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Archiv "Früherkennungsmaßnahmen im Krankenhaus" (06.11.1975)

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Jürgen W. Bösche

1. Die Maßnahmen zur Früherken- nung von Krankheiten gemäß § 181 Abs. 1 RVO sind einschränkungslos der kassenärztlichen Versorgung zugeordnet und daher durch die Kassenärztliche Vereinigung si- cherzustellen. Dies gilt auch für die

Neugeborenen-Erstuntersuchung (U 1) und die Neugeborenen-Basis- untersuchung (U 2) als Bestandteil des Gesamtprogramms im Rahmen der Maßnahmen zur Früherken- nung von Krankheiten bei Kindern (U 1—U 7).

2. Daraus ergibt sich, daß die Durchführung dieser Maßnahmen in Krankenhäusern nicht Gegen- stand der stationären Behandlung ist und damit auch nicht in den arbeitsrechtlichen Dienstpflichtbe- reich der Krankenhausärzte fällt.

3. Die Teilnahme der Kranken- hausärzte an den Früherkennungs- maßnahmen ist für sie die Aus- übung von Nebentätigkeit, auf de- ren Genehmigung — falls erforder- lich — sie einen Rechtsanspruch gegen den Krankenhausträger als Arbeitgeber haben.

4. Dem Krankenhausträger ist es aus vorgegebenem öffentlichen Recht versagt, etwa im Wege des arbeitgeberischen Direktionsrechts in den allein von der Kassenärztli- chen Vereinigung sicherzustellen- den Leistungsbereich einzuwirken.

Zu dieser Entscheidung kam das Bundesarbeitsgericht in einer Ent- scheidung vom 11. Dezember 1974.

Der Sachverhalt war der folgende:

Der Kläger steht als Assistenzarzt im Angestelltenverhältnis in der ge- burtshilflich-gynäkologischen Ab- teilung des Krankenhauses des Be- klagten in dessen Diensten. Auf Grund vertraglicher Vereinbarung

gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT und die ihn er- gänzenden Bestimmungen. Außer- dem sieht der schriftliche Arbeits- vertrag der Parteien vor, daß der

Kläger Nebentätigkeiten nur mit schriftlicher Zustimmung des Be- klagten ausüben darf. Nach Einfüh- rung von Vorsorgeuntersuchun- gen durch den . Gesetzgeber hat die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein den Kläger und weitere drei angestellte Ärzte der- selben Station beauftragt, die Neu- geborenen-Erstuntersuchungen U 1 sowie die Neugeborenen-Basisun- tersuchungen U 2 nach ihren Richt- linien durchzuführen. Demgemäß hat die Kassenärztliche Vereini- gung die Vergütung für diese Un- tersuchungen an den Kläger und seine Kollegen gezahlt.

Unter dem 11. April 1972 richtete der Beklagte an den Kläger ein Schreiben des folgenden Inhaltes:

„Nach einer dem ärztlichen Direk- tor und Herrn Chefarzt Dr. G. unter dem 20. Dezember 1971 bekanntge- gebenen Anordnung des Kreisaus- schusses ... sind Früherkennungs- untersuchungen bei Anstaltsentbin- dungen von den angestellten Ärz- ten im Rahmen ihrer Dienstaufga- ben durchzuführen. Die hierfür zu erstattenden Entgelte stehen dem Krankenhausträger zu.

Es ist bekanntgeworden, daß Ent- gelte für solche Untersuchungen entgegen obiger Anordnung von Ihnen mit Krankenkassen bzw. der Kassenärztlichen Vereinigung un- mittelbar abgerechnet wurden.

Der Kreisausschuß Amt für Fi- nanzen — hat die Krankenhausver- waltung am 7. April 1972 beauf- tragt, Sie zu veranlassen, diese Während des Rundganges in der

Klinik, die über sämtliche üblichen Abteilungen verfügt (Ausrüstung und apparativer Standard wurden von der Besuchergruppe allerdings als teils nur mäßig beurteilt), fielen

— vor allem in der Kinderabteilung

— die großen Krankensäle auf.

