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Archiv "Phase 2: Jetzt Gesetzes-Druck aufs Krankenhaus" (05.01.1978)

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Die Novelle zum Krankenhausfi- nanzierungsgesetz soll — den Ankündigungen des Bundesar- beitsministeriums zufolge — spätestens zum 1. Januar 1979 in Kraft treten. Der stationäre Sek- tor soll in das „Kostendämp- fungsprogramm" der Bundesre- gierung einbezogen werden.

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Phase 2:

Jetzt

Gesetzes-Druck aufs

Krankenhaus

Kontroverse „Reform"-Vorschläge zum Auftakt der Novellierung

des Krankenhausfinanzierungsgesetzes

Das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), anläßlich des Inkraft- tretens 1973 von seinen Initiatoren noch als „Jahrhundertgesetz"

gepriesen, hat nicht erst seit der heißgelaufenen Diskussion um die

„Kostendämpfung" im Gesundheitswesen einen Großteil seines Nimbus eingebüßt. Bereits der Ende Dezember 1975 vorgelegte

„Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Kranken- hausfinanzierungsgesetzes" hatte erstmals auch amtlicherseits bestätigt, daß die jüngste Krankenhausfinanzierungs-Gesetzgebung mit einer Reihe von Mängeln und Lücken behaftet ist und wesentli- che Ziele des Gesetzes noch nicht im entferntesten erreicht sind.

Krankenhäuser, Verwaltungen, Krankenhauspersonal und Ärzte- schaft haben indes die für das Gesundheitswesen verantwortlichen

Minister und Senatoren in Bund und Ländern rechtzeitig auf die Versäumnisse hingewiesen und verdeutlicht, wie Krankenhausstruk- tur und Krankenhausfinanzierung verbessert werden könnten, ohne das international anerkannt hohe Leistungsniveau abzusenken.

Tatsache ist: Das 1972 verabschiedete Krankenhausfinanzierungs- gesetz (KHG) und die am 1. Januar 1974 in Kraft getretene Bundes- pflegesatzverordnung (BPfIV) haben zwar zu einer stärkeren finan- ziellen Absicherung der Krankenhäuser geführt und die personelle und sachliche Ausstattung wesentlich verbessert, zugleich aber infolge der Einführung vollkostendeckender, pauschalierter Pflege- sätze und infolge einer weitgehenden Abschaffung der herkömmli- chen Betriebskostenzuschüsse der öffentlichen Träger — zumindest rechnerisch jetzt für jeden sichtbar geworden — eine spürbare Erhö- hung der Pflegesätze und damit eine stärkere Belastung der Bei- tragszahler bewirkt. Bund, Länder und Gemeinden haben seit Inkrafttreten des Gesetzes insgesamt mehr als 17 Milliarden DM für Investitionen im Krankenhauswesen bereitgestellt. Durch den dadurch ermöglichten „Bauboom" wurde der Trend zum Großkran- kenhaus begünstigt. Teilweise wurden auch sektorale und regionale Überkapazitäten geschaffen, die die Länder veranlaßten, die Kran-

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung Krankenhausfinanzierung

kenhausbedarfsplanung zu über- prüfen und — wenn auch nicht im- mer sachgerecht — Maßnahmen zur Umstrukturierung des gesam- ten Leistungsangebotes einzulei- ten. Sehr schnell ist offenbar die

„Reformeuphorie" in eine „Spar- hysterie" umgeschlagen mit der Folge, daß viele kleinere Hospitä- ler, insbesondere die kostenspa- renden, bürgernahen Belegkran- kenhäuser, freigemeinnützigen und privaten Anstalten finanziell so benachteiligt wurden, daß sie inzwischen ihre Pforten haben schließen müssen oder ihre Häu- ser in reine Alten- und Pflegehei- me umgewandelt haben.

Heute kann das bundesdeutsche Krankenhaus mit einem ein- drucksvollen Standard an perso- neller, medizinischer, medizi- nisch-technischer und apparativer Ausstattung aufwarten: Die 3481 Krankenhäuser in der Bundesre- publik Deutschland verfügen über rund 730 000 Betten. Die Zahl der stationär behandelten Bundesbür- ger stieg von 7,7 Millionen im Jahr 1963 auf über 11 Millionen Patien- ten im Jahr 1977. Die Zahl der ge- leisteten Pflegetage erhöhte sich von 206 Millionen im Jahr 1963 auf schätzungsweise 230 Millionen im Jahr 1977. Gleichzeitig ging die durchschnittliche Verweildauer in Akutkrankenhäusern von 20,7 Ta- gen (1963) auf 16,3 im Jahr 1976 zurück. Der Dienstleistungsbetrieb

„Krankenhaus" erzielt zur Zeit ei- nen Jahresumsatz von 33 Milliar- den DM — bei einem Anlagevermö- gen von 108 Milliarden DM und mehr als 700 000 Beschäftigten.

Die Pflegesätze liegen heute im Durchschnitt bei 140 DM in der allgemeinen Pflegeklasse, in der Spitze sogar bei rund 240 DM.

Die Kehrseite der Medaille: Für die Krankenkassen ist heute die „sta- tionäre Krankenhausbehandlung"

der größte Ausgabenposten. 1977 dürften dafür mehr als 20 Milliar- den DM ausgegeben worden sein.

Für 1980 erwarten die Kranken- kassen mit 33,8 Milliarden DM mehr als das Doppelte von 1974.

Mit der für dieses Jahr geplanten Novellierung des Krankenhausfi- nanzierungsgesetzes will der Bon- ner Gesetzgeber den gordischen Knoten von Leistungsdruck und Trend zur Kostenbegrenzung lö- sen. Noch im Januar dürfte mit dem Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zu rechnen sein.

Ob auch eine Novellierung der Bundespflegesatzverordnung in Angriff genommen wird, ist gegen- wärtig noch nicht abzusehen, ob- gleich dies von der Sache her ebenfalls geboten wäre. Bundes- arbeitsminister Dr. Ehrenberg, der bereits im „Krankenversiche-

ru ngs-Kostendämpfu ngsgesetz"

(KVKG) versucht hatte, die Kran- kenhäuser in das gesetzliche Pro- gramm zur Kostenbegrenzung einzubinden, sieht sich bereits zum Auftakt der Novellierungsde- batte mit einer Vielzahl von Forde- rungen und Wünschen konfron- tiert: Sowohl die Spitzenverbände der Krankenkassen als auch die Deutsche Krankenhausgesell- schaft, die Ärzteschaft und die Länder haben zum Teil detaillierte Vorschläge veröffentlicht und ihre Interessenlage kundgetan. Dieses Vorgehen dürfte zwar das „Brain- storming" im Bundesarbeitsmini- sterium nicht gerade erleichtern, kann aber möglicherweise bei der Reform der Krankenhausfinanzie- rung einen unfairen „Ringtausch"

zu Lasten eines der Beteiligten und zugunsten eines Dritten (bei- spielsweise Entlastung öffentli- cher Haushalte von Krankenhaus- investitionskosten) erschweren oder gar verhindern.

