozeß bis zum Jahre 1995 abzuschließen." Dr. Oesingmann äu- ßerte die Hoffnung, mit einem sol- chen Plan auch „das Bundesministe- rium fiir Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit aus seiner Abwehr- haltung gegen alle wirklichen Struk- turverbesserungen des Medizinstudi- ums herauszubringen".

• Ganz entschieden wandte sich Dr. Oesingmann gegen das vom

Sachverständigenrat der Konzertier- ten Aktion in Erwägung gezogene

„Primärarzt-Modell", nach dem der Patient nur über einen Hausarzt Zugang zu einem Gebietsarzt erhal- ten soll. „Ich halte es für sinnvoll, daß der Hausarzt die Behandlung durch andere Gebietsärzte koordi- niert und alle Untersuchungs- und Behandlungsvorgänge . . . zusam- menführt . . . Ich habe aber größte Bedenken, daß der Versicherte ver- pflichtet werden soll, sich nach dem Muster des englischen Gesundheits- dienstes in eine Hausarztliste eintra- gen zu lassen. Und ich habe ebenso große Bedenken, ihm den freien Zu-

I Fünf + Drei-Modell, die letzte Chance

A-1384 (24) Dt. Ärztebl. 86, Heft 19, 11. Mai 1989

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gang zu Gebietsärzten zu verwehren, soweit es sich nicht um Ärzte han- delt, die, wie etwa Laborärzte, stets nur auf Überweisung tätig wer- den ... Ich verspreche mir davon ...

weder eine Verbilligung noch eine Verbesserung der Qualität ... "

Auf der bereits für den Juli an- gekündigten Klausurtagung will sich der Vorstand nicht nur mit den Mög- lichkeiten der Qualitätssicherung, sondern auch mit Zusammenschlüs- sen von Kassenärzten zur gemeinsa- men Nutzung medizintechnischer Einrichtungen befassen.

Dr. Oesingmann ging schließlich auf den dritten Schwerpunkt, die Weiterentwicklung des Vergütungs- systems, ein. "Wer den Zugang zum Gebietsarzt nur über den Hausarzt will, muß die Vergütung der haus- ärztlichen Tätigkeit pauschalieren, um die Existenz des Facharztes zu si- chern", sagte Dr. Oesingmann. Hier aber setze die Kritik an diesem Mo- dell ein. Das System setze falsche ökonomische Anreize. Seine Schwä- che kenne man vom seit Jahrzehnten praktizierten System des englischen National Health Service. Zudem ge- währleistet das Gesundheits-Re- formgesetz nach wie vor die freie Arztwahl. "Dadurch verbietet sich grundsätzlich die Einführung unter- schiedlicher Vergütungsformen für Hausärzte und Spezialisten."

I EISM und Punktwert:

Wie geht's weiter?

Die Punktwertentwicklung sah Dr. Oesingmann "bei weitem nicht so alarmierend, wie das verschie- dentlich dargestellt worden ist.

Punktwerteinbrüche, die es in eini- gen KV-Bereichen gegeben hat, wur- den durch regionale Besonderheiten verursacht. In den bisher ausgewer- teten vier Quartalen hat sich der Punktwert der Ersatzkassen auf Bundesebene bei 10,6 Pf bei Grund- und Sonderleistungen und der R VO- Kassen bei etwa 9,1 Pf bei Grund- und Sonderleistungen und 8,85 Pf bei den Laborleistungen eingepen- delt. Insgesamt hat es somit eine Minderung des Punktwertes um et- wa einen Prozentpunkt gegenüber

dem Punktwert vor Einführung des EBM gegeben. Das kam dadurch zu- stande, daß die neuen Grundleistun- gen ein größeres Punktzahlvolumen erreichten, als nach dem Modellver- such . . . anzunehmen war. Auf die Entwicklung der medizinisch-techni- schen Leistungen hat der Einheit- liche Bewertungsmaßstab so gut wie gar keinen Einfluß gehabt."