Hier und auch in anderen Kranken- räumen sowie in den Fluren sind zumeist an den Wänden kleine

„Poster" besonderer Art ange- bracht: sie zeigen, dicht neben- und untereinandergereiht, die Fo- tos sämtlicher in der jeweiligen Station tätigen Ärzte und Schwe- stern, mit darunter geschriebenen Namen für die Lesekundigen; Por- trätsammlungen etwa im DIN-A4- Format, vorrangig zur Erleichte- rung der Kommunikation mit den Patienten gedacht, die zu der gro- ßen Masse der Analphabeten im Lande zählen. Stadt und Provinz Chiang Mai werden von den 160 Ärzten der Klinik sowie durch etwa weitere 70 Kollegen betreut, von denen allerdings allein rund 50 ihre Praxis in der Stadt betreiben.

Gerade hier, am Beispiel einer gro- ßen, teilweise schon relativ fort- schrittlich entwickelten Provinz mit mehr als einer Million — vorwie- gend handwerklich und landwirt- schaftlich tätige — Bewohner, wird bei solchen Gegenüberstel- lungen deutlich genug, vor welchen Problemen Regierung in Bangkok, und regionale Verwaltungen noch in ihrem Mühen stehen, im Verlauf der kommenden Jahre und Jahr- zehnte nach und nach eine „mög- lichst gleichmäßige befriedigende gesundheitliche Betreuung all ihrer Bürger" zu erreichen.

Die Frage bleibt, ob die Planer der kommunistischen Expansion in Südostasien diesem aufstrebenden Staat, dem „Land der Freien", Zeit genug lassen.

Anschrift des Verfassers:

Hans Reimar Stelter 5 Köln 40 (Lövenich) Dieselstraße 2

Die vorausgegangenen Folgen dieser Rei- senotizen sind in den Heften 38, 39, 41, 42 und 44/1975 erschienen.

Früherkennungsmaßnahmen

im Krankenhaus

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Früherkennung im Krankenhaus

vereinnahmten Beträge umgehend an den Krankenhausträger abzu- führen. Eine Genehmigung einer Nebentätigkeit sei ihnen nicht er- teilt ..."

Mit der Klage hat der Kläger den Beklagten auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung zur Durchführung der Neugeborenen- Erstuntersuchungen U 1 sowie der

Neugeborenen-Basisuntersuchun- gen U 2 in Anspruch genommen.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt; das Landes- arbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten unter Änderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Kla- ge abgewiesen.

Die Revision des klagenden Arztes hatte aus den folgenden Gründen Erfolg:

„1. Der auf Erteilung der Genehmi- gung zur Durchführung der beiden Vorsorgeuntersuchungen U 1 und U 2 als Nebentätigkeit gerichtete erste Klageantrag ist zulässig. Für diesen Leistungsantrag des Klä- gers fehlt es auch nicht etwa des- wegen am Rechtsschutzbedürfnis, weil er die beiden Untersuchungen tatsächlich ausführt. Die Parteien streiten nämlich, wie sich insbe- sondere in der mündlichen Ver- handlung vor dem Senat ergeben hat, gerade darüber, ob der Kläger die Durchführung dieser Untersu- chungen schon auf Grund seines Arbeitsvertrages als Bestandteil seiner allgemeinen Dienstleistung dem Beklagten schuldet oder ob die Untersuchungen Inhalt einer selbständigen Nebentätigkeit sind, was der Beklagte verneint und weswegen er eine entsprechende Genehmigung auch nicht zu ertei- len bereit ist.

Dabei handelt es sich auch nicht etwa um einen rechtlich bedeu- tungslosen, theoretischen Streit.

Vielmehr ist es für den Kläger we- sentlich und der Klärung bedürftig, ob das Direktionsrecht des Beklag- ten sich auch auf Art und Umfang der Durchführung der Früherken- nungsmaßnahmen erstreckt oder

ob der Kläger dabei nur an die ent- sprechenden fachlichen Weisun- gen der Kassenärztlichen Vereini- gung gebunden ist, die ihm die Durchführung der Untersuchungen übertragen hat. Gleichermaßen be- deutsam ist für die Parteien, ob der Beklagte, wie er offensichtlich an- nimmt, befugt ist, dem Kläger die Durchführung der Untersuchungen unter gleichzeitiger Übertragung anderer Tätigkeiten wieder zu ent- ziehen. Schließlich ist der Streit der Parteien über die vom Kläger beantragte Nebentätigkeitserlaub- nis auch erheblich für die weitere zwischen ihnen ebenfalls streitige Frage, ob der Beklagte etwa in Höhe der Geldleistungen der Kas- senärztlichen Vereinigung berech- tigt ist, die nach dem Arbeitsver- trag geschuldeten Bezüge des Klä- gers zu kürzen, sowie ggf. für die Frage, ob insoweit den Untersuch- ten der Kläger persönlich oder der Beklagte zivilrechtlich haftet.

2. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, eine Nebentätig- keit des Klägers komme vorliegend nicht in Betracht, da der Kläger zur Durchführung der Untersuchungen schon nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet sei und damit die Durchführung der Untersuchungen zu den allgemeinen dienstlichen Pflichten des Klägers gehöre. Zu- dem sei die Durchführung der Un- tersuchungen Bestandteil der nach dem jeweiligen Klinikaufnahme- vertrag geschuldeten Leistungen des Krankenhausträgers, auf die der Patient einen entsprechenden zivilrechtlichen Anspruch habe.

Gegenstand einer Nebentätigkeit könne jedoch niemals eine Lei- stung sein, die der Krankenhaus- träger den Patienten selbst schul- de. Die Bestimmungen des Zweiten

Kran kenversicheru ngsänderungs- gesetzes, durch die die Vorsorge- untersuchungen eingeführt worden seien, hätten nicht in bestehende Arbeitsverträge eingreifen können.

Diesen Rechtsausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden.

Zunächst verkennt das Landesar- beitsgericht, daß der unstreitig

schon im Jahre 1970 abgeschlos- sene schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien keine Bestimmung dar- über enthält, daß der Kläger die streitbefangenen Vorsorgeuntersu- chungen durchzuführen hat; eine entsprechende vertragliche Verein- barung konnte zu dieser Zeit auch zwischen den Prozeßparteien noch nicht abgeschlossen werden, weil damals das Zweite Krankenver- sicherungsänderungsgesetz, das erstmalig derartige Vorsorgeunter- suchungen als Gegenstand der ge- setzlichen Krankenversicherung eingeführt hat, noch nicht in Kraft getreten war. Das Landesarbeits- gericht hat aber auch nicht etwa angenommen, daß der Arbeitsver- trag der Parteien im Wege entspre- chenden konkludenten Verhaltens auch auf die Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen erstreckt worden sei, wogegen insbesondere der unstreitige Umstand spricht, daß die Vornahme der streitbefan- genen Untersuchungen dem Kläger von der Kassenärztlichen Vereini- gung als Bestandteil der kassen- ärztlichen Versorgung, also als öf- fentlich-rechtliche Aufgabe, übertra- gen worden ist.

Vielmehr hat nach den von den Parteien nicht gerügten Feststel- lungen des Landesarbeitsgerichts und auch nach dem Inhalt des Schreibens des Beklagten an den Kläger vom 11. März 1972 der Be- klagte in seiner Eigenschaft als Ar- beitgeber seinerseits den Kläger angehalten, die ihm von der Kas- senärztlichen Vereinigung nach den Bestimmungen des Sozialver- sicherungsrechts übertragenen Vorsorgeuntersuchungen durchzu- führen, woraus das Landesarbeits- gericht eine entsprechende Ver- tragspflicht des Klägers herleitet.

Dabei ist jedoch entscheidungser- heblich, daß der Beklagte dem Klä- ger hierbei nicht unabhängig von oder gar im Widerspruch zu dem dem Kläger von der Kassenärztli- chen Vereinigung nach öffentli- chem Recht erteilten Auftrag An- weisungen erteilen oder sein Di- rektionsrecht als Arbeitgeber aus- üben konnte.

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Das ergibt sich aus den Bestim- mungen des am 1. Juli 1971 in Kraft getretenen Zweiten Kranken-

versicherungsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 1970 (BGBI.1 S. 1770). Dadurch wurden als neue Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen erstmals Maßnah- men zur Früherkennung von Krank- heiten eingeführt, darunter auch solche zugunsten von Kindern (§ 181 Abs. 1 Ziff. 1 RVO). Hierbei handelt es sich um eine kassen- ärztliche Angelegenheit bzw. einen Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 16. Aufl., Teil 1 § 181 Anm. 1; auch Dersch- Knoll-Brockhoff-Schieckel-Schroe- ter-Völcker, Gesamtkommentar zur RVO, § 181 Anm. 7 und § 368 Anm. 8), was sich auch aus § 181 Abs. 2 S. 2 sowie dem neueinge- führten § 368 p Abs. 5 RVO und ins- besondere § 368 Abs. 2 S. 1-2 RVO ergibt, wonach zu der zur kassenärztlichen Versorgung gehö- rigen ärztlichen Behandlung auch die Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten zählen, zu denen unstreitig die streitbefangenen Vor- sorgeuntersuchungen an Säuglin- gen gehören, die entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen erlassenen Richtlinien durchge- führt werden (vgl. Peters, a. a. 0.,

§ 368 p 4 hh). Dabei stellen die ge- setzlichen Vorschriften ersichtlich nicht darauf ab, wo die Vorsorge- untersuchungen an Säuglingen durchgeführt werden.