Bereits nach der Abkopplung des Krankenhausteils vom „Kosten- dämpfungsgesetz" hat der Bun- desarbeitsminister angekündigt, die KHG-Novelle „zügig", aber nicht unter Zeitdruck vorzulegen, so daß bis zum 1. Januar 1979 auch im Krankenhausbereich „ko- stendämpfende" Gesetzesvor- schriften in Kraft gesetzt werden können. Die jetzt beginnenden vorparlamentarischen und parla- mentarischen Beratungen werden erweisen müssen, ob tatsächlich

für alle Beteiligten annehmbare Kompromisse erreicht werden oder ob wieder einmal einzelne In- teressengruppen versuchen wer- den, „geschickt" Feder zu führen.

(Das Beispiel der Vorgeschichte und der Durchsetzung des „Ko- stendämpfungsgesetzes" ist noch in allzu unangenehmer Erinne- rung!)

Einnahmenorientierte Ausgabenpolitik

Erklärtes Ziel der sechs Kassen- spitzenverbände ist es, die Ausga- ben der Krankenhäuser künftig an den Einnahmen der Kassen zu orientieren, wie dies bereits weit- gehend für den ambulanten Be- reich gesetzlich verankert ist. Dies dürfte jedoch in krassem Wider- spruch zu dem für die Kran- kenhäuser gesetzlich verankerten Kostendeckungsprinzip stehen.

Denn nach dem KHG sind kosten- deckende Pflegesätze zu zahlen, auch wenn deren Anstieg nicht dem Wachstum der Grundlohn- summe oder den Daten des Jah- reswirtschaftsberichts entspricht.

Die Krankenhausgesellschaft hat dem Begehren der Krankenkassen bereits widersprochen und betont, daß tiefgreifende Einwirkungen in den innerbetrieblichen Bereich des Krankenhauses unnötig seien und an der Gesamtstruktur unse- res gegliederten Krankenhauswe- sens festgehalten werden müsse.

Sie sind zwar bereit, die Pflegesät- ze mit den Krankenkassen auszu- handeln. Sollte es dabei jedoch zu keiner Einigung kommen, müßten die Länder die Pflegesätze festset- zen. Auch Länder und Gemeinden pochen offensichtlich darauf, die letzte Verantwortung für die Höhe der Pflegesätze zu behalten, da sie bei nichtkostendeckenden Sätzen zusätzliche finanzielle Verpflich- tungen zur Sicherung der Kran- kenhäuser zu erwarten hätten.

An dem allgemein anerkannten Grundsatz, daß der Staat auch weiterhin die Investitionskosten

• Fortsetzung auf Seite 7

2 Heft 1 vom 5. Januar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

SPD verteidigt dualen Finanzierungsmodus für Krankenhäuser

Sowohl der Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft der Sozialde- mokraten im Gesundheitswesen (ASG) als auch Bundesarbeitsmi- nister Dr. Herbert Ehrenberg ha- ben das derzeit praktizierte „dua- le" System der Krankenhausfinan- zierung verteidigt. Auch in Zukunft müßten öffentliche Hände die In- vestitionskosten, die Soziallei- stungsträger hingegen über die Pflegesätze die Benutzerkosten tragen, heißt es in einer Presseer- klärung. Die Sicherung der Kran- kenhausversorgung sei eine öf- fentliche Aufgabe, die auch ein entsprechendes finanzielles Enga- gement von Bund, Ländern und Gemeinden verlange.

Den Vorschlag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), langfristig die gesamte Finanzie- rung über den Pflegesatz abzuwik- keln („monistisches System") be- zeichnete ASG-Bundesvorsitzen- der Dr. med. Fritz Cremer, Leng- furt, als eine „abenteuerliche Fi- nanzmanipulation zu Lasten der Beitragszahler". DÄ

KBV jetzt Mitglied der Rehabilitations- Arbeitsgemeinschaft

Anläßlich ihrer 7. Mitgliederver- sammlung Ende Dezember 1977 in Frankfurt nahm die Bundesar- beitsgemeinschaft für Rehabilita- tion (BfR) die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als Mit- glied auf. Dieser Arbeitsgemein- schaft gehören bereits die Spit- zenorganisationen der Arbeitge- berverbände, der Gewerkschaften sowie der Sozialversicherungsträ- ger sowie die Bundesanstalt für Arbeit und die Länder an.

Mit der Aufnahme der Spitzenor- ganisation der Kassenärzte trägt die Bundesarbeitsgemeinschaft

der Tatsache Rechnung, daß den niedergelassenen Ärzten seit In- krafttreten des „Rehabilitations- Angleichungsgesetzes" am 1. Ok- tober 1974 wesentliche Aufgaben der beruflichen und medizini- schen Rehabilitation Behinderter übertragen wurden.

Auf die neuen Aufgaben und die Interdependenzen der Rehabilita- tion in der freien ärztlichen Praxis und im Krankenhaus wies Prof. Dr.

med. Paeslack, Heidelberg, vor der Arbeitsgemeinschaft hin. Er be- tonte, die Rehabilitation müsse bereits mit der Aufnahme der me- dizinischen Behandlung des Be- hinderten beginnen und nach sta- tionärer Behandlung ambulant kontinuierlich weiter betrieben werden. HC

Erneut Warnung

vor Einheitsversorgung

Die Gesellschaft für Versiche- rungswissenschaft und -gestal- tung, Köln, in der maßgebliche Spitzenorganisationen der Sozial- und Privatversicherung, der Heil- berufe, der Sozialpartner und an- derer Berufsstände zusammenwir- ken, hat die Forderung der Indu- striegewerkschaft Metall, eine ein- heitliche Kranken- und Rentenver- sicherung zu errichten, entschie- den zurückgewiesen. Sie wertet die Forderung als einen „untaugli- chen Versuch, unter dem Deck- mantel einer oberflächlichen Gleichheitsideologie die bewähr- ten, gegliederten Einrichtungen der sozialen Sicherung zu zer- schlagen." Ähnlich wie bereits zu- vor die DAG, die Ersatz-, Betriebs- und Innungskrankenkassen be- fürchtet die Kölner Gesellschaft, daß in dem Maße, wie die Kranken- versicherung zentralisiert und gleichgeschaltet wird, die Wei- chen zur Überleitung in eine „rei- ne Staatsbürgerversorgung" ge- stellt werden. Zudem führe eine solche Monopolisierung nach aller Erfahrung zu einem Verlust an Ef- fektivität und einem Mehr an Ko- sten. DÄ

Hearing zur

Approbationsordnung Mitte Januar

Auf Beschluß des Bundestagsaus- schusses für Jugend, Familie und Gesundheit findet voraussichtlich Mitte Januar 1978 ein Hearing zur Novellierung der Approbations- ordnung für Ärzte auf der Grundla- ge des Antrages der CDU/CSU- Bundestagsfraktion statt.

