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Archiv "Nicht nach Schema F" (09.02.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 6⏐⏐9. Februar 2007 A325

T H E M E N D E R Z E I T

und Fehlentwicklungen zu vermei- den“, schreibt Prof. Dr. med. Dr.

phil. Urban Wiesing, der Vorsitzen- de der Zentralen Ethikkommission, im Vorwort.

Die ZEKO erläutert auch die häufig verwirrenden Strukturen der Ethikberatung: Im Klinischen Ethikkomitee (KEK) findet sich in der Regel ein breites Spektrum von Berufsgruppen im Krankenhaus.

Dazu gehören neben Ärzten und Pflegepersonal auch Krankenhaus- seelsorger, Psychologen, Sozialar- beiter, Krankengymnasten, Juristen, Mitarbeiter der Verwaltung sowie gegebenenfalls externe Mitarbeiter, wie zum Beispiel Patientenfürspre- cher. Im Klinischen Ethikkomitee der Kliniken der Stadt Köln bei- spielsweise sind neben zwei Ärzten auch zwei Pflegende, zwei Seel- sorger (aus unterschiedlichen Kon- fessionen), ein Jurist sowie von der Geschäftsführung benannte Ver- treter anderer Berufsgruppen ver- treten.

In der Praxis hat es sich der ZEKO zufolge bewährt, dass inner- halb der einzelnen Berufsgruppen die unterschiedlichen Hierarchie- ebenen vertreten sind. Die Mitglie- der würden in der Regel für drei Jah- re als unabhängiges, nicht weisungs- gebundenes Gremium durch die Krankenhausleitung berufen. Das Ethikkomitee gibt sich eine Satzung oder Geschäftsordnung. Zu den Auf- gaben des Ethikkomitees gehören die Einzelfallberatung, die Leitlini- enentwicklung sowie die Weiter- und Fortbildung in klinischer Ethik.

„Moderierende Hilfe“

In Köln ist es Ziel des KEK, in Form eines Ethikkonsils „bei der Ent- scheidungsfindung über die weitere Therapie bei kritisch kranken Pati- enten den (mutmaßlichen) Willen des kranken Menschen in seiner jet- zigen Situation zu ermitteln und zu berücksichtigen, sodass alle an der Therapie Beteiligten davon ausge- hen können, weiterhin zum Wohle des Patienten zu handeln“, wie es das Klinikkomitee in Köln formu- liert. Die „moderierende Hilfe“

kann von Angehörigen, von Pfle- genden, behandelnden Ärzten oder Seelsorgern angefragt werden. Die

Entscheidung zur Einberufung ei- nes Ethikkonsils trifft die verant- wortliche Ärztin oder der verant- wortliche Arzt.

Formale Gründungen

Die Tätigkeit der Ethikkomitees und Ethikkonsile ist durchaus nicht un- umstritten. So bezeichnen Meinolf Strätling et al. die Klinischen Ethik- komitees in der Zeitschrift für Pal- liativmedizin (Zeitschrift für Pal- liativmedizin 2005; 6; 81–2) als

„schwerfällig, kostenintensiv und hinsichtlich ihrer Kapazitäten als überfordert“. Neue Erfahrungen be- legten zudem, dass KEKs meist nur zum Schein „implementiert“ wür- den, um zumindest formal den Zertifizierungserfordernissen unter- schiedlicher Krankenhausträger und Zertifizierungsorganisationen zu genügen. Auch die ZEKO geht auf diesen „Etikettenschwindel“ ein. In der Vergangenheit sei wiederholt beobachtet worden, dass Geschäfts- führungen kurzfristig Klinische Ethikkomitees gründeten, weil dies in einem anstehenden Zertifizie- rungsverfahren positiv bewertet wurde, ohne dass eine wirkliche Ar- beit des Ethikkomitees stattfand. „In diesen Fällen blieb es in der Praxis häufig bei einer formalen Grün- dung, ohne dass das Ethikkomitee einen positiven Beitrag im Kran- kenhausalltag leisten konnte.“ Die klinische Einzelfallberatung werde außerdem oft nicht zeitnah und fern- ab vom Behandlungsort (Station) durchgeführt. Häufig hätten die Mitglieder des Behandlungsteams das Gefühl, sich vor einem „Tribu- nal“ rechtfertigen zu müssen.

Doch empirische Untersuchun- gen über den Effekt von klinischer Ethikberatung im Einzelfall konn- ten nicht nur eine hohe Zufrieden- heit der Betroffenen belegen, son- dern auch eine verbesserte klinisch- ethische Entscheidungsfindung, heißt es weiter. Prof. Dr. med. Dr. phil. Jo- chen Vollmann, Direktor des Insti- tuts für Medizinische Ethik und Ge- schichte der Medizin der Ruhr-Uni- versität Bochum, betonte in Hanno- ver, dass Ethikberatung zu einer besseren „corporate identity“, aber vor allem auch zu einer besseren Pa- tientenversorgung und einer Unter-

stützung der Mitarbeiter führen könne. Auch internationale wissen- schaftliche Studien belegten, dass klinische Ethikberatung durchaus positive Auswirkungen auf die ethi- sche Sensibilisierung, Kommunika- tion, Analyse, Argumentation und Entscheidungskompetenz von Mit- arbeitern im Krankenhaus hat.

Eine Aufgabe der Ethikkomitees ist auch die Erarbeitung von Leitli- nien. Die Leitlinien können, so die ZEKO, „zum Verhalten in ethisch

NICHT NACH SCHEMA F

Ethikkonsile werden im Bergmannsheil seit rund zehn Jah- ren angeboten, Beratungen durch das Klinische Ethikkomi- tee (KEK) seit rund zwei Jahren. „Fragen tauchen in erster Linie im Intensivbereich auf“, berichtet Prof. Dr. med. Sylvia Kotterba.

Wenn eine Anfrage eingeht, dann sucht ein Team von zwei, drei KEK-Mitarbeitern Kontakt zur Station. Eine Be- sprechung wird verabredet, an der alle teilnehmen sollen, die den betreffenden Patienten behandeln. Am Ende der Beratung stehen eine Empfehlung des Teams und ein Pro- tokoll der Beratung.

„Bedarf besteht“, sagt Kotterba. Denn einerseits werden viele ethische Fragen eigenverantwortlich auf den Statio- nen geklärt, „sonst müsste man ja für jeden Patienten ein Konsil veranstalten“. Andererseits weiß die Oberärztin, dass viele Teambesprechungen nun einmal sehr fachspezifisch ablaufen und nicht immer ausreichend debattiert wird, wel- che ethischen Konflikte an einem Fall hängen.

Sie schätzt an klinischer Ethikberatung, dass alle ver- tiefte Einblicke in einen Fall bekommen, besonders Sozial- arbeiter und Theologen in medizinische und pflegerische Hintergründe. Es sei „ein gegenseitiges Schulen“, ein pro- duktiver Prozess fürs Teamverständnis.

Nicht alle wissen das zu schätzen. „Je höher jemand in der Hierarchie ist, desto schwerer tut er sich“, sagt Kotter- ba. Dabei hält sie es für besonders wichtig, leitende Ärzte für klinische Ethikberatungen zu gewinnen. Die Angehörigen begrüßten solche Abstimmungen: „Wenn sie das Gefühl haben, es geht auf der Station nicht nach Schema F, son- dern das Team macht sich Gedanken, hilft das sehr.“ Rie

Prof. Dr. med. Sylvia Kotter- ba,Vorsitzende des Ethikkomi- tees, BG-Klinik Bergmannsheil – Universitätsklinik, Bochum

Foto:privat

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