Da seit geraumer Zeit die Mehr- zahl der Kinder nicht mehr im El- ternhaus, sondern in Krankenhäu- sern geboren wird, haben die Kas- senärztliche Bundesvereinigung sowie die Verbände der gesetzli- chen Krankenkassen nach Maßga- be der gesetzlichen Vorschriften den § 10 a des Bundesmantel- vertrages Ärzte/RVO-Kassen dahin ergänzt:

,Die Neugeborenen-Erstuntersu- chung nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen können diejenigen Ärzte ausführen, die die Geburt lei- ten, auch wenn sie zur kassenärzt-

lichen Tätigkeit nicht zugelassen oder an ihr nicht beteiligt sind' (Abs. 2).

,Die Neugeborenen-Basisuntersu- chung nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen können in Entbin- dungs- und Krankenanstalten die- jenigen Ärzte ausführen, die die Säuglingsstation leiten oder ver- antwortlich betreuen, auch wenn sie zur kassenärztlichen Tätigkeit nicht zugelassen oder an ihr nicht beteiligt sind' (Abs. 3).

Weil die zuständige Kassenärztli- che Vereinigung beim Kläger, wie nunmehr auch der Beklagte nicht mehr bestreitet und insbesondere aus der entsprechenden Bescheini- gung des Chefarztes der geburts- hilflich-gynäkologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses des Be- klagten vom 12. November 1973 er- sichtlich ist, die vorstehenden Vor- aussetzungen als erfüllt angesehen hat, hat sie ihm und seinen Kolle- gen nach den gesetzlichen Bestim- mungen und den danach ergange- nen Ausführungsvorschriften ei- genverantwortlich die Durchfüh- rung der Neugeborenen-Erstunter- suchungen U 1 sowie der Neuge- borenen-Basisuntersuchungen U 2 übertragen, was danach rechtlich möglich ist, obwohl der Kläger kein Kassenarzt ist.

Damit ist dem Kläger wirksam und in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung nach öffentlichem Recht eine kassenärztliche Aufga- be eigenverantwortlich übertragen worden. Diese Tätigkeit des Klä- gers ist daher auch auf Grund ihrer öffentlich-rechtlichen Regelung und ihrer Bindung an die Weisungen der Kassenärztlichen Vereinigung als Auftraggeber der privatrechtli- chen Regelungsbefugnis der Par- teien entzogen. Insbesondere ist es dem Beklagten versagt, im Wege des arbeitgeberischen Direktions- rechts selbst Art und Umfang der Untersuchungen näher zu bestim- men, da insoweit die auf Grund der Reichsversicherungsordnung er- gangenen Vorschriften des öffent- lichen Rechts vorgehen.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Untersuchungen von der Kassenärztlichen Vereini- gung dem Beklagten als Kranken- hausträger bzw. dem Chefarzt übertragen worden wären, was je- doch vorliegend unstreitig nicht geschehen ist. Unter den gegebe- nen Umständen erledigt der Kläger also mit der Durchführung der Vor- sorgeuntersuchungen eine Aufga- be, die ihm allein als kassenärztli- che Angelegenheit nach Bestim- mungen des öffentlichen Rechts ei- genverantwortlich von der dafür zuständigen Kassenärztlichen Ver- einigung übertragen worden ist und die deswegen nicht Gegen- stand arbeitsvertraglicher Rege- lung durch die Parteien sein kann.

Wenn der Kläger daher nachträg- lich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch von seinem beklagten Arbeitgeber an- gehalten worden ist, die Untersu- chungen im Sinne der Weisungen der Kassenärztlichen Vereinigung vorzunehmen, so ändert das an der aufgezeigten Rechtslage nichts;

der in diesem Sinne ergänzte Ar- beitsvertrag der Parteien hat inso- weit allenfalls bestätigenden Cha- rakter.