So habe sich zum Beispiel die Entwicklung der sonographischen Leistungen weder verstärkt noch ab- geschwächt. Die Ergebnisse des 4.

Quartals seien wegen des "Blüm- Bauches" für die Beurteilung der Punktwertentwicklung unbrauchbar.

Alles in allem sei für die nächsten

Z

u Beginn seines Berichtes hatte der neue Vorsitzende für den Vertrauensvorschuß gedankt, den die Wahl gerade für die wiederge- wählten Mitglieder des alten Vor- standes bedeute, die im Wahlkampf mit Vorwürfen und Anschuldigungen überhäuft worden seien. Durch seine Arbeit werde der Vorstand diesen Vertrauensvorschuß zurückzahlen.

Herzlichen Dank sprach er den aus dem Vorstand ausgeschiedenen Kollegen Dr. Karl Hans Metzner, Dr.

Udo Piepgras und Professor Eber- hard Weinhold aus, die in vielen Ausschüssen mitgearbeitet und dem Vorstand über Jahre hinaus an- gehört haben.

Besonderen Dank zollte er sei- nem Amtsvorgänger, Professor Siegfried Häußler, der kurz vor Ab- lauf seiner Amtszeit schwer erkrankt war und dem die Vertreterversamm- lung gute Wünsche zur Genesung übermitteln ließ. Professor Häußler habe in einer der schwierigsten Amtsperioden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an der Spitze des Vorstandes gestanden: "Bei al- ler berechtigten Kritik am Gesund- heits-Reformgesetz in der verab- schiedeten Fassung ist es sein Ver- dienst, durch persönliches Enga- gement, unermüdlichen Einsatz und in ungezählten politischen Gesprä- chen harte Eingriffe in das Kassen- arztrecht mit verheerenden Konse- quenzen für die Kassenärzte verhin- dert zu haben."

Quartale eine Stabilisierung des Punktwertes zu erwarten, versicherte Dr. Oesingmann.

~ "Wo es in einzelnen Lei- stungsbereichen noch unverhältnis- mäßige Mengenentwicklungen gibt, müssen wir die Ursachen feststellen, um gezielt gegensteuern zu können.

Lassen Sie mich aber mit aller Deut- lichkeit sagen: Solche vereinzelten ,Ausreißer' dürfen nicht als Begrün- dung herangezogen werden, um die Gesamtvergütung auch über 1989 hinaus zu deckeln!"

~ Nicht minder großen Beifall als für diese Zusicherung erhielt Dr.

Oesingmann für seine Feststellung:

"Auf keinen Fall werden wir Forde- rungen des Sachverständigenrates und neuerdings auch des Bundesar- beitsministers nachkommen, ärzt- liche Leistungen mit Zeitvorgaben zu versehen. Solche Zeitvorhaben sind mit den individuellen Umstän- den ärztlichen Handeins nicht zu vereinbaren!" Auch für eine schema- tische Erarbeitung von Tagesprofilen lehnte der Vorsitzende der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung solche Zeitvorgaben ab.

Sehr erwünscht:

Gedankenaustausch

Das neue Verhältnis des Vor- standes zur Vertreterversammlung wurde in den Schlußworten Dr.

Oesingmanns deutlich: "Ich möchte die Vertreterversammlungen nicht zu Vortragsveranstaltungen machen, bei denen 90 Kollegen den Ausfüh- rungen der Großen Weisen von Vor- stand und Verwaltung andächtig lau- schen. Ich möchte, wenn ich den Saal verlasse, nicht nur Informationen ge- geben, ich möchte auch Anregungen von Ihnen empfangen haben. Selbst- verwaltung heißt ja nicht, daß wir hier oben uns selbst verwalten.

Selbstverwaltung lebt von kritischem Gedankenaustausch. Meine Damen und Herren Kollegen, Sie haben das

Wort!" Sch

... und die Delegierten nahmen das Wort! Es wurde so engagiert, gründlich, ausführlich diskutiert wie selten bei einer Sitzung der Vertre- terversammlung.

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