Die Unionsabgeordneten setzen sich in ihrem Antrag für eine No- vellierung mit dem Ziel ein, die von den Ländern zu erarbeitenden Ausbildungspläne zu koordinie-

ren. Ferner sollen gegebenenfalls die in der Approbationsordnung festgelegten Mindestvorausset- zungen für akademische Lehr- krankenhäuser so geändert wer- den, daß mehr Ausbildungsplätze in Lehrkrankenhäusern bereitge- stellt werden können.

Außerdem wird in dem CDU/CSU- Antrag eine bessere soziale Absi- cherung der Medizinstudenten im Praktischen Jahr gefordert. DÄ

Manteltarifvertrag für Arzthelferinnen ergänzt

Der zur Zeit gültige Manteltarifver- trag für Arzthelferinnen wurde An- fang Dezember durch die Tarifver- tragsparteien durch die Einfügung eines Satzes in § 11 Absatz 8 geän- dert, um mehr Eindeutigkeit herbeizuführen.

Dieser Passus lautet nunmehr:

„Der Arbeitgeber gewährt der Arzthelferin nach einjähriger Tä- tigkeit in derselben Praxis eine vermögenswirksame Leistung in Höhe von monatlich 26 DM. Sie erhöht sich auf 39 DM monatlich nach dreijähriger Tätigkeit in der- selben Praxis, wobei eine Ausbil- dungszeit in derselben Praxis an- zurechnen ist. Dies gilt nicht für Auszubildende." awa

(4)

Die Information:

Bericht und Meinung

Hohe Befreiungsquote in der privaten

Krankenversicherung

Trotz (oder wegen?) tiefgreifender Rechtsveränderungen im Bereich der Krankenversicherung haben sich Anfang 1977 79 Prozent der privat versicherten Angestellten von der Pflichtversicherung be- freien lassen und sind ihrer priva- ten Krankenversicherung (PKV) treu geblieben. Zum 1. Januar 1970 betrug die Befreiungsquote noch 54 Prozent; dieser Prozent- satz hat sich 1974 auf 66 und 1976 auf 73 Prozent erhöht. Der PKV- Verband in Köln führt diese positi- ve Entwicklung vor allem auf den stabilisierten Schadensverlauf in den vergangenen Jahren und die inzwischen erreichte „Kosten- dämpfung" zurück. Der Verband geht davon aus, daß bei einer an- haltend günstigeren Kostenent- wicklung die Sanierungsintervalle in den einzelnen Tarifen in Zukunft wieder länger werden könnten.

Allerdings könne derzeit keine ein- heitliche Zeitangabe gemacht wer- den, weil die letzten Sanierungs- zeitpunkte in den einzelnen Unter- nehmen der privaten Krankenver- sicherung ganz unterschiedlich la- gen. HC

Wissenschaftsrat plädiert für befristete Professorenstellen

Der Wissenschaftsrat hat Empfeh- lungen zur „Struktur des Hoch- schulpersonals" verabschiedet.

Sie richten sich vor allem an die Bundesländer, die bis zum Januar 1979 ihre Hochschulgesetze dem Hochschulrahmengesetz anpas- sen müssen, und zwar auch hin- sichtlich der künftigen Zusam- mensetzung des Personals. Das Hochschulrahmengesetz sieht bundeseinheitlich vor, daß es nur noch vier Personalgruppen an den Hochschulen gibt: Professoren, Hochschulassistenten, wissen- schaftliche Mitarbeiter und Lehr- kräfte für besondere Aufgaben.

Der Wissenschaftsrat — der übri- gens im November 20 Jahre be- stand — empfiehlt, bei der Überlei- tung des derzeitigen Personals drei Grundsätze zu beachten:

> die Flexibilität der Personal- struktur muß weiterhin erhalten bleiben;

> der wissenschaftliche Nach- wuchs, auch der nächsten Gene- ration, muß gefördert werden;

> das entscheidende Kriterium für die Auswahl des Personals hat die wissenschaftliche Qualifikation zu sein.

Entschieden sprechen sich die Empfehlungen gegen eine Erhö- hung des Anteils von Dauerstellen für Wissenschaftler aus. Das führe zu einer „Verholzung der Perso- nalstruktur", einem Verlust der Anpassungsfähigkeit der Hoch- schulen an neue Entwicklungen.

Eine Vermehrung der Dauerstellen würde auch die Chancen der jetzi- gen Schüler- und Studentengene- ration für eine wissenschaftliche Tätigkeit noch weiter einschrän- ken. Demgegenüber hält es der Wissenschaftsrat mit auf wenige Jahre befristeten Professorenstel- len für habilitierte Nachwuchskräf- te. Die Zahl der Stellen für Hoch- schulassistenten soll so bemessen werden, daß ein ausreichender Leistungswettbewerb möglich ist.

Der Wissenschaftsrat spricht sich daher gegen eine enge Anlehnung der Zahl der Stellen für Hoch- schulassistenten an die in abseh- barer Zeit frei werdenden Profes- suren aus. Wissenschaftliche Nachwuchskräfte werden auch zu- künftig außerhalb der Hochschu- len in Forschungseinrichtungen, Staat und Wirtschaft Tätigkeiten ausüben. Der Wissenschaftsrat hält es für besonders wichtig, daß in Professorenstellen nur solche Wissenschaftler übernommen werden, deren Qualifikation nach den gleichen Regeln wie bei Neu- einstellungen überprüft worden ist. Das erfordere mindestens ein berufungsähnliches Verfahren mit auswärtigen Gutachtern. EB

NIEDERSACHSEN

„Compartment-System"

in Erprobung

Das St.-Willehad-Hospital in Wil- helmshaven hat erstmals einen Versuch gestartet, Wöchnerin- nen-, Kinder- und Pflegezimmer baulich zu einer Einheit (soge- nannte Compartments) zusam- menzufassen.