Kann aber aus den dargelegten Rechtsgründen keine von dem öf- fentlich-rechtlichen Auftrag losgelö- ste privatrechtliche Verpflichtung des Klägers zur Durchführung der Untersuchungen aus seinem Ar- beitsvertrag bestehen, so handelt es sich dabei, wie der Kläger mit Recht annimmt, um Aufgaben, die nur als Nebentätigkeit von ihm er- ledigt werden können, wozu er da- her folgerichtig mit dem ersten Klageantrag die entsprechende Genehmigung des Beklagten be- gehrt.

Dabei ist davon auszugehen, daß auf Grund entsprechender vertragli- cher Vereinbarung zwischen den Parteien der BAT und damit auch dessen § 11 gilt, der für Nebentä- tigkeiten des Angestellten auf die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen verweist. Damit wird zugleich auf die Sonderregelungen für Ärzte

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Früherkennung im Krankenhaus

und Zahnärzte SR 2 c BAT verwie- sen, die unter Nr. 5 Abs. 1 vorse- hen, daß angestellte Ärzte vom Ar- beitgeber verpflichtet werden kön- nen, von einem Dritten angeforder- te Gutachten, gutachtliche Äuße- rungen und Ausarbeitungen zu er- stellen, und zwar auch als Nebentä- tigkeit, woraus ersichtlich wird, daß nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien derartige Aufgaben von angestellten Ärzten nicht nur im Rahmen ihrer allge- meinen arbeitsvertraglichen Pflich- ten, sondern unabhängig davon im Wege einer Nebentätigkeit erfüllt werden sollen.

Im übrigen verweist § 11 BAT vor- liegend auf das Landesbeamten- recht von Schleswig-Holstein, das die Fragen der Nebentätigkeit von Beamten in den §§ 80 ff. des Lan- desbeamtengesetzes vom 10. Mai 1971 (GVBI. S. 253) regelt. Zwar be- darf danach eine Nebentätigkeit des Beamten grundsätzlich der Ge- nehmigung (§ 81 Abs. 1 Ziff. 2). Die Genehmigung darf jedoch nach

§81 Abs. 2 des Gesetzes nur ver- sagt werden, wenn zu besorgen ist, daß die Nebentätigkeit die dienstli- chen Leistungen, die Unparteilich- keit oder die Unbefangenheit des Beamten oder andere dienstliche Interessen beeinträchtigen würde.

Derartige Versagungsgründe hat der Beklagte nicht vorgebracht.

Insbesondere werden offensicht- lich durch die vom Kläger bean- tragte Genehmigung auch keine ,sonstigen Interessen' des Beklag- ten beeinträchtigt. Das ist schon daraus ersichtlich, daß, weil dem Beklagten als Krankenhausträger die Durchführung der Vorsorgeun- tersuchungen selbst nicht übertra- gen worden ist, andernfalls die Vorsorgeuntersuchungen im Ge- gensatz zum Willen des Gesetzge- bers im Krankenhaus des Beklag- ten überhaupt nicht durchgeführt werden könnten. Auch insoweit kann sich der Beklagte aus den schon dargelegten Gründen nicht darauf berufen, dem Kläger obliege die Durchführung der Untersu- chungen schon als arbeitsvertragli- che Pflicht.

Entgegen der Meinung des Lan- desarbeitsgerichts und des Beklag- ten kann auch aus § 3 der das Lan- desbeamtengesetz ergänzenden Verordnung über die Nebentätig- keit der Beamten und Richter vom 13. September 1965 (GVBI. Schles- wig-Holstein 5. 85) nichts Gegen- teiliges hergeleitet werden. Danach sollen Aufgaben, die für das Land, eine Gemeinde, einen Gemeinde- verband oder eine sonstige der Aufsicht des Landes unterstehende Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts wahrge- nommen werden, grundsätzlich Hauptämtern eingeordnet und nicht als Nebentätigkeit zugelassen werden. Abgesehen davon, daß es sich hierbei um eine Sollvorschrift handelt, verkennen sowohl das Landesarbeitsgericht als auch der Beklagte, daß die Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen keine Aufgabe des Landes Schleswig- Holstein, des beklagten Kreises oder einer sonstigen von der Vor- schrift erfaßten Körperschaft, An- stalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist, sondern eine solche der kassenärztlichen Versorgung und damit der Kassenärztlichen Verei- nigung. Da mithin kein gesetzlicher Grund zur Versagung der von dem Kläger begehrten Genehmigung zur Durchführung der Untersu- chungen im Wege der Nebentätig- keit vorliegt, ist der erste Klagean- trag, wie schon das Arbeitsgericht mit Rechtausgeführt hat, begründet.

