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Archiv "Kritiker weiten ihre Anschuldigungen aus: Bundesgesundheitsamt weist Vorwürfe zurück" (18.09.1992)

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Kritiker weiten ihre Anschuldigungen aus

Bundesgesundheitsamt weist Vorwürfe zurück

Das Bundesgesundheitsamt (BGA) hat die Anschuldigungen der SPD, der Berliner Ärztekammer und des Magazins „Ökotest" gegen seine Arbeit für die Arzneimittelsicherheit zurückgewiesen. Insbesondere der Vorwurf der Industrienähe sei unzu- treffend, so das BGA in einer Pres- semitteilung.

Auch die von Kritikern vermißte Reduzierung des Arzneimittelmark- tes habe teilweise bereits stattgefun- den. 1978 gab es nach Angaben des Amtes in der Bundesrepublik rund 140 000 Arzneimittel, heute sind es nur noch 70 000, davon allein 30 000 homöopathische. Internationale Ver- gleiche seien dabei unzulässig. In Deutschland werden Präparate, die in verschiedener Form angeboten werden, mehrfach gezählt, in den USA etwa dagegen nur einfach.

Eine an den Bedürfnissen von Ärzten und Krankenkassen orien- tierte Zulassungspraxis, wie sie der SPD-Gesundheitsexperte Horst Schmidbauer und der Berliner Ärz- tekammer-Präsident Ellis Huber auf einer von „Ökotest" organisierten Pressekonferenz gefordert hatten, lehnte das BGA ab. Sie sei vom Ge- setzgeber nicht vorgesehen und zu- dem kein Garant für mehr Sicher- heit, so ein Sprecher.

Ebenfalls zurückgewiesen wurde die Behauptung verspäteter Siche- rungsmaßnahmen auf dem Arznei- mittelsektor. Gerade das von Kriti- kern gewählte Beispiel der Blutge- rinnungspräparate zeige, daß das BGA seine Anordnungen nach dem Stand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse treffe.

Zwar hätten sich Anfang der achtziger Jahre rund 1400 Bluter mit HIV-verseuchten Konserven infi- ziert, das Berliner Amt habe jedoch, erst dann Sicherungsmaßnahmen an- ordnen können, als Ursache und Ab- wehrmethoden der Krankheit be- kannt waren. Das sei 1985, unmittel-

bar nach Einführung des Antikör- per-Tests, geschehen.

Die Kritiker des Bundesgesund- heitsamtes weiten ihre Attacken un- terdessen aus. Das Magazin „Öko- test" zitiert in seiner Septemberaus- gabe Pharmakologen, die der Behör-

Unter Beschuß: BGA-Präsident Prof. Dr. med. vet. Dieter Groß-

klaus. Foto: BGA

de Kungelei mit der Industrie, Untä- tigkeit und teilweise „Funktionsunfä- higkeit" vorwerfen.

Die Kritik reicht bis zu der An- schuldigung, das BGA habe den Blu- ter-Skandal nicht nur nicht verhin- dert, sondern aus ökonomischen Gründen gar verursacht. Eine Mitar- beiterin habe bereits im Januar 1983 die Anwendung des Hepatitis-Core- Tests gefordert, sich jedoch nicht durchsetzen können. Das Amt habe demnach das Risiko, Plasmapools im Wert von rund sechs Millionen Mark vernichten zu müssen, höher bewertet als die HIV-Ansteckungs- gefahr für Bluter. In Frankreich stehen derzeit mehrere hohe Beam- te aus dem Gesundheitswesen we- gen ähnlicher Vorwürfe vor Ge- richt.

Weiterer Kritikpunkt: Das Ge- sundheitsamt lasse sich Studien von Unternehmen bezahlen. So hätten unter anderem Holzschutzmittel- Hersteller eine BGA-Untersuchung

über Innenraum-Luftbelastungen durch Holzschutzmittel finanziert.

BGA-Pressesprecher Klaus Jür- gen Henning bestritt auf Anfrage diesen Vorwurf. Zwar habe es ent- sprechende Angebote seitens der In- dustrie gegeben, das Gesundheits- amt hätte diese jedoch abgelehnt.

Auch der Bundesrechnungshof ist allerdings inzwischen auf Unre- gelmäßigkeiten aufmerksam gewor- den. Die Behörde stellte fest, daß in nahezu alle Forschungsvorhaben des BGA über Asbest — zumindest lang- fristig — Gelder von Unternehmen der Branche geflossen waren.

BGA-Sprecher Henning räumte in diesem Zusammenhang Fehler ein. Er bezeichnete die „formalen Vorwürfe" des Bundesrechnungs- hofes als korrekt. Die Fremdmittel seien allerdings nicht unmittelbar aus der Industrie gekommen, son- dern vielmehr von einem Verein für Wasser-, Boden- und Lufthygiene, dem neben mehreren Kommunen und Verbänden auch einige Unter- nehmen angehören.

„Ökotest" bezog auch das „in- dustriefreundliche" Bundesgesund- heitsministerium in seine Kritik ein.

Das Bonner Gesundheitsressort würde die Behörde in Konfliktfällen mit Pharma-Unternehmen bremsen.

Zudem sei der jetzige Präsident Dieter Großklaus eine Fehlbeset- zung. Der BGA-Chef werde sogar intern mit dem Motto „Wer nichts macht, macht keine Fehler" charak- terisiert. Im Gespräch mit dem, Deutschen Ärzteblatt wies Mini- riums-Pressesprecher Hartmut Schlegel diese Vorwürfe als unbe- wiesen zurück.

BGA-Präsident Großklaus er- hielt außerdem zuletzt Rückendek- kung durch Management-Fachleute.

Sie begrüßten die Anregungen, mit denen der Präsident seinem Amt ei- ne effizientere Struktur verordnen will. Bundesgesundheitsministerium und BGA haben darüber hinaus er- ste Konsequenzen aus der massiven Kritik gezogen. Minister Horst See- hofer (CSU) und Großklaus verein- barten in einem kurzfristig anbe- raumten Gespräch, die Arzneimittel- sicherheit in der Bundesrepublik zu verbessern. Wie dies geschehen soll, ist allerdings bislang offen. ch A1-3014 (22) Dt. Ärztebl. 89, Heft 38, 18. September 1992

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