Dadurch wird dem Wunsch vieler Wöchnerinnen Rechnung getra- gen, von der ersten Stunde nach der Geburt ihr Neugeborenes im eigenen Ruhe- und Pflegeraum bei sich zu haben. Dies wird auch von Kinderärzten befürwortet. Für Mütter, die wegen einer besonders schweren Geburt oder aus ande- ren medizinischen Gründen grö- ßerer Ruhe und Pflege bedürfen, werden besondere Räume vorge- halten. Mit dem Krankenhaus ist eine Sozialstation verbunden, die sich aktiv in die Wöchnerinnenhil- fe einschaltet. HC

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Lehrauftrag

für Allgemeinmedizin auch in Lübeck

Seit Beginn des Wintersemesters 1977 können die Studenten der Medizinischen Hochschule Lü- beck Vorlesungen im Fach „Allge- meinmedizin" hören.

Nach der Universität Kiel hat auch die Medizinische Hochschule Lü- beck einen Lehrauftrag für Allge- meinmedizin erteilt, und zwar an drei Lübecker Kassenärzte. Die Ärzte für Allgemeinmedizin Dr.

Carsten Groth, Dr. Wolfgang Bre- dow und Dr. Diedrich Dieckhoff haben diesen Auftrag, der mit fi- nanzieller Unterstützung durch die Kassenärztliche Vereinigung und das Zentralinstitut für die kassen- ärztliche Versorgung in der Bun- desrepublik Deutschland (Köln) verbunden ist, übernommen. >

AUS DEN BUNDESLÄNDERN NACHRICHTEN

4 Heft 1 vom 5. Januar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Bericht und Meinung BRIEFMARKEN

Nach Mitteilung von Dr. Groth ha- ben bereits mehr als fünfzig Stu- dierende von diesem neuen Lehr- angebot Gebrauch gemacht.

Jeweils drei bis vier Patienten mit Krankheitsbildern aus der Allge- meinpraxis werden den Hörern in einer Vorlesung vorgestellt. Dar- über hinaus sind Exkursionen der Studenten außerhalb der Hoch- schule geplant. Die Kassenärztli- che Vereinigung Schleswig-Hol- stein begrüßte, daß jetzt an beiden Hochschulen des Landes Lehrauf- träge für Allgemeinmedizin einge-

richtet sind (in Kiel ist Dr. Gernot Fetscher bereits seit drei Jahren als Lehrbeauftragter tätig). yn

BADEN-WÜRTTEMBERG

Wieder Oberrheinischer Ärztetag durchgeführt

Nach jahrzehntelanger Unterbre- chung hat die Bezirksärztekam- mer Südbaden die Tradition der

„Oberrheinischen Ärztetage" wie- der aufgegriffen. Zum ersten Male seit mehr als vierzig Jahren fand jetzt in Badenweiler eine solche Veranstaltung statt. Das Pro- gramm umfaßte neben Fortbil- dungsveranstaltungen einen Fest- vortrag des Freiburger Geogra- phen Prof. Keller über die Land- schaften zwischen Rhein und Schwarzwald.

Anläßlich der Wiederaufnahme der fast hundertjährigen Tradition hat die Bezirksärztekammer Südba- den zu Ehren des Landarztes und Herzforschers Professor Albert Fraenkel, der früher in Badenwei- ler praktiziert hat, die Albert- Fraenkel-Plakette gestiftet. Die er- sten Träger dieser neuen Aus- zeichnung sind der Vizepräsident der Bezirksärztekammer, Prof. Dr.

Hugo Steim, Freiburg, und Dr.

Georg Völker, Gutach im Breisgau.

Der erste Oberrheinische Ärztetag hatte 1878 stattgefunden, als, wie

es damals in den „Ärztlichen Mit- theilungen aus Baden" hieß, „der Verein Freiburger Ärzte sich ent- schloß, alle im Gebiete des oberen Rheines wirkenden Fachgenossen zu gemeinsamen Tagen ... zu la- den". ÄK-S

HESSEN

2055 neue Arbeitsplätze für Behinderte

Insgesamt 2055 neue Arbeitsplätze für Behinderte werden gegenwär- tig in Hessen mit einem finanziel- len Gesamtaufwand von 72,5 Mil- lionen DM (1977) geschaffen. Wie der hessische Sozialminister Ar- min Clauss betonte, verfügt das Land Hessen über rund 5700 Ar- beitsplätze, wenn die jetzt einge- leiteten 16 neuen Baumaßnahmen abgeschlossen sind. In der End- ausbaustufe besitzt das Land 58 Werk- und Beschäftigungsstätten für Behinderte. Rund 1000 Plätze sind in überregionalen Einrichtun- gen vorgesehen. HC

BERLIN

Krankenhausabfälle kosten 7 Millionen DM im Jahr

Die Beseitigung der Abfälle der Berliner Krankenhäuser kostet nach Berechnungen der Senats- verwaltung für Gesundheit und Umweltschutz zur Zeit etwa 6,5 Millionen DM im Jahr (363 DM je Tonne). Diese Kosten werden auf 7 Millionen DM (394 DM je Tonne) ansteigen, wenn ein neues Beseiti- gungsverfahren eingeführt wird, das umweltfreundlicher und hy- gienisch sicherer sein soll. Dabei ist daran gedacht, hausmüllähn- liche Abfälle durch die Berliner Stadtreinigung beseitigen zu las- sen, während für die Naßabfälle eine zentrale Verbrennungsanlage gebaut werden soll. Infektiöser Abfall landet nach dem Sterilisie- ren in Autoklaven mit normalem Hausmüll auf Deponien in der DDR LPD

Zu Ehren von

Johann Andreas v. Segner

Aus Anlaß der 200. Wiederkehr des Todestages von Johann Andreas von Segner am 5. Oktober gab die ungarische Postverwaltung zwei Gedenkbriefmarken heraus. Der

am 9. Oktober 1704 in Preßburg geborene Arzt hat sich als Erfin- der, Mathematiker und Physiker große Verdienste erworben. Nach seiner Promotion 1730 (in Jena) zum Doktor der Medizin wurde er 1735 an die neugestiftete Universi- tät Göttingen als Professor der Na- turlehre und Mathematik berufen.

Zugleich hielt er an der Medizini- schen Fakultät Vorlesungen.

