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Archiv "Schema F im Krankenhaus" (11.11.1983)

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Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

Schema F im

Krankenhaus

Der Zwang zum Sparen macht er- finderisch. Diese Lebenserfah- rung gilt für das Gesundheits- und Krankenhauswesen offenbar in besonderem Maße. Seit die amt- liche Rotstift-Aktion auch unsere Hospitäler regiert, sind dem „hu- man-ökonomischen Erfindertum"

offenbar keine Grenzen gesetzt.

Wie einseitig oktroyierte und oh- ne Mitwirkung der Betroffenen zu- stande gekommene Vertrags-Ver- einbarungen das ohnedies arg ge- st re ßte Krankenhauspersonal noch mehr gängeln und knuten, nur um das Spar-Soll zu erfüllen, darüber gibt eine ab 1. Oktober 1983 gültige Vereinbarung zwi- schen der Landeskrankenhausge- sellschaft der Freien Hansestadt Bremen und den Landesverbän- den der gesetzlichen Krankenkas- sen dieses Stadtstaates reichlich Anschauungsmaterial.

Konkret: An der Waterkant wer- den ab sofort sämtliche stationäre Behandlungsfälle der Kliniken un- ter eine schematisierte, vertrag- lich festgesetzte „Drei-Wochen- Befristung für die vorläufige Ko- stenübernahme durch die Kran- kenkasse" gestellt. In Bremen werden dieser „Vereinbarung"

zufolge sämtliche stationäre Be- handlungsfälle unter ein Kaudini- sches Joch gestellt: Zwar wollen die Krankenkassen weiter so „ge- nerös" sein, den Krankenhäusern, wie im geltenden Recht vorgese- hen, die Kostenübernahme-Erklä- rungen für die stationäre Kran- kenhauspflege in der Regel unbe- fristet zu bescheinigen. Aber, und hier ist das Novum: Droht ein sta- tionärer „Fall" die Standard-Ver- weildauer von drei Wochen zu überschreiten, sind sämtliche Alarmglocken zu ziehen. In Ziffer 3 der besagten Vereinbarung soll das Krankenhaus der zuständigen Krankenkasse des Versicherten

unverzüglich ein Formblatt mit Angaben über Diagnose(n) und den wesentlichen Behandlungs- verlauf zur weiteren Kranken- hausbehandlung und zur ab- schließenden Versorgung zusen- den. Vorausgesetzt wird, daß das Krankenhaus bereits frühzeitig er- kennt oder erkennen konnte, daß die Dinge aus medizinischen Gründen so liegen werden — auch unter Berücksichtigung „alterna- tiver Möglichkeiten der Versor- gung".

Den Krankenkassen wird ab sofort das Recht zugestanden, in ange- zeigten Zweifelsfällen „Anfragen an die Krankenhäuser zu richten".

Im Entlassungsschein muß der OP-Termin ersichtlich sein. Und, und, und . . . Frage: Wie wollen dies die Krankenkassen-Beamten von der Ferne und vom Büroses- sel her beurteilen? Oder wollen sie sich künftig etwa mit ans Kran- kenbett setzen und mit dem diensthabenden Arzt „Wache schieben" und Verantwortung tra- gen?

Ferner heißt es in der Vereinba- rung, die als Dienstvorschrift zur Erstellung des ärztlichen Berich- tes den „Untergebenen" (um nicht zu sagen: Untertanen) ans Herz gelegt worden ist: „Bei Auf- nahme in das Krankenhaus ohne Vorliegen einer kassenärztlichen Verordnung von Krankenhaus- pflege sind neben der Diagnose der wesentliche Krankheitsbe- fund, gegebenenfalls Krankheits- symptome im Aufnahmeschein anzugeben."

Soweit ein Schlaglicht auf die Bre- mer Gängelungs-Vereinbarung.

Im Detail nimmt sich dieser — wie gesagt — einseitig zustande ge- kommene Bürokratenakt noch komplizierter aus. Der dienstha- bende Arzt muß ein ganzes Sam- melsurium von Fragen der Kran- kenhausverwaltung beantworten, damit diese — mit Stempel und Un- terschrift versehen, versteht sich

— den „Vorgang" schwarz auf weiß an die „Kosten-Sparkasse"

(herkömmlich genannt: Kranken-

kasse) weiterleiten kann (und muß).

Die Bremer Auflagen gehen mit- hin viel weiter, als dies noch in dem unverbindlichen Katalog von

„Anhaltszahlen für die Kranken- hausverweildauer", entwickelt und herausgegeben von einer Arbeitsgruppe von Vertrauensärz- ten bei der Arbeitsgemeinschaft für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherung (Essen), vor Jahresfrist zu erahnen war.

Bereits damals hatte der Präsi- dent der Bundesärztekammer, Dr.

med. Karsten Vilmar (Bremen), zugleich Präsident der Bremer Ärztekammer, vor einer schemati- schen, einseitig kostenorientier- ten Anwendung und Aktivierung dieser Essener Anhaltszahlen ge- warnt. Auch das aufsichtführende Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ist auf den pro- blemgeladenen Essener Katalog hingewiesen worden, der — entge- gen der Behauptungen der Ver- fasser — praktisch keine patien- tenbezogene, individuelle Hand- habung der Anhaltszahlen zuläßt.

Die Essener Arbeitsgemeinschaft ebenso wie das Bundesarbeitsmi- nisterium waren seinerzeit sicht- lich darum bemüht, die skepti- schen Einwendungen zu zerstreu- en. Der Katalog würde nicht sche- matisch angewandt. Verwaltungs- mehrarbeit, Gängelung und Be- vormundung verantwortungsbe- wußt denkender Mitarbeiter, sol- che Befürchtungen wurden eben- falls eilfertig in das Reich der Spe- kulation und Phantasie verwiesen.

Das unrühmliche Beispiel von der Waterkant beweist, wie berechtigt die frühzeitigen Warnungen wa- ren. Die neuen erheblichen Rechtfertigungspflichten für alles und jedes, was im Krankenhaus geschieht, sind ein Musterbeispiel für bürokratischen Schematismus und behördliche Daumenschrau- ben, nicht zum Wohle des Patien- ten und zur Inkarnation der Parole von „Mehr Menschlichkeit im Krankenhaus". Aber bestimmt auch nicht zum Segen der Kosten- und Verweildauerplaner! HC DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 45 vom 11. November 1983 17 Ausgabe A

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