Die hiergegen vom Beklagten vor- gebrachten Einwendungen sind un- begründet. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die Vor- sorgeuntersuchungen während des Krankenhausaufenthaltes von Mut- ter und Kind und damit als Be- standteil des Krankenhausaufent- haltes durchzuführen seien. Das ist zwar der tatsächlichen Übung nach zutreffend, rechtlich jedoch bedeu- tungslos, weil der Gesetzgeber aus den dargelegten Gründen die Vor- sorgeuntersuchungen U 1 und U 2 wie andere Vorsorgeuntersuchun- gen nicht der Krankenhauspflege, sondern der kassenärztlichen Ver- sorgung zugeordnet hat, wogegen auch irgendwelche allgemeinen

rechtlichen Bedenken, auch solche verfassungsrechtlicher Art, nicht bestehen. Davon gehen neben dem Arbeitsgericht auch mehrere So- zialgerichte, deren Urteile dem Senat vorliegen, zutreffend aus.

Rechtsunerheblich ist, wie zu ent- scheiden wäre, wenn vorliegend dem Beklagten, worum er sich be- müht, als Krankenhausträger selbst die Durchführung der Vorsorgeun- tersuchungen übertragen worden wäre, denn unstreitig ist das vorlie- gend nicht bzw. noch nicht ge- schehen. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Übertragung der Untersuchungen auf den Be- klagten als Krankenhausträger rechtlich möglich wäre (vgl. dazu

§ 10 a Abs. 5 des Bundesmantelver- trages), worüber zudem im Streit- falle durch die Sozialgerichte ent- schieden werden müßte. Darauf, daß der Kläger ähnliche Untersu- chungen schon vor dem Inkrafttre- ten des Zweiten Krankenversiche- rungsänderungsgesetzes ausgeführt hat, kommt es ebenfalls nicht an, weil es dabei früher um Verpflich- tungen aus dem Arbeitsvertrag, nunmehr jedoch um Leistungen geht, die er nach öffentlichem Recht und nach den entsprechen- den Weisungen der Kassenärztli- chen Vereinigung zu erbringen hat.

Unerheblich ist im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsge- richts sowie des Beklagten weiter- hin, welche Vereinbarungen inso- weit zwischen Patienten und Kran- kenhausträger getroffen zu werden pflegen und welche entsprechenden Regelungen für Privatpatienten be- stehen, da es vorliegend allein um die Durchführung der Vorsorgeun- tersuchungen an Pflichtversicherten geht.

Zwar hebt der Beklagte in der Re- visionserwiderung an sich zutref- fend hervor, daß im allgemeinen Tätigkeiten eines Arbeitnehmers, die er im Auftrage seines Arbeitge- bers gegenüber Dritten nach Maß- gabe seines Arbeitsvertrages lei- stet, nicht als Nebentätigkeit in Be- tracht kommen. Demgegenüber be- steht jedoch vorliegend ein we- sentlicher Unterschied sowohl in rechtlicher als auch in tatsächli-

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cher Beziehung: Die Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen ist nämlich vorliegend nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmun- gen allein dem Kläger und seinen Kollegen und gerade nicht dem Krankenhausträger verantwortlich übertragen worden. Der Kranken- hausträger ist somit rechtlich über- haupt nicht in der Lage, seinerseits den in seinem Krankenhaus gebo- renen Säuglingen bzw. ihren Eltern als gesetzlichen Vertretern die ih- nen nach der RVO als Pflichtversi- cherten zustehenden Leistungen zu erbringen. Demgegenüber ist unbe- achtlich, daß unter praktisch-medi- zinischen Gesichtspunkten natür- lich auch der Krankenhausträger die Untersuchungen durchführen kann und durchführen läßt. Ent- scheidend ist jedoch, daß die Un- tersuchungen, wie es die gesetzli- chen Bestimmungen gestatten, von der dafür zuständigen Kassenärztli- chen Vereinigung vorliegend nicht dem Beklagten als Krankenhaus- träger, sondern allein dem Kläger übertragen worden sind, was in der Revisionserwiderung verkannt wird. Dabei ist es, wie schon das Arbeitsgericht zutreffend bemerkt, den Gerichten versagt, über die Zweckmäßigkeit und Praktikabilität sowohl der gesetzlichen Regelung als auch der danach vorgenomme- nen Maßnahmen der Kassenärztli- chen Vereinigung zu entscheiden.