Segners bedeutendste Erfindung ist das nach ihm benannte Reak- tionsrad, welches auf dem Abstoß- prinzip beruht — ein Vorläufer der heutigen Turbine. Prof. Dr. med.

Segner wird als Vorläufer von technischen Erfindungen des Zeit- alters der Düsenflugzeuge und In- terplanetarraketen bezeichnet.

Trotz seiner naturwissenschaftli- chen-mathematischen Neigung blieb Segner bis zu seinem Le- bensende der Medizin treu; er

„verarztete" in Halle einen kleine- ren Patientenstamm. DÄ

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Die Information:

Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

Die

verfassungs- widrige

Nummer

Die Bundestagsfraktion der CDU/

CSU hat einen Gesetzentwurf vor- gelegt, mit dem der Paragraph 319 der Reichsversicherungsordnung erneut geändert werden soll. Die Ärzteschaft hatte gegen diesen Paragraphen laut, sachlich, aber vergeblich protestiert — zuletzt noch einmal bei der Debatte über das sogenannte „Kostendämp- fungsgesetz", als beispielsweise der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Prof. J. F.

Volrad Deneke, auf dem Med- comp-Kongreß in Berlin im Febru- ar 1977 diese Bestimmungen schlicht als verfassungswidrig kennzeichnete (DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT 10/1977, Seite 672).

Dieser Paragraph 319 der Reichs- versicherungsordnung führte in die gesetzliche Krankenversiche- rung das Instrument der Versiche- rungsnummer ein, die jeder Versi- cherte und jeder Mitversicherte er- halten soll. In der Hauptsache be steht dieser Paragraph aus einer Ermächtigung an den Bundesar- beitsminister, Rechtsverordnun- gen (bundesrats-zustimmungs- pflichtig) zu erlassen, in denen das Nähere über diese Versicherungs- nummer bestimmt werden soll. In einem eigenen Absatz wird die Möglichkeit eingeräumt, die schon in der Rentenversicherung be- nutzte Versicherungsnummer auch hierfür zu verwenden. Damit allerdings wäre nur ein Teil der Mitglieder der gesetzlichen Kran- kenversicherung erfaßt, und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte müßte dann die ande-

ren Nummern ausgeben und ver- walten. Im darauffolgenden Para- graphen 319 a wird der Bundesar- beitsminister des weiteren er- mächtigt, den Krankenkassen die Form des Mitgliederverzeichnis- ses vorzuschreiben, das sie nun-

mehr führen müssen. Natürlich hängen diese beiden Dinge eng miteinander zusammen.

Die Mitglieder der CDU/CSU-Frak- tion, die jetzt diesen Gesetzent- wurf vorschlugen, haben sich of- fensichtlich noch einmal mit der Vorgeschichte dieser bereits stark an George Orwell erinnernden Pa- ragraphen befaßt — und sie zitieren sie deshalb auch eifrig in ihrer Be- gründung. So hat beispielsweise ein Autor aus dem Bundesarbeits- ministerium schon 1975 in einer Darstellung der im Ministerium im Aufbau befindlichen Sozialdaten- bank auf zukünftige Möglichkeiten hingewiesen, die sich nach der da- mals noch geplanten Einführung einer allgemeinen Personenkenn- ziffer ergeben würden. Ein grau- enerregendes Zitat aus diesem Aufsatz (Herbert Zschau, Sozialda- tenbank — Aufbau und Aspekte, Die Betriebskrankenkasse 2/1976, Seite 33 ff.): „Die Sozialdatenbank ist so aufgebaut und kann entspre- chend weiterentwickelt werden, daß ihr Einbau in ein integriertes Gesamtsystem möglich ist. Gleich- zeitig soll sie die Arbeit von Legis- lative, Exekutive und Wissenschaft erleichtern helfen. Diese Forde- rungen zu erfüllen ist notwendig, da Informationen von vielen Stel- len innerhalb der Bundesverwal- tung und auch in den Verwaltun- gen anderer Hoheitsbereiche und der privaten Wirtschaft erfaßt, ver- arbeitet und ausgewertet werden.

Daher sind solche Systeme zu schaffen, die die zu erwartenden Wechselbeziehungen berücksich- tigen können. Beispielsweise sei hier nur die vorgesehene Einfüh- rung des Personenkennzeichens im Einwohnermeldewesen ge- nannt. Der Bereich der sozialen Si- cherung ist grundsätzlich bereit, dieses Identifikationsmerkmal auch in seinem Bereich einzu- führen . . . ".

Oldiges verlangte in derselben Zeitschrift (5/1976, Seite 136), daß die Krankenkassen in die Lage versetzt werden müßten, aus ihren elektronischen Mitgliederver- zeichnissen beispielsweise die

chronisch Kreislaufschwachen oder die starken Raucher heraus- zufinden, um ihnen etwas dage- gen anzubieten. Und schon 1972 hatte der damalige Berichterstat- ter des Bundestags-Sozialaus- schusses zum damaligen Kran- kenversicherungs-Weiterentwick- lungsgesetz (das hauptsächlich die Landwirte betraf) die Perso- nenkennziffer erwähnt. Zusam- men mit Paragraph 317 der Reichsversicherungsordnung ist mit Hilfe einer Nummer eine kom- plette Verknüpfung aller Daten denkbar: Arbeitgeber — Kranken- kassen — Krankenkassenverbände

— Rentenversicherung — Bundes- arbeitsminister mit seiner Sozial- datenbank (zwar soll sie laut Zschau nur anonymisierte Daten aufnehmen — aber warum dann der oben zitierte Hinweis auf die Personenkennziffer? Hier hat of- fenbar ein Täuschungsversuch nicht funktioniert).

Mit ihrem Gesetzentwurf will die CDU/CSU nun diesem ganzen Ma- növer, in kleinen Schritten zu ei- nem totalen Datenverbund zu kommen, in dem jede Spritze, jede Fehlzeit, jede Diagnose personen- bezogen gespeichert werden kön- nen, einen Riegel vorschieben. Die Personenkennziffer kommt näm- lich nicht — sie ist im Rechtsaus- schuß des Bundestages in einer fast einstimmigen Abstimmung gescheitert, weil klar verfassungs- widrig. Eine Krankenversiche- rungsnummer mit einheitlich vor- geschriebenem Aufbau aber wäre im Effekt ebenfalls eine Personen- kennziffer, da mehr als neun Zehn- tel aller Bundesbewohner eine be- kommen müßten. Die Rentenversi- cherungsnummer selbst ist das noch nicht ganz, da sie nur die Beitragszahler erfaßt. Aber in Ver- bindung mit Ergänzungsziffern für die nicht Rentenversicherungsbei- trag zahlenden Personen wäre der gleiche Effekt erreicht.

Deshalb verlangt die CDU/CSU, daß der Verweis auf diese Renten- versicherungsnummer in Para- graph 319 Abs. 4 gestrichen und für die Krankenversicherungs-

6 Heft 1 vom 5. Januar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Bericht und Meinung Krankenhausfinanzierung

nummer eine Vorschrift erlassen wird, die eine bundesweite ein- heitliche Verwendung und einen Verbund der verschiedenen Da- tenträger ausschließt. Der Trick ist einfach: Die Nummern dürfen in jeder Krankenkasse nur zwei Stel- len mehr haben, als es die Zahl der Mitglieder einer Krankenkasse er- fordern würde — also bei 12 789 Versicherten nur sieben Stellen, von denen eine die Prüfziffer ist.

Damit ist sichergestellt, daß die Vorteile der elektronischen Daten- verarbeitung für die einzelne Kran- kenkasse erhalten bleiben, eine Zusammenführung der Daten aller Krankenkassen jedoch nicht mehr möglich ist — jedenfalls nicht per- sonenbezogen, sondern höch- stens nach statistischer Aufarbei- tung, die die Anonymisierung beinhaltet.

Daß die Forderung der CDU/CSU gut begründet ist, dafür gibt es ein Beispiel: In den USA gibt es (noch) keine Personenkennziffer. Dort hat sich aber bereits die Unsitte herausgebildet, daß die von der zentralen Sozialversicherungsbe- hörde zugeteilten Nummern auch von allen möglichen anderen öf- fentlichen und privaten Instanzen benutzt und mißbraucht werden — ebenso wie übrigens auch der Führerschein, der in den USA praktisch den nicht vorgeschrie- benen Personalausweis ersetzt (als Ausländer wird man erst im- mer mißtrauisch beäugt, zum Bei- spiel von der Hotelrezeption, wenn man auf die Frage nach der „Ii- cence" passen muß).

Man darf jetzt nur hoffen, daß der Vorstoß der CDU/CSU im Bundes- tag eine Mehrheit findet, auch wenn hier ein guter Gedanke ein- mal von der Opposition kommt.

Immerhin waren sich im Rechts- ausschuß Koalition und Opposi- tion hinsichtlich der Verfassungs- widrigkeit der Personenkennziffer einig gewesen und hatten einen Regierungsentwurf geradewegs in den Papierkorb befördert. Die Ar- gumente sind bei der Kranken- versicherungsnummer die glei- chen. Walter Burkart

Phase 2: Jetzt Gesetzes-Druck aufs Krankenhaus

• Fortsetzung von Seite 2

trägt, dürfte sich allerdings nichts ändern. Die ursprünglich im Ko- stendämpfungsgesetz vorgesehe- ne Selbstbeteiligung der Kranken- häuser an den Förderbeträgen für Investitionskosten in Höhe von fünf beziehungsweise zehn Pro- zent dürfte politisch vom Tisch sein. Nach allgemeiner Auffassung paßt ein solcher Eigenanteil der Krankenkassen nicht in das Sy- stem kostendeckender Pflegesät- ze und ist zudem Kassen wie Bei- tragszahlern politisch auch nicht zumutbar.

Ein Gerangele wird es jedoch ver- mutlich um die exakte definitori- sche Abgrenzung der Investitions- von den „laufenden Benutzerko- sten" geben. Die Interessenlage ist dabei eindeutig: Die Kassen sind bestrebt, den Investitionskosten- block, den die öffentliche Hand zu tragen hat, möglichst weit zu fas- sen. Die öffentliche Hand dagegen ist ständig darum bemüht, die von ihr zu zahlenden Investitionsko- sten zu minimieren, indem sie In- vestitionskosten teilweise als Be- nutzerkosten deklariert. Umge- kehrt drängen die auf Selbstko- stendeckung bedachten Kranken- häuser auf eine möglichst weitge- hende Finanzierung der Gesamt- betriebskosten aus einer Hand, und zwar über die Pflegesätze.

Streit um Kostenabgrenzung In der Tat lassen die vorgelegten Diskussionspapiere der Kontra- henten solche Absichten. klar er- kennen: So streben die Kassen- spitzenverbände an, der öffentli- chen Hand zusätzlich zu den be- reits bisher übernommenen Inve- stitionskosten auch noch die „Be- triebsbereitschaftskosten" aufzu- lasten. Konkret: Sämtliche Kosten

für die Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern mit einer Nut- zungsdauer bis zu drei Jahren so- wie die Instandhaltungs- und In- standsetzungskosten sollen von der öffentlichen Hand als „Vorhal- tekosten" zusätzlich übernommen werden. Die Krankenkassen wol- len also nur noch die reinen Be- nutzerkosten über die Pflegesätze tragen. Diese sollen dann für alle Patienten einheitlich (nach bishe- rigem Recht: „nach einheitlichen Grundsätzen" berechnet) und ver- bindlich zwischen dem Kranken- hausträger und den Krankenkas- sen vereinbart werden.

Kassen wollen mitbestimmen Im Hinblick auf die Durchsetzung des Prinzips der einnahmeorien- tierten Ausgabenpolitik streben die Krankenkassen an, zusammen mit der Deutschen Krankenhaus- gesellschaft (DKG) jährlich eine Empfehlung über die „angemes- sene" Veränderung der Ausgaben für die stationäre Versorgung ab- zugeben, sofern dies nicht bereits durch die „Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen" (§ 405 a RVO) geschehen ist.

Diesem Begehren hat die Kran- kenhausgesellschaft bereits inso- weit widersprochen, als sie ledig- lich Orientierungsdaten für Perso- nal- und Sachkosten und Maßstä- be für die Wirtschaftlichkeit ak- zeptieren will, aber nicht einseitig oder gesetzlich dekretierte allge- mein wirtschaftliche Daten, wie sie das „Krankenversicherungs-Ko- stendämpfungsgesetz" für den ambulanten Sektor bereits vor- sieht. Auch will man keine ver- bindlichen Empfehlungen über die Höhe oder Zuwachsraten der Krankenhauspflegesätze im Rah- men der Konzertierten Aktion gel- ten lassen.