Darüber, welche Rechtsfolgen ein- träten, wenn in Zukunft auch der Krankenhausträger zur Durchfüh- rung der Untersuchungen von der zuständigen Kassenärztlichen Ver- einigung ermächtigt würde, braucht nicht entschieden zu wer- den, weil es dafür vorerst unstreitig an den tatsächlichen Vorausset- zungen fehlt. Die vom Beklagten in der Revisionsinstanz zitierte Ent- scheidung des Bundessozialge-

richts vom 18. September 1973 (BSGE 36, 146) behandelt zwar in anderem Zusammenhang Rechts- fragen des § 182 RVO, gibt jedoch entgegen der Meinung des Beklag- ten für die Entscheidung des vor- liegenden Rechtsstreits keine An- haltspunkte.

3. pp."

Bundesarbeitsgericht — Urteil vom 11. Dezember 1974 — 4 AZR 158/74 Anmerkung:

In Ergebnisübereinstimmung zu dem vorstehenden Urteil des Bun- desarbeitsgerichts hat das BSG am 8. August 1975 in den Sachen 6 R Ka 1 und 5/74 über die zugrun- de liegenden kassenarztrechtlichen Fragen der Zuordnung der Maßnah- men U 1 und U 2 soweit sie in Krankenhäusern ausgeführt wer- den — entschieden. Diese — auch vom Bundesarbeitsgericht als maß- geblich beurteilten — öffentlich- rechtlichen Fragen sind in der vor- stehenden arbeitsgerichtlichen Entscheidung ledigliöh in einen Ar- beitsrechtsstreit zwischen Kran- kenhausarzt und Krankenhausträ- ger eingekleidet. Die Entscheidun- gen des BSG, welche Streitigkeiten zwischen Kassenärztlichen Vereini- gungen und Krankenkassen rechts- kräftig abschlossen, werden nach Vorliegen der schriftlichen Urteils- gründe hier veröffentlicht werden (vgl. auch DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT 1975, Heft 37, S. 2511).

Anschrift des Verfassers:

Rechtsanwalt Dr. Jürgen W. Bösche 5 Köln 41

Haedenkampstraße 3

ZITAT

Breiter Beamtenbuckel

„Auch Mieterstreitigkeiten sollen oftmals auf dem Rük- ken der Behörde ausgetragen werden. Ebenso werden Ba- gatellfälle, wie die abendli- che Toilettenspülung oder das Klappen der Gartentür beim Nachbarn, an die Lärm- fachleute herangetragen."

Die Berliner Senatsverwal- tung für Gesundheit und Um- weltschutz in einem Bericht im Landespressedienst Nr.

147/1975.

Kassenärztliche Bundesvereinigung

Vereinbarung

mit der Bundesknappschaft

Zwischen der Bundesknappschaft, K. d. ö. R., Bochum, und der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung, K. d. ö. R., Köln, wird in Ergänzung zum Vertrag vom 18. Juni 1970 zwi- schen der Bundesknappschaft und der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung folgende Vereinbarung ge- troffen:

1. Die Bundesknappschaft schließt sich dem Vertrag über badeärztli-

che Behandlung vom 31. Juli 1975 zwischen den Bundesverbänden der Orts-, Betriebs-, Innungs- und landwirtschaftlichen Krankenkas- sen und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung — unter Beteili- gung des Verbandes Deutscher Badeärzte — in seiner jeweiligen Fassung an.

2. Diese Vereinbarung tritt am 1.

Juli 1975 in Kraft; sie löst die bis- herige Vereinbarung vom 24. März 1972 ab.

3. Die Vereinbarung kann von der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung und der Bundesknappschaft mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluß eines Kalenderjahres gekündigt werden.

Bochum/Köln, den 8. September 1975

Bundesknappschaft K. d. ö. R.

Die Geschäftsführung gez. Emmerich

Erster Direktor i. A. gez. Jebbink Abteilungsdirektor Kassenärztliche Bundesvereinigung

K. d. ö. R.

gez. Dr. Muschallik

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