Überhaupt streben die Kassen an, ihre Mitspracherechte einseitig zu Lasten der Krankenhausträger so weit auszudehnen, daß bei den künftigen Pflegesatzvereinbarun- gen Normkosten und Normdaten

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Die Information:

Bericht und Meinung Krankenhausfinanzierung

(wie beispielsweise die voraus- sichtlichen Pflegetage des laufen- den Jahres) zugrunde gelegt wer- den. Und um den Krankenhäusern noch fester die Daumenschrauben anzulegen, wird empfohlen, den bisher möglichen Gewinn- und Verlustausgleich abzuschaffen, es sei denn, die Zahl der eingeplan- ten Pflegetage und die Morbidität habe sich ohne Einfluß des Kran- kenhauses verändert.

Um dem Krankenhaus mehr Wirt- schaftlichkeit zu oktroyieren, wird empfohlen: Wirtschaftet das Kran- kenhaus sparsam und verkürzt es die Verweildauer, sollen nur dann Gewinnanreize (Bonus oder Ver- lustausgleich) eingeräumt werden, wenn gleichzeitig überflüssige Betten und Kapazitäten abgebaut oder einer anderen Verwendung zugeführt werden. Dauernde Un- terbelegung (unter 85 beziehungs- weise unter 90 Prozent), so postu- lieren die Krankenkassen, solle zu Lasten der Länder gehen. Die pau- schalierte Vergütungsform soll beibehalten werden. Alternativmo- delle (etwa der degressive oder gespaltene Pflegesatz) sollen er- probt werden.

In Zukunft wollen die Krankenkas- sen die Entwicklung und Höhe der Pflegesätze direkt kontrollieren mit der Möglichkeit, Wirtschaft- lichkeitsüberprüfungen in Abstim- mung mit dem Krankenhausträger vornehmen zu lassen. Konfliktstoff birgt auch die Forderung, bei der Krankenhausbedarfsplanung be- stimmend mitreden zu wollen. Sie wünschen deshalb (wie im übrigen auch die Krankenhäuser), daß die Krankenhauspläne von den Län- dern nur mit dem Einvernehmen oder „im Benehmen" mit den Krankenkassen und Krankenhäu- sern aufgestellt werden dürfen.

Gesetzlich verankert werden soll in Zukunft der Mindestinhalt der Bedarfspläne, um eine „gleich- mäßige bedarfsgerechte Versor- gung" länderübergreifend im ge- samten Bundesgebiet zu errei- chen. Insoweit decken sich hier die Forderungen der Kassen mit denen der Krankenhausträger.

Direkte

Pflegesatzverhandlu ngen Auch im Diskussionspapier des Bundesarbeitsministeriums und bei den Sozial- und Gesundheits- politikern aller drei Bundestags- fraktionen scheint die Forderung der Krankenkassen durchzudrin- gen, daß in Zukunft die Pflegesät- ze zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern direkt vereinbart werden sollen. Gerade hier wollen sich jedoch die Länderbehörden nicht ins Abseits drängen lassen, wie sich bei den Beratungen im Bundesrat bereits gezeigt hat — auch wenn die ausgehandelten Pflegesätze genehmigungspflich- tig bleiben sollen. Die Bundeslän- der — gleich welcher politischen Ausrichtung — halten es für un- zumutbar, daß den Kassen einer- seits mehr Rechte bei der Pflege- satzgestaltung und der Kranken- hausplanung eingeräumt werden sollen, andererseits ihre bisher un- angetastete Stellung als Pla- nungs- und Preisfestsetzungsbe- hörden unterhöhlt werden soll.

Auch die Krankenhausseite ver- langt von den Ländern mehr Mit- spracherecht: Die Krankenhaus- gesellschaft beziehungsweise die Krankenhausträger sollten auf Landesebene nicht nur „gehört", sondern die Krankenhausplanung sollte vielmehr „im Benehmen"

mit den Betroffenen durchgeführt werden.

Um eine flächendeckende, be- darfsgerechte Versorgung der Be- völkerung mit Krankenhauslei- stungen bei „geringeren oder zu- mindest relativ geringeren Ko- sten" zu gewährleisten (zur Zeit betragen sie 30 Prozent des Krankenkassenetats), muß das vorhandene Leistungsangebot neu strukturiert und den veränder- ten Entwicklungen angepaßt wer- den. Bei regionalen Überkapazitä- ten oder bei rückläufiger Kranken- hausverweildauer sollten nicht mehr benötigte Akutbetten für an- dere Aufgaben wie beispielsweise Sozialstationen, Altenheime und Langzeitpflegestationen erschlos- sen werden. Allerdings ist hier der

Bedarf im Bereich der sozialen Dienste noch nicht im entfernte- sten bekannt, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Für- sprecher dieses Planes vor der Presse in Bonn zugestand.

Langfristige Krankenhauspläne und das Mitspracherecht der Be- teiligten könnten so verhindern, daß teuer erbaute Hospitäler vor- schnell geschlossen und aufwen- dig ausgebildetes Fachpersonal entlassen wird. Allerdings — und das vergaß die Krankenhausge- sellschaft zu erwähnen — sollten auch krankenhausentlastende und krankenhausverbindende Einrich- tungen wie beispielsweise Praxis- kliniken und Belegkrankenhäuser entsprechend berücksichtigt wer- den, weil sie nachweislich dazu beitragen, die Kosten insgesamt zu dämpfen.

Keine Reform der Gesamtstruktur

Krankenhäuser wie Krankenhaus- berufe haben erneut erklärt, daß sie die Bemühungen um eine Ko- stendämpfung im stationären Be- reich aktiv unterstützen wollen, andererseits keinen Anlaß dafür sehen, über eine gesetzliche Än- derung des Finanzierungssystems in die Gesamtstruktur des geglie- derten Krankenhauswesens und damit in den innerbetrieblichen Bereich einzugreifen. Um so ver- ständlicher ist es, daß die DKG er- neut das „duale" Finanzierungssy- stem und die daraus resultieren- den Abgrenzungsschwierigkeiten als ein Hemmnis auf dem Wege zu mehr Sparsamkeit und Wirtschaft- lichkeit im Krankenhaus darstellt.

Andererseits bestehen für das

„monistische" Finanzierungssy- stem (Investitions- und Benutzer- kosten ausschließlich über den Pflegesatz und damit aus dem Etat der Krankenkassen) heute keine allzu großen politischen Realisie- rungschancen. Auch mittel- und langfristig dürfte es bei der bisher praktizierten zweigeteilten Finan- zierung und der Lenkung der Krankenhausinvestitionen am

8 Heft 1 vom 5. Januar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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"goldenen Zügel" der öffentlichen Hand bleiben. Das "Diktat der lee- ren öffentlichen Kassen" wird einstweilen auch betriebswirt- schaftlich noch so gut durchdach- te Reformvorschläge auf die lange Bank schieben. Dies dürfte vor al- lem für den Vorschlag der DKG gelten, künftig den Krankenhäu- sern für die Wiederbeschaffung langfristiger Anlagegüter eine Pauschalabgeltung einzuräumen, statt wie bisher Einzelanträge für jedes neue Projekt stellen zu müs- sen. Sosehr gute Gründe für die- sen Vorschlag sprächen, so schwierig zu realisieren sind sie im politischen Raum, zumal die Fi- nanzen der öffentlichen Hand da- durch berührt würden.

Nicht neu ist der Vorschlag der Krankenhäuser, den pauschalen Pflegesatz zu differenzieren, und zwar nach der Schwere der Krank- heit und den Kosten der Behand- lung. Dies würde bedeuten: Auf- wendige Behandlungsmethoden wie etwa die Dauerdialyse oder die Implantation von Herzschrittma- chern müßten zusätzlich, behand- lungsindividuell berechnet und bezahlt werden. Statt wie bisher den Durchschnittssatz anzuset- zen, müßte für die Behandlung in der Intensivstation ein Tagessatz von 1000 DM oder mehr berechnet werden, der "leichte" Fall käme vielleicht mit 95 DM am Tag davon. Auch eine Differenzierung der Pflegesätze nach den höchst un- terschiedlichen Fachabteilungs- leistungen oder nach einzelnen Kostenarten wäre zwar ein weite- rer Schritt, längerfristig ein ver- stärktes Kostenbewußtsein bei al- len Beteiligten hervorzurufen, be- reitet aber erhebliche erfassungs- technische Schwierigkeiten und ist wohl in der (politischen) Trag- weite jetzt noch nicht absehbar.

Möglicherweise macht der Gesetz- geber von der bereits im KHG und in der Pflegesatzverordnung vor- gesehenen Ermächtigung Ge- brauch, in Modellversuchen sol- che differenzierten oder gespalte- nen Pflegesätze zu erproben. Dies gilt auch für den vielzitierten de- gressiven Pflegesatz, der in man-

chen Krankenhäusern bereits er- probt wurde und zu Ersparnissen geführt hat (Beispiele: Traunstein, Neustadt bei Coburg u. a.), wäh- rend andere den degressiven Pfle- gesatz nach wie vor skeptisch be- urteilen. Erprobungswürdig er- scheinen auch Gruppenpflegesät- ze, innerhalb derer die Kranken- hausträger verantwortlich zu wirt- schaften haben.

Politischer Zündstoff

Ein Streitpunkt dürfte auch der vor allem von der Kassenseite gefor- derte Wegfall des bisher üblichen Gewinn- und Verlustvortrags ge- mäß § 17 Absatz 1 Bundespflege- satzverordnung sein. Die Kassen wollen Über- oder Unterschüsse nur dann in einen Ausgleich ein- beziehen lassen, wenn eine nicht vom Krankenhaus zu vertretende Änderung der veranschlagten Pflegetage durch Morbiditätsver- änderungen eingetreten ist. Für Verweildauerverkürzungen soll ein zusätzlicher Bonusanreiz nur dann zu vertreten sein, wenn si- chergestellt ist, daß gleichzeitig in entsprechendem Maße Betten und Leistungskapazitäten abgebaut werden. Wenn auch die Auswir- kungen dieses Vorschlages noch nicht in ihrer Tragweite abzusehen sind, so sollte er nicht mit dem Argument abgetan werden, daß er gegen den Kostendeckungs- grundsatz des § 4 Absatz 1 KHG verstoße. Die jetzt anstehende No- velle sollte die Selbständigkeit und Wirtschaftlichkeit im Finanzgeba- ren des Krankenhauses in jedem Falle stärken. Die Einführung öko- nomischer Anreize im Kranken- haus darf jedoch nicht zu einer

"Gewinnausschüttung" an Mitar- beiter führen. Mögliche Über- schüsse im Krankenhaus sollten sinnvoll verwendet werden, gege- benenfalls auch in einer Form, die den einzelnen Mitarbeitern die Tä- tigkeit erleichtert und möglicher- weise auch zu deren Fortbildung eingesetzt wird.

..,.. Wer Kosten qua Gesetz däm- men will, darf die Weichen für evo-

Bericht und Meinung

lutionäre Entwicklungen im Kran- kenhaus nicht verstellen. Notwen- dig ist es, die Reformen der inne- ren Strukturen zu erleichtern und diese nicht etwa durch finanztech- nische Vorschriften zu erschweren oder gar auszuschließen. Dabei muß der Eigeninitiative der Selbst- verwaltung absoluter Vorrang vor staatlichen Interventionen einge- räumt werden. Von einer zeitlich begrenzten vorstationären Dia- gnostik und nachstationären Be- handlung im Krankenhaus, wie sie nach dem "Kostendämpfungsge- setz" möglich sind, ist ohnehin

keine Ersparnis zu erwarten - auch dann nic.ht, wenn immer noch eine entsprechende Einwei- sung durch den behandelnden Kassenarzt vorgeschaltet ist.

Einmal davon abgesehen, daß dann auch mehr Geräte und Per- sonal .. vorgehalten" werden müß- ten, wird durch die ambulante Ver- sorgung von Patienten im Kran- kenhaus weder der Kapazitätsaus- nutzungsgrad erhöht, noch wer- den Kosten anderweitig gespart. Andererseits müssen die finanziel- len Auswirkungen der im neuen Kassenarztrecht (§ 368 n Absatz 8 RVO) in gewissem Umfang er- leichterten Teilnahme von Kran- kenhausärzten an der ambulanten Versorgung längerfristig beobach- tet werden. Ferner muß die Frage geprüft werden, inwieweit Geräte und Einrichtungen des Kranken- hauses - über die Beteiligung der leitenden Krankenhausärzte hin- aus- wirklich für die niedergelas- senen Ärzte nutzbar gemacht wer- den können, obgleich sich hier weitaus größere Schwierigkeiten als bei dem umgekehrten Weg er- geben dürften (Dienstzeiten, Haf- tung usw.).

Nicht zuletzt sollten Modelle auf der Grundlage belegärztlicher Tätig- keit (Stichwort: modifiziertes,ko- operatives Belegarztsystem) vor- angetrieben werden, weil sonst die inAngriffgenommeneKranken- hausfinanzierungsnovelle Stück- werk bleibt und nicht das Attri- but einer echten Reform ver- dient. Dr. Harald